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Veröffentlicht am 15.11.2021

Coole YA-Story, tolles Artwork

Poison Ivy: Dornenherz
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Im Mittelpunkt des Geschehens steht Pamela, die in der Schule von einem Jungen belästigt wird, dessen Eltern über viel Vermögen verfügen. Genau das lässt er auch raushängen und denkt, er kann sich einfach ...

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Pamela, die in der Schule von einem Jungen belästigt wird, dessen Eltern über viel Vermögen verfügen. Genau das lässt er auch raushängen und denkt, er kann sich einfach nehmen, was er möchte. Doch da ist er an die Falsche geraten. Pamela möchte sich nicht wie ein Stück Fleisch behandeln lassen, und so beginnt es in ihr zu brodeln. Zu diesem Gefühlszustand trägt das familiäre Drama unglücklich bei. Pamelas Mutter ist auf einer Forschungsreise - zumindest lässt die Familie das jeden um sich herum glauben. Das dunkle Geheimnis, das sich wie ein Schleier um ihr Haus legt, muss nämlich auf jeden Fall bewahrt werden. Gar nicht so leicht, wenn da plötzlich eine Schulkameradin auf der Matte steht, die Unterschlupf sucht - und etwas total Faszinierendes an sich hat.

Die Geschichte um Pamela ist nicht nur der Ursprung von Poison Ivy, sondern thematisiert zugleich eine bittersüße Teenager-Romanze und greift zudem zwischenmenschliche Aspekte auf. Verdeutlicht wird so beispielsweise, dass es für Jugendliche durchaus schwer sein kann, sich selbst zu finden. Die eigenen Gefühle und Wahrnehmungen zu verstehen. Über diese zu sprechen. Sowohl Pamela als auch Alice sind mir während des Lesens ans Herz gewachsen, und ich habe ihre Erlebnisse gerne mitverfolgt.

Die Illustrationen vermitteln eine düstere, gothisch-angehauchte Atmosphäre. Viele Schwarz- und Grüntöne füllen Pamelas Welt, und ihre Gesichtszüge werden im Laufe der Geschichte schärfer, als sie beschließt, sich an ihren Feinden zu rächen. Dabei steht der Wunsch, die Pflanzen zu schützen, gleichbedeutend für den Selbstschutz. Der Autor schafft hier Parallelen, die aufzeigen, wie wichtig es ist, für sich und seine Prinzipien einzustehen.

Persönliches Fazit: Allein das Artwork ist Grund genug, sich für dieses Buch zu entscheiden. Darüber hinaus bekommt man eine bittersüße Nacherzählung der Entstehungsgeschichte von Poison Ivy. Insgesamt würde ich dieses Buch auf jeden Fall YA-Lesern empfehlen, die sich gerne mit Comics beschäftigen.

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Beeindruckendes Artwork

Im Kopf von Sherlock Holmes
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Der Untertitel klingt erst einmal recht unspektakulär: Das Rätsel der skandalösen Eintrittskarte. Naaaja! Dahinter verbirgt sich jedoch eine spannende Detektivgeschichte, bei der man wunderbar miträtseln, ...

Der Untertitel klingt erst einmal recht unspektakulär: Das Rätsel der skandalösen Eintrittskarte. Naaaja! Dahinter verbirgt sich jedoch eine spannende Detektivgeschichte, bei der man wunderbar miträtseln, nachdenken und reichlich entdecken kann.

Gemeinsam mit dem schnell gelangweilten Holmes begeben wir uns nämlich auf eine abenteuerliche Reise, die uns quer durch London führt. Der Grund: Nachdem ein Kollege von Dr. Watson diesen in einer überaus seltsamen Angelegenheit um Hilfe gebeten hat und die Ereignisse selbst für Holmes ziemlich mysteriös erscheinen, wird dessen Schnüffelinstinkt geweckt und er widmet sich dem Fall. Endlich ist wieder was los in London, yay!

Als Fan vom berühmten Privatdetektiv war es sozusagen eine Pflicht, dieses Werk zu lesen. Es fiel mir auf, als der Splitter Verlag dafür Werbung gemacht hat und ich die wunderschönen Bilder sah (siehe Webseite des Verlags). Das Besondere an ihnen ist die unglaubliche Liebe zum Detail. Ich habe noch nie solche perfekt durchdachten, verspielten und extrem unterhaltsamen Illustrationen gesehen! Begleitet werden sie vom klassischen "roten Faden", dem man folgen soll, um galant durch die Story geführt zu werden. Dabei gibt es eine Menge zu sehen. Besonders stechen die Passagen hervor, in denen wir uns in Holmes' Kopf bewegen (hier ist der Buchtitel definitiv Programm!) und mitverfolgen, wie der Superschnüffler Zeugenaussagen abheftet, Indizien bewertet, Gedächtnisprotokolle abruft, Puzzleteile zusammensetzt und Fakten kombiniert. Und wie es sich für eine typische Holmes-Story gehört, sitzt man selbst oft genug mit einer Denkblase über dem eigenen Kopf da und fragt sich, wie zum Henker er da jetzt wieder draufgekommen ist.

