Profilbild von Recensio

Recensio

Lesejury Star
offline

Recensio ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Recensio über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.04.2021

Solides Debüt

Grimme Stunden
0

Zwar habe ich Harper Lees „Wer die Nachtigal stört“ verwerflicherweise noch immer nicht gelesen, aber es steht ganz weit oben auf meiner Liste der 100 Bücher, die ich definitiv lesen muss. Das und der ...

Zwar habe ich Harper Lees „Wer die Nachtigal stört“ verwerflicherweise noch immer nicht gelesen, aber es steht ganz weit oben auf meiner Liste der 100 Bücher, die ich definitiv lesen muss. Das und der vielversprechende Klappentext haben mich sehnsüchtig auf Casey Ceps „Grimme Stunden“ warten lassen. Nun ja, die Vorfreude war groß, letztendlich konnte mich das Buch aber leider nicht gänzlich überzeugen. Wahrscheinlich vor allem, weil ich mir eine ganz andere Vorstellung vom Buch gemacht hatte.

Casey Cep erzählt die True-Crime-Story um Reverend Willie Maxwell aus einer anspruchsvollen, berichtenden Perspektive, die rein sprachlich betrachtet wirklich toll angelegt ist. Inhaltlich hätte ich mir jedoch gewünscht, dass sich das Buch sehr viel mehr auf den Kriminalfall beziehungsweise Harper Lees Recherchearbeit konzentriert. Cep schweift sehr oft in historische sowie politische Zusammenhänge ab, die zwar einerseits sicherlich interessant sind und anderseits stellenweise zum Verständnis der gesellschaftlichen Hintergründe beitragen, für meinen Geschmack aber oftmals zu weitreichend sind. Zumal es sowohl der Story als auch dem Verständnis an sich keinen Abbruch getan hätte, diese Ausführung auf ein knackiges Minimum zu reduzieren.

Cep strukturiert ihr Buch in drei eigenständige Teile. Jeden dieser Blöcke widmet sie der Geschichte eines Charakters, beginnend mit William Maxwell, über dessen Anwalt Tom Radney, hin zu Harper Lee, die den Fall aufgreifen und für ihr zweites Buch aufbereiten will. Zwar schafft es Cep immer wieder Fäden zwischen den Abschnitten zu spannen, letztendlich könnte aber jeder dieser Teile gut und gerne einzig für sich allein stehen. Ich hätte mir eine (nicht drei) stringente Schilderung der Ereignisse gewünscht, in der dieser True-Crime-Fall beispielsweise einzig vor dem Hintergrund der Recherchearbeit Harper Lees oder aus der juristischen Perspektive erzählt wird. Schlussendlich will ich aber unbedingt festhalten, dass Casey Cep mit dem Fall William Maxwell eine wirklich gute Wahl getroffen hat, da es hier nicht einfach um die Geschichte eines Mörders geht. Es geht um so viel mehr: Rassendiskriminierung, Gewalt, Selbstjustiz, Macht, Erfolg und den Kampf um Freiheit.

Persönliches Fazit: Mit „Grimme Stunden“ liefert Casey Cep ein solides Debüt, das mich persönlich allerdings nicht vom Hocker gerissen hat. Trotzdem gibt der Fall William Maxwell einiges her und ist an sich wirklich interessant. True-Crime-Fans, die offen für eine ausschweifende Erzählung sind, kommen sicherlich voll und ganz auf ihre Kosten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.04.2021

Solide Unterhaltung

Doggerland. Fester Grund (Ein Doggerland-Krimi 3)
0

Karen erhält den Auftrag die bekannte Sängerin Luna zu finden, als diese plötzlich vom Erdboden verschwunden ist. Sie hat Mühe, ihre Eifersucht auf diese Frau zu unterdrücken, ermittelt aber trotzdem professionell ...

Karen erhält den Auftrag die bekannte Sängerin Luna zu finden, als diese plötzlich vom Erdboden verschwunden ist. Sie hat Mühe, ihre Eifersucht auf diese Frau zu unterdrücken, ermittelt aber trotzdem professionell unter dem Radar, um bloß die Presse nicht aufzuscheuchen. Dann lässt ein anderer Fall Karen nicht zur Ruhe kommen, die privat ohnehin schon genug Probleme hat.

Dies ist der 3. Teil der Doggerland-Reihe um die Kommissarin Karen Eiken Hornby, der auf einer Inselgruppe spielt, die seit 8000 Jahren in der Realität gar nicht mehr existiert. Ich empfehle auf jeden Fall die vorigen Teile zu lesen, da die Geschichte der Charaktere ein großer Bestandteil ist und gerade in "Doggerland: Fester Grund" Karens Privatleben eine enorme Rolle spielt.

Zitat Pos. 268:
"Zwei Untermieter, mehr nicht . Zwei Seelen, die im Wind trieben, als sie an ihre Tür geklopft und Unterschlupf in ihrem Leben gesucht haben. Warum zum Teufel musste ich ihnen die Tür öffnen?"

Anfangs hatte ich Schwierigkeiten wieder in die Geschichte zu finden und nachzuvollziehen, welche Figur welche Rolle spielt, doch so nach und nach legte sich das - auch durch kurze Erklärungen der Autorin.
Der Vermisstenfall ist recht schnell erledigt und man fragt sich, warum er überhaupt erwähnt wird. So war ich das erste Drittel des Buches überhaupt nicht so begeistert von der Story, die irgendwie vor sich hin plätscherte. Doch dann passierte auf einmal alles Schlag auf Schlag und die Spannung stieg rasant an. Auch Karens privates "Problem" wird authentisch und nachvollziehbar geschildert und berührt emotional.

Zitat Pos. 3340:
"Leo braucht vermutlich eine spannendere Frau als eine Polizistin in der Lebensmitte mit richtig schwerem Gepäck."

Einige Wendungen waren sehr überraschend und widerlegten meine anfänglichen Startschwierigkeiten. Die Autorin hat in diesem Teil gleich drei Stories verpackt, die alle auf ihre Art spannend erzählt werden und in einem fulminanten Ende abschließen. Soweit ich weiß, gibt es aber bereits einen vierten Teil im Schwedischen. Ich hoffe daher darauf, dass auch dieser übersetzt wird, denn ich möchte auf jeden Fall wissen, wie es mit Karen und ihrer Familie weitergeht und ob ihr das bisschen Glück erhalten bleibt.

Persönliches Fazit: In diesem Teil wird weniger auf die erdachte Insel eingegangen, wie es noch in den vorherigen Teilen der Fall war. Hauptsächlich geht es um Karens Privatleben, untermalt mit zwei spannenden Ermittlungsfällen. Daher empfehle ich dieses Buch hauptsächlich Lesern, die auch beide Vorgänger gelesen haben.

/RO, Daniela

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.03.2021

Keine leichte Lektüre

Winter Traffic
0

Uff! Das beschreibt so ziemlich genau, wie ich mich während des Lesens und nach Beenden des Buches gefühlt habe. Erwartet hatte ich eine unterhaltsame Lektüre, die ich nach Feierabend genießen und bei ...

Uff! Das beschreibt so ziemlich genau, wie ich mich während des Lesens und nach Beenden des Buches gefühlt habe. Erwartet hatte ich eine unterhaltsame Lektüre, die ich nach Feierabend genießen und bei der ich mich entspannen kann. Weit gefehlt! Tatsächlich hat mir dieses Buch einiges an Konzentration abverlangt. Das soll bitte nicht negativ bewertet werden, denn es spricht auch für eine Geschichte, wenn man sich mit dieser mehr als mit anderen auseinandersetzen muss. Oder sagen wir: darf. Erinnerte mich ein bisschen an meine Schulzeit, wenn wir im Deutschunterricht bestimmte Bücher lasen und diese anschließend besprachen. Auch hier musste ich Sätze mehrmals lesen, über das nachdenken, was ich glaube, dass mir der Autor mitteilen wollte. Klingt kompliziert? War es auch irgendwie. Beispiel gefällig?

Zitat Seite 16:
Die Tragweite lastete schwer. Nicht sichtbar: die Größe übertragen auf interne synoptische Karten, ein Überdruck in ihrer Schläfe, den kein Meteorologe je verzeichnen könnte. Die übersinnliche Gabe, Kristys beinahe willkommener Fremder. Vielleicht wieder am Aufflackern.

Ich kann mich nur wiederholen: uff! Ich habe bewusst ein Zitat von Seite 16 genommen, weil ich damit sagen möchte, dass das direkt so losgeht und sich bis zur letzten Seite durchzieht. Wer mit diesem Stil also nicht klarkommt, sollte tunlichst die Finger von diesem Buch lassen! Alle anderen erleben eine lyrische, fast schon poetische Geschichte, die im Sydney der 90er angesiedelt ist und nicht nur im Plot vor rhythmischer Wildheit strotzt, sondern auch wesentliches Merkmal der Protagonisten ist. Sie sind komplex und doch unaufgeregt, wirken stellenweise der Prosa überdrüssig. Trotzdem schafft es Greenall, ein gewisses Tempo beizubehalten, was nicht zuletzt an der originellen Handlung liegt, die er geschaffen hat. Wendungen hat er glaubwürdig und pointiert inszeniert.

Persönliches Fazit: "Winter Traffic" ist eine Geschichte, die man gut und gerne als literary crime bezeichnen könnte. Drama, stellenweise schwarzer Humor und ein außergewöhnlicher Schreibstil machen dieses Buch zu einer keineswegs leichten Lektüre, aber zu einer, die man garantiert nicht mehr vergisst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2021

Solides Debüt

Das Landhaus
0

In der Ehe von Isabel kriselt es. Um einen Neuanfang zu beginnen, möchte Ehemann Tom von London aufs Land ziehen, denn er hat sich dort bereits in ein Anwesen verliebt. Während Izzy eigentlich kein gutes ...

In der Ehe von Isabel kriselt es. Um einen Neuanfang zu beginnen, möchte Ehemann Tom von London aufs Land ziehen, denn er hat sich dort bereits in ein Anwesen verliebt. Während Izzy eigentlich kein gutes Gefühl bei dem Haus hat, will Tom "The Lodge" unbedingt kaufen und setzt sich durch. Doch schon bald nach dem Umzug wird Izzy, die durch eine frühere Kopfverletzung Erinnerungslücken hat, verstärkt von Alpträumen und Déjà-vus heimgesucht. Welche Erinnerungen liegen in ihrem Kopf verborgen und was haben diese mit dem Haus zu tun?

Der Klappentext klang so spannend, dass dieses Debüt bereits seit Monaten auf meiner Vorbesteller-Wunschliste stand. Den teilweise fast poetischen Schreibstil und die humorvollen und sarkastischen Absätze, mit der die Hauptfigur ihre "Beschädigung" präsentiert, gefielen mir direkt und spiegelten ihre Gefühle authentisch und nachvollziehbar wider. Die Geschichte, die ihr passierte, ist allerdings beklemmend. Lizzy wurde mit 14 Jahren überfallen und kann sich daran nicht mehr erinnern. Durch einen Kopfschlag schwer verletzt, dauerte es Jahre, körperlich wieder halbwegs die Alte zu sein. Psychisch sieht das aber anders aus. Gespannt verfolgt man, dass ihr das Haus Angst einjagt, und man grübelt lange mit, was der Auslöser dafür ist. In einem zweiten Erzählstrang erfährt man von einem Jungen und seinen früheren Taten.

