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Veröffentlicht am 18.02.2023

Gut geschriebenes Jugendbuch über Dietrich Bonhoeffer

Bonhoeffer
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Dietrich Bonhoeffers Leben für Jugendliche zu erzählen, ist kein leichtes Unterfangen. Alois Prinz ist es in seinem Buch „Bonhoeffer. Wege zur Freiheit“ gelungen.

Alois Prinz macht dabei aus Dietrich ...

Dietrich Bonhoeffers Leben für Jugendliche zu erzählen, ist kein leichtes Unterfangen. Alois Prinz ist es in seinem Buch „Bonhoeffer. Wege zur Freiheit“ gelungen.

Alois Prinz macht dabei aus Dietrich Bonhoeffer keine Heldenfigur. Im Gegenteil: Man kommt Bonhoeffer sehr persönlich nahe, denn Alois Prinz zeigt einen sehr nahbaren Bonhoeffer, mit seinen Eigenheiten, seinen Schwächen, seinen Zweifeln.

Prinz zeigt einen Bonhoeffer, der lieber allein ist, der sich auch bei Familienfesten zurückzieht, weil er zu viele Menschen nicht erträgt. Der Schwierigkeiten hat, seine Liebe zu finden. Der ein antiquiertes Frauenbild vertritt. Er zeigt aber auch einen Bonhoeffer, der konsequent ist und sich nicht mit faulen Kompromissen abspeisen lässt. Der ein kluger Kopf ist. Der auf der Suche nach dem richtigen Glauben ist.

Alois Prinz zitiert daher sehr häufig aus Briefen Bonhoeffers an seine Geschwister und vor allem an seinen Freund Eberhard Bethge: da trifft man den persönlichen Bonhoeffer viel mehr als in seinen Büchern. Allerdings lässt Prinz auch Schwieriges wie etwa Bonhoeffers fragmentarisches Buch „Ethik“ nicht außer acht. Auch auf Bonhoeffers Gedanken zum religionslosen Christentum geht Prinz ein. Sehr ausführlich auch auf seine Unterscheidung zwischen billiger und teurer bzw. wahrer Gnade.

Dennoch: Bonhoeffers Leben und seine Überzeugungen stehen im Vordergrund, keine theologischen Spitzfindigkeiten. Alois Prinz ist es genauso wichtig darzustellen, wie oft Bonhoeffer in seinem Leben umziehen musste. Dass die Familie trotz der Frömmigkeit der Mutter auf den sonntäglichen Kirchenbesuch verzichtete. Dass Bonhoeffer erst nach und nach seine Liebe für die Jugendarbeit entdeckte und als Sohn aus einer bürgerlichen Familie mit proletarischen Gemeinden anfangs seine Berührungsängste hatte. Dass Bonhoeffer ein sportlicher Typ war.

Theologische Tiefe zeigt Alois Prinz da, wo es das Leben Bonhoeffers unmittelbar berührt. Etwa bei der Frage des jungen Offiziers Werner von Haeften, ob man den Diktator Hitler erschießen dürfe, also Gewalt anwenden dürfe. Eine Frage, die sich bald genug Bonhoeffer selbst stellte.

Trotz seiner 270 Seiten, die das Buch umfasst, tippt das Buch manche Themen nur an. So macht es auf jeden Fall neugierig auf Dietrich Bonhoeffer. Da das Buch auch komplexere Themen aufgreift, dürfte ein Lesealter von ab 14 Jahren sinnvoll sein – auch für Erwachsene freilich ist es ein Gewinn.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Grandioser Roman

Das Floß der Medusa
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Mit seinem Buch „Das Floß der Medusa“ gelingt es dem österreichischen Schriftsteller Franzobel, die Frage nach Wert und Beständigkeit der Zivilisation mit einem historischen Stoff zu kombinieren. Sein ...

Mit seinem Buch „Das Floß der Medusa“ gelingt es dem österreichischen Schriftsteller Franzobel, die Frage nach Wert und Beständigkeit der Zivilisation mit einem historischen Stoff zu kombinieren. Sein Sujet ist der Untergang der Medusa, ein Schiff, das 1816 auf dem Weg nach Afrika war und auf eine Sandbank lief.

Historisch ist an Franzobels Buch vieles – gerade auch die Tatsache, dass rund 150 Passagiere auf einem Floß ausgesetzt wurden, da es nicht genügend Rettungsboote gab. Und auch, dass nur 15 von ihnen noch lebten, als das Floß entdeckt wurde.

