Profilbild von HarleyQ

HarleyQ

Lesejury Profi
offline

HarleyQ ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit HarleyQ über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.08.2021

Entwicklungsroman anders rum!

Liebe Rock
0

Liebe Rock ist ein ganz besonderer Roman, dass fällt sofort auf, wenn das erste Kapitel mit 100 beginnt und nicht mit 1 und auch der erste Satz macht sofort hellhörig.
Stilistisch nimmt sich der Roman ...

Liebe Rock ist ein ganz besonderer Roman, dass fällt sofort auf, wenn das erste Kapitel mit 100 beginnt und nicht mit 1 und auch der erste Satz macht sofort hellhörig.
Stilistisch nimmt sich der Roman einiges heraus, was man nicht oft zu sehen bekommt. Er ist an die Geliebte des Protagonisten, Rock, gerichtet und spricht diese immer wieder mit du an, als würde er es ihr direkt erzählen - so fühlen sich die Leser:innen ein bisschen wie Rock. Timm wirkt dadurch viel nahbarer, als wäre er direkt vor einem und obwohl er manch fragwürdige Entscheidungen trifft und etwas seltsam ist, kann man nicht anders, als ihn zu mögen.
Durch die relativ kurzen Kapiteln, mit noch kürzeren Absätzen, in denen nie eine direkte Rede verwendet wird und kein Wort zu viel verwendet wird um irgendwas oder irgendwen zu beschreiben, bekommt der Roman eine gewisse Geschwindigkeit, aber auch etwas von Verwüstung und Chaos. Gleichzeitig aber, ist er, durch die erzählte Geschichte, ruhig und langsam.
Der Text ist einzigartig und doch erinnert er an so einiges, oft kommt das Punk-Feeling auf, das vor allem durch die Sprache und die Ziellosigkeit des Protagonisten geprägt wird und dadurch erinnert der Roman auch immer wieder an "Der Fänger im Roggen".
An sich wissen die Leser:innen von Anfang an, worauf sie sich einlassen und doch fiebern sie mit Timm mit, wollen das Beste für ihn, hoffen, dass er es schafft, aber eigentlich ist klar, dass es nicht gut enden kann.
Liebe Rock ist eine Art "negativer Entwicklungsroman" mit sehr viel Gefühl und einer fesselnden Art zu erzählen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.07.2021

Zeitlose monologische Erzählung

Die Beichte einer Nacht
0

"Die Beichte einer Nacht" zeigt wie zeitlos manche Romane sein können. Obwohl der Roman im Original 1930 erschienen ist, liest er sich in seiner Neuübersetzung, als wäre er erst vor kurzem geschrieben ...

"Die Beichte einer Nacht" zeigt wie zeitlos manche Romane sein können. Obwohl der Roman im Original 1930 erschienen ist, liest er sich in seiner Neuübersetzung, als wäre er erst vor kurzem geschrieben worden. Wie sehr hier die Übersetzung jedoch die Sprache möglicherweise modernisiert hat, ist leider unbekannt.
Die Ich-Erzählerin erzählt der Stationsschwester der psychiatrischen Anstalt, in der sie Patientin ist, in der Nacht aus ihrem Leben. Dabei werden die Leser:innen als jene Schwester angesprochen, denn wir bekommen nur die direkte Rede der Frau zu lesen. Dies baut Nähe und Sympathie zur Sprechenden auf und macht den Roman sehr emotional. Die Frau erzählt zwar nichts all zu außergewöhnliches oder spannendes, aber genau das macht den Roman so gut. Sie erzählt von Sorgen, die viele Menschen haben, von Dingen, die einigen Personen passieren und die sie durchmachen müssen. Das macht diesen Roman aus. Er ist ruhig und sehr nah am tatsächlichen, alltäglichen Leben vieler Menschen dran und besticht mit seiner Erzählweise und der sympathischen Stimme.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.05.2021

Spannende Einsicht in einen interessanten Lebensweg

Gefangen und frei
0

Jarvis Jay Masters kam im Alter von 19 Jahren ins Gefängnis, nur kurze Zeit später wird er zum Tode verurteilt und kommt in Isolationshaft. Dort beginnt er zu meditieren und entdeckt Achtsamkeit und die ...

