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Veröffentlicht am 06.05.2021

Langsamer Spannungsaufbau, entwickelt sich dann jedoch zu einer gelungenen Mischung aus Justizkrimi und skandalträchtigem Familiendrama mit Thrillerelementen und fesselt bis zur endgültigen Aufklärung

Eine perfekte Ehe
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Als die Rechtsanwältin Lizzie Kitsakis einen Anruf von ihrem ehemaligen Kommilitonen Zach Grayson erhält, bittet er sie, ihn im Fall eines tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten zu vertreten. Diesen ...

Als die Rechtsanwältin Lizzie Kitsakis einen Anruf von ihrem ehemaligen Kommilitonen Zach Grayson erhält, bittet er sie, ihn im Fall eines tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten zu vertreten. Diesen hatte er mit seinem Ellenbogen verletzt, als er am Tatort neben der Leiche seiner Ehefrau in seinem Haus aufgefunden wurde. Amanda Grayson wurde mit einem Golfschläger erschlagen und schon bald ist Zach, ein millionenschwerer Unternehmer, dringend tatverdächtig.
Lizzie glaubt an seine Unschuld, übernimmt das Mandat und versucht der Staatsanwaltschaft einen alternativen Täter zu präsentieren. Bei ihren Recherchen in der New Yorker High Society erfährt sie mehr Details aus der Ehe der Graysons, aber auch über Amandas Vergangenheit, über die sie nicht einmal mit ihrem Ehemann sprechen konnte, die sie aber weiterhin belastete.
Doch auch um Lizzies eigene Ehe steht es seit geraumer Zeit nicht zum Besten. Ihr Ehemann Sam ist Alkoholiker, der im Rausch zu einer anderen Person wird und Lizzie immer wieder versprochen hat, abstinent zu bleiben. Doch erst zuletzt gab es wieder einen Abend in einer Bar, an den er sich nur lückenhaft erinnern kann.

Der Roman zieht sich zu Beginn etwas in die Länge, nimmt aber dann an Fahrt auf, als Lizzie tiefer in den Aufbau der Verteidigung ihres ehemaligen Kommilitonen einsteigt und dabei immer mehr Geheimnisse zutage befördert.
Die Geschichte handelt auf zwei Zeitebenen - in der Vergangenheit wenige Tage vor der Ermordung von Amanda und einer verruchten Party, auf der sie zuletzt gesehen worden war, und in der Gegenwart ab dem Hilferuf von Zach aus der berüchtigten Haftanstalt für Schwerverbrecher, Rikers Island. Die Tage in der Vergangenheit werden dabei aus der Sicht von Amanda geschildert, während die Gegenwart aus der Ich-Perspektive von Lizzie erzählt wird. Die Parallelen, die sich durch beide Handlungsstränge ergeben, erzeugen Spannung, denn auf beiden Zeitebenen werden immer weitere pikante Details bekannt, die hinter die Fassade der "perfekten Ehen" der Upper Class blicken lassen. Die Umstände des Todes von Amanda bleiben offen, da die polizeilichen Ermittlungen, bis auf die Niederschrift von Protokollen der Befragung vermeintlicher Zeugen, weitgehend im Hintergrund verlaufen. Durch raffinierte Wendungen im Verlauf der Geschichte wird man vom mutmaßlichen Täter, der dem Leser aus Amandas Vergangenheit präsentiert wird, wieder abgelenkt, weshalb es bis zum Schluss spannend bleibt, wer die zurückhaltende, gutherzige und liebevolle Mutter eines kleinen Sohnes, Amanda, auf dem Gewissen haben mag und aus welchem Grund. Lügen und Geheimnisse, die offenbar bei allen Beteiligten - auch bei Lizzie - vorherrschen, lassen am Ende viele Protagonisten verdächtig oder zumindest fragwürdig erscheinen und nur allmählich setzen sich die Puzzleteile der zunehmend komplexer werdenden Handlung zusammen.

