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Veröffentlicht am 12.03.2023

Genauso kurzweilig, aber nicht so überzeugend wie der erste Band

Fräulein vom Amt – Der Tote im Kurhaus
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1924 ist ganz Baden-Baden in Aufruhr, denn die Oper Aida wird aufgeführt und durch ein rauschendes Fest mit ägyptischem Flair gekrönt. Die Faszination dieses Landes steigt durch die dortigen Ausgrabungen ...

1924 ist ganz Baden-Baden in Aufruhr, denn die Oper Aida wird aufgeführt und durch ein rauschendes Fest mit ägyptischem Flair gekrönt. Die Faszination dieses Landes steigt durch die dortigen Ausgrabungen für die Bevölkerung ins unermessliche. Unglücklicherweise endet die Feier mit dem Tod des Tenors. Wer hat ihn ermordet? Ins Visier der Polizei gerät schnell August, Emmis momentaner Freund. Denn Emmi verbrachte den Abend nur mit dem Tenor auf der Tanzfläche und August wurde von Alma beruhigt. Zunächst um seine Unschuld zu beweisen beginnt Alma wieder zu ermitteln, wie zwei Jahre zuvor schon im Vorgängerband dieser Reihe.

Wie gewohnt ist dieses Buch wieder eine kurzweilige Erzählung über Alma, deren Job als Fräulein vom Amt, ihren kriminalistischen Ermittlungen und den vielfältigen Mitgliedern ihrer Familie. Die Verwandten tragen alle zu unbeschwerten und manchmal sogar humorvollen Momenten bei. Besonders die Großmutter kommt recht häufig zu Wort und stellt mit ihren veralteten Ansichten der längst vergangenen Kaiserzeit (z. B. Korsett) einen klaren Kontrast zu dem freien Leben der jungen Alma und Emmi in den goldenen 20ern dar. Die Freundin Emmi wurde mir in diesem Buch immer unsympathischer. Sie mag ja eine Männerheldin sein und sich nicht binden wollen, was völlig okay ist, aber dass sie ihren Freund August hinhält und von übertriebener Eifersucht gesprochen wird, wenn sie ihn links liegen lässt und sich mit einem anderen amüsiert, ist selbst nach rund 100 Jahren auch heute noch gemein.

Selbst für cosy crime geht der Fall um den verstorbenen Tenor im Mittelteil sehr unter. Alma plant kaum den nächsten Schritt, grübelt nicht über Zusammenhänge nach und ihre Ermittlungen werden in den Hintergrund gedrängt. Auch war der Fall eher langweilig, da ich mir selbst kaum weitere Gedanken darüber gemacht habe und es leider ebenfalls wie im ersten Teil der Reihe nur spärlich Anhaltspunkte für potentielle Verdächtige gibt. Aber anders als im ersten Teil ermittelt Alma nicht immer alleine, sondern hat endlich auch den mittlerweile zum Kommissar aufgestiegenen Ludwig an ihrer Seite. Darüber hinaus hat mich das Lokalkolorit von 1924 nicht mehr so von sich überzeugen können wie im ersten Band. Es wurden von dem Autorenduo viele Fakten und Begebenheiten von damals eingebaut, die politisch und gesellschaftlich zwar den Weg für die kommenden dunklen Jahre bereiten, aber in vielen Details einfach zu bemüht eingebaut wurden. Zum Beispiel der Hutnadelstreit in den öffentlichen Bahnen ist mir völlig unbekannt und noch interessant, aber das Aufkommen von Vegetarismus ist genauso fehl am Platz und nicht nötig für die Geschichte.


Fazit:
„Der Tote im Kurhaus“ kann leider nicht mit dem Vorgängerband mithalten. Auch wenn die Geschichte kurzweilig zu lesen ist, verliert sie sich in unwichtigen (manchmal noch interessanten) Details und der Fall rückt in den Hintergrund. Die cosy crime Geschichte schreibt das erste C viel größer, also solltest du dich für das Leben in den 20ern mehr interessieren, als die Auflösung des Mordes.

Veröffentlicht am 03.03.2023

Viel Potenzial verschwendet

Catching Feelings
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Als Lys 14 war ist ihre Mutter gestorben und kurz darauf die Affäre ihres Vaters samt Kindern bei ihnen eingezogen. Sie hat ihrer Stiefmutter das Leben zur Hölle gemacht, was (bildlich gesprochen) in einem ...