Jarvis Jay Masters kam im Alter von 19 Jahren ins Gefängnis, nur kurze Zeit später wird er zum Tode verurteilt und kommt in Isolationshaft. Dort beginnt er zu meditieren und entdeckt Achtsamkeit und die Lehren des Buddhismus für sich.
David Sheff begleitet die Jarvis und die Leserinnen auf dieser Reise durch die Hölle amerikanischer Gefängnisse zu Ruhe und Frieden in den Armen einer neuen Religion. Hierbei versucht Sheff, wie im Prolog erwähnt, nicht für oder gegen Masters' (Un-)Schuld zu plädieren, wobei er im selben Kapitel erwähnt, dass er sehr überzeugend von seiner Vergangenheit erzählt und in den folgenden Kapitel, wird doch öfters erwähnt, dass Masters unschuldig sei. Der Schreibstill von Sheff siedelt sich irgendwo zwischen Roman und Biographie an und versucht dabei möglichst distanziert zu bleiben. Dies hilft die buddhistischen Lehren zu verstehen, baut aber nicht allzu viel Sympathie zu Masters bei den Leserinnen auf. Immer bleibt im Hinterkopf der Gedanke: "Was, wenn er es doch war?"
Spannend und doch berührend wird die Entwicklung von Masters geschildert, mit genau der richtigen Menge an buddhistischen Lehren, um die Verwandlung zu verstehen. Diese sind wunderbar auf vier Kapitel aufgeteilt, die an die vier edlen Wahrheiten angelehnt sind. Gut können diese Lehren und Weisheiten auch im eigenen Leben angewendet werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.05.2021

Eine Stimme, die gehört werden muss

Drei Kameradinnen
0

Shida Bazyar erzählt die Geschichte von drei Freundinnen in Deutschland und ihren Erfahrungen.
Der Roman beginnt mit einem Zeitungsartikel, dass Saya einen Großbrand mit vielen Todesopfern ausgelöst haben ...

Shida Bazyar erzählt die Geschichte von drei Freundinnen in Deutschland und ihren Erfahrungen.
Der Roman beginnt mit einem Zeitungsartikel, dass Saya einen Großbrand mit vielen Todesopfern ausgelöst haben soll. Kasih erzählt nun, wie es dazu kommen konnte. Die Stimme der Erzählerin ist sehr jung und wirkt sehr alltäglich, als würde sie die Geschichte bei einem Tee oder Kaffee der Familie oder den Freundinnen erzählen. Zwischendurch wendet sie sich jedoch immer wieder anklagend direkt an die Leserinnen und wirft ihnen Verdächtigungen an den Kopf, was sie gerade denken, was sie glauben, was sie nicht glauben und überhaupt was sie wissen...
Wichtiger jedoch als die Geschichte von Saya und dem Großbrand, sind die kleinen Geschichten des institutionalisiertem Rassismus, dem Kasih und ihre Freundinnen ausgesetzt sind. All die Dinge, die Kasih verschweigt und den Leserinnen erst später eröffnet, die die weißen Leserinnen nicht bedacht haben.
Trotzdem sind die Anschuldigungen, die Kasih erhebt, nicht immer gerechtfertigt. Nicht alle Leserinnen gehen mit einem so ignoranten und weltverschlossenem Gedankengut an das Buch heran und müssen deshalb von der Autorin als dumm oder gar rassistisch vorgeführt werden.
Doch am Ende überwiegt die Wichtigkeit der Gefühle und Gedanken der Protagonistin in all diesen Situationen, die die meisten Leser
innen wohl nie erleben werden, weil sie nie aus ihrer Heimat flüchten mussten und weil ihr Name nicht anständig falsch ausgesprochen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2020

Spannendes Rätselraten in neuem Setting

Raum der Angst
0

Raum der Angst ist ein spannender Thriller einer ganz neuen Art. Er wird verkauft als "Escape-Room-Thriller" und war der erste seiner Art, den ich gelesen habe. Mit seinem Setting in und rund um einen ...

Raum der Angst ist ein spannender Thriller einer ganz neuen Art. Er wird verkauft als "Escape-Room-Thriller" und war der erste seiner Art, den ich gelesen habe. Mit seinem Setting in und rund um einen tödlichen Escape Room erinnert er an Filme wie Saw, The Cube und Escape Room, steht diesen aber in nichts nach.
Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten, etwas eigenes in diesem sehr limitierten Genre zu erschaffen, hat der Autor doch einige Alleinstellungsmerkmale für sich herausarbeiten können:
Die Räume des Escape Rooms selbst, sind gut und detailreich geschrieben. Der Leser/die Leserin kann mitraten und mitfiebern, mit den eingesperrten Versuchskaninchen. Der Großteil der Lösungen ist auch durchaus logisch und man kann selbst auf diese Lösungen kommen.
Das Escape Room-Thema durchzieht das ganze Buch, nicht nur die Versuchskaninchen im Escape Room müssen Rätsel lösen um aus dem Raum zukommen und ihr Leben zu retten, auch die ermittelnden Polizisten sehen sich vor Rätseln und Aufgaben gestellt um in den Escape Room zu kommen und die Versuchskaninchen zu reten.
Der Roman hat eine sehr gute und durchaus plausible Begründung für die Geschehnisse und die Motive des Täters. Nebenbei wirft er auf moralische Fragen auf, die dem Leser/der Leserin jedoch nicht zu stark aufgedrängt werden.
Als letzter Punkt, ist der Roman sehr gut als Einzelband angelegt, bei dem ein weiterer Band folgen kann, aber nicht muss!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere