Profilbild von PrinzessinButterblume

PrinzessinButterblume

Lesejury Profi
offline

PrinzessinButterblume ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit PrinzessinButterblume über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.04.2024

So viel und noch viel mehr

Babel
4

In einem fiktiven Oxford im Jahr 1828 befindet sich Babel - ein Institut für Übersetzungen, das das eigentliche Herz Englands ist. Denn die Übersetzer können mittels sogenanntem Silberwirkens, der Dissonanz ...

In einem fiktiven Oxford im Jahr 1828 befindet sich Babel - ein Institut für Übersetzungen, das das eigentliche Herz Englands ist. Denn die Übersetzer können mittels sogenanntem Silberwirkens, der Dissonanz die aus der Differenz zwischen zweier Übersetzungen entsteht, Magie bewirken. Nur ausgewählte Studenten werden zugelassen, um in Babel dieses Handwerk zu erlernen. Einer von ihnen ist Robin, der als kleiner Junge von einem der Professoren aus dem chinesischen Kanton nach England geholt und seit dem auf das Studium vorbereitet wurde. Anfangs ist Babel die Erfüllung von Robins Träumen, aber nach und nach entdeckt er, dass das Silberwirken auch seine Schattenseiten hat und dass er im Begriff ist, seine Heimat zu verraten.

Nachdem ich kürzlich "Yellowface" gelesen hatte, war ich wahnsinnig gespannt, auf dieses Buch von Kuang. Es ist anders, ganz anders, sowohl inhaltlich als auch vom Stil, aber was sie beide gemeinsam haben, ist, dass es großartige Werke sind, die begeistern und zum Nachdenken anregen.

In "Babel" steckt einfach unglaublich viel drin - Rassismus, Diskriminierung, Opium-Handel, Kriege, Emanzipation, Kulturen, Kolonialisierung, Freundschaft, Liebe, Verrat und und und ... Es ist kein Buch, das sich schnell wegliest, es ist prall gefüllt, es regt zum Nachdenken an, zum Diskutieren. Babel ist ein Buch, das Nachhalt, das man nicht vergisst, wenn man es weggelegt hat. Es ist relativ langsam erzählt, erst gegen Ende nehmen die Ereignisse drastisch Fahrt auf, aber das stört überhaupt nicht, weil da so viel Input drin ist, so viele Sätze, die mit bedacht gelesen und über denen verweilt werden will.

Robin, Remi, Victoire, Letty und all die anderen Figuren sind so plastisch geschildert, dass man das Gefühl hat, sie könnten jeden Moment um die Ecke kommen. Richtige Sympathieträger sucht man hier vermutlich vergeblich, aber dafür bekommt man authentische Charaktäre mit Ecken und Kanten und das ist, zumindest in meinen Augen, viel mehr wert.

Besonders gelungen fand ich auch die Schilderung des akademischen Oxfords. Und so düster der Roman in seinem Grundton auch ist, das akademische Leben hat mir sehr viel Spaß gemacht, der Alltag, der Unterricht, das Lernen und vor allem auch die Stimmung und die Atmosphäre in den Straßen und unter den Studenten.

Die Stimmung ist oft düster, bedrückt - einfach ist hier gar nichts und jeder hat sein Päckchen (oft ganze Pakete) zu tragen. Es gibt Blut, Krieg, Verrat, Rebellion, Trauer, Wut und so viel Zorn und manchmal bleibt einem beim Lesen einfach die Luft weg und man weiß nicht mehr weiter und genau das macht dieses Buch aus. Es sind neue Sichtweisen, Dinge über die ich noch nie nachgedacht habe, anderes, was mir noch nie so deutlich vor Augen stand.

Dieses Buch liest sich leicht und ist trotzdem schwere Kost. Babel wird bestimmt nicht jedem gefallen und es ist definitiv nicht mit Harry Potter zu vergleichen. Aber wer sich auf dieses Werk einlässt, wird reich belohnt werden - große Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Themen
Veröffentlicht am 26.02.2024

Ein Meisterwerk - lesen, lesen, lesen!!

Yellowface
0

June und Athena sind aufstrebende Schriftstellerinnen, doch während bei June der Erfolg auf sich warten lässst, ist Athena seit ihrem Debüt ein Star am Literaturhimmel - bis sie unvermittelt stirbt. June ...

June und Athena sind aufstrebende Schriftstellerinnen, doch während bei June der Erfolg auf sich warten lässst, ist Athena seit ihrem Debüt ein Star am Literaturhimmel - bis sie unvermittelt stirbt. June ist zufällig Zeugin von Athenas Tod und aus dem Affekt heraus, stiehlt sie Athenas letztes Manuskript, eine Geschichte über chinesiche Arbeiter im ersten Weltkrieg. Sie überarbeitet das Werk, eignet sich die Geschichte an und veröffentlicht sie unter eigenem Namen. Aber hat sie überhaupt das Recht dazu? Und wie lange wird ihre Tat unbemerkt bleiben? June verstrickt sich immer weiter in ein Geflecht aus Lügen ...