Als Lys 14 war ist ihre Mutter gestorben und kurz darauf die Affäre ihres Vaters samt Kindern bei ihnen eingezogen. Sie hat ihrer Stiefmutter das Leben zur Hölle gemacht, was (bildlich gesprochen) in einem Knall endete, woraufhin sie zu ihrer Tante nach New York zog. Jahre später, bevor sie nun an der Uni einen neuen Lebensabschnitt startet, möchte sie sich mit ihrem Vater aussöhnen. Deshalb reist sie für einen Sommer zurück in ihre alte Heimat in Alaska, um dort im Unternehmen ihres Vaters ein Praktikum zu absolvieren. Dort stößt sie auf Zane, der mit seinen Freunden die Umweltorganisation Seawolves gegründet hat, um schädliche Verbrechen von Unternehmen aufzudecken. Lys ist aber misstrauisch und denkt, dass ihr Vater Zane eingestellt hat um sie zu kontrollieren. Und ebendieser denkt, dass Lys in den illegalen Machenschaften verwickelt ist.

Das erste Aufeinandertreffen der beiden beginnt mit einer so witzigen Situation, dass ich lachen musste. Echt genial geschrieben und ausgedacht. Besonders Zane ist direkt zu Lys hingezogen, doch wegen ihrer beider Misstrauen dem/der andere/n gegenüber verläuft die Liebesgeschichte dann recht langsam, was mir sehr gut gefallen hat. Vor allem auch, dass die Autorin nicht ausgelutschte und weit verbreitete Situationen nutzt, damit sie sich näher kommen, zB wenn die Protagonisten pitschnass vom Regen sind. Dass Lys und Zane „wie Feuer und Eis“ sind, wie der Klappentext verspricht, war gar nicht so und hat mich zunächst auch enttäuscht. Statt Streitgespräche oder ähnlichem sind die beiden einfach auf Distanz gegangen. Aber daraus hat sich eine langsame Liebe entwickelt, die ich wirklich angenehm zu lesen fand.

Der Grund für Lys‘ Besuch bei ihrem Vater ist sehr untergegangen. Man erfährt, was Lys damals der neuen Freundin ihres Vaters angetan hat, aber dass die ganze Stadt sie nun Jahre später noch angiftet, finde ich arg übertrieben. Ja, es war ein Fehler, aber ganz ehrlich? Das war ein Fehler einer Jugendlichen, die gerade um ihre Mutter getrauert hat und sich von ihrem Vater alleingelassen fühlte, das versteh ich. Leider rückt die Versöhnung von Lys und ihrem Dad in den Hintergrund. Sie haben sich öfter in der Firma gesehen und darüber gesprochen als über privates und wie es schlussendlich zwischen den beiden ausging, kann ich nicht nachvollziehen und ist mir zu wenig. Lys‘ Dad empfand ich zudem von Grund auf unsympathisch, überraschenderweise mehr noch als Bösewichte in (Fantasy)Geschichten. Gestört haben mich auch die unnützen Themen rund um Zane. Dass er für die Seawolves spioniert und sich dort einige Probleme zwischen den Mitgliedern auftun, hätte völlig für die Handlung gereicht. Die Auseinandersetzungen mit seiner Familie sind einfach total unnötig für die Geschichte und hätten dem mehr Platz geben sollen, worum es in der Geschichte eigentlich geht.

Das Setting finde ich total schön! Lys Heimatstadt ist ein kleines gemütliches Städtchen in den Weiten Alaskas an einer Bucht, ähnlich wie Stars Hollow, wie Zane es so treffend beschreibt. Vor allem die Dates der Protagonisten finden an wunderschönen und interessanten Orten statt, wohin ich sie so gerne begleitet habe. Auch außerhalb von ihren Treffen hätte die nähere Umgebung oder Bucht gerne mehr beschrieben und ins Geschehen gerückt werden dürfen.

Leider muss ich sagen, dass in dem Buch einige Fehler enthalten sind (zB Sandwiches nicht gegessen, brennende Chemikalien schaden der Lunge nicht, extra gekauft Taschenlampe aber dann Handy als Lichtquelle genutzt). Das hab ich schon öfter über die Bücher von Kira Licht gelesen, finde es aber schade, dass das Lektorat da nicht der Autorin unter die Arme greift und diese ausbessert.



Fazit:
„Catching Feelings“ konnte meine Gefühle leider nicht einfangen. Die Geschichte hat ein tolles Setting in Alaska und eine sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte. Trotzdem wurde viel Potenzial nicht genutzt, einiges zu wenig aufgearbeitet und für die vielen inhaltlichen Fehler möchte ich mehr noch das Lektorat anprangern, als die Autorin.

