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Veröffentlicht am 21.01.2023

Einmal Hölle und zurück

Wer die Hölle kennt
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Alex Stern is back! Warnung: Wer Teil 1 nicht kennt, hat in dieser Rezension nichts verloren, weil er sehr wahrscheinlich gespoilert wird.

Alex hat ihren Mentor Darlington verloren, er wurde in die Hölle ...

Alex Stern is back! Warnung: Wer Teil 1 nicht kennt, hat in dieser Rezension nichts verloren, weil er sehr wahrscheinlich gespoilert wird.

Alex hat ihren Mentor Darlington verloren, er wurde in die Hölle gerissen. Doch Alex wäre nicht Alex, wenn sie es darauf beruhen lässt. Obwohl sie von Lethe die Anweisung erhält, Darlington als tot zu betrachten, sucht sie nach einem Weg, ihn zu befreien. Sie weiß, dass er noch lebt, auch wenn er möglicherweise zu einem Dämon geworden ist. Aber auch Darlington wäre nicht Darlington, bliebe er dabei nicht ein Gentleman. Und so sucht sich Alex Verbündete, Leute, die aus irgendwelchen Gründen nichts mehr oder zu viel zu verlieren haben, und mit ihr durch die Hölle gehen.

Ich fand den ersten Band der Reihe ein bisschen anstrengend, zu sehr New Adult, um mich umzuhauen, aber zum Ende hin spannend genug, um dranzubleiben. Und das habe ich hier nicht bereut. Es gibt hier viel mehr magisches und dämonisches Zeug als Uni-Kram und Coming-of-Age-Gelaber und mir gefällt, wie wahnsinnig intrigant und dreckig die Beschwörungen und die Politik innerhalb der Häuser ablaufen. Alex ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber sie ist so dermaßen tough und lässt sich nicht unterkriegen, egal, welche Steine (und manche würde nicht mal Sisiphos aufheben können!) ihr in den Weg geworfen werden. Die Nebenfiguren haben alle Fleisch auf den Rippen und ordentliches Gepäck, stehen also nicht nur als Schablonen in der Gegend herum, um umhergeschoben zu werden. Kein Schwarz/Weiß, jeder hat Dreck am Stecken und trotzdem entweder das Herz an der richtigen Stelle oder eben nicht. Jetzt bin ich zwar immer noch der Meinung, dass man das Buch kürzen und damit die Spannung erhöhen könnte, aber mir hat dieser zweite Band besser als der erste gefallen und ich möchte jetzt unbedingt wissen, wie es ausgeht. Vermutlich können sich Hölle und Teufel warm anziehen ...

Veröffentlicht am 09.01.2023

Der Gabensammler

Geistkrieger: Libellenfeuer
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Rückkehr in das alternative Amerika, in der die Powtankaner eine moderne Gesellschaft haben, die darauf beruht, Natur und Technik im Einklang zu leben. Der Schotte Finnley ist dank seines Totems mittlerweile ...

Rückkehr in das alternative Amerika, in der die Powtankaner eine moderne Gesellschaft haben, die darauf beruht, Natur und Technik im Einklang zu leben. Der Schotte Finnley ist dank seines Totems mittlerweile anerkannter Hüter der Geistkrieger, doch schon die Ereignisse in Band 1 deuteten darauf hin, dass sie es mit einem Gegner zu tun haben, der alles zerstören will, wofür sie stehen. Als eine geheimnisvolle Epidemie um sich greift, werden immer mehr Stimmen im Rat laut, die Geistkrieger aufzulösen. Gleichzeitig entreißt der Geheimnisvolle immer mehr Menschen ihre Gaben - um was damit zu tun? Die Geistkrieger müssen sich nicht nur mit intriganten Politikern herumschlagen, sondern gleichzeitig aufpassen, nicht infiziert zu werden und dem Gabensammler das Handwerk zu legen.