Fazit: Ich bin so beeindruckt - sowohl von der Kriminalgeschichte als auch (ganz besonders!) von der künstlerischen Umsetzung -, dass ich diese Graphic Novel einfach jedem weiterempfehlen möchte. Packt sie auf eure Wunschlisten für Weihnachten, schenkt sie euch gegenseitig, euch selbst, klaut sie aus irgendeiner Buchhandlung (nein, bitte nicht!)... Aber lest sie!

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Grundstein aller heutigen Vampirgeschichten

Interview mit einem Vampir
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Erzählt wird die Geschichte von Louis de Pointe du Lac, der im Alter von 24 Jahren zum Vampir gemacht wird. Wir befinden uns in New Orleans im ausgehenden 18. Jahrhundert. Louis hat seine Frau und ihr ...

Erzählt wird die Geschichte von Louis de Pointe du Lac, der im Alter von 24 Jahren zum Vampir gemacht wird. Wir befinden uns in New Orleans im ausgehenden 18. Jahrhundert. Louis hat seine Frau und ihr gemeinsames Baby verloren und kann dieses Schicksal nicht verkraften. Es zermürbt ihn, nagt an seiner Seele, bringt ihn beinahe um den Verstand. Er empfindet nur noch Schmerz und Trauer. Doch ehe er den Mut aufbringt, sein Leben zu beenden, taucht Lestat de Lioncourt auf. Er bietet sich Louis als Lehrmeister an, als Wegweiser in die verschlingende Welt der Dunkelheit - und Louis trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Zitat: "Er ließ ihn am Ufer des Mississippi zurück, irgendwo zwischen Tod und Leben."

Diese Ereignisse werden in Rückblenden erzählt, denn die sekundäre Storyline zielt auf das Heute ab. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um einen Dialog zwischen dem Vampir und einem jungen Mann, der das Interview führt.

Zitat: "Es gab die Hölle. Egal wo ich hinging, ich befand mich in ihr."

Man merkt gar nicht, dass es Erzählungen sind, denn die Redeanteile von Louis sind so einnehmend, ergreifend und spannend, dass die Grenzen der Zeit miteinander zu verschwimmen scheinen. Das liegt sowohl an Rices lebhaftem und teilweise romantisch-düsterem Schreibstil als auch an der Faszination des Unsterblichen. Die Autorin hat ein Gespür dafür, wann sie Dramatik einfließen lässt oder das Augenmerk auf die Handlungsorte wie New Orleans oder Transsilvanien lenkt.

Die drei Hauptcharaktere wurden so fein gezeichnet, dass sie mir mit all ihren Ecken und Kanten ans Herz gewachsen sind. Ich habe Louis' innere Zerrissenheit und Traurigkeit gespürt, Lestats Wunsch nach einem Gefährten und Claudias Wut darüber, für immer gefangen im Körper eines Kindes sein zu müssen. So hat jeder von ihnen mit den Konsequenzen der Unsterblichkeit zu kämpfen, mit seinen Erinnrungen, muss sich selbst fragen, ob diese ein Geschenk sind - oder ein Fluch.

Persönliches Fazit: Louis' Lebensgeschichte ist mittlerweile weltbekannt und ich hoffe, dass auch die Generationen nach uns sie lieben lernen und zu schätzen wissen. Beeindruckend, zeitlos und womöglich der Grundstein für alle heutigen Vampirgeschichten.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Meine Neuerscheinung des Jahres

Inmitten der Nacht
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Gibt es eine ausgelassenere und entspanntere Zeit als den Urlaub? Die meisten Menschen arbeiten das ganze Jahr auf diese zwei oder drei Wochen hin, zählen die Tage, bis es endlich so weit ist. Ich persönlich ...

Gibt es eine ausgelassenere und entspanntere Zeit als den Urlaub? Die meisten Menschen arbeiten das ganze Jahr auf diese zwei oder drei Wochen hin, zählen die Tage, bis es endlich so weit ist. Ich persönlich richte mir jedes Mal einen Countdown ein, der meine Vorfreude mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute, die vergeht, wachsen lässt. Aber was, wenn sich der lang ersehnte Urlaub ganz anders entwickelt als geplant und in einem Albtraum endet? Genau so ergeht es Amanda und ihrer Familie.

Zitat: „Der Zustand der Welt machte ihr Sorgen, und sich um andere Menschen zu kümmern, fühlte sich beinahe wie Widerstand an. Vielleicht blieb ihnen nicht mehr als das.“ (E-Book, S. 182)

In seinem Roman „Inmitten der Nacht“ entwirft Rumaan Alam eine sozialkritische Studie, die nicht treffender das Miteinander unserer Gesellschaft beschreiben könnte. Im Großen wie im Kleinen schildert Alam am Beispiel zweier Familien die Themen, die auch uns tagtäglich begleiten: Rassismus, Macht und Geld, Generationenkonflikte und Klimawandel, die Abhängigkeit von einer digitalen Welt sowie Konsumsucht. Er versteht es auf faszinierende Weise, subtil auf Missstände aufmerksam zu machen und unbequeme Wahrheiten auszusprechen, ohne dabei zu belehren oder zu verurteilen.

