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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.06.2017

Guter Durchschnitt

Mann ohne Herz
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Die Psychotherapeutin Siri Bergman wagt einen Neustart. Nach der Schließung ihrer Praxis beginnt sie einen neuen Job bei der Stockholmer Polizei als Profilerin. Gleich zu Beginn wird sie mit einem erstaunlichen ...

Die Psychotherapeutin Siri Bergman wagt einen Neustart. Nach der Schließung ihrer Praxis beginnt sie einen neuen Job bei der Stockholmer Polizei als Profilerin. Gleich zu Beginn wird sie mit einem erstaunlichen Mordfall konfrontiert. Ein stadtbekannter homosexueller Antiquitätenhändler wird erschossen, sein Herz herausgeschnitten und in einer Silberschale "arrangiert". Im Verlauf des Buches kommen noch mehr Morde an Homosexuellen hinzu und sogar an einem kleinen Jungen, aber es dauert einige Zeit bis das Ermittlerteam die Puzzleteile so zusammengesetzt hat, dass es ein scheinbar schlüssiges Bild ergibt.
Nebenbei werden auch die Gründe für die Schließung der Praxis von Siri Bergmann erklärt und ihr Pivatleben hat auch so einigen Einfluss auf den Fall. Gegen Ende des Buches kommen dann noch einige Wendungen, die Überraschung in die Auflösung bringen sollen.

Das Ende ist etwas gewöhnungsbedürftig. Immer wenn Polizisten Alleingänge wagen, kommt der Eindruck auf, dass es dadurch künstlich spannend gemacht wird. Statt im Team zu agieren oder auf Verstärkung zu warten begibt man sich dann lieber ohne Rückendeckung in Gefahr.
Insgesamt recht unterhaltsam geschrieben und die einzelnen Personen werden gut und lebendig entwickelt. Der Showdown ist dann eher vorhersehbar. Wie bei solider schwedischer Krimihausmannskost üblich, wird das Leben der Ermittler mit ihren Sorgen und Problemen miteinbezogen.

Fazit: Guter Durchschnitt, aber nichts besonderes.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Ausflug zu den eigenen Wurzeln

Wieso Heimat, ich wohne zur Miete
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Krishna Mustafa wurde von seiner Freundin verlassen, weil er sich angeblich weigert, seine Wurzeln zu suchen und so seine Identität zu finden. Also macht er sich für 6 Monate auf den Weg nach Istanbul, ...

Krishna Mustafa wurde von seiner Freundin verlassen, weil er sich angeblich weigert, seine Wurzeln zu suchen und so seine Identität zu finden. Also macht er sich für 6 Monate auf den Weg nach Istanbul, um dort seinen Vater zu treffen und eben auch seine Wurzeln zu suchen - weil er sich davon verspricht, dass seine Freundin einen neuen Versuch wagt, dann, wenn er seine Identität endlich gefunden hat.
Ähnlich naiv wie dieser Gedanke sind die meisten Gedankenspiele Krishnas aufgebaut. Das ist für mich ein deutlicher Minuspunkt dieses Buches, das an sich wirklich gut geschrieben ist. Alleine die Hauptperson ist so erschreckend schlicht und naiv, dass sie einfach total unglaubwürdig wird.
Er besucht z. B. eine Veranstaltung von Erdogan und wird erst durch einen anderen Besucher aufgeklärt, dass es eben nicht DER Erdogan ist, sondern offenbar ein Kabarettist (ja - sowas soll es da auch geben). Er lädt sich eine Gebets-App aufs Smartphone, damit er auch ja regelmäßig und pünktlich ans Gebet denkt - was ihm bisher überhaupt nicht wichtig war und er auch nicht regelmäßig tat. Zu allem Überfluss gibt er noch ein Online-Interview und erzeugt durch seine Art der Antworten den Eindruck, er wäre zum Islamisten mutiert und ließe sich nun in einem Ausbildungscamp schulen. Alle Bekannten in Deutschland stehen die Haare zu Berge und der Verfassungsschutz kommt in Bewegung. Er jedoch geht nicht gegen die Verbreitung im net vor, weil er sich selbst cool findet, weil er als Rapper bezeichnet wird. Seine Gedankengänge sind schon tlw. extrem kindlich - was natürlich auch eine gewisse Komik mit sich bringt.
Insgesamt wird dennoch in dem Buch auch viel an Information geboten. Über die Kultur des Landes, die Demonstrationen im Gezi-Park, die Unterschiede zwischen Deutschen und Türken, und, und, und. Diese Infos werden ausgesprochen launisch rüber gebracht und sehr humorvoll. Teilweise aber auch mit dem entsprechenden Ernst.
Am besten gefielen mir die Szenen, in denen Krishna mit seinem Cousin Emre via Skype telefoniert, der in diesen 6 Monaten ein Semester Auslandsstudium in der BRD eingeschoben hat und Krishnas Wohnung nutzt und umgekehrt. Dabei wird sehr deutlich, wie verrückt auch unser Verhalten auf viele "Ausländer" wirken muss. Krishna zeigt eher deutsche Verhaltensweisen, weshalb er sich eigentlich als Deutscher mit türkischer Tarnkappe in Istanbul aufhalten kann.
Insgesamt versucht das Buch einen Spagat zwischen Comedy und ernsthaftem Inhalt. Ein wenig übertrieben hat es der Autor m. M. nach mit der Comedy. Der ernsthafte Inhalt hingegen ist hervorragend angekommen, weil er leicht und kurzweilig geschrieben ist. So gut wie nichts konnte ich allerdings mit dem Chor der Einäugigen anfangen. War er bei seinem ersten Erscheinen noch halbwegs witzig und sogar nachvollziehbar, so führte sein späteres Auftreten nur zu Fragezeichen bei mir. Ich konnte weder einen Zusammenhang mit der Handlung noch irgendeinen Sinn darin sehen. Das führte zum 2. Sternabzug.
Fazit:
Schade, dass der Autor unter seinen Möglichkeiten geblieben ist. Er hätte deutlich mehr aus der Geschichte machen können. Trotzdem vor allem für jüngere Leute vll. ein Weg, an dieses Thema heran zu gehen.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Mehr erwartet