"Eine perfekte Ehe" baut die Spannung zu Beginn langsam auf, entwickelt sich dann jedoch zu einer gelungenen Mischung aus Justizkrimi und skandalträchtigem Familiendrama mit Thrillerelementen, der vor allem in den letzten Kapitel durch schnelle Wechsel der Zeitebenen fesselnd zur Aufklärung von Amandas Tod führt.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.05.2021

Humorvoller Unterhaltungsroman mit Kölner Lokalkolorit und Verbundenheit zur Natur, aber nicht unbedingt eine romantische Liebesgeschichte

Liebe treibt die schönsten Blüten
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Svea ist studierte Biologin, die als Insektenforscherin an ihrer Promotion arbeitet und wohnt mit ihrer besten Freundin Elisabeth in einer WG in Köln. Aufgrund von stressbedingten Nackenschmerzen meldet ...

Svea ist studierte Biologin, die als Insektenforscherin an ihrer Promotion arbeitet und wohnt mit ihrer besten Freundin Elisabeth in einer WG in Köln. Aufgrund von stressbedingten Nackenschmerzen meldet sie sich für ein Faszientraining an der Volkshochschule an, wo sie auf Lars trifft. Für Svea ist es Liebe auf den ersten Blick, aber sie ist zu schüchtern, um eindeutige Signale zu senden und Lars scheint auch augenscheinlich kein Interesse für sie zu hegen. Als Svea wegen der Erkrankung ihres Vaters die Geschäftsführung für seine Gartenbaufirma übernimmt, stellt Svea durch einen Zufall fest, dass Lars bei der Stadt Köln arbeitet und als Referent für die Ausschreibung der Neugestaltung eines öffentlichen Platzes in Köln verantwortlich ist. Für Svea ist es die Gelegenheit zu beweisen, dass sie das Zeug hat, die Firma ihres Vaters erfolgreich zu leiten, aber auch um Lars näher zu kommen...

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Svea geschildert, so dass man sich sehr gut in die junge Frau hineinversetzen kann. Nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund Jens ist sie schon eine Weile Single und hatte bisher kein glückliches Händchen mit Dating-Apps. Auch beruflich kommt sie nicht wirklich weiter, ihr Professor nutzt sie aus und die Promotionsarbeit stockt. Die Übernahme der Geschäftsleitung der Gartenbaufirma stellt sie vor neue Herausforderungen, aber auch neue Sorgen, der sie jedoch mit ihrem Engagement für Flora und Fauna und kreativen Ideen leidenschaftlich begegnet. Nach dem Studium scheint sie ihre Berufung gefunden zu haben, ihre Entwicklung ist authentisch dargestellt. Die Themen Umweltschutz, ökologischer Fußabdruck, Urban Gardening, Klimaerwärmung und Städtebauplanung weisen auf aktuelle, gesellschaftlich relevante Probleme hin und fügen sich ganz selbstverständlich in die Geschichte um Svea ein.

Die Liebesgeschichte dagegen ist etwas zäh und ich empfand es als schwierig, dass sich Svea wie ein Teenager in einen Mann verliebt, ohne ihn zu kennen und ihre Gedanken fast nur noch darauf ausgerichtet sind, ihn von fern anzuhimmeln. So geht es auch lange Zeit nicht wirklich voran, bis es zu einem ersten Kuss kommt, der jedoch auch nichts besiegelt. Dafür dass Svea so auf Lars fixiert war, fehlten mir die Leidenschaft zwischen den beiden und echte Emotionen.

Dennoch ist der Roman kurzweilig geschrieben, unterhält durch seine Leichtigkeit und den Kölner Lokalkolorit, der durch genannte Orte oder Kölner Brauchtum wie ein jeckes Fußballturnier oder Sveas Einsatz als Funkenmariechen lebendig umgesetzt ist. Der Charme der Stadt und die Mentalität der Menschen sind lebensecht und spürbar.
Wer insofern keine romantische Liebesgeschichte erwartet, humorvoll unterhalten werden möchte, ohne auf ein paar ernste Themen verzichten zu wollen und dabei selbst noch ein Faible für Tiere und Pflanzen hat, wird mit diesem frühlingshaft-sommerlichen Roman seine Freude haben.

