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Veröffentlicht am 29.04.2017

Unterdrückte Konflikte, die sich im Familienurlaub entladen

Sommer mit Emma
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Daniel und Luisa, in deren Beziehung es zuletzt kriselte, möchten mit ihren Kindern einen harmonischen Urlaub verbringen. Da es aufgrund des Alters von Jasper und Lea vermutlich der letzte gemeinsame Familienurlaub ...

Daniel und Luisa, in deren Beziehung es zuletzt kriselte, möchten mit ihren Kindern einen harmonischen Urlaub verbringen. Da es aufgrund des Alters von Jasper und Lea vermutlich der letzte gemeinsame Familienurlaub sein wird, wollten die ihnen mit der Reise auf einem Hausboot durch England etwas Besonderes bieten. Um Jasper zu überreden, durfte sein bester Freund Can mitfahren; zudem darf erstmals auch die 14-jährige Emma, das Resultat eines Seitensprungs von Daniel, die mit ihrer Mutter in den USA wohnt, mit.

Zu sechst ist es denkbar eng auf dem kleinen Hausboot, die Schlafplätze reichen kaum aus, die Nass"zelle" wird überwiegend von Emma in Beschlag genommen und unterdrückte Konflikte gelangen immer weiter an die Oberfläche.

Der 17-jährige Jasper, der ohnehin keinen Bock auf den Urlaub hatte, ist genervt von seiner Mutter, Luisa ist eifersüchtig auf die hübsche Emma, die sich ganz selbstverständlich in den Vordergrund zu stellen scheint, Daniel hat ein Problem damit, dass er als Künstler finanziell von seiner Lebensgefährtin abhängig ist und die naive Lea begreift gar nicht, wie sie von Jasper und Emma hintergangen wird, die heimlich ihre Tagebuchaufzeichnungen lesen. Nur Can, der froh ist, kein Bestandteil der Familie zu sein, hält sich mit Kiffen bei Laune.

Der Roman ist mit Ausnahme von Emma abwechselnd aus der Perspektive aller Protagonisten geschrieben, so dass deren Empfindungen und Handlungen für den Leser nachvollziehbar sind. Emma lernt man nur durch die subjektiven Beschreibungen der anderen kennt und bleibt damit ein wenig mysteriös. Es ist nicht ganz klar, ob sie einfach nur ein von sich überzeugter, eingebildeter Teenager ist, die ihren Vater kennenlernen möchte oder ob sie absichtlich intrigiert.

Auch ohne Überschriften wird durch den für jeden einzelnen Charakter passenden Schreibstil jeweils nach wenige Sätzen deutlich, aus welcher Sicht die Geschichte weitererzählt wird, Zunächst passiert nicht viel, wie das Hausboot schippert auch die Handlung gemütlich vor sich hin. Als Leser ahnt man jedoch von Beginn an, dass es nicht bei einem harmonischen Familienurlaub bleiben wird und wartet nur darauf, dass es zur finalen Katastrophe kommen wird. Als dann dunkle Wolken aufziehen und der strömende Regen einsetzt, entladen sich die Konflikte und unterdrückte Geheimnisse werden offenbar.

Das Autorinnenduo spielt mit Stereotypen und lässt keinen Charakter so richtig positiv wegkommen, so dass ich mit keinem der Protagonisten sympathisierte und dieses Familiendrama lange nicht so eindringlich empfand wie "Kleine Schwester".

Veröffentlicht am 17.04.2017

Generationenübergreifender Roman über den unschätzbaren Wert der Familie und den Mut zu vergeben

Immer wieder im Sommer
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Anna ist zweifache Mutter von Töchtern im Alter von 14 und acht Jahren, geschieden und arbeitet in München als Zimmermädchen. Zu ihrer Mutter Frieda hat sie seitdem sie mit 18 Jahren von Zuhause, dem "Annahof" ...

Anna ist zweifache Mutter von Töchtern im Alter von 14 und acht Jahren, geschieden und arbeitet in München als Zimmermädchen. Zu ihrer Mutter Frieda hat sie seitdem sie mit 18 Jahren von Zuhause, dem "Annahof" ausgezogen ist, keinen Kontakt mehr. Überraschend erhält sie von ihrer Mutter einen Brief mit der dringenden Bitte sie zu kontaktieren.