Und damit fing es an
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Gustav Perle wächst in der Nachkriegszeit in Matzlingen in der Schweiz auf. Sein Vater ist gestorben, als er noch ein Säugling war und seine Mutter bringt sie mehr schlecht als recht durch. Sie wohnen ...

Gustav Perle wächst in der Nachkriegszeit in Matzlingen in der Schweiz auf. Sein Vater ist gestorben, als er noch ein Säugling war und seine Mutter bringt sie mehr schlecht als recht durch. Sie wohnen in einer winzigen Wohnung und Gustavs einziges Spielzeug ist eine bemalte Blecheisenbahn.
Während er die Vorschule besucht, zieht die Familie Zwiebel aus Bern in den kleinen Ort und der unglückliche Sohn Anton wird von Gustav behütet und umsorgt. Die beiden freunden sich an, was Gustavs Mutter gar nicht gerne sieht, da die Zwiebels Juden sind und sie diese für den Tod ihres Mannes verantwortlich macht.

Das Buch glieder sich in 3 Teile: Die Kindheit der beiden Buben, Die Jahre während des Krieges, als Gustavs Eltern sich kennenlernten bis zum Tod seines Vaters und im letzten Teil die 90er Jahre, als beide über 50 sind.

Rose Tremain hat eine sehr angenehme Art zu schreiben. Leider trifft sie für meinen Geschmack nicht immer den richtigen Ton, sodass mir die Protagonisten nicht so richtig ans Herz wachsen wollen.
Gustav ist durchaus noch der sympathischste von allen - abgesehen von Antons Vater, der jedoch nur am Rande mitwirken darf. Anton finde ich sehr schnell ausgesprochen egozentrisch und auch egoistisch. Er hat keinerlei Probleme damit, Gustav, der ihn wirklich aus tiefstem Herzen verehrt, auszunutzen. Antons Eltern hingegen mögen den kleinen Jungen recht bald sehr gerne und sie beziehen ihn gerne in ihre Familie ein.

Gustavs Mutter ist eine echte Belastung für den kleinen Knirps. Sie gibt sich rechte Mühe, kann jedoch keine rechte Wärme weitergeben. Das ist durchaus z. T. verständlich, wie sich im 2. Kapitel herausstellt, jedoch macht es das für ein Kind nicht einfacher.

Mit leisen Tönen wird einem nun die Lebensgeschichte Gustavs näher gebracht, jedoch so distanziert, dass mir keine rechte Berührung gelingen will. Alles klingt für mich nebulös, schwammig und irgendwie emotionslos, sodass bei mir keine echte Empathie aufkommen konnte. Sogar nicht einmal Empörung darüber, was Gustav alles mit sich machen lässt.

Sehr interessant fand ich die Ausflüge in die Geschichte der Schweiz, die während der Judenverfolgung eine durchaus umstrittene Rolle spielte. Wobei m. E. gezielt Parallelen zur heutigen Flüchtlingsproblematik hergestellt wurden, was mir etwas zu viel war. Nicht, weil es nicht stimmen würde - ich sehe das ganz genau so - sondern weil es mir zu auffällig war. Begriffe wie Überjudung der Gesellschaft waren mir viel zu plakativ und offensichtlich. Man hätte das subtiler angehen können.

Aufgrund der enormen Begeisterung, die die bisherigen Werke Tremains ausgelöst haben in zahlreichen Rezensionen, wollte ich dieses Buch unbedingt lesen. Leider wurde ich enttäuscht und ich denke, ich verzichte auf weitere Versuche.
Fazit: Kein schlechtes Buch für angenehme Unterhaltung, aber man sollte sich nicht zu viel davon versprechen.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Mal eine andere Sichtweise

Man lernt nie aus, Frau Freitag!
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Frau Freitag genießt ja inzwischen durchaus Bekanntheit als Lehrerin einer Schule in Berlin. In diesem Buch berichtet sie nun einmal aus einer anderen Warte, nämlich aus der der Schülerin: Frau Freitag ...