Die Idee und die Welt sind noch immer faszinierend und ich würde wirklich gern dahin zurückkehren, zumal sich die Autorin auch noch eine kleine Hintertür aufgehalten hat. Ich gehe auch stark davon aus, dass der Großteil des Buches in der Hauptzeit der Corona-Pandemie geschrieben wurde, denn es gab schon auffällige Parallelen dazu. Lockdown, Politik, Angst, das ganze Ballett. Allerdings gebe ich auch zu, dass mich dieser zweite Band nicht mehr so extrem wie der erste fesseln konnte, da es hier gelegentlich zu Längen und Stillstand kam, der Wiederholungen erzeugte. Trotzdem ist das Buch sehr gut geschrieben und macht einfach Spaß zu lesen.

Veröffentlicht am 15.12.2022

Unna Oabba

Das Leuchten der Rentiere
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Elsa ist gerade erst neun Jahre alt, als sie einen Mann dabei erwischt, wie er ein Rentier tötet. Ihr Rentier, um genau zu sein. Doch er bedroht sie unmissverständlich und sie wagt es nicht, darüber zu ...

Elsa ist gerade erst neun Jahre alt, als sie einen Mann dabei erwischt, wie er ein Rentier tötet. Ihr Rentier, um genau zu sein. Doch er bedroht sie unmissverständlich und sie wagt es nicht, darüber zu reden. Denn Elsa gehört zu den Sami, den indigenen Ureinwohnern am Nordpolarkreis, und diese werden auch heutzutage noch viel zu oft als Menschen zweiter Klasse angesehen. Rassismus und Diskriminierung stehen bei ihnen an der Tagesordnung und wenn jemand Verbrechen gegen sie begeht, zum Beispiel ihre Rentiere umbringt, wird das - wenn überhaupt - als Diebstahl behandelt und das Verfahren schnell eingestellt. Und so schweigt Elsa verängstigt, jahrelang, und kämpft mit einem schlechten Gewissen. Doch 2018, zehn Jahre später, ist sie eine junge Frau und sie beschließt, sich zu wehren. Sie geht zur Presse und sieht sich plötzlich nicht nur verbalen Drohungen des Täters gegenüber ...

Das hier ist kein Krimi, auch wenn das Buch Verbrechensanteile enthält. Es ist die Sozial- und Milieustudie eines Volkes, das mitten in Europa, in Nordeuropa um genau zu sein, lebt und viel zu wenige Stimmen hat, die sich für sie erheben. Mit dieser Handlung taucht man tief in ihr Leben ein und was man erfährt, macht wütend und traurig und fassungslos. Das Problem ist leider, dass sich auch die Sami untereinander nicht einig sind. Wer nicht zum eigenen Sameby - dem eigenen Zusammenschluss von Rentierzüchtern gehört, ist nie wirklich ein Teil der Gemeinschaft. Trotzdem ist das kein Grund oder gar eine Entschuldigung der Behörden und des Staates, Verbrechen gegen sie nicht zu untersuchen oder überhaupt aufklären zu wollen. All diese Sachen erfahren wir aus Elsas Sicht: zuerst als sie ein kleines Kind ist, das noch nicht alles versteht, was vorgeht, später als eine emanzipierte junge Frau, die ihren eigenen Weg finden will. Wirklich schlimm fand ich zusätzlich zu all den Dingen, die den Sami angetan werden, dass unter ihnen, gerade den jungen Menschen, eine sehr hohe Suizidrate besteht, weil sie einfach depressiv werden und ihnen nicht einmal psychische Unterstützung angeboten wird. Mich hat dieses Buch sehr berührt und wird mich wohl auch noch eine lange Zeit beschäftigen.

Veröffentlicht am 27.11.2022

Schattendunkel

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
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Vor fünf Jahren verschwand Wendy Darling mit ihren beiden Brüdern im Wald hinterm Haus und tauchte erst ein halbes Jahr später wieder auf. Allein. Ohne Gedächtnis, ohne zu wissen, was damals passiert ist ...