Statt nach alle den Jahren einfach nur anzurufen, möchte sich Anna mit ihrem alten VW-Bus auf den Weg zu ihrer Mutter machen und anschließend weiter ans Meer fahren, um die Ferien auf Amrum zu verbringen. Dort möchte sie ihre Jugendliebe Jan treffen, der als Sozialpädagoge in einem Kinderheim arbeitet und von dem sie in einer Zeitschrift zufällig gelesen hatte, dass er geschieden ist. Sie hat allerdings nicht damit gerechnet, dass sie die Reise nicht allein unternehmen würde, sondern zusammen mit der gesamten Familie: ihren Töchtern, der Mutter, Hund Hendrik - und Exmann Max.

Der Roman ist aus der Sicht der drei Generationen der Frauen geschrieben: Anna, die die zentrale Rolle im Roman einnimmt, die älteste Tochter Sophie, die mittendrin in der Pubertät ist, kratzbürstig Konflikte mit ihrer Mutter sucht und erste Erfahrungen mit der Liebe sammelt und Mutter Frieda, wobei man in ihre Gedankenwelt durch eine Art von Tagebucheinträgen eintaucht und einiges über die Vergangenheit erfährt.

"Immer wieder im Sommer" ist ein unterhaltsamer Sommerroman, der sich ideal als Urlaubslektüre eignet. Die kurzen Abschnitte sorgen für einen schnellen Perspektivenwechsel, was einerseits für Abwechslung sorgt, andererseits wird so aber auch das Eintauchen in jeden einzelnen Charakter erschwert. Mir persönlich entwickelte sich die Geschichte zudem zu schnell. Nachdem Anna als junge Erwachsene von ihrer Mutter enttäuscht jeglichen Kontakt abgebrochen hat und auch ihre Kinder ihre Großmutter nie kennenlernen durften, nähern sie sich sehr schnell wieder an. Anna bereut ihr Verhalten plötzlich und bedauert, dass sie so engstirnig war und wichtige Zeit mit ihrer Mutter verloren hat. Gleichzeitig nähert sie sich auch ihrem Exmann, der sie betrogen hat, und zu dem sie jedwedes Vertrauen verloren hatte, auf der Reise zu ihrer Jugendliebe überraschend wieder an, was mir trotz der Sehnsucht nach einer intakten Familie nicht so ganz nachvollziehbar war. In diesem Punkt wäre die Geschichte durchaus noch ausbaufähig gewesen und ließ an Tiefgang vermissen.

Frieda, die unter schnell fortschreitender Demenz leidet, ist gezwungen ihren Hof mit den Tieren aufzugeben und kann sich nur in den Eintragungen in ihrem Heftchen öffnen und ihrer Tochter die Vergangenheit erklären. Auch wenn man nur Bruchstücke aus vergangenen Tagen erfährt, zeigt sich, dass sich die Geschichte in Teilen wiederholt und dass sich Mutter und Tochter nicht so unähnlich sind.

Der Roman endet, wie es sich für einen leichten Sommerroman gehört, sehr positiv mit einem für alle Protagonisten glücklichen Ausgang.
"Immer wieder im Sommer" ist ein generationenverbindender Roman über Vergangenheitsbewältigung, die Fähigkeit zu vergeben und ein Buch, das den unschätzbaren Wert der Familie hochhält und zeigt, wie wichtig ein Zusammenhalt trotz aller Unwägbarkeiten und Fehler jedes einzelnen ist.

Veröffentlicht am 13.04.2017

Eine Mutter auf der Flucht - vor ihrem Ex? Dem Feuer? Sich selbst?

Bis an die Grenze
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Josie wurde vom Vater ihrer Kinder Carl für eine andere Frau verlassen, die er jetzt auch heiraten möchte. Eine Ehe mit Josie war für ihn trotz der gemeinsamen Kinder Paul und Ana nie zur Debatte gestanden. ...

Josie wurde vom Vater ihrer Kinder Carl für eine andere Frau verlassen, die er jetzt auch heiraten möchte. Eine Ehe mit Josie war für ihn trotz der gemeinsamen Kinder Paul und Ana nie zur Debatte gestanden. Als Josie dann auch noch wegen einer Klage einer Patientin ihre Zahnarztpraxis verkaufen muss, mietet sie sich ein altes Wohnmobil, mit dem sie zusammen mit ihren Kindern aus Ohio nach Alaska flieht. Da Ana ohne die Einwilligung ihres Vaters keinen Pass bekommen kann, ist Alaska, wo Josies Stiefschwester Sam lebt, der am weitesten entfernte Ort, den sie erreichen kann.