Ich muss gestehen, dass ich aufgrund des ganzen Hypes um "Yellowface" mit relativ hohen Erwartungen an das Buch gegangen bin - und normalerweise geht das bei mir eher nach hinten los und ich bleibe enttäuscht zurück. Nicht so hier, schon nach den ersten Seiten wusste ich, das ist was ganz großes, das ist ein potentiell neues Lieblingsbuch - ich muss weiterlesen, sofort und gleichzeitig nicht zu schnell, möglichst jeden Satz genießen - was für ein Struggle. Nachdem ich jetzt durch bin, kann ich sagen, yes, "Yellowface" ist ein neues Lieblingsbuch und yes, es wird vermutlich das beste Buch sein, das ich dieses Jahr lese (ein bisschen traurig, da erst Februar ist, aber was soll nach diesem Buch noch groß kommen?). Ich bin nach dem Lesen in ein richtiges Loch gestürzt, wie schon lange nicht mehr, was sollte ich nach diesem Meisterwerk lesen?

Es war mein erstes Buch von R.F. Kuang und definitiv nicht mein letztes! Ich muss ALLES von dieser wahnsinnig talentierten Autorin lesen. Ihre Prosa ist so wunderschön, die Sätze fließen nur so ineinander und fesseln. Ich habe das Gefühl, in ihren Büchern müsste gar nichts groß passieren, weil ihr Stil so mitreißend ist, dass ich alleine deswegen weiterlesen würde - deshalb bin ich auch sehr optimistisch, was ihre anderen Werke anbelangt, die ja in ganz anderen Genres angesiedelt sind.

Aber ganz abgesehen davon war auch die Handlung von "Yellowface" ein Triumph, unfassbar fesselnd, ein bisschen verstörend, aber auf gute Weise. Ich habe es geliebt, wie die Autorin den ganzen Literaturbetrieb auf die Schippe nimmt und die gesamte Bestsellerkultur hinterfragt. Und ganz nebenbei werden auch noch so wichtige Themen wie kulturelle Aneignung, Cancel Culture, Hetze im Netz, Rassismus und Chinesische Geschichte angesprochen.

Ich glaube, diese Rezension ist ein bisschen emotionaler geworden, als ich es eigentlich vor hatte, aber bei diesem Buch kann ich nicht anders und ich kann auch nichts anderes sagen, als lesen, lesen, lesen!! Ich habe "Yellowface" schon im gesamten Bekanntenkreis weiterempfohlen. Mich hat dieses Buch berührt, gefesselt, bewegt wie schon lange keins mehr - für Geschichten wie diese lese ich. Danke Rebecca F. Kuang!!

Veröffentlicht am 14.11.2023

Schaurig schöner Gruselspaß

Moon & Midnight − Die beste Freundin beißt man nicht
0

Maggie Moon zieht mit ihren Eltern in eine alte Villa - warum sind da überall Spiegel im Haus und warum ist der Garten voller Knoblauch? - direkt neben einem verbotenen Wald. Natürlich kann Maggie einem ...

Maggie Moon zieht mit ihren Eltern in eine alte Villa - warum sind da überall Spiegel im Haus und warum ist der Garten voller Knoblauch? - direkt neben einem verbotenen Wald. Natürlich kann Maggie einem Verbot nicht widerstehen und trifft dabei auf das Unmögliche - ein waschechtes Vampirmädchen. Doch zum Glück ist Theodora Midnight Vegetarierin und lebt ausschließlich von Rote-Beete-Saft. Als die Dorfbewohner herausfinden, dass in ihrem Wald Vampire leben, bricht eine Hetzjagd los und Maggie und Theodora müssen beweisen, dass Vorurteile nicht immer stimmen müssen.

Mit "Moon & Midnight" ist Katy Birchall mal wieder ein ganz zauberhaftes Kinderbuch gelungen. Wie immer gab es jede Menge Situationskomik und viel Witz. Eine Halloween-Party, ein Schloss voller Vampire, ein cholerischer Bürgermeister - hier ist ordentlich was los und das macht richtig Spaß. Es gibt immer irgendwas zu entdecken. Gerade für Halloween oder den Herbst hat das Buch die perfekte Stimmung.

Die Figuren sind einfach nur liebevoll gezeichnet und haben wunderbare, schräge und liebenswerte Eigenschaften. Die Geschichte, vor allem aber auch die Freundschaften, die Maggie schließt, sind einfach nur schön und herzerwärmend. Das Buch hat so ganz nebenbei auch noch eine tolle Message.

Insgesamt kann ich sagen, dass ich mich schon sehr auf Band 2 freue. Und auch, wenn ich bedeutend zu Alt für die Zielgruppe dieses Buchs bin, hat das meiner Lesefreude keinerlei Abbruch getan.