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Veröffentlicht am 11.12.2022

Schnelle Geschichte mit gut gezeichneten Charakteren

Die Töchter der Ärztin
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Die Geschichte startet mit Tonis zweitem Physikum, das sie bestanden hat und nun ihre Assistenzarztzeit in Afrika verbringen will - dieser Ort, an dem sie geboren ist aber selbst nie richtig erlebt hat. ...

Die Geschichte startet mit Tonis zweitem Physikum, das sie bestanden hat und nun ihre Assistenzarztzeit in Afrika verbringen will - dieser Ort, an dem sie geboren ist aber selbst nie richtig erlebt hat. Währenddessen hat ihre Schwester eine neuartige Apparatur für ihre Praxis gekauft: einen Röntgenapparat. Die beiden Töchter der bekannten Ärztin Ricarda Thomasius (bereits erschienene Trilogie „Die Ärztin“) sind sehr verschieden. Henny ist zehn Jahre älter, hat bereits ein Kind und ist sehr zurückhalten mit Gefühlen. Toni hat einen anderen Vater als ihre Schwester, genießt das Leben und sucht noch ihren Platz in der Welt. Deshalb reist sie nun nach Daressalam um dort ihre Assistenzarztzeit zu verbringen. Hier erfährt man sehr viel über den Kolonialismus (und dessen Entwicklung), während Toni im Krankenhaus für Weiße arbeitet und dann auch eine Klinik für die Einheimischen auf die Beine stellt. Währenddessen stellt ihr der Leiter der Klinik nach und ist nicht erfreut über ihre Zurückweisungen. Das Buch spielt auch weiterhin in Berlin, wo wir Henny folgen, deren Ex-Mann wieder in ihr Leben tritt und sie Angst um die Zukunft ihrer Tochter bekommt.

Neben den beiden Schwestern spielt aber auch die riesige Familie von ihrer Mutter Ricarda eine Rolle. Sie ist als Kind von Angestellten des Schloss Freystetten eng mit dieser Familie verbunden. Darum geht es auch viel um deren Kinder, die auch ungefähr in Hennys und Tonis Alter sind. Der Stammbaum in der hinteren Buchklappe ist dabei ungemein hilfreich, wenn man die „Ärztin“-Trilogie noch nicht gelesen hat (ansonsten finde ich es nicht störend, wenn man sie noch nicht kennt).

"Leben ist ein Geschenk. [...] Ein Geschenk verdient man nicht. Es ist plötzlich da. Man sollte es schätzen, weil man es bekommen hat, ohne etwas dafür getan zu haben.“, Ricarda, S. 171

Obwohl das Buch mit fast 500 Seiten nicht gerade dünn ist, wird jedoch oft im Geschehen gesprungen und manche Situationen nur indirekt durch andere Charaktere beschrieben. Zu Anfang droht Henny etwas, das ihr viel Angst macht, und plötzlich springt die Geschichte um einige Monate und erzählt wie nebenher, dass nichts Schlimmes passiert ist. Das fand ich zu dem Zeitpunkt etwas schade. Denn auch Hennys Liebesbeziehung kommt mir zu kurz und erst zum Schluss von Tonis Zeit in Afrika hat man auch mitbekommen, dass sie die dort gesprochene Sprache Swahili gelernt hat. Während des Buches vergehen fast zwei Jahre, in denen alle Familienmitglieder der Thomasius und Freystetten eine Rolle spielen, aber Hauptaugenmerk und roter Faden ist immer Tonis Zeit in Afrika. Durch die bereits erzählte Trilogie rund um Ricarda Thomasius sind die Charaktere alle sehr gut gezeichnet und beschrieben, aber haben mir trotzdem zu viel Raum in der Handlung eingenommen. Weniger Handlung und dafür mehr Augenmerk auf die Emotionen der beiden Schwestern hätten mir besser gefallen.

Abgesehen davon, dass der letzte Satz des Klappentextes das Ende spoilert (warum?!), bin ich damit unzufrieden. Es kommt eine übernatürliche Komponente auf, die ich unrealistisch finde, aber von dem Autorenpaar als realistisch dargestellt wird. Was sich daraus entwickelt, hat mir nicht gefallen. Dass die beiden Schwestern nach der Zeit der räumlichen Trennung wieder vereint sind, wie zu Beginn des Buches, finde ich einen guten Abschluss.