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Veröffentlicht am 24.04.2021

Bildhafte und lebendige Familiengeschichte vor dem Hintergrund von Zweitem Weltkrieg, Vertreibung und der Hoffnung auf einen neuen Anfang

Libellenjahre
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1930 lernt die aus einem Adelsgeschlecht stammende Constanze von Warthenberg bei einer Segelregatta in Königsberg den Polen Clemens Rosanowski kennen. Ein Jahr stehen sie in Briefkontakt, bis sie sich ...

1930 lernt die aus einem Adelsgeschlecht stammende Constanze von Warthenberg bei einer Segelregatta in Königsberg den Polen Clemens Rosanowski kennen. Ein Jahr stehen sie in Briefkontakt, bis sie sich wiedersehen und in einander verlieben. Constanze möchte Clemens heiraten, muss dafür jedoch ihre Familie, insbesondere ihren Vater Karl, überzeugen. Dieser ist in Bezug auf die politische Einstellung Rosanowskis skeptisch, gibt aber nach anfänglichem Widerstand nach und willigt in die Ehe ein. Das Ehepaar zieht nach Danzig, sie bekommen 1933 eine Tochter und erleben glückliche Jahre, auch wenn das politische Pflaster in Danzig heiß ist und sich nach dem Wahlsieg der NSDAP und dem Erstarken Adolf Hitlers die Lage, insbesondere für die jüdische Bevölkerung, aber auch für die Polen, zuspitzt. Clemens hatte als Beamter im Staatsapparat die Gefahr frühzeitig erkannt und war zur deutschen Staatsbürgerschaft gewechselt. Als 1939 der Krieg ausbricht, steht Clemens vor der Wahl, sich der SA anzuschließen oder auf dem Feld gegen das Land seiner Väter zu kämpfen. Clemens entscheidet sich für den Einsatz an der Front und geht an Scham und schlechtem Gewissen fast zugrunde. Und während die sowjetische Armee immer weiter in Richtung Westen rückt, muss sich Constanze die Frage stellen, wie lange sie noch in Danzig würde bleiben können.

Ich habe bereits viele Romane über den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg gelesen, aber dieser hat mir mit den Schauplätzen Königsberg und Danzig eine ganz neue Perspektive aufgezeigt. Die Autorin verbindet geschickt historische Fakten mit der fiktiven Geschichte um eine intelligente, starke und selbstbewusste junge Frau, die es aufgrund ihrer Abstammung bisher leicht im Leben hatte. Ohne ihren Mann und auf sich alleingestellt, wächst sie dann während der Wirren des Krieges über sich hinaus. Gut gefallen hat mir auch die Rolle der Großmutter, Charlotte von Warthenberg, die für Constanze stets Ratgeberin und ein fester Halt war.

Der Schreibstil ist bildhaft und lebendig, die Sprache zeitgemäß, weshalb man sich gut in die damalige Zeit versetzen lassen kann, die Gräueltaten hautnah miterlebt und mit den Protagonisten, insbesondere Constanze, aus deren Sicht der Roman überwiegend erzählt wird, mitfühlen kann. Angst, Verzweiflung und der Blick in eine ungewisse Zukunft sind spürbar. Die Geschichte hat Tiefe, denn die Charaktere beschäftigen sich mit politischen Fragen und das politische Weltgeschehen und die historischen Ereignisse werden harmonisch mit der Familiengeschichte der von Warthenbergs verbunden.

"Libellenjahre" ist der Auftakt der dreiteiligen Familiensaga von dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs, von Flucht und Vertreibung. Die Familiengeschichte ist symbolisch für viele Schicksale der damaligen Zeit und sowohl dramatisch als auch spannend geschildert und konnte mir durch die besondere Situation der Hansestadt Danzig neue Aspekte aufzeigen. Der Roman handelt im Zeitraum von 1930 bis 1949 - eine für lange Zeitspanne für den nicht ganz 400 Seiten umfassenden Roman, weshalb nicht alle Ereignisse in der gleichen Intensität dargestellt werden und ich stellenweise das Gefühl hatte, nur einzelne Episoden zu erleben.