Frau Freitag genießt ja inzwischen durchaus Bekanntheit als Lehrerin einer Schule in Berlin. In diesem Buch berichtet sie nun einmal aus einer anderen Warte, nämlich aus der der Schülerin: Frau Freitag möchte mit fast 50 den Führerschein machen während ihres Sabbatjahres und begibt sich hierfür selbst noch einmal auf die Schulbank einer Fahrschule.
Das Buch ist untergliedert in Kapitel, die größtenteils in der Überschrift die Wochen bis zum Führerschein sowie das investierte Kapitel zählen. Die Kapitel sind meist recht überschaubar, weil so eine Fahrstunde ja auch flott vorbei ist. Leider wiederholt sich viel, denn die nervenden Sprüche und das Verhalten der Fahrlehrer bleiben ja prinzipiell gleich - weshalb sie immer wieder Erwähnung finden.
Auch die Probleme der Schülerin Freitag bleiben relativ gleich. Man gewinnt immer mehr im Verlauf des Buches den Eindruck, dass sie eigentlich gar nicht wirklich fahren will. Als ob jemand anderer für sie diese Entscheidung getroffen habe, mit dem Führerschein zu beginnen.
Oder es war der reine Trotz, weil sie der Welt und vor allem sich selbst beweisen muss, dass sie auch in ihrem Alter noch den Führerschein "schafft". Weil sie ja so vieles zuvor schon gelernt hat und weil fahren ja so schwer doch nicht sein kann.
Leider aber wohl doch, denn sie muss erschreckend viele Fahrstunden nehmen und zahlt am Ende einen m. E. horrenden Betrag für ihren Lappen. Dabei kann ich nicht einmal nach Lektüre des Buches sagen, woran das wohl gelegen haben mag. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es zum größten Teil an den Fahrlehrern gelegen hat. Sie verschleißt jedenfalls mehr als einen und richtig gut aufgehoben scheint sie bei keinem dieser Fahrlehrer gewesen zu sein.
Wie nicht anders zu erwarten war, sind ihre Schilderungen entsprechend flapsig geraten. Auch an Flüchen und Schimpfwörtern wird dieses Mal nicht gespart. Trotzdem gefiel mir dieses Buch insgesamt besser als ihre Schulschilderungen, denn hier hatte sie endlich einmal Gelegenheit ungestraft um sich selbst zu kreisen und ihre eigene Pädagogik zu hinterfragen. Dies kam m. E. an dieser Stelle (S. 92) besonders heraus:
"Am Ende bin ich Harald und Dieter ähnlicher, als ich dachte. Vielleicht regen sie mich deshalb so auf. Dieter ist mein Spiegel, der direkt meine schwarze Seele reflektiert. Schwarze Seele. Schwarze Pädagogik."
Wenn das am Ende der Sinn ihres Führerscheins war, dann hat das Geld sich auf jeden Fall gelohnt! Denn ihre Pädagogik ließ in ihren Schul-Büchern zu wünschen übrig.

Fazit: Insgesamt macht es Vergnügen, das Buch zu lesen. Es ist m. E. kein Buch, das man in einem durchlesen sollte, sondern eher stückchenweise. Sonst ist zu wenig Abwechslung und man ist schnell gelangweilt. Als Klobuch jedoch gut geeignet!

Veröffentlicht am 23.09.2022

Hat mich leider enttäuscht

Bullauge
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Ich liebe die Bücher von Friedrich Ani, aber dieses Mal hat er mich tatsächlich enttäuscht.
Polizist Kai Oleander verliert auf einer Demonstration von "Spaziergängern" durch eine geworfene Bierflasche ...

Ich liebe die Bücher von Friedrich Ani, aber dieses Mal hat er mich tatsächlich enttäuscht.
Polizist Kai Oleander verliert auf einer Demonstration von "Spaziergängern" durch eine geworfene Bierflasche ein Auge und wird wohl nur noch Innendienst schieben können. Silvia Glaser, ebenfalls durch einen Unfall schwer behindert, gerät in Verdacht und wird während der Demonstration mit Begleiter kontrolliert und überprüft. Oleander sucht Kontakt zu ihr und es entwickelt sich eine merkwürdig anmutende Allianz zweier vom Leben Gebeutelter. Mehr möchte ich zur Story nicht verraten, um nicht zu spoilern.
Leider konnte mich das dauernde Versinken im eigenen Sumpf überhaupt nicht überzeugen. Ständig wird Plomari (warum eigentlich die ständige Werbung dafür?) oder sonst ein alkoholisches Zeug rein gekippt, wovon vermutlich eine Besserung des Gemütszustands erhofft wird - was leider ja nie eintritt, dem zum Trotz jedoch dennoch ständig wiederholt wird. Und das Seite um Seite... Man könnte fast befürchten, der Autor hat ein kleines Alkoholproblem.
Insgesamt zieht sich dieses Buch wie Gummi. Ein Empfinden, das ich noch bei keinem Ani-Buch hatte. Es dauert ewig, bis überhaupt mal die Story zum Kern kommt und dann geht es irgendwie ziemlich flott dem Ende entgegen, das noch nicht einmal überraschend war. Sehr schade!

Fazit: Das kann Ani deutlich besser!

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