Rumaan Alam zeichnet wunderbare Charaktere. Jeder einzelne könnte nicht glaubwürdiger und realistischer sein. Sie alle haben Ecken und Kanten, lassen sich von Emotionen leiten, erliegen dem Charme ihres jeweiligen Alters. So verschieden sie auch sind, jeder von ihnen ist auf seine ganz eigene Weise Sympathieträger.

Auch sprachlich konnte mich Rumaan Alam vollends überzeugen. Auf intelligente Weise erzählt er eine Story, die unserer aller Leben bestimmen könnte. Selten ist mir ein Buch untergekommen, das so gekonnt gehobene und Alltagssprache miteinader verbindet. Dabei findet Alam immer das richtige Maß an Ernst, Anzüglichkeit und Wortwitz, um die Handlung abwechslungsreich und spannend zu gestalten.

Obwohl ich mich kurzzeitig gefragt habe, worauf die ganze Story letztendlich hinauslaufen soll, hat mich „Inmitten der Nacht“ gleichermaßen begeistert wie bestürzt. Mein zwischenzeitliches Schwanken stellte sich übrigens als völlig unbegründet heraus. Alam schließt seinen Roman mit einem brillanten Ende, das, so offen es auch bleibt, keinen Zweifel am Ausgang der Story lässt, dafür aber zum Nachdenken anregt.

Persönliches Fazit: Dieses Buch wirkt nach! Jeder von uns wird sich selbst erschrocken an der ein oder anderen Stelle wiedererkennen.
Zugegeben: Ich hatte in diesem Jahr schon einige Highlights, aber Rumaan Alam toppt alles bisher Dagewesene. „Inmitten der Nacht“ ist für mich DIE Neuerscheinung des Jahres und sie sollte in keinem Bücherregal fehlen!

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Veröffentlicht am 25.10.2021

Spannend, informativ und biografisch

Nach dem Tod komm ich
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"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56

Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ...

"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56

Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ungläubig den Kopf darüber schütteln lässt, was es so alles gibt. Hier, in unmittelbarer Umgebung. Dort, bei euch. Gewalttaten, von denen wir in der Zeitung lesen oder im TV/Radio hören. Von denen wir vielleicht Zeugen oder - im schlimmsten Falle - selbst betroffen sind. Jemand wurde erstochen, eine junge Frau sexuell missbraucht und anschließend verstümmelt, ein älterer Herr ist betrunken die Kellertreppe heruntergestürzt und hat sich dabei tödlich verletzt. Meistens enden die Berichte an dieser Stelle, denn das Wichtigste wurde erzählt, doch für Thomas Kundt fängt es hier erst richtig an. Denn nach dem Tod kommt er...

Thomas Kundt ist "Ein echter Tatortreiniger". Aufmerksam wurde ich auf ihn per Zufall, als ich mich durch Instagram geklickt hatte und plötzlich innehalten musste ob der Bilder, die ich sah. Bilder mit Dreck, Blut und Insekten. Das hatte mich zutiefst schockiert, ich war angewidert - naja, und interessiert, ich geb's ja zu. Ich wollte wissen, mit wem oder was ich es da zu tun hatte. Also blieb ich hängen und las und staunte und las weiter.

Erwartet hatte ich nicht viel: einen Roman, ähnlich wie ein Sachbuch aufgebaut, mit allerlei Hintergrundwissen. Das bekam ich auch, aber das war längst nicht alles. In diesem Werk stecken so viel Witz und Charme, dass mich das zu Beginn völlig überrumpelt hat. Und das ist eigentlich ziemlich klug gewählt worden, denn so wird der (sonst vielleicht zu trockene) Inhalt ordentlich aufgelockert. Dabei bekommt man auch einiges von Kundt selbst mit. Wie er so tickt, was er erlebt hat, die eine oder andere skurrile Pointe aus seinem Alltag und wie er eigentlich Tatortreiniger wurde. I'm totally hooked! Dass ich ihn mal live auf einer Lesung erleben möchte, steht für mich außer Frage.

Der Schreibstil ist überaus passend: locker, modern, alltagstauglich quasi. Man hat das Gefühl, Kundt würde einen direkt ansprechen und die Worte wählen, die er auch sonst verwendet. Frei heraus und ohne viel Tamtam. Mochte ich sehr!

Fazit: Eine sehr interessante Geschichte über das Leben, den Tod und das Zwischenmenschliche, gespickt mit nützlichen Infos, Insiderwissen - und einigen biografischen Elementen. Lesetipp!

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