Mit dem bereits erschienen Band "Wunderjahre" wird "Libellenjahre" fortgesetzt. Der abschließend dritte Band "Erntejahre" erscheint im Juni 2021.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Solider, unblutiger Thriller mit einer interessanten Familiengeschichte, der zwar keinen Nervenkitzel verursacht, aber in sich schlüssig ist

Beste Freundin - Niemand lügt so gut wie du
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Eine Frau tötet scheinbar willkürlich zwei Menschen, eine 76-jährige Frau und ihren 58-jährigen Sohn, mit einer Schrotflinte. Anschließend scheitert die Frau mit einem Selbstmordversuch und fällt ins Koma. ...

Eine Frau tötet scheinbar willkürlich zwei Menschen, eine 76-jährige Frau und ihren 58-jährigen Sohn, mit einer Schrotflinte. Anschließend scheitert die Frau mit einem Selbstmordversuch und fällt ins Koma. Die mutmaßliche Täterin kann als Heather Underwood, verheiratet und Mutter eines 18 Monate alten Sohnes, identifiziert werden. Jess Fox ist Journalistin einer Lokalzeitung, die vor kurzem von London wieder zurück in ihre Heimat Somerset gezogen ist und soll über den Doppelmord berichten. Sie kennt Heather aus ihrer Jugend. Zwei Jahre waren die beiden beste Freundinnen, bis es im Alter von 14 Jahren zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden kam. Jess hat Hemmungen über die Familie ihrer ehemaligen Freundin zu berichten, schafft es jedoch den Kontakt zu Heathers Mutter herzustellen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Beide glauben sie nicht daran, dass die sanftmütige Heather diese Tat mit vollem Bewusstsein verübt haben kann. Die Beweislast gegen Heather ist dagegen erdrückend, aber Jess recherchiert weiter und muss sich dabei den Fehlern der Vergangenheit stellen und sieht sich plötzlich selbst ominösen Drohungen ausgesetzt.

"Beste Freundin - Niemand lügt so gut wie du" ist ein Thriller, der mit einem kaltblütigen Doppelmord beginnt, dann jedoch sehr gemächlich weitererzählt wird und nur langsam Spannung aufbaut. Er handelt in der Gegenwart im Jahr 2012 und führt in der Vergangenheit zurück in den Sommer 1994, als Heathers Schwester Flora spurlos verschwand und es zum Streit zwischen Heather und Jess kam. Dabei kommen immer mehr Geheimnisse über Heathers Familie ans Licht, die letztlich auch zu einem Motiv für die Tat führen.

Durch den Wechsel aus Vergangenheit und Gegenwart kann man frühzeitig erahnen, was der Hintergrund für die Tat sein könnte. Thriller, die nach dieser Manier aufgebaut sind, die Geheimnisse und Lügen aus der Vergangenheit offenbaren, die bis in die Gegenwart hineinwirken und die Protagonisten wieder einholen, gibt es viele und auch dieser hebt sich nicht von dem bekannten Schema ab. Auch der Clou am Ende ist für einen Psychothriller nicht wirklich überraschend.
Trotz einer gewissen Vorausschaubarkeit empfand ich es als spannend, alle Details aus Vergangenheit und Gegenwart aufzudecken und zusammenzuführen. Auch schafft es die Autorin, den Charakteren aller Generationen Leben einzuhauchen, wobei vor allem Jess eine charakterliche Weiterentwicklung erfährt. Wenig überzeugen konnte mich dagegen die Polizeiarbeit der lokalen Ermittler. Die Ermittlungen spielten für den Roman zwar nur eine untergeordnete Rolle, wirkten aber bis zum Schluss unbeholfen und dilettantisch.

"Beste Freundin - Niemand lügt so gut wie du" ist ein solider, unblutiger Thriller mit einer interessanten Familiengeschichte, der zwar keinen Nervenkitzel verursacht, aber in sich schlüssig ist und für unterhaltsame Lesestunden sorgt.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Wenn es nicht der größte Wunsch einer Frau ist, Mutter zu werden - ein Buch, das sich einem Tabu-Thema widmet und so für mehr Verständnis und Toleranz sorgen kann.

Nie, nie, nie
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Die Protagonisten des Romans ist 35 Jahre alt, lebt in Oslo und ist seit acht Jahren mit ihrem Freund Philip zusammen. Sie hat für sich entschieden, keine Kinder zu bekommen und hat auch zu Beginn der ...

