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Veröffentlicht am 14.04.2021

Wasch dich rein, das ist fein - Körperpflege kann auch Spaß machen

Edition Piepmatz: Seif dich ein, sagt das Schwein
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Körperpflege steht wahrscheinlich bei Kleinkindern nicht auf der Liste der Lieblingstätigkeiten. Vielen Eltern dürfte das regelmäßige Drama beim Zähneputzen oder Windelwechseln bekannt sein. Aber so schlimm ...

Körperpflege steht wahrscheinlich bei Kleinkindern nicht auf der Liste der Lieblingstätigkeiten. Vielen Eltern dürfte das regelmäßige Drama beim Zähneputzen oder Windelwechseln bekannt sein. Aber so schlimm ist das doch alles gar nicht, bei den Tieren läuft jedenfalls alles ganz ohne Schwierigkeiten ab und dabei wird auch noch lustig gereimt. Kleine Bären putzen ohne Murren Zähne, Kätzchen waschen sich mit Vergnügen selbst, kleinen Mäusen macht das Windelwechseln überhaupt nichts aus, Ferkelchen genießen das für viele so leidige Einseifen beim Baden, Lamas macht Haarewaschen Spaß und Lämmchen lassen sich gerne kämmen und nach der Säuberungsaktion blickt der kleine Igel zufrieden in den Spiegel.

Sandra Grimms Reime sind schön einfach und prägnant formuliert. Auf jeder Seite demonstriert ein Tier einen Aspekt der Körperpflege. Kinder ab einem Jahr verstehen die schlichten Reime sofort, ältere werden sie vermutlich ganz schnell mitsprechen oder gar mühelos auswendig lernen. Die bunten, klaren und putzigen Illustrationen werden den kleinen Lesern bestimmt gefallen.
„Seif dich ein, sagt das Schwein“ ist in der Ravensburger Edition Piepmatz erschienen. Das Buch im kleinen, handlichen Format wirkt recht stabil, aber auch „umweltfreundlich“. Das Cover und die Seiten sind nicht glänzend und grell, sie sind aber dennoch farbenfroh, fröhlich und ansprechend gestaltet.

Kleine Kinder lieben Tiere und finden Waschen aber dagegen oft nicht ganz so spannend, eher unangenehm. Da ist es doch naheliegend, Kinder mit Hilfe von kleinen Tierszenen vom Waschen ohne „Uraufführung“ zu überzeugen. Wenn die Tiere sich gerne waschen, kann es ja so schlimm nicht sein. Und wenn man die eingängigen Reime beispielsweise beim Zähneputzen zitiert, tut das Zähneputzen vielleicht gar nicht mehr so weh. Eine nettes kleines Buch, das trotz des unbeliebten Themas motiviert und Spaß macht.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Eine packende Geschichte voller großer Gefühle

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
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Engländerin Alice folgt 1937 ihrem Verlobten Bennett nach Amerika, in einen abgelegenen Ort in den Bergen Kentuckys. Doch die Ehe entwickelt sich ganz anders als erwartet, Alice und Bennett kommen einander ...

Engländerin Alice folgt 1937 ihrem Verlobten Bennett nach Amerika, in einen abgelegenen Ort in den Bergen Kentuckys. Doch die Ehe entwickelt sich ganz anders als erwartet, Alice und Bennett kommen einander nicht nahe. Dazu mischt sich Alices Schwiegervater, der einflussreiche Minenbesitzer Geoffrey Van Cleve, permanent in die Beziehung ein. Als im Ort eine „Satteltaschenbibliothek“ gegründet wird, die die Leute in den Bergen mit Büchern versorgen soll, beschließt Alice gegen den Willen ihres Schwiegervaters am Projekt mitzuarbeiten. Sie freundet sich mit den anderen Bibliothekarinnen an. Vor allem mit Außenseiterin Margery O‘Hare versteht sie sich besonders. Doch dann folgt ein Unheil auf das nächste...

Jojo Moyes schreibt wie immer wunderbar flüssig, lebendig und sehr gefühlvoll. Dank ihrer angenehmen, mitreißenden Erzählweise fand ich mich sofort in der Geschichte wieder.

Zwei beeindruckende Frauen stehen im Fokus des Romans. Da ist zunächst Alice, die ihre Heimat England verlassen hat, um in Amerika zu leben. Doch hier fühlt sie sich fremd. Zu ihrem Mann Bennet, der unter dem Pantoffel seines Vaters steht, hat sie keinen Bezug. Die beiden verbindet nichts. Alices Entschluss, für die Satteltaschenbücherei zu arbeiten, führt sie in ein neues Leben. Sie fühlt sich nützlich, erfährt Dankbarkeit von den Kunden, findet in ihren Kolleginnen Freundinnen. Mir war Alice von Anfang an sympathisch, ich fühlte mit ihr, wünschte ihr nur das Beste, zumal sie anfangs so einsam und verloren wirkt.
Margery O’Hare hat sich noch nie darum geschert, was die Leute von ihr denken. Sie engagiert sich für andere, hat feste Prinzipien, wirkt erstaunlich selbstbewusst, ist eine überaus starke Frau. Das hat mir imponiert. Sie unterstützt Alice. Und als sie selbst Hilfe braucht, sind Alice und die anderen Bibliothekarinnen zur Stelle. Die tiefe Freundschaft der Frauen untereinander beschreibt Moyes sehr eindrücklich. Auch in diesem Roman hat die Autorineine sehr gelungene, überzeugende Figurenkonstellation geschaffen. Ich habe mit ihren Protagonistinnen mitgefühlt, die Figuren bewegen und berühren.

Mit „Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ beweist Jojo Moyes erneut, dass sie eine großartige Erzählerin ist. Ihre Geschichten fesseln. Ja, mitunter driftet sie ein wenig ins Kitschige, Rührselige ab. Aber das passiert eben, wenn starke Gefühle auftreten, wenn es um innige Freundschaft und große Liebe geht. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viel Moyes mit einem einzigen Satz ausdrücken kann. Als sie ihre Figur Fred bei einer Bücherrettungsaktion sagen lässt: „Es sind nur Bücher.“, wurde mir sofort bewusst, dass es zwar „nur“ Bücher sind, denen da gerade die Zerstörung droht. Aber Bücher führt die Protagonisten zusammen, über Bücher reist Margery in der Welt umher, Bücher machen die Arbeit, ja phasenweise das Leben von Alice aus. Bücher haben eine unbeschreibliche Kraft, im Leben und in diesem Roman. Nein, es sind eben nicht „nur Bücher“. Und genau das erzählt Moyes mit einem ganz kleinen Satz.
Dieser Roman hat mich großartig unterhalten, gefesselt und emotional mitgerissen. Eine wunderbare Geschichte, die zu lesen lohnt.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Beeindruckende und berührende Erzählungen aus einem bewegten Leben

Vom Aufstehen
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„Ich sehe in die Vergangenheit, wende mein Gesicht in die Schatten und spüre die Wärme der Sonne in meinem Rücken.“

Helga Schubert verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in der DDR, wo sie als Psychologin ...

„Ich sehe in die Vergangenheit, wende mein Gesicht in die Schatten und spüre die Wärme der Sonne in meinem Rücken.“

Helga Schubert verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in der DDR, wo sie als Psychologin und Psychotherapeutin arbeitete. In dem Buch „Vom Aufstehen“ erzählt sie in 29 Texten von „ihrem Leben in Geschichten“.
Sie befasst sich darin mit allem, was ihr Leben ausmacht, mit Heimat, Geborgenheit, Sätzen, die ihr Mut machen, Märchen, dem Einverstandensein und Glauben. Zentral und über allem steht die schwierige Beziehung mit ihrer Mutter, die sie nie lieben konnte und von der sie nie geliebt wurde. Helga Schubert hadert lange Zeit, macht aber letztendlich ihren Frieden. Sie schreibt beeindruckend klar, bringt ihre Sicht der Dinge präzise auf den Punkt:
„Heute weiß ich: In dieser einen Woche vor Ostersonntag passiert alles, was ich inzwischen vom Leben verstanden habe: Wie schnell sich das Schicksal für einen Menschen ändert, dass man verraten werden kann. Dass es immer unvermuteten Beistand gibt und einen Ausweg. An diese Hoffnung will ich erinnert werden. Einmal im Jahr.“

Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich in Helga Schuberts Gedanken zurechtzufinden, fühlte mich ein wenig orientierungslos, konnte mich nicht so recht auf die Texte einlassen. Doch ihre Erzählung „Betrachtungen“ zeigte mir, wo mein Problem lag. Wenn man etwas betrachtet, ein Gesicht, ein Bild, einen Text muss es um einen herum still sein, in einem still sein. „Geh über die Brücke, die ich gerade für uns baue, bleib bei mir, interessiere dich bitte nur für mich, für kein anderes Bild, für kein anderes Menschengesicht, kein anderes Gedicht.“
Diese Erzählung sprach mich persönlich an, erreichte mich. Nicht jeder ihrer Texte drang allerdings auf die gleiche, intensive Art zu mir durch. Zweifelsohne hat die Autorin ganz viel zu sagen und jede Leserin und jeder Leser wird sich in dem einen Text mehr und in einem anderen weniger wiederfinden.

Helga Schubert mit ihrer beeindruckenden Lebenserfahrung schreibt weise und klug, wirkt aber dabei immer bescheiden und demütig. Sie wirft auf Dinge, die man jahrelang auf eine bestimmte Sichtweise betrachtet hat, ganz neue Perspektiven: Nur im Winter zeigt sich die wahre Gestalt, die wahre Schönheit der Bäume oder die Ostsee ohne ihre Gezeiten ist nicht langweilig, sondern immer da, eine Konstante, die einen nicht verlässt.
Für mich ein bereicherndes, aber auch herausforderndes, ein trauriges, aber auch ein zuversichtliches Buch einer beeindruckenden Frau, die gehört werden sollte.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Von offenen und verborgenen besonderen Talenten: temporeiche und „wunder“voll komische Geschichte

Willkommen in der Wunder-Villa
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Gerade sind Pippa und ihre außergewöhnliche Familie in ein neues Zuhause, eine alte Villa, gezogen. In Pippas Familie verfügt jeder über eine besondere Gabe, außer Pippa. Ihr kleiner Bruder Henry ist der ...

Gerade sind Pippa und ihre außergewöhnliche Familie in ein neues Zuhause, eine alte Villa, gezogen. In Pippas Familie verfügt jeder über eine besondere Gabe, außer Pippa. Ihr kleiner Bruder Henry ist der schnellste Bruder der Welt, Schwester Anni kann unfassbar hoch springen, Mama steckt mit ihrem fröhlichen Lachen alle an und Papa hat einen derart grünen Daumen, dass er alle Pflanzen in Sekundenschnelle riesengroß wachsen lassen kann. Auch die neuen Nachbarn in der Wundervilla scheinen alle herausragende Fähigkeiten zu besitzen. Doch das ist nicht das einzig Merkwürdige am neuen Zuhause, der Hausverwalter Skill Krumpott schleicht ständig im Haus herum und benimmt sich überaus eigenartig. Und plötzlich sind nach dem gemeinsamem Willkommensessen alle Talente der Bewohner weg. Pippa beschließt mit ihrem neuen Freund Tom der Sache auf den Grund zu gehen.

Autorin Miriam Mann schreibt locker, leicht und für Kinder gut verständlich. Das Buch lässt sich sehr flüssig vorlesen. Von der ersten Seite an werden die Leser in Pippas aufregendes Leben in der Wundervilla hineinkatapultiert.
Besonders gut haben uns die bunten, aussagekräftigen, witzigen und auffälligen Illustrationen gefallen.
Zum Vorlesen eignet sich das Buch für Kinder ab sechs Jahren, zum Selberlesen für Kinder ab acht Jahren.

Was für außergewöhnliche Figuren hat sich Miriam Mann da ausgedacht! Ihre Charaktere sind Superhelden der etwas anderen Art. Lediglich Pippa verfügt über kein Wundertalent, glaubt sie. Pippa war meiner fünfjährigen Tochter und mir sofort sympathisch. Sie ist neugierig, ziemlich schlau und beobachtet genau. Sie wächst im Verlauf der Geschichte über sich selbst hinaus, lässt sich nicht unterkriegen und gibt nicht auf.

Warum sind die Talente plötzlich verschwunden? Wer steckt dahinter? Schafft es Pippa, die Talente der Bewohner wieder zurückzuholen?
Pippas Suche nach den Superkräften war so mitreißend und packend, dass wir das Buch in einem einzigen Rutsch durchlesen mussten. Und neben den vielen Wundern, einer Riesenportion Spannung und einigen Superheldentaten enthält das Buch auch eine sehr schöne Botschaft. Jedes Talent ist besonders, auch wenn es auf den ersten Blick nicht viel hermacht und nicht immer in Erscheinung tritt. Vielleicht steckt sogar in jedem Menschen ein Superheld. Pippa ist auf jeden Fall eine Superheldin. Ein witziges, aufregendes, buntes, wundervolles Kinderbuch, das einfach nur Spaß macht.

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Veröffentlicht am 07.04.2021

Magie, Mystik und düstere Spannung statt Pferde-Idylle - ein etwas anderes Pferdebuch

Nordstern – Der Ruf der freien Pferde
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„Sprich nicht über die Unsichtbaren. Und vor allem verärgere sie nicht! Wenn wir uns gut mit ihnen stellen, lassen sie uns in Ruhe. Wenn man es sich mit ihnen verscherzt, hören die Hühner auf Eier zu legen, ...

„Sprich nicht über die Unsichtbaren. Und vor allem verärgere sie nicht! Wenn wir uns gut mit ihnen stellen, lassen sie uns in Ruhe. Wenn man es sich mit ihnen verscherzt, hören die Hühner auf Eier zu legen, sie können Flüsse vergiften und dafür sorgen, dass die Fische wegbleiben. Also hüte dich!“

Erla wandert 1949 mit ihrer Mutter nach Island aus. Doch leider dürfen die beiden nicht auf dem gleichen Hof wohnen. Erlas neue Dienstherren, eine Bauernfamilie, behandeln das vierzehnjährige Mädchen alles andere als freundlich. Erla muss besonders hart arbeiten, sie darf nicht einmal Kontakt zu ihrer Mutter halten. Bei den Pferden findet das Mädchen ein wenig Trost und Geborgenheit, die Schimmelstute Drifa ist Erlas einzige Freundin. Dann lernt Erla Flóki und seine Schwester kennen. Doch mit dem Jungen und seiner Familie stimmt etwas nicht, sie sind „Verborgene“. Nur Erla kann sie sehen, für die anderen sind sie nicht wahrzunehmen. Die Einheimischen fürchten das unsichtbare Volk. Dass Erla eine Verbindung zu ihnen hat, sorgt für großes Misstrauen.

Karin Müller schreibt einfach und gut verständlich aus Erlas Sicht. Am Ende eines jeden Kapitels werden kurze Szenen bei den „Verborgenen“ geschildert. Am Anfang verwirrte das ein wenig, doch im Laufe der Handlung wurde die Rolle der Verborgenen ein wenig klarer und besser einzuschätzen.
Ich würde „Nordstern - der Ruf der Freien Pferde“ Leserinnen ab zwölf Jahren empfehlen.

Erla hat es schwer. Sie sieht und spür so manches, was andere nicht sehen und spüren können. Das sorgte schon in Deutschland für Probleme. In Island möchte ihre Mutter mit Erla ein neues Leben anfangen, doch das neue Leben ist kein Zuckerschlecken, wie sie ihrer Mutter schreibt: „Und Sommer in Island, das habe ich inzwischen schon begriffen, bedeutet arbeiten, bis man umfällt, denn Abend wird es ja nicht.“ Erla erträgt alles, arbeitet hart, lässt sich nicht unterkriegen. In ihrer wenigen freien Zeit zeichnet sie und das mit großem Talent. Als sie auf die Verborgenen trifft, ist Erla fasziniert von dem unsichtbaren Volk. Doch sie gehört weder zu den Einheimischen noch zur „anderen Dimension“, sie führt ein Leben dazwischen. Mit Erla fieberte ich mit, auch wenn sie aufgrund ihrer speziellen Gabe mir immer etwas fremd blieb. Die Figuren aus dem unsichtbaren Volk ließen sich ebenso sehr schwer einordnen.


Was ist das nur für ein magisches Land? Zwei parallele Welten, die sich nicht begegnen dürfen, aber es manchmal eben doch tun. Karin Müller erzählt eine spannende, faszinierend, mystische und ziemlich düstere Geschichte vor der rauen Kulisse Islands, das eine ganz eigene „Exotik“ ausstrahlt. Mitunter waren Erlas Begegnungen, ihr Abdriften in eine andere Welt ganz schön verwirrend. Mit einer klassischen Pferdegeschichte hat das nicht viel zu tun. Die Geschichte endet leider mit einem extremen Cliffhanger, unfassbar spannend aber mindestens genauso unbefriedigend. Dennoch: Wer sich auf Magie, Mystik auf Unerklärliches, auf eine Geisterwelt einlassen kann, dem sei Erlas Geschichte ans Herz gelegt. Es ist eben ein etwas anderes Pferdebuch, aber durchaus eine interessante Leseerfahrung.

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