Auf der Reise erfährt der Leser aus der Perspektive Josies etwas über ihre Kinder, Karl, den sie regelrecht verachtet, und ihre persönliche Lebensgeschichte. Als Tochter eines Ehepaares von Krankenpflegern einer Psychiatrie, denen die Mitschuld am Tod einiger Patienten der Einrichtung gegeben wurde, wuchs Josie als Teenager in einer Pflegefamilie auf.
Auch der Umgang mit ihren eigenen Kindern ist nicht ganz einfach. Der achtjährige Paul vergöttert seine drei Jahre jüngere Schwester und scheint die Rolle eines sehr fürsorglichen Vaters einnehmen zu wollen. Ana kam als Frühchen zur Welt, ist hyperaktiv und stellt regelmäßig eine Gefahr für sich selbst dar. Einen Augenblick aus den Augen gelassen, ist sie stets damit beschäftigt, etwas zu zerstören oder sich selbst zu verletzen.

Allein mit den Kindern unterwegs, wird Josie von Alpträumen und Schuldgefühlen heimgesucht, Sie macht sich schwere Vorwürfe, dass einer ihrer ehemaligen Patienten, den sie dazu ermuntert hatte, Soldat zu werden, in Afghanistan ums Leben gekommen ist. Enttäuscht vom eben, das sie als ungerecht empfindet, trinkt sie zu viel Wein und kann auch zu Sam keine Nähe herstellen.
In Alaska fehlt ihr eine Perspektive und die Menge an Bargeld die sie mitgenommen hat, um auf dem Weg der Reise keine Spuren zu hinterlassen, wird aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten in Alaska knapp. Für ihre Kinder reißt sich Josie immer wieder aufs Neue zusammen und verhindert so, dass sie von ihren Schuldgefühlen übermannt wird und sich in Selbstzweifeln verliert.

"Bis an die Grenze" ist nicht nur geografisch gesehen die Beschreibung der Flucht einer Mutter mit ihre Kindern, in der Annahme diese verlieren zu können, sondern auch als Grenzerfahrung Josies zu sehen. Der Roman ist in weiten Teilen ein Blick in das Seelenleben von Josie und ein Roadtrip, der aufgrund des unüberlegten und unverantwortlichen Verhaltens von Josie meine Nerven strapaziert hat. Die außergewöhnlichen Charaktere der Kinder, die sich auf der Reise im Gegensatz zur Mutter zum Positiven verändert haben, sorgen für den nötigen Unterhaltungswert.

Veröffentlicht am 31.03.2017

Atmosphärischer Roman, dem jedoch die nötige Spannung fehlt; auch die Charaktere konnten mich nicht fesseln

Das Gedächtnis der Insel
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Der 38-jährige Archäologe Yann Schneider kehrt nach 20 Jahren Abwesenheit anlässlich des überraschenden Todes seines Vaters aus Paris auf seine Heimatinsel im französischen Atlantik zurück.

Seine Mutter ...


Der 38-jährige Archäologe Yann Schneider kehrt nach 20 Jahren Abwesenheit anlässlich des überraschenden Todes seines Vaters aus Paris auf seine Heimatinsel im französischen Atlantik zurück.

Seine Mutter ist bereits in seiner Kindheit bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommen. Die Fischer sprechen von "Verschwinden", da ihre Leiche nie gefunden wurde.

Als sich die Beerdigung von Yanns Vater aufgrund eines angekündigten Sturms verzögert, beginnt Yann zusammen mit seiner Schulfreundin und Jugendliebe Gwenn, die bei der französischen Gendarmerie arbeitet, mit Nachforschungen, was den Tod seiner Mutter vor fast 30 Jahren betrifft. Sie hatte sich unmittelbar vor ihrem Tod mit einem Schriftsteller mit dem Pseudonym Jojo getroffen, der auch auf dem Unglücksschiff gewesen sein soll. Auch seine Leiche wurde nie gefunden, zudem wurde sein Name auch nie in der Berichterstattung in den Zeitungen erwähnt. Nicht nur der Tod der Mutter, die mit einem seeuntauglichen Segelboot aufs Meer gefahren ist, auch der angebliche Selbstmord seines Vaters, der vor seinem Tod noch ein Ticket nach Paris gekauft hatte, geben Yann immer mehr Rätsel auf...

Aufgrund der schon kurz nach Veröffentlichung des Romans zahlreichen 5-Sterne-Bewertungen hatte ich mich auf einen spannenden Plot um ein jahrzehntealtes Geheimnis gefreut.
"Das Gedächtnis der Insel" konnte mich zu Beginn allerdings gar nicht fesseln. Der Autor schafft es zwar, den Leser unmittelbar auf die kleine französische Insel in der Bretagne zu versetzen und eine nicht nur wetterbedingt bedrohlich anmutende Atmosphäre aufzubauen, die Handlung selbst blieb jedoch lange wenig spannungsgeladen.
Diese baute sich sehr gemächlich auf, bis sich ab der zweiten Hälfte die Abgründe der einzelnen Bewohner der verschlafenen Insel auftun und die Geheimnisse der Vergangenheit, die Vertuschung von Verbrechen, deutlich werden, die nur in einer verschworenen Gemeinschaft der übersichtlichen Anzahl der Inselbewohner über Jahrzehnte im Verborgenen geblieben sind, ohne dass es Ermittlungen der nationalen Polizei gegeben hatte.
Gleichzeitig war der Roman damit aber auch sehr vorhersehbar, weshalb das Ende und der "Showdown" im Sturm für mich dann nicht überraschend war.

"Das Gedächtnis der Insel" ist ein Roman, der sich innerhalb eines Tages lesen lässt, der mich aber vor allem aufgrund der überschwänglichen Kommentare letztendlich enttäuscht hat.

Veröffentlicht am 20.03.2017

Skuriller Roadtrip, der zum Teil etwas überladen wirkte und echte Lacher vermissen ließ

Ach du dickes Ding
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Simon Berger trauert noch immer um seine vor fünf Jahren verstorbene Ehefrau Sandra und nimmt deshalb kaum aktiv am Leben teil. Seinen Job als Filialleiter einer Bank, wo er größtenteils damit beschäftigt ...

Simon Berger trauert noch immer um seine vor fünf Jahren verstorbene Ehefrau Sandra und nimmt deshalb kaum aktiv am Leben teil. Seinen Job als Filialleiter einer Bank, wo er größtenteils damit beschäftigt ist, Kreditanträge nicht zu genehmigen, befriedigt ihn schon lange nicht mehr.

Simons lebenslustige Mutter ist der Meinung, dass die Zeit der Trauer nun endgültig vorbei ist und möchte ihren Sohn aus seiner Lethargie befreien. Bei einem Zoobesuch an ihrem Geburtstag entreißt sie ihm seine Halskette, an der er den Ring von Sandra trägt. In panischer Angst um ihr Andenken bringt Simon sich in Lebensgefahr, als er die Kette aus dem Hippodrom vor der aggressiven Nilpferd-Dame Daisy rettet. zu ihm ist Daisy allerdings überraschend zahm und ein später folgender Reinkarnationstest, den Simon zusammen mit dem buddhistisch angehauchten Tierpfleger Hagen durchführt, legt nahe, dass Sandra als Nilpferd Daisy wiedergeboren wurde.

Simon freut sich, seine Sandra wiederzuhaben, bis er erfährt, dass der berechnende Zoodirektor die in seinen Augen unsoziale und unwirtschaftliche Daisy den Löwen zum Fraß vorwerfen möchte.

Zusammen mit Hagen und der Inhaberin einer Speditionsfirma vor der Pleite startet Simon die Aktion "Rettet Daisy" und entführt das Nilpferd kurzerhand aus dem Kölner Zoo, um sie in das über 10.000 km entfernte Kenia zu bringen. Es beginnt ein turbulenter Roadtrip, auf dem Simon wirklich alles für Daisy bzw. seine Sandra riskiert.

"Ach du dickes Ding" ist ein leicht zu lesender Roman voller aberwitziger und absurder Situationen. Simon krempelt sein bisheriges Leben komplett um, riskiert sogar seine Freiheit, um seiner geliebten Sandra noch einmal nah sein zu können.

Auch wenn man die Geschichte nicht ganz ernst nehmen kann, sie stellenweise sehr überzeichnet ist wirkt und irgendwie von vornherein klar ist, dass das Gespann Kenia nie erreichen wird, ist das Buch unterhaltsam geschrieben - die großen Lacher sind für mich jedoch ausgeblieben.

Während des Roadtrips zog sich der Roman ein wenig in die Länge und war meiner Meinung nach mit Geschichten von Mafia bzw. Kopfgeldjägern und aufkeimender Romantik zwischen den Protagonisten etwas überladen. Zudem fügte sich so manches durch zu viele wohlgemeinte Zufälle zu einem glücklichen Ende zusammen. Hier wäre weniger mehr gewesen!
Trotzdem bleibt es spannend zu erfahren, wo Daisy letztlich ihr weiteres Lebens als Nilpferd-Mama verbringen darf und welche (strafrechtlichen) Konsequenzen die Rettungsaktion für Simon haben wird.