Dennoch: ein historischer Roman ist „Das Floß der Medusa“ nicht und er will es auch gar nicht sein. Zunächst einmal rollt Franzobel die Geschichte um Menschlichkeit, Zivilisation und Führungsversagen von hinten auf. Er beginnt damit, die Leben der Überlebenden zu schildern. Erst nach und nach kommt er auf die Katastrophe des Untergangs der Medusa zu sprechen. Schließlich erzählt Franzobel nicht nur nicht in chronologischer Reihenfolge, er setzt markante erzählerische Kontrapunkte, um dem bombastisch-grausigen Historiengemälde zu entgehen.

Was am Anfang des Romans noch als störend empfunden wird, ist der Sprung in die Perspektive der Gegenwart. Die historische Annährung entgleitet dem Lesenden, der vielmehr in den Zuschauerraum eines Theaters katapultiert wird. Sympathie und Empathie werden so nicht dem Leser abverlangt, sondern vielmehr das genaue Beobachten und Hinterfragen. Immer wieder baut Franzobel á la Brecht Unterbrechungen ein, indem die Perspektive der Gegenwart eingenommen wird, sodass man sich im historischen Stoff nicht verlieren kann.

Beim Betrachten und Beobachten von Schiffbruch, Rettung und dem Umgang mit der Schuld wird dem Leser recht viel abverlangt. Grausamkeiten wie auch der Kannibalismus auf dem Floß sind allzu detailreich dargestellt. Unweigerlich muss man zu dem Schluss kommen, dass der Mensch von Natur aus „böse“ ist, dass Thomas Hobbes hier zu uns spricht. Menschlichkeit lässt sich eben nicht mehr leben, wenn Menschen um ihr Überleben kämpfen. Doch verwundert es dennoch, wie schnell Menschlichkeit und Zivilisation auf dem Floß über Bord geworfen werden.

Zudem gelingt es Franzobel, mit nur wenigen Handstreichen seine Figuren so zu skizzieren, dass sie als Karikatur ihrer selbst auftreten: Der entscheidungsschwache oder besser: unfähige Kapitän, der sich von einem Betrüger übers Ohr hauen lässt. Die Opfer, die schließlich nicht einmal mit einer Abfindung des Staates rechnen dürfen – geschweige denn Anerkennung. Desillusioniert wird das verklärte Afrika genauso wie auch die Seefahrts-Idylle. Und nicht zuletzt der Glaube daran, dass Zivilisation nicht immer wieder neu erkämpft werden muss.

Mag der Roman an manchen Stellen zu ausufernd und zu grausam erzählen: „Das Floß der Medusa“ ist gerade in seiner Vielschichtigkeit ein grandioses Buch.

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Veröffentlicht am 17.09.2022

Inspirierende Texte zur Jahreslosung

Du bist ein Gott, der mich sieht
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Ganz unterschiedliche Texte zur Jahreslosung 2023 sind in dem Buch „Du bist ein Gott, der mich sieht“ von Ulrike Greim, Tobias Petzoldt und Andrea Schneider versammelt.

Erschrecken lassen darf man sich ...

Ganz unterschiedliche Texte zur Jahreslosung 2023 sind in dem Buch „Du bist ein Gott, der mich sieht“ von Ulrike Greim, Tobias Petzoldt und Andrea Schneider versammelt.

Erschrecken lassen darf man sich dabei nicht von dem Untertitel des Büchleins: „Worte und Gedanken für ein ganzes Jahr“. Es sind nicht 365 Texte versammelt, im Gegenteil: die Anzahl der Texte ist sehr überschaubar, es geht eher darum, sich dem Text der Jahreslosung auf unterschiedliche Art und Weise zu nähern und die Texte erst einmal wirken zu lassen.

Eine theologische Auslegung des Bibelverses sucht man vergebens, die Texte sind eher lebenspraktisch angelegt. So finden sich Gedichte ebenso wie Geschichten und Briefe an Hagar – von ihr stammt schließlich der Spruch der Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht“, sagt sie.

Die Texte beziehen sich ganz unterschiedlich auf die Geschichte von Hagar und Ismael. So wird der Weg thematisiert (Woher kommst du? Auswege finden), die Unsicherheit (Sehnsucht spüren, das Herz öffnen, Möglichkeiten eröffnen, Träumen vertrauen) wie auch die Suche (Wohin gehst du? Verlorenes wiederfinden) und die Zuversicht (Nicht aufgeben, Gott sieht dich).

Die Texte des Büchleins eignen sich in ihrer Mischung gut zur Selbstbeschäftigung, genauso gut aber auch für einen Bibelabend in der Gemeinde.

Veröffentlicht am 08.09.2022

Gut gemachtes Sachbuch für Kinder und Jugendliche

Wie wir Menschen die Welt eroberten
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Was ist es, was uns Menschen von den Tieren unterscheidet? Der Bestseller-Autor Yuval Noah Harari geht in seinem Kinder- und Jugendbuch „Wie wir Menschen die Welt eroberten“ der Frage nach, was die „Superkraft“ ...

Was ist es, was uns Menschen von den Tieren unterscheidet? Der Bestseller-Autor Yuval Noah Harari geht in seinem Kinder- und Jugendbuch „Wie wir Menschen die Welt eroberten“ der Frage nach, was die „Superkraft“ des Menschen ist.

Sehr anschaulich und kindgerecht erklärt Harari, was die besondere Bedeutung des Gehirns ist: Geschichten zu erzählen. Warum dies eine „Superkraft“ (so nennt sie Harari) ist, erklärt er in sehr anschaulichen Beispielen, sodass auch ein Kind verstehen kann, weshalb das Erzählen von „Geschichten“ solch eine große Bedeutung hat und weshalb Salbung und Krönung eines Königs nichts anderes als eine „Geschichte“ ist.

Harari beginnt allerdings sein Sachbuch damit, dass er erst einmal klarmacht, dass Menschen letztlich nichts anderes als Tiere sind. Auch darauf, dass es ursprünglich verschiedene Menschenarten gab, geht er ausführlich ein.

In dem Kapitel „Wie lebten unsere Vorfahren“ räumt Harari mit der Vorstellung auf, dass die Steinzeitmenschen in Höhlen lebten. Vor welchen Schwierigkeiten Archäologen und Wissenschaftler allgemein stehen, erläutert Harari sehr eindrücklich am Beispiel einer Höhlenmalerei aus Lascaux. Indem er die Leserinnen dazu ermuntert, sich selbst zu überlegen, was dargestellt sein könnte, zeigt er die Grenzen der Forschung auf.

Um die Grenzenlosigkeit des Menschen geht es im letzten Kapitel des Buches. Hier erläutert Harari zunächst, wie die Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zusammenarbeiteten, er macht zugleich aber sehr deutlich, dass die Menschen für das Verschwinden der großen Säugetiere verantwortlich sind – und eben keine Naturkatastrophen. Der Mensch also sei das „gefährlichste Tier der Welt“.

Der Verlag empfiehlt das Buch für Kinder ab 10 Jahren – das ist vom Alter her sicher passend. Die Texte sind gut verständlich. Es gibt klare Aussagen, und wo argumentiert wird, erfolgt dies sehr ausführlich und mit vielen Beispielen. Sehr angenehm ist auch, dass die Leser
innen immer wieder direkt angesprochen werden. Zudem hat Ricard Zaplana Ruiz das Buch mit wunderschönen Illustrationen versehen.

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Veröffentlicht am 16.06.2022

Wunderbar gestaltetes Sachbuch für Jugendliche und ältere Kinder

Das Weltall
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Wie kann man ein schwarzes Loch finden, wo es doch schwarz ist? Warum fällt der Mond nicht auf die Erde, wenn ein Apfel doch auf den Boden fällt? Wie kann man einen Stern von einem Planeten unterscheiden? ...

Wie kann man ein schwarzes Loch finden, wo es doch schwarz ist? Warum fällt der Mond nicht auf die Erde, wenn ein Apfel doch auf den Boden fällt? Wie kann man einen Stern von einem Planeten unterscheiden? „Das Weltall„, ein Sachbuch für Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren, gibt auf all diese und noch viel mehr Fragen Antworten.

Sechs Autorinnen und Astrophysikerinnen (ja, es sind alle Frauen!) erklären kindgerecht, wie das Weltall entstanden ist, was es mit Sternen, Galaxien und dem Sonnensystem auf sich hat, was schwarze Löcher sind und vieles mehr. So lässt sich erfahren, warum man, wenn man in die Ferne blickt, die Vergangenheit sieht, weshalb Sterne weiß erscheinen, wo sie doch in Wahrheit bunt sind, dass Menschen aus der gleichen Materie wie Sterne gemacht sind.

Immer wieder gibt es im Buch praktische Tipps und Anleitungen, um sich mit den Themen näher zu beschäftigen. So wird etwa erklärt, wie man am besten einen Sternenhimmel fotografiert, aber auch wie man ein Baby-Universum mithilfe von Bauklötzen bauen kann. Als Kniff wird das Gespräch zwischen einem Geschwisterpaar verwendet, sodass Kinder Kindern erklären. Das ist manchmal etwas wiederholend beim Lesen, bringt aber eine sehr verständliche Sprache mit sich. Oft wird etwa mit praktischen Vergleichen etwas erklärt. Auch die Fragen sind sehr kindgerecht, etwa danach, wie viel die Milchstraße denn wiegt.

Begeistert hat mich ebenso das Layout des Buches. Es ist mit seinen vielen Bildern und Illustrationen so wunderbar gestaltet, dass man gerne darin blättert und die Bilder auf sich wirken lässt.

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