Veröffentlicht am 13.05.2023

Überraschendes Sommer-Highlight

Gidget. Mein Sommer in Malibu
0

Sommer in Malibu. Die Teenagerin Franzie stößt am Strand auf eine Gruppe Streuner, die am Strand haust und nur fürs Surfen, für die perfekte Welle lebt. Sie nehmen Franzie - ab jetzt Gidget genannt - in ...

Sommer in Malibu. Die Teenagerin Franzie stößt am Strand auf eine Gruppe Streuner, die am Strand haust und nur fürs Surfen, für die perfekte Welle lebt. Sie nehmen Franzie - ab jetzt Gidget genannt - in ihre Gruppe auf, bzw. tolerieren ihre Anwesenheit und bringen ihr das Surfen bei.

Besonders viel passiert eigentlich nicht, wir begleiten Franzie immer wieder dabei, wie sie sich an den Strand schleicht, mit dem Surfen und verschiedenen Liebelein hadert und gerade das macht so viel Spaß, mehr hätte es für mich auch gar nicht gebraucht. Am Ende gibt es nochmal einen kleinen Showdown, aber auch hier ist der Schwerpunkt so gesetzt, dass er sich super in den Rest eingefügt hat.

Ich hatte keine besonderen Erwartungen an dieses Buch und war schon fast überrascht, wie gut es mir nach den ersten Seiten bereits gefallen hat. Der Sprachstil ist sehr eigenwillig, aber wunderbar charakteristisch und hat einfach nur Spaß gemacht zu lesen. Er passt perfekt zu Gidget und verleiht ihr eine ganz eigene Stimme. Ich hätte noch viel mehr in diesem Stil lesen können - deshalb auch mein einziges Manko, das Buch ist einfach viel zu kurz und zu schnell rum, ich hätte gerne noch ein paar Seiten mehr gehabt :)

Das Feeling von Malibu, die Surfer-Clique, die Wellen, die Freiheit, das heimliche Wegschleichen von Franzie, das Erwachsenwerden - dieses Buch transportiert eine tolle Atmosphäre, die super rüberkommt. Insgesamt war das für mich wirklich ein überraschendes Highlight und ich freue mich sehr, dieses Buch entdeckt haben zu dürfen.

Veröffentlicht am 01.05.2022

Klassiker in tollem Gewand

Die Forsyte Saga
0

Viel zu lange bin ich um die „Forsyte-Saga“ herumgeschlichen und hab mich nicht wirklich an dieses Mammutwert herangetraut. Ein Grund dafür war definitiv der Umfang, umso erfreuter war ich, dass die neue ...

Viel zu lange bin ich um die „Forsyte-Saga“ herumgeschlichen und hab mich nicht wirklich an dieses Mammutwert herangetraut. Ein Grund dafür war definitiv der Umfang, umso erfreuter war ich, dass die neue Reclam-Ausgabe in drei handliche Bücher unterteilt ist. Dadurch hat es auf mich nicht mehr ganz so erschlagend gewirkt und ich hatte auch gezielte Stellen, an denen ich eine kleine Lektürepause einlegen und etwas leichtere Kost einschieben konnte. Das hat mir wirklich gut gefallen! Generell ist diese Ausgabe im Schuber ein kleiner Augenschmaus mit Lesebändchen und Stammbaum, die insgesamt sehr wertig daherkommt, also perfekt zu so einem Klassiker passt und das Lesen dadurch noch ein bisschen schöner macht.

John Galsworthy wurde für dieses Machwerk damals mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet und ich finde, zu Recht! Das Buch atmet den Zeitgeist der damaligen Jahrhundertwende und lässt diese Zeit und ihre Gesellschaft unglaublich realistisch vor dem Auge des Lesers entstehen.

Im Fokus stehen dabei ganz klar die Charaktere der Geschichte. Über mehrere Generationen hinweg begleiten wir die Familie Forsyte, lieben und leiden mit ihr und werden Zeuge ihres schleichenden Verfalls, der auch vor den Nachkommen keinen Halt macht. Der Stammbaum war hier wirklich eine große Hilfe, um den Überblick nicht zur verlieren, weil die Familie sehr umfangreich ist und gerade, wenn man, so wie ich, zwischen den einzelnen Büchern eine kleine Pause einlegt, hilft er sehr.

Das Ganze geht mit ordentlich Drama und jeder Menge Tragödien einher, jedoch im Erzähltempo der damaligen Zeit – das erzählerische Tempo von Downton Abbey, darf man hier natürlich nicht erwarten, alles entwickelt sich deutlich gemächlicher, übt aber gerade deshalb einen ganz besonderen Sog aus. Es ist ein Schmöker, aber einer für den man ein bisschen Konzentration braucht, der sich aber für einen Klassiker doch recht süffig liest.

Insgesamt bin ich sehr froh, dieses Werkt mit der neuen Ausgabe endlich angegangen zu sein. Ein tolles Stück Literatur und Zeitgeschehen, das ein bisschen Zeit und Konzentration braucht, das sich aber definitiv lohnt.