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Veröffentlicht am 22.03.2023

Lüsterne Literaten

Mary & Claire
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Im Zentrum dieses tatsachenbasierten Romans stehen vier Literaten des 19. Jahrhunderts: die titelgebenden Mary Wollstonecraft Shelley und Claire Clairmont neben Percy Shelley und Lord Byron. Sie verbindet ...

Im Zentrum dieses tatsachenbasierten Romans stehen vier Literaten des 19. Jahrhunderts: die titelgebenden Mary Wollstonecraft Shelley und Claire Clairmont neben Percy Shelley und Lord Byron. Sie verbindet ihre Faszination für das geschriebene Wort. “Der einzige Lichtblick lag in den Buchstaben. Diese wunderlich verhexten winzigen Dinger, die sich zu Kohorten rotteten und ordneten in den schönsten Gebilden auf Erden: den Büchern.”
Die Geschichte ist bekannt, dass sie einander in einer Gewitternacht anstacheln, eine Schauergeschichte zu schreiben, woraus „Frankenstein“ entsteht. Doch das ist fast nur eine Randnotiz, verglichen mit dem Stoff, der es in den Roman geschafft hat. Mary & Claire & Percy (so die verwendete Schreibweise) begeben sich auf eine Reise durch Europa und verscherzen es sich durch ihre unehrenhaftes Zusammenleben mit ihren Eltern.
Es hat mich gereizt, mehr über diese historischen Personen zu erfahren, von denen heute noch die Rede ist. Auch wenn ihre Beziehung auf Fakten beruht, blieben mir die Figuren in ihrem Liebeswahn fremd. Ich hätte mir bei Tiefschlägen eine detailliertere Ausführung gewünscht und gerne mehr von ihrem Schaffensprozess erfahren. Als positiv habe ich die mystische Stimmung empfunden, die durch Friedhofsszenen oder Geistererscheinungen entstand; und sprachlich war das Buch ganz wunderbar.

Veröffentlicht am 26.02.2023

Die Frauenfamilie

Männer sterben bei uns nicht
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“Das Anwesen war ihr Phallus, aber natürlich ein geliehener. Deswegen musste sie es noch strenger beherrschen, als es ein Mann je hätte beherrschen müssen. So wurde sie zur Patriarchin.” Der Roman umfasst ...

“Das Anwesen war ihr Phallus, aber natürlich ein geliehener. Deswegen musste sie es noch strenger beherrschen, als es ein Mann je hätte beherrschen müssen. So wurde sie zur Patriarchin.” Der Roman umfasst die Geschichte einer Familie aus mehreren Generationen von Frauen, deren Männer nur kurze Begleiterscheinungen darstellen. Erzählt wird er aus Sicht der Enkelin - seit sie als Kind die erste Frauenleiche im See entdeckte bis zu ihrer Teilnahme bei der Beerdigung der Großmutter im Erwachsenenalter.
Ich habe mich schnell von der mysteriösen Handlung einfangen lassen, immerhin musste es doch mit den toten Frauen etwas auf sich haben. Hatte es aber eigentlich nicht. Sie wirkten lediglich wie ein Symbol für ein Leben ohne Männer. Nun gibt es in diesem Buch durchaus Episoden, die das Zusammenleben und die Interaktionen der Frauen der Familie verdeutlichen; ich kann jedoch nicht behaupten, sie im Anschluss wirklich gut zu kennen.
Das Konzept und die Sprache haben mir gut gefallen, doch zu meinem Leseglück fehlte mir etwas mehr Konkretes, das die vielen Andeutungen verbindet.

Veröffentlicht am 18.02.2023

Freiheit durch Automatisierung

Freiheitsgeld
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„Das, was durch ein bedingungsloses Grundeinkommen erreicht werden soll - dass jeder nur noch tun muss, was er tun will -, lässt sich nicht durch bloßes Umverteilen von Geld erreichen. Um zu diesem Grad ...

„Das, was durch ein bedingungsloses Grundeinkommen erreicht werden soll - dass jeder nur noch tun muss, was er tun will -, lässt sich nicht durch bloßes Umverteilen von Geld erreichen. Um zu diesem Grad an wirtschaftlicher Freiheit zu gelangen, müssen möglichst viele der Einrichtungen, Abläufe und Systeme, die dazu da sind, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, so weit automatisiert sein, dass sie von selber laufen. Deshalb der Name Freiheitsgeld.“
Das Freiheitsgeld des hier inszenierten zukünftigen Europas führt trotz der vermeintlichen Chancengleichheit zu einer Zweiklassengesellschaft und Kritik. Somit wirft der Tod seines Begründers berechtigte Fragen am System auf. Als Leser folgen wir hauptsächlich zwei Figuren, dem Polizisten, der den Mord aufklären will, und dem Fitnesstrainer des Politikers, deren Wege sich in Anbetracht der Umstände kreuzen.
Die vielversprechende Dystopie von Andreas Eschbach entwirft ein authentisches Szenario einer Zukunft, in der Automatisierung den Alltag bestimmt. Die menschlichen Beziehungen, um die es eigentlich geht, fand ich jedoch wenig überzeugend dargestellt. Klischees, wie die Frau, die aus Frust shoppen geht, und unglaubwürdige Dialoge oder Handlungen lenken zu sehr von der im Kern interessanten Geschichte ab. Somit habe ich diesen Roman als einen der schwächeren des Autors empfunden.

Veröffentlicht am 28.01.2023

Essen fürs Klima

Beinahe vegan
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„Beinahe vegan“ ist das Motto dieses Kochbuchs, das den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz setzt. „Denn wer den Anteil von tierischen Lebensmitteln in seiner Ernährung auf schmale 10 % herunterregelt, ...

„Beinahe vegan“ ist das Motto dieses Kochbuchs, das den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz setzt. „Denn wer den Anteil von tierischen Lebensmitteln in seiner Ernährung auf schmale 10 % herunterregelt, kann seinen ökologischen Fußabdruck bei der Ernährung fast halbieren.“
Los geht‘s mit ein paar wertvollen Tipps, wie ein Umstieg gelingen kann, beispielsweise durch „Umami-Booster“ aus pflanzlichen Quellen. Es folgen Rezepte aus den Kategorien Frühstück, Salate und Bowls, Pasta, Suppen und Eintöpfe, Herzhaftes, Ofengerichte sowie Süßes.
Ich bin wild entschlossen, mich auf dieses Abenteuer einzulassen und die Möglichkeiten der umweltfreundlichen Küche zu erkunden. So erlebe ich bei den Ofen-Gemüse-Rösti mit Rucola und Pilzen aufregende Geschmackskombinationen und eine cremige Soße ganz ohne Milchanteil. Dabei vermisse ich überhaupt kein Fleisch, und doch taucht dieses immer wieder in dem Buch auf und wird meist nur mit der vegan produzierten Variante als Alternative angegeben.
Das ist meiner Meinung nach das größte Manko des Buchs: Es böte eine größere Motivation, wenn Fleisch und Milch nur als Option auftauchten und das Standard-Gericht mit pflanzlichen Zutaten auskäme, die möglichst nicht Fleisch imitieren. Ansonsten sind die appetitlich präsentierten Rezepte für zögerliche Umsteiger gut geeignet.

Veröffentlicht am 14.01.2023

Tolkiens Welt

Die Wissenschaft von Mittelerde
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38 französische Wissenschaftler haben es sich, mit dem vorliegenden Werk zum Auftrag gemacht, “Die Wissenschaft von Mittelerde”, der von J. R. R. Tolkien geschaffenen Fantasy-Welt, zu ergründen.
So erfahren ...

38 französische Wissenschaftler haben es sich, mit dem vorliegenden Werk zum Auftrag gemacht, “Die Wissenschaft von Mittelerde”, der von J. R. R. Tolkien geschaffenen Fantasy-Welt, zu ergründen.
So erfahren wir beispielsweise, welches Klima in den verschiedenen Gebieten geherrscht haben müsste, ob Drachen aufgrund ihrer Anatomie tatsächlich Feuer spucken und fliegen könnten oder wie der eine Ring geschaffen worden wäre. “Sauron war folglich ein in der Nukleartechnologie bewanderter Alchemist, und seine schwere Rüstung bestand vermutlich aus Blei und war eine Schutzkleidung gegen radioaktive Strahlung!”
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung geht damit weit über Tolkiens Ideen, der ja schon alleine ein komplexes System von Sprachen geschaffen hatte, hinaus. Das ist mitunter schwerer verdauliche Kost als erwartet und wirkte an manchen Stellen auf mich etwas übertrieben, ist mir doch beim Lesen der Romane bewusst, dass es sich um reine Erfindungen handelt.
Das Buch ist hochwertig aufgemacht; Illustrationen tun ihr Übriges, um die Reise nach Mittelerde vor dem Auge lebendig werden zu lassen. Tolkien-Fans, die sich tiefer mit der Thematik auseinandersetzen wollen, kann man hiermit ein schönes Geschenk machen.