Vor fünf Jahren verschwand Wendy Darling mit ihren beiden Brüdern im Wald hinterm Haus und tauchte erst ein halbes Jahr später wieder auf. Allein. Ohne Gedächtnis, ohne zu wissen, was damals passiert ist und wo sie so lange war. Seitdem ist ihre Familie zerbrochen. Ihre Mutter arbeitet fast nur noch, ihr Vater hat sich von ihnen zurückgezogen und trinkt allein in seinem Zimmer. Wendy arbeitet freiwillig im Krankenhaus auf der Kinderstation, wo sie den Kleinen Märchen von Peter Pan erzählt - einer Figur, die ihre Mutter vor vielen Jahren erfunden hat. Doch dann fällt ihr eines Tages ein fremder Junge vors Auto und er kennt ihren Namen. Er behauptet, Peter Pan zu sein und sie, Wendy, müsse ihm helfen, seinen Schatten einzufangen. Dann würden auch die Kinder der Nachbarschaft, die in letzter Zeit verschwunden sind, gefunden werden.

Ich kannte den Autor schon von Cemetery Boys, das ich ziemlich cool fand. Ehrlich gesagt, hatte ich ein bisschen Queerness erwartet, aber da passierte nichts. Trotzdem war das eine interessante Interpretation von Peter Pan, vermischt ein bisschen mit dem Rattenfänger von Hameln. Wer sich ein wenig mit dem Original-Pan auskennt, hat zum Schluss auch eine Ahnung, was mit Wendys Brüdern passiert ist, aber das tut dem Buch keinen Abbruch. Es gab ein paar Längen zwischendrin und das Ende war mir ein bisschen zu happy und einfach für Wendy, aber alles in allem habe ich es gern gelesen.

Veröffentlicht am 13.11.2022

Eine dunkle Zeit

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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1933: Jakob, ein Buchhändler, wurde soeben nach dreimonatiger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Er hat einen Schutzmann verprügelt, der seine Tochter misshandelt hat, weil sie gern in Jakobs Laden stöbert. ...

1933: Jakob, ein Buchhändler, wurde soeben nach dreimonatiger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Er hat einen Schutzmann verprügelt, der seine Tochter misshandelt hat, weil sie gern in Jakobs Laden stöbert. Er lernt die geheimnisvolle Juli kennen, die ihm ein ebenso geheimnisvolles Buch anvertrauen möchte.

1943: Bombenhagel über Leipzig. Ein Junge entkommt während des Infernos aus seinem Bücherzimmer, in dem er sein ganzes Leben lang festgehalten wurde. Auch hier geht es um ein geheimnisvolles Buch, das ein Gasmaske tragender Mann unbedingt unter Lebensgefahr haben möchte und bei dem ihm der Junge hilft.

1971: Aus dem Jungen ist ein Mann geworfen, Robert. Als ihn seine Kollegin Marie darüber informiert, dass sie alte, wertvolle Bücher gefunden hat, die mit seiner unbekannten Familie zu tun haben, macht er sich mit ihr zusammen auf Spurensuche ...

Der Autor bleibt nicht bei der linearen Erzählweise, sondern springt zwischen den Zeiten hin und her, was manchmal, wenn man gerade so richtig schön in einer Zeit drin ist, frustriert, gleichzeitig aber auch fesselt. Im Gegensatz zu seinen Fantasybüchern, mit denen ich nie warm geworden bin, schafft es Meyer hier, mich sowohl in der Handlung als auch mit seinem Personal mitzunehmen. Robert war manchmal ein bisschen komisch, aber wenn man bedenkt, wie er die ersten zehn Jahre aufgewachsen ist, vielleicht verständlich. Im Mittelteil war es mal kurz langatmig, aber das legte sich wieder. Hier geht es um Geheimnisse, die aufgedeckt werden müssen, und viele offene Fragen und ein bildhafter Schreibstil halten bei der Stange.