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Veröffentlicht am 19.05.2021

Herzzerreißend und tröstlich zugleich

Fritz und Emma
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Der neue Pfarrer Jakob Eichendorf und seine Frau Marie erleben die ersten Wochen in Jakobs neuer Gemeinde Oberkirchbach sehr unterschiedlich. Jakob fühlt sich endlich angekommen, während Marie sich abgeschnitten ...

Der neue Pfarrer Jakob Eichendorf und seine Frau Marie erleben die ersten Wochen in Jakobs neuer Gemeinde Oberkirchbach sehr unterschiedlich. Jakob fühlt sich endlich angekommen, während Marie sich abgeschnitten von Arbeit und kulturellem Leben sieht.
Jetzt steht die 750 Jahresfeier an. Nach anfänglichem Fremdeln stürzt Marie sich in die Planung und Vorbereitung der Feierlichkeiten. Nun bietet sich die Gelegenheit die Menschen, Alteingesessene genauso wie Neuhinzugezogene, kennenzulernen.
Marie und auch wir Leser lernen Fritz und Emma kennen, ihren Liebes-wie auch ihren Leidensweg.



Ich weiß „Herzzerreißend und tröstlich zugleich“ ist ein Zitat aus der Buchpräsentation, aber ich finde es so passend, dass ich keine andere Überschrift finden konnte.

Der Roman ist soooo schön und hat mich soooo berührt, dass ich ganz begeistert meinem Mann vom Inhalt des Buches erzählt habe. Seine Reaktion: Liebe, Abschied, Krieg, psychische Folgeschäden, Verwüstung, Trennung…….was findest du daran schön und berührend?
Ja, das Leben von Fritz und Emma war hart und auch das Leben von Marie ist kein Zuckerschlecken und all die anderen Dorfbewohner vereinsamen.
Dass die Erzählung herzzerreißend und tröstlich ist, haben wir nur der Autorin zu verdanken.

Leider muss ich immer wieder feststellen, dass mir sehr positive Rezensionen irgendwie schwerfallen, weil ich nicht erklären kann, warum mich dieser Roman so überzeugt hat. Normalerweise hätte mich das Thema „eine Liebe über siebzig Jahre andauernd“ abgeschreckt. Aber schon bei der Leseprobe hat mich dieser Roman angefasst, so dass ich weiterlesen wollte. Ich wurde nicht enttäuscht. Eine rührige, eigentlich zwei rührige Liebesgeschichten werden mitfühlend erzählt, ohne ins triviale oder kitschige abzurutschen.

Man kann diesen Roman sogar als aufmunternden Appell an kleine scheintote Dörfer sehen.
Hey, es braucht nur ein „bisschen“ Eigeninitiative, um ein Dorf wieder aufleben zu lassen. So wie Marie es bewerkstelligt hat, könnte es auch in anderen Dörfern gelingen. Es muss nicht immer gleich eine 750-Jahr-Feier sein. Ich glaube, das Zauberwort ist da wohl die Verjüngung des Vereinslebens und Aktivierung möglichst vieler Einwohner.

Um auf Fritz und Emma zurückzukommen, welch eine wundervolle Liebesgeschichte!

Ich werde gleich nach anderen Büchern von Barbara Leciejewski suchen, denn ich liebe ihren Schreibstil und ihre Art Geschichten zu erzählen.

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Authentisch und unterhaltsam

Der Schönheitssalon 1
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Helena Rosenberg kehrt nach Jahren der Abwesenheit wieder zu ihrem Geburtshaus ins Berlin der 1925er Jahre zurück. Ihr Vater, Inhaber einer Apotheke an der Friedrich Straße, ist gestorben und hat ihr und ...

Helena Rosenberg kehrt nach Jahren der Abwesenheit wieder zu ihrem Geburtshaus ins Berlin der 1925er Jahre zurück. Ihr Vater, Inhaber einer Apotheke an der Friedrich Straße, ist gestorben und hat ihr und ihrer Halbschwester Charlotte, von deren Existenz Helene erst jetzt erfahren hat, je zur Hälfte das Erbe festgelegt.

Das Erbe, bestehend aus Haus und Apotheke, ist belastet mit einem riesigen Berg Schulden. Charlotte ist nicht begeistert dieses Erbe auch noch mit ihrer Schwester teilen zu müssen.


„Ein mitreißender Roman über eine aufregende Zeit, in der alles möglich war.“

Diesem Zitat kann ich mich vollkommen anschließen. Ich habe den Roman in vier Tagen gelesen und warte jetzt ungeduldig auf die Fortsetzung.