Die Protagonisten des Romans ist 35 Jahre alt, lebt in Oslo und ist seit acht Jahren mit ihrem Freund Philip zusammen. Sie hat für sich entschieden, keine Kinder zu bekommen und hat auch zu Beginn der Beziehung kein Geheimnis daraus gemacht. Als die beste Freundin Anniken schwanger ist und damit den gemeinsamen Vorsatz gebrochen hat, nicht Mutter werden zu wollen, verändert sich auch die Einstellung von Philip. Er fragt sich, wie die namenlose Ich-Erzählerin sich sicher sein kann, auch später keine Kinder zu wollen und wendet sich von ihr ab.
Die Hauptfigur hat nichts gegen Kinder, besucht weiterhin ihre besten Freunde, als die kleine Ella geboren ist, aber in ihr regen sich keine Muttergefühle und keine Sehnsucht danach, selbst etwas zu hinterlassen.
In verschiedenen Situationen wird die Ich-Erzählerin mit ihrer Kinderlosigkeit konfrontiert und erntet in der Regel Verständnislosigkeit. Sie selbst ist jedoch jemand, die gerne mit sich allein ist, die sich stets Auszeiten von ihrem Freund genommen hat und für keinen anderen Menschen ihr Leben lang Verantwortung tragen möchte.
Interessant ist, dass nicht krampfhaft versucht wird, einen konkreten Grund für ihre Entscheidung für Kinderlosigkeit zu präsentieren. Hier spielt weder eine Karriere, noch ein aufwändiges Hobby oder die Meinung, dass die Welt zu kaputt für Nachwuchs ist, eine Rolle. Sie möchte einfach nicht. Punkt.

"Nie, nie, nie" ist ein Roman, der sich einem Tabu-Thema widmet, was durch die Namenlosigkeit der Protagonistin noch betont wird. So erhält man das Gefühl, dass sie anonym bleiben möchte, denn der Wunsch einer Frau, keine Kinder in die Welt zu setzen, wird gesellschaftlich nicht anerkannt.
Das Buch bleibt dabei völlig wertfrei. So werden glückliche junge Familien vorgestellt, aber auch junge Eltern mit Startschwierigkeiten. Kinder sind kein Horrorszenario, aber eine Familie ist auch keine Garantie für Glück, Zufriedenheit und sich nicht doch einsam zu fühlen.
Die Geschichte ist nüchtern und episodenartig geschildert, Gefühlsausbrüche der Protagonistin erhofft man vergebens. Sie bleibt in ihrer Entscheidung konsequent, verteidigt sie aber nicht leidenschaftlich.

Das Buch lässt sich in einem Rutsch lesen, denn die Kapitel sind kurz, der Umfang insgesamt kompakt. Das Thema Kinderlosigkeit ist sehr zentral und lässt keinen Raum für den Rest des Lebens der Protagonistin. Auf jeder Party, in jedem Café, bei jedem Treffen mit alten Freunden oder guten Bekannten steht in irgendeiner Form immer die Frage nach dem Kinderkriegen im Mittelpunkt, was mir in der Summe zu viel war. Gerade wenn man sich keine Kinder wünscht, hätten auch noch andere Interessen der Protagonistin in Erscheinung treten können. Auch fand ich es schade, dass sie sich überhaupt nicht mit ihrer gescheiterten Beziehung zu Philip auseinandersetzt oder ein Gespräch mit ihrer Großmutter sucht, die für die Mutterrolle nicht geschaffen war.

"Nie, nie, nie" ist ein Aufruf zu mehr Toleranz und eigentlich sollte es nicht verwundern, dass es Frauen ohne Kinderwunsch gibt, sondern dass es heutzutage noch nötig ist, so eine persönliche Entscheidung rechtfertigen zu müssen. Schließlich sind Menschen, Beziehungen und Familienkonstellationen so vielfältig und lange nicht mehr auf das klassische Modell Vater-Mutter-Kind beschränkt. Vielleicht kann das Buch insofern für mehr Verständnis für einen eher ungewöhnlichen Lebensentwurf sorgen.

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