Fazit:
„Die Töchter der Ärztin – Zeit der Sehnsucht“ erzählt von den beiden Schwestern Henny und Toni, die grundverschieden, aber beide Medizinerinnen geworden sind und nun entweder eine eigene Praxis in Berlin führen oder in Afrika als Assistenzärztin arbeiten. Dadurch spielt die Geschichte abwechselnd an den beiden Orten. Eine Fülle an Verwandten findet auch ihren Platz in der Geschichte, wodurch leider einige Begebenheiten übersprungen und zu schnell abgehandelt werden. Durch die „Polizeiärztin Magda Fuchs“-Trilogie des Autorenpaares hätte ich viel mehr emotionale Verbindungen und eine mitreißende Erzählung erwartet, aber hier leider nicht gefunden.

PS: Vorsicht! Der letzte Satz des Klappentext spoilert das Ende des Buches!

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Veröffentlicht am 30.11.2022

Erste Hälfte gähnend langweilig, Ende hingegen überraschend gut

Spicy Noodles – Der Geschmack des Feuers
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Toma muss von seinem Vater aus Jura studieren, doch an den Unis wurde er abgelehnt. Als sein Vater ihn rausschmeißt, findet er Zuflucht in dem Restaurant seines Opas, wo er nun auch arbeitet. Opa Shiro ...

Toma muss von seinem Vater aus Jura studieren, doch an den Unis wurde er abgelehnt. Als sein Vater ihn rausschmeißt, findet er Zuflucht in dem Restaurant seines Opas, wo er nun auch arbeitet. Opa Shiro erzählt absonderliche Geschichten, die Toma natürlich nicht glaubt, und hat manch seltsame Regeln für das Lokal, das Toma aufpeppen und beliebter machen will. Somit versucht er Shiros legendäre Ramen nachzukochen, während ein gnadenloser Serienkiller, Overkill, New York in Angst und Schrecken hält. Es gibt auch ein paar Kapitel, die aus Overkills Sicht geschrieben sind, in denen man die brutalen und teilweise ekligen Morde hautnah miterlebt.

Die erste Hälfte des Buches fand ich sehr langweilig. Nachdem Toma bei seinem Opa im „Spicy Noodles“ wohnt und kocht und der Serienkiller Overkill mehrmals erwähnt wurde, ist die Grundstory klar. Tomas Arbeiten im Lokal plätschern nur vor sich hin und die gelegentlichen Gäste sind irgendwann auch nicht mehr interessant. Akari zum Beispiel ist für mich ein überheblicher Snob, auch wenn sich ihr Verhalten später klärt, wobei sie mir damit auch nicht sympathischer wird, und ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum Toma etwas für sie empfindet. Shiros Geschichten über die Familie sind interessant, aber da Toma nicht daran glaubt, wir Leser/innen aber natürlich wissen, dass sie wahr sind, ist auch dieser Erzählstrang zunächst öde. Da hat es auch nicht mehr geholfen, dass ich den ruhigen, herzensguten und eifrigen Protagonisten sympathisch finde. Nachdem dann endlich die Liebesgeschichte zwischen Toma und dem Gast Akari beginnt und die angesprochene Situation im Klappentext mit den Essstäbchen geschieht, kommt schließlich Action auf. Ich kann es aber überhaupt nicht leiden, wenn der Klappentext spoilert und Dinge verrät, die nicht zu Beginn des Buches geschehen (und außerdem, das allererste Wort im Buch ist „Overkill“, warum wird der Serienkiller mit keiner Silbe erwähnt, wo doch seine Art zu Morden sehr brutal und präsent im Buch ist?). Nach diesem Spannungsaufbau flacht die Geschichte aber direkt wieder ab, weshalb ich mich gefragt hab, ob ich das Buch vielleicht lieber abbrechen sollte. Aber das Durchhalten hat sich gelohnt, denn es war spannend mit Toma mehr über die Welt der Göttererben und seine eigenen Fähigkeiten zu erfahren. Die anderen Charaktere wurden auch zunehmend wichtiger und faszinierend. Die zweite Hälfte des Buches hat also aufgeholt und gipfelt in ein spannendes, mitreißendes Ende, das überraschenderweise nicht zu happy Happyend wurde, wie ich befürchtet habe, sondern einfach perfekt ist.

Übrigens ist dies der zweite Teil der „Food-Universe“-Reihe, wovon ich den ersten nicht gelesen habe. Aber alle Sachverhalte über die Göttererben und die Rolle der Speisen und Getränke werden hier ausreichend aufgegriffen und erklärt. Es ist nur hilfreich den Klappentext vom ersten Band zu kennen, da die Geschehnisse daraus erwähnt werden, aber nicht stören, sondern im Gegenteil neugierig auf die vorherigen Ereignisse machen.


Fazit:
Mit „Spicy Noodles“ hat mich Marie Graßhoff leider enttäuscht, wobei ein Teil davon auch auf den spoilernden Klappentext zurückzuführen ist. Nach der langweiligen ersten Hälfte wird die Geschichte aber zunehmend spannender und actionreich. Ich habe Toma gerne in die Welt der Göttererben begleitet und bin auch mit dem Ende mehr als zufrieden. Jetzt bin ich sehr gespannt auf den dritten Teil der Reihe, der außergewöhnliche Charaktere ins Zentrum rückt, die ich jetzt schon sehr faszinierend finde.

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Veröffentlicht am 13.11.2022

Wunderschön geschriebene Geschichte mit zu wenig Spannung

Zirkus der Wunder
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Nell wohnt in einem kleinen Dorf, das vom Anbau von Blumen lebt. Die junge Frau ist eine Außenseiterin, wurde ihr Leben lang wegen ihrer Muttermale am ganzen Körper gemobbt und ausgegrenzt. Nur ihr Bruder ...

Nell wohnt in einem kleinen Dorf, das vom Anbau von Blumen lebt. Die junge Frau ist eine Außenseiterin, wurde ihr Leben lang wegen ihrer Muttermale am ganzen Körper gemobbt und ausgegrenzt. Nur ihr Bruder akzeptiert sie, wie sie ist, doch als Jasper Jupiters Zirkus der Wunder in der Nähe gastiert, verkauft ihr Vater sie an Jupiter. Bald spielt die Geschichte im Zirkus, wo Nell zum ersten Mal im Leben Bewunderung statt Spott für ihre Andersartigkeit erfährt. Dort gibt es noch viele andere einzigartige Artisten mit besonderen körperlichen Merkmalen. Zunehmend geraten nun der Impresario Jupiter und dessen Bruder Jasper immer mehr in den Fokus der Geschehnisse. Das Buch wird aus den Sichtweisen von Nell, Jasper und Jupiter geschildert.

Der Schreibstil der Autorin ist einfach toll. Ihre Beschreibungen vermitteln eine gewisse Atmosphäre, wodurch man Gefühle durch die Stimmung erfährt, statt dass beschrieben wird wie sich die Protagonist/innen fühlen. Insgesamt ist die Geschichte etwas düster, weil auch oft Abhängigkeiten und Herabsetzung eine Rolle spielen, und entwickelt sich eher langsam. Elizabeth Macneal konzentriert sich vielmehr auf die Charaktere und deren Entwicklung, als viele spannende Szenen zu nutzen. In einigen Situationen waren mir aber trotzdem die Gefühle einiger Charaktere zu wenig beschrieben, insbesondere bei Nell. Und auch ihre weitere Entwicklung mochte ich gar nicht.

Im Mittelteil gibt es kaum Spannung und es geschehen Dinge, mit denen man schon gerechnet hat. Hier haben mich der Schreibstil, die faszinierende Figur des Impresarios und mein Lieblingscharakter Toby durch die Geschichte getragen. Während nicht nur vom Zirkus, sondern auch Jasper und Tobys unausgeglichener Beziehung berichtet wird, gibt es immer wieder Rückblenden in deren Vergangenheit, wo ein Geheimnis angedeutet wird. Es wurde so oft erwähnt, dass ich so gespannt war, was damals wirklich passiert ist. Die Auflösung dieser Situation ist aber sehr unspektakulär, da die Andeutungen eigentlich schon alles gesagt haben. Noch enttäuschender ist, dass man die Wahrheit darüber auch anders auslegen könnte. Auch wenn ein anderer wichtiger Aspekt über Jaspers Lage am Ende gefehlt hat, hat mir der Schluss wieder viel mehr zugesagt. Es ist spannend, turbulent, bittersüß und endet für mich genau richtig - weder zu negativ, noch zu rosarot. Die Anmerkungen der Autorin zu ihren Recherchen und dem Umgang mit Menschen Ende des 19. Jahrhunderts, deren Körper anders sind als gewohnt, sind sehr interessant und verleiten dazu, den Roman nicht nur als Unterhaltung zu sehen, sondern auch zwischen den Zeilen zu lesen.


Fazit:
Die Geschichte beginnt mit Nell, handelt im weiteren Verlauf aber hauptsächlich vom Zirkus und der Beziehung der beiden Brüder Jasper und Toby. Die Atmosphäre ist zwar etwas düster, aber unglaublich gut beschrieben. Insgesamt ist das Geschehen aber zu unspektakulär und kaum spannend, da konnte das passende Ende auch nicht mehr viel für mich rausreißen.

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