Nora Elias hat sehr kurzweilig und geschickt die Geschichte des Mädchens aus der Provinz mit dem aufregenden Leben im Berlin der 20er Jahre verknüpft. Die Hektik und die Aufbruchsstimmung dieser Zeit hat sie gekonnt mit eingewoben. Auch die Stimmen der Endsieg-Befürworter und die seelischen Schäden des Krieges finden ihren Platz in der Geschichte.

Wer Babylon Berlin gesehen hat, fühlt sich in diesem Roman gleich wieder zu Hause, nur mit dem Unterschied, dass wir jetzt die gehobene Schicht kennenlernen. Die Protagonisten gehören nicht zum Adel, aber bemühen sich wenigstens dem Geldadel nah zu kommen.

Charlotte und ihre Freundin Paula haben nicht viel Geld, Charlotte sogar so viel Schulden, dass sie eigentlich nicht weiß, wie es weiter gehen soll, aber sie lassen es sich im Berliner Nachtleben gut gehen und von flüchtigen Bekanntschaften aushalten. Wenn man nicht alles einsetzen will und als leichtes Mädchen gelten will, ist ihr Vergnügen sehr riskant.

Auch Helena ist vielen Gefahren ausgesetzt, aber sie geht ihren eigenen Weg. Sie lässt sich von den finanziellen Problemen nicht entmutigen und kreiert ihre eigene Kosmetik.
Mehr möchte ich hier nicht verraten, nur soweit, es ist richtig lesenswert.

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Veröffentlicht am 25.04.2021

Starker Thriller

Sommernacht
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Julia Keegan und Will Slater, Aufsehenerregendes, gutaussehendes und erfolgreiches Paar, zelebrieren ihre durchgestylte Hochzeit auf einer unbewohnten irischen Insel.
Die Hochzeitsfeierlichkeiten werden ...

Julia Keegan und Will Slater, Aufsehenerregendes, gutaussehendes und erfolgreiches Paar, zelebrieren ihre durchgestylte Hochzeit auf einer unbewohnten irischen Insel.
Die Hochzeitsfeierlichkeiten werden nicht nur von einem heftigen Gewittersturm nd Stromausfällen sabotiert, sondern auch von Lügen, überraschenden Wahrheiten, Verletzungen und Geheimnissen.

Kann das gutgehen?




Am Anfang hat mir der ständige Wechsel zwischen Gegenwart und den Geschichten der einzelnen Protagonisten gestört. Ich fühlte mich irgendwie gebremst und musste mich dem Rhythmus der Erzählerin angleichen.

Der Spannungsbogen wurde aber gleich mit der ersten Situationsschilderung ziemlich hoch angesetzt, was mich am Anfang auch etwas ungeduldig machte. Statt zu stagnieren oder abzuflachen, stieg der Spannungsbogen stetig. Ich konnte das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen und wenn man nicht las, kreisten die Gedanken um das Gelesene.

Zu der Handlung möchte ich nichts sagen, um nicht zu spoilern. Nur so viel, sie ist Hammer, auch ein bisschen gruselig und das Ende atemberaubend.

Ein MUSS für jeden Thriller-Liebhaber.

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Veröffentlicht am 25.04.2021

Danke, endlich Geschichte(n) aus verschiedenen Perspektiven

Jaffa Road
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„Drei Familien, drei Generationen, drei Kulturen – und ein gemeinsames, bewegendes Schicksal“
Nina Zimmerman, Enkelin des als verschollen geltenden Moritz Reincke, wird von einem italienischen Notar aufgefordert ...

„Drei Familien, drei Generationen, drei Kulturen – und ein gemeinsames, bewegendes Schicksal“
Nina Zimmerman, Enkelin des als verschollen geltenden Moritz Reincke, wird von einem italienischen Notar aufgefordert nach Palermo zu kommen um ihr Erbe anzutreten. In Palermo trifft sie nicht nur auf ihre jüdische Tante Joelle, sondern auch auf Elias Bishara, Palästinenser aus Jaffa.
Statt Antworten wirft dieses Zusammentreffen immer mehr Fragen auf.


Viele gutrecherchierte historische Romane haben meinen geschichtlichen Horizont immer mal wieder etwas erweitert, aber keiner hat mich bisher so überrascht, gefesselt und mir ein neues tiefes Verständnis für die nicht zu lösende Situation im Nahen Osten vermittelt.

1956 geboren, bin ich mit den explosiven und kriegerischen Auseinandersetzungen aufgewachsen. Als deutsche Schülerin ist mir im Geschichtsunterricht über die Eisenzeit, das Mittelalter bis hin zum 2. Weltkrieg und der Judenverfolgung Wissen vermittelt worden. Weder in Geschichte noch im Politik-Unterricht wurde die Gegenwartsgeschichte beleuchtet. In der gymnasialen Oberstufe um 1974 hätte man das eigentlich erwarten können. In den Nachrichten konnte man verfolgen, dass der Staat Israel gegründet wurde, dass viele Überlebende der Judenverfolgung eine neue Heimat („das gelobte Land“) fanden und die Palästinenser sich gegen diesen neuen Staat wehren.