Zitat S. 23:
"Blitzartig wie eine Schlange ließ er die Zunge hervorschnellen und fuhr damit über den Türgriff, wo ihre Hand gelegen hatte. (...) Ihre DNA vermischte sich mit seinem Speichel. (...) Jetzt besaß er ein wenig von ihr, und bei diesem Gedanken fühlte er sich stärker und lebendiger."

Erst im Laufe des Buches erschließen sich Zusammenhänge. Die Autorin schaffte es, mich auf die falsche Fährte zu lenken, so dass ich den Falschen im Visier hatte.

Zitat S. 207:
"Dieses Haus hasst uns, ich kann es fühlen."

Auf den letzten Seiten merkte ich meinen Fehler und ahnte Schlimmes.

Persönliches Fazit: Ein solides Debüt, das mich mit lockerem Schreibstil und unterschwelliger Spannung zwischendurch gut unterhalten konnte.

/RO, Daniela

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2021

Solider Krimi mit einigen Schwächen

Hüte deine Zunge
0

Emily steht mitten im Leben. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann, sie besitzen ein Haus und führen ein beschauliches Leben. Emily hat erst vor Kurzem mit ihrer Freundin Becca eine Aufräumfirma gegründet ...

Emily steht mitten im Leben. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann, sie besitzen ein Haus und führen ein beschauliches Leben. Emily hat erst vor Kurzem mit ihrer Freundin Becca eine Aufräumfirma gegründet und geht in ihrem neuen Job auf. Alles scheint perfekt, bis alles anders kommt als geplant. Ausgelöst durch zu viel Alkohol, gerät Emily in eine schwierige Situation, die immer größere Wellen schlägt...

Genau dieses Leben wird in den ersten 10 Kapiteln ausführlich beschrieben. Wir lernen Emily und ihren Mann Frank kennen. Emily ist eine gestandene und ordnungsliebende Frau, Frank dagegen ein absoluter Chaot, der meiner Meinung nach nicht zu Emily passt. Er ist mir unsympathisch und scheint etwas zu verbergen. Die beiden sind nicht auf einer Linie und häufig unterschiedlicher Meinung.

Wie lange waren sie jetzt schon verheiratet, und er hatte immer noch nicht gelernt, dass es kontraproduktiv war, sie in diesem Ton herumzukommandieren. (Zitat Seite 189)

Von Becca hätte ich gerne mehr erfahren. Sie ist leider nur eine kleinere Nebenfigur und geht als Emilys gleichwertige Partnerin ein wenig unter. Quinn dagegen, eine Kundin von Emily und Becca, drängt sich zu sehr in das Geschehen mit hinein. Von ihrer aufdringlichen und doch auch anhänglichen Art würde sie eher zu Frank passen.

Die Autorin lässt viele Charaktere mit einfließen, die meisten aber nur oberflächlich. Sie versucht damit den Leser zu verwirren und möchte ihn auf eine falsche Fährte führen. Oft sind es ja die Unscheinbaren, die einen Mord begehen. Doch hier war mir schnell klar, wie alles zusammenhängt, und meine Vermutungen wurden am Ende bestätigt. Die Spannung fehlte gänzlich und das Buch dümpelte gemütlich vor sich hin. Gerade in einem Krimi erwarte ich Spannungsbögen und Szenen, die mich überraschen. Die Autorin versucht im Showdown noch einmal für Verwirrung zu sorgen und beendet dann jedoch viel zu schnell das Buch. Hier hätte es gerne ein wenig ausführlicher sein dürfen. Weitere Erklärungen und Aufklärungen, damit zum Schluss der erleichternde Aha-Effekt erreicht wird. Diesen vermisste ich leider gänzlich und war überrascht, als kein weiteres Kapitel mehr folgte. Stimmig war das Ende somit leider nicht.

Persönliches Fazit: Ein solider Krimi mit einigen Schwächen, der mich leider nicht komplett überzeugen konnte. Als absoluter Krimi/Thriller-Fan sollte man nicht zu viel erwarten, doch eine leichte Lektüre für zwischendurch ist das Buch allemal.

/RO, Lena

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere