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Veröffentlicht am 05.02.2023

Wieder aktuell und gesellschaftskritisch

Die Spur der Luchse
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Während massiver Protestaktionen von Umweltaktivisten, gegen die Waldrodung für eine Bahntrasse, verschwinden vier Jugendliche bei einer schulischen Exkursion.
Nach umfänglichen Suchaktionen wird ein Mädchen, ...

Während massiver Protestaktionen von Umweltaktivisten, gegen die Waldrodung für eine Bahntrasse, verschwinden vier Jugendliche bei einer schulischen Exkursion.
Nach umfänglichen Suchaktionen wird ein Mädchen, schwer traumatisiert und dehydriert, aufgefunden. Später werden auch zwei tote Jungen entdeckt. Von dem zweiten Mädchen fehlt jede Spur.
Große Aufruhr in Politik und Presse, der Vater des vermissten Mädchens ist der populistische, rechte Politiker Jan Adlercreutz, der die vergebliche Suche nach seiner Tochter sofort politisch ausnutzt.


Wie immer, ein mit stetig zunehmender Spannung, gut zu lesender aktueller und gesellschaftskritischer Roman. Voosen und Signe durchleuchten Themen und politische Richtungen, wie sie sich heute darstellen.

Die Ermittler Nyström, Forss, Delgado, Knutsson und Hjalmarsson könnten unterschiedlicher kaum sein, aber sie funktionieren wie ein Uhrwerk miteinander. Eines haben sie alle gemeinsam. Sie zeichnet Eigensinn und äußerste Zielstrebigkeit aus.
Die Geschichte ist, wie schon erwähnt, aus dem Leben gegriffen. Sie entlarvt teure Privat-Internate, Lehrer und Ärzte, die zu wenig hinterfragen, rechte Populisten, karrieregeile Duckmäuser, Vorurteile und noch so viel, dass ich manchmal gar nicht wusste, worauf noch angespielt wurde.
Ich habe diesen Roman genossen, trotz des starken Tobaks der Handlung, weil die Probleme der Jugendlichen und der Aktivisten nicht aufgebauscht wurden. Sie wurden dargestellt und immer wieder hinterfragt oder die Hintergründe aufgezeigt.
Irgendwie hinterlassen die Romane von Voosen und Signe ein gutes Gefühl, im Sinne von, dass ich über das behandelte Thema jetzt auch nachgedacht habe.

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Veröffentlicht am 27.01.2023

Spannend wie eh und je

Grenzfall - In der Stille des Waldes
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Chefinspektor Krammer, LKA Tirol, und seine Kollegin Szabo staunen nicht schlecht über den kuriosen Fund auf einer Baustelle nahe Gnadenwaldes in Tirol. Trotz fehlender Zuständigkeit folgt Krammer seinem ...

Chefinspektor Krammer, LKA Tirol, und seine Kollegin Szabo staunen nicht schlecht über den kuriosen Fund auf einer Baustelle nahe Gnadenwaldes in Tirol. Trotz fehlender Zuständigkeit folgt Krammer seinem Instinkt und nimmt die Ermittlungen auf.
Gleichzeit erholt sich Oberkommissarin Alexa Jahn von einer Schussverletzung in Lenggries. Schmollend, weil ihr Vorgesetzter ihr zur Ruhe geraten hat, lässt sie sich allzu gern von ihrem ehemaligen Partner im Aschaffenburger Kommissariat mitreißen. Er will die Ermittlungen in einem von ihnen abgeschlossenen Fall wieder aufnehmen, weil ein Zeuge neue Aussagen bezüglich des möglichen Täters gemacht hat.
Haben sie vielleicht den falschen Täter verhaftet?


Dieser Grenzfall ist wieder ein spannender und abwechslungsreicher Krimi. Da die beiden Fälle parallel laufen, kann man schon von zwei Krimis in einem Buch sprechen.
Das führt bei mir aber zu einem kleinen Kritikpunkt, weil die beiden Fälle nichts miteinander zu tun haben und die wunderbare Zusammenarbeit von LKA Tirol und Kripo Weilheim und somit auch die wunderbare Zusammenarbeit von Vater und Tochter nicht existent ist. Gerade das machte immer den besonderen Reiz in den ersten beiden Bänden aus.
Stattdessen werden die beiden Charaktere abseits der Vater/Tochterbeziehung und Grenzüberschreitender Ermittlungen mit ihren eigenen Charakterzügen, Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten beleuchtet. Das ermöglicht uns tiefe Einblicke in ihre Seelen.
Der Tiroler Fall gestaltet sich sehr skurril und schon fast spooky. Dieser Fall legt vor allem offen, dass beide österreichische Inspektoren öfter ihrem „Bauchgefühl“ folgen sollten, gegebenenfalls sogar auf das „Bauchgefühl“ der Kollegin oder des Kollegen achten sollten.
Beim anfänglich deutschen Fall zeigt sich Alexas Ehrgeiz und ihr übergroßer Wille, Geheimnisse offen zulegen ohne Rücksicht auf Gefahren und ihre Gesundheit. Ich fürchte, das wird auch in den folgenden Büchern/bzw. Fällen nicht besser werden.
Wie bereits erwähnt laufen die beiden Fälle parallel, so dass wir Leser von einem Cliffhanger zum nächsten Fall hin und her switchen können. Das macht diesen Krimi zum Pageturner und ich konnte ihn nicht mehr aus der Hand legen.
Aber liebe Frau Schneider, was soll der Cliffhanger zum Ende des Buches???
Der nächste Band erscheint erst in einem Jahr! Mann, das ist noch so lange hin.

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Veröffentlicht am 22.01.2023

Beeindruckend

Turmschatten
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Der ewige Kampf, Neonazis gegen Juden, gegen Menschen mit Migrationshintergrund, gegen Flüchtlinge und andersdenkende.
Mit Ephraim Zamir, ein über siebzig-jähriger Jude, erleben wir eine fiktive Geschichte, ...

Der ewige Kampf, Neonazis gegen Juden, gegen Menschen mit Migrationshintergrund, gegen Flüchtlinge und andersdenkende.
Mit Ephraim Zamir, ein über siebzig-jähriger Jude, erleben wir eine fiktive Geschichte, die sehr nah an der deutschen Wirklichkeit heran reicht. Er will sich zur Ruhe setzen. Er lässt den geschichtsträchtigen Turm renovieren, um mit seiner jungen jüdischen Haushälterin die jüdische Gemeinde unterstützen zu können. Das fehlende Geld zum Bau der neuen Synagoge ist er bereit zu spenden.
Das ruft die gut organisierte Neonazi-Szene der immer noch handelsfähigen NPD auf den Plan.


Turmschatten ist ein brutaler, aber guter Thriller. Er hält uns, unseren Politikern, der Polizei und den Medien einen Spiegel vors Gesicht. Auch wenn dieser Thriller ein fiktionales Werk ist, wie vom Verlag vorausgeschickt, wuchs bei mir mehr und mehr der Eindruck, dass es heutzutage genauso in Deutschland geschehen könnte.
Was mich allerdings am meisten empört und bedrückt ist, dass Ephraim Zamir wieder als der pfiffige, hinterlistige und von einer starken Organisation (Mossad) unterstützte Jude dargestellt wurde. Die Sympathie der Leser hat er sicherlich auf seiner Seite, aber trotzdem wird er über weite Teile des Buches als Rächer, Killer und unbarmherziger Folterer dargestellt. Er manipuliert die Massen genauso wie es Thielen, Parteivorsitzender der NPD, versucht.
Davon abgesehen hat mich dieses Buch gefesselt. Zeigt es doch die ganze Hilflosigkeit der deutschen Politik und Justiz gegen rechte Gewalt.
Es regt zum Nachdenken an und ich hoffe, dass vielleicht auch einige gefährdete Jugendliche, wie Thomas Worch, dieses Buch zu lesen bekommen.

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Veröffentlicht am 15.01.2023

Einfühlsame Suche nach der eigenen Identität

Was ich nie gesagt habe (Die Gretchen-Reihe 2)
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Tom Monderath, bekannter Anchorman im deutschen Fernsehen, kämpft sich mühsam aus einer persönlichen Krise. Er ist frisch verliebt in seine Kollegin Jenny, was ihm auch beim Umgang mit seiner dementen ...

Tom Monderath, bekannter Anchorman im deutschen Fernsehen, kämpft sich mühsam aus einer persönlichen Krise. Er ist frisch verliebt in seine Kollegin Jenny, was ihm auch beim Umgang mit seiner dementen Mutter hilft.
Plötzlich taucht ein Halbbruder, Hank, auf. Er sieht aus, als wäre er Toms Zwillingsbruder. Hank, der Zeit seines Lebens seinen biologischen Vater vermisst hat, will alles über Konrad, ihren gemeinsamen Vater, wissen.
Susanne Abel ermöglicht uns einen Rückblick in die deutsche Vergangenheit.


Mich hat dieses Hörbuch total begeistert. Einerseits findet die Autorin in der Gegenwart einen erfrischenden Erzählstil, der mich sofort gefangen hat. Die Rückblenden zu Konrads und Gretchens Leben sind gespickt mit realen, geschichtlichen Ereignissen und Kommentaren. Das fühlte sich für mich so real an. Viele dieser Ereignisse habe ich durch Radio und Fernsehen miterlebt.
In der Sprecherin Vera Teltz haben der Verlag und die Autorin eine neutrale und unaufgeregte Chronistin gefunden. Manchmal hatte ich den Eindruck einer Nachrichtensprecherin zu folgen, die ruhig und ohne Emotionen von den größten Krisen berichtet.
Die Suche nach Toms Identität war teilweise so absurd, aber es gibt vieles im Leben, was anfänglich absurd ist und sich zum Schluss realistisch darstellt.
Beeindruckend empfand ich Frau Abels Umgang mit der Nazi-Realität. Konrads anfängliche Begeisterung, die er mit Millionen junger Deutsche teilte und die sich in Gegenteil verkehrte, als er erwachsener wurde und die Verbrechen erkannte. Genauso wichtig ist der Blick auf die Unverbesserlichen, die das ganze kranke Gedankengut bis ins hohe Alter verfechten.
Alles in allem ein gelungener Rückblick in unsere gemeinsame deutsche Vergangenheit, wo einige Absurditäten und Besonderheiten zu Tage kommen.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Interessant -> fesselnd -> Sandberg

Das Unrecht
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Annett versucht kurz vor ihrer Silberhochzeit mit Volker, einem Freund aus ihrer Jugendclique in Wismar, ihrem Heimatort, wieder in ihren Beruf zurückzufinden.
Es ist Herbst und wie bereits seit 28 Jahren ...

Annett versucht kurz vor ihrer Silberhochzeit mit Volker, einem Freund aus ihrer Jugendclique in Wismar, ihrem Heimatort, wieder in ihren Beruf zurückzufinden.
Es ist Herbst und wie bereits seit 28 Jahren überfallen sie die Erinnerungen an ihrer Jugendliebe Mischa, ihrer missglückten Flucht aus der DDR, dem Verrat und Mischas Tod.
Dass sie immer noch nicht in Erfahrung bringen konnte, wer sie damals verraten hat, lässt sie nicht zur Ruhe kommen.


„Das Unrecht“ ist ein mitreißender, packender Roman, den ich nicht aus der Hand legen konnte.
Anfänglich war ich gar nicht begeistert. Nach ca. 20 Seiten dachte ich, wieder ein Flüchtlingsdrama aus DDR-Zeiten in Händen zu haben. Aber mit jedem neuen Kapitel und jeder Rückblende fesselte mich Annetts Geschichte mehr.
Die verschiedenen Zeitebenen und die verschiedenen Perspektiven machten diesen Roman zum rasanten Pageturner.
Es passiert nicht allzu oft, dass ich ein 415 Seiten starkes Buch in zwei Tagen auslese.
Fasziniert hat mich die sezierhafte Beschreibung Volkers Charakters und wie sein wahres Wesen immer mehr zum Vorschein kam. Auch Annett trifft nicht eine Entscheidung und geht ihren Weg. Nein, sie hat Bedenken, versucht das Geschehen mit anderen Augen, nämlich denen von Volker, zu sehen. Sie sucht und sie kämpft.
Diese wunderbare Geschichte so gut schreiben zu können, zeugt von einer besonderen Beobachtungsgabe der Autorin und natürlich schriftstellerischem Talent.
Ich liebe ihre Löhnig-Krimis, aber die Romane unter ihrem Pseudonym gefallen mir noch besser. Sie sind jeden für sich genommen total unterschiedlich. Aber eines haben sie gemeinsam sie sind mitfühlend und wirken hundert Prozent real. Sie fassen mich an und nehmen mich mit.
Danke Frau Sandberg!

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