Daniel Speck hat dieses Drama, diese Katastrophe, mit den Familiengeschichten dreier Kulturen, die eng miteinander verbunden waren, sichtbar und begreifbar gemacht. Er zeigt auf, dass wir nur unser eigenes Elend sehen und das Elend anderer ausblenden. Dadurch, dass jede Familie, jüdisch, deutsch oder aus Palästina stammend, ihr Schicksal beleuchten konnte, ergibt sich für uns Leser ein vielfältiges neues Bild.

Auch die Bezeichnung „Araber“ hat eine neue Dimension. Mir war bisher nicht bekannt, dass es christliche, jüdische und islamische Araber gibt. Auch die Palästinenser spalten sich in Juden, Christen und Moslems auf. Und wer machte sie zu Feinden?

Die Frage kann dieser Roman natürlich nicht beantworten, aber die fiktiven und realen Geschichten, die Daniel Speck erzählt, zeigen das Elend und den Untergang vieler Menschen meist verursacht durch wenige Fanatiker, die unglücklicherweise Macht erlangten.

Ein super Buch, das jeder lesen sollte, denn unterhaltsamere Aufklärung kann ich mir nicht vorstellen.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Brisanter, ,aktueller Politthriller

Die Stunde der Wut
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Zum zweiten Mal arbeiten Kriminalrätin Melia Adans und Kriminalhauptkommissar Vincent Veih gemeinsam an einem Fall. Während Vincent sich in die Ermittlungen im Mordfall Klara Dorau stürzt, streckt Melia ...

Zum zweiten Mal arbeiten Kriminalrätin Melia Adans und Kriminalhauptkommissar Vincent Veih gemeinsam an einem Fall. Während Vincent sich in die Ermittlungen im Mordfall Klara Dorau stürzt, streckt Melia weiter ihre Fühler aus um die Leiche ihrer vermissten ehemaligen Kollegin Solweig zu finden. Die Suche kann nur inoffiziell erfolgen, da sie keine Unterstützung vom Verfassungsschutz erhält.
Tatsächlich hatte die Aufdeckung eines rechtsextremen Netzwerk bemerkenswert wenig Konsequenzen für die Beteiligten gehabt. Nur Melias Karriere beim Verfassungsschutz endete abrupt. Sie wechselte in die Kriminalinspektion I und ist jetzt de facto Vincents Chefin.
Die Ermittlungen führen Beide in den Drogen-und Korruptionssumpf. Und immer wieder begegnen ihnen korrupte Staatsdiener und rechte Terroristen.



Puh, das war heftig.

Horst Eckert schreibt immer am Puls der Zeit und legt den Finger in den immer größer werdende Spalt unserer Gesellschaft.

Seine Thriller zu lesen, erzeugt bei mir oft ein beklemmendes Gefühl. Es gibt bei ihm keine triefende Blutspur und keinen Serienmörder, sondern eine unbestimmte Angst um die Gesellschaft, in der wir leben. Abgesehen von der Pandemie, die aktuell die Bevölkerung, die Wissenschaft, Wirtschaft und Politik beschäftigt, wird uns suggeriert, dass wir in einem Staat mit Willkommenspolitik gegenüber Flüchtlingen leben. Wir eine nachhaltige Richtungsänderung in der Umweltpolitik erleben, „Friday für Future“ unterstützen und die rechte Gesinnung unter Kontrolle haben.

Das dem nicht so ist, erschreckt und verunsichert.

Horst Eckerts Thriller beleuchtet diese verborgene Seite und regt zum Nachdenken an. Seine äußerst spannenden Thriller rütteln auf, regen auf und schreien geradezu „Macht die Augen auf und guckt hin“. Seine fiktiven Geschichten kratzen erschreckend oft an der Wirklichkeit oder weisen zumindest die Richtung, wo man genauer hinsehen sollte.

Die farbige Kriminalrätin und der Kriminalhauptkommissar, dessen Mutter aktives Mitglied der RAF war und aktuell wieder Aktivistin ist, sind gut gewählt. Die Beiden werden sich ständig aneinander reiben, gegensätzliche Vorstellungen ausdiskutieren und gemeinsam gegen die rechten Bündnisse und Auswüchse arbeiten.

Ich hoffe auf noch viele Fälle für Melia Adan und Vincent Veih.

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