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Veröffentlicht am 15.09.2016

Authentischer Schottland-Krimi

Wenn du mich tötest
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Eines der klassischen Rezepte für Krimis geht auch in diesem Buch gut auf: Ein Mann, der eine neue Beziehung eingeht, verschweigt ein einschneidendes Erlebnis aus seiner Vergangenheit. Die Frau kommt später ...

Eines der klassischen Rezepte für Krimis geht auch in diesem Buch gut auf: Ein Mann, der eine neue Beziehung eingeht, verschweigt ein einschneidendes Erlebnis aus seiner Vergangenheit. Die Frau kommt später durch eigene Recherchen dahinter und stellt ihn zu Rede.
Soweit so üblich. Dummerweise tut Laura Tahn dies auf einer Urlaubsreise mitten in Schottland. Und verschwindet bald darauf. Trotz der merkwürdigen Umstände ringt sich ihr Mann, Julian Tahn, dazu durch, die Polizei zu verständigen und Laura als vermisst zu melden. Dem Detective, John Gills, aus Inverness kommt der deutsche Urlauber reichlich suspekt vor und nach ein paar Indizien forscht er in dessen Vergangenheit und bringt das ans Licht, was auch Laura schon gefunden hatte. Kurz darauf wird in einer Bucht nahe des Ferienortes der Tahns eine weibliche Leiche angespült.
Ein mentales Katz- und Maus-Spiel beginnt. Mehr als eine Fährte bieten sich an und der Leser kann mit Gills und den Polizisten vor Ort in der Sandwood Bay ermitteln, rätseln, verurteilen und falsch liegen. Was geschah nun vor so vielen Jahren? Und was passierte in der Sandwood Bay? Wo ist Laura Tahn und lebt sie überhaupt noch?
Dieser Krimi (die Bezeichnung Psychothriller ist einfach falsch!) lässt den Leser selbstreflektieren und sich fragen, wie weit Ehrlichkeit gehen sollte und wie viel eine Beziehung, so gut sie auch von außen scheinen möge, aushalten kann.
Auf der anderen Seite wird auch die Ermittlungsarbeit beleuchtet und der Druck sowie der Alltag dieser fiktiven schottischen Exekutive in den Mittelpunkt gestellt. Eine Ungenauigkeit, ein Fehler, kann weitreichende Konsequenzen haben.
Die Autorin schafft es, durch kurze Abschnitte und Wechsel der Schauplätze, Spannung zu erzeugen und diese hochzuhalten. Sie widmet der Gefühlswelt des Ehepaars viel Platz, aber auch der Detective ist kein Superheld und wird für den Leser greifbar, mit ihm kann man gut mitfühlen. Ein Krimi, der sich sicher auch in einem oder wenigen Rutschen auslesen lässt.
Gut gefällt mir auch die Umgebungskarte vorne im Einband. Leider sind nicht alle erwähnten Ort verzeichnet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wie man sich in Italien (nicht) verhält

In der ersten Reihe sieht man Meer
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Viele Lacher und auch ein paar Aha-Erlebnisse begleiten den Leser durch dieses Buch. Dieses „Urlaubs-Buch“ des Krimi-Duos Klüpfel/Kobr ist in vielerlei Hinsicht unterhaltsam und für den einen oder anderen ...

Viele Lacher und auch ein paar Aha-Erlebnisse begleiten den Leser durch dieses Buch. Dieses „Urlaubs-Buch“ des Krimi-Duos Klüpfel/Kobr ist in vielerlei Hinsicht unterhaltsam und für den einen oder anderen vielleicht noch lehrreich. Die einen, die sich zur beschriebenen Zeit selbst in Italien einen schönen Sonnenbrand geholt haben, werden sich oder die Nachbarn oder andere Urlaubsgäste wiedererkennen. Doch auch für jüngere Leser, die in den Neunzigern als Kinder auf solche Urlaube mitgenommen wurden, erkennen vieles wieder. Und wer weiß, einiges ist wohl auch heute noch so auf dem „Teutonengrill“.
Für diejenigen, die vielleicht bald mit der eigenen Familie an den italienischen Sandstrand wollen und dorthin, wo „eh jeder hineinma….“, mag das Buch eine Anleitung bieten, wie man sich nicht unbedingt verhalten sollte. Alexander Klein, kurz vor einem ebensolchen Urlaub mit Familie, Eltern und Schwester, schläft ein und findet sich in seiner Jugend wieder. Seine Eltern sind plötzlich jünger und diejenigen, die das Sagen haben. Mit dem Geist eines Ü40-Jährigen im Körper eines U15-Jährigen durchlebt er diesen Urlaub zwischen bunten Jogginghosen, deutschem Essen in Italien und Nussöl aus Österreich erneut, gibt dem Ganzen aber durch sein natürlich anderes Verhalten eine neue Wendung, was ihm zunächst gar nicht bewusst ist.
Mit Witz und einer Prise Selbstironie (die verwendeten Fotos sind allesamt aus den privaten Alben der Autoren) führen Klüpfel und Kobr dem Leser alles vor Augen, was ein Italienurlaub so braucht, nicht zu vergessen bravouröse Italienischkenntnisse der Beteiligten („Palazzi“, „Agentzia“). Nicht zu vergessen schriftliche Annäherungsversuche der Einheimischen an die Urlauber: „Kaffee vonne Vilter“ oder „Berline Waise mit Schus“.
Das Cover ist wirklich liebevoll gestaltet, auch dem Thema angemessen als altes Fotoalbum und es liegt ein Kofferanhänger darauf. Diese kleinen Details setzen sich im Inhaltsverzeichnis fort, denn alle Kapitelüberschriften sind Liedtitel oder Liedzeilen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein guter Killer

Orphan X
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Schon beim Lesen wird klar, wie viel Recherchearbeit in bestimmten Szenen stecken muss. Auch das Nachwort des Autors lässt diese Arbeit noch einmal hervortreten. Dies, in Kombination mit der fesselnden ...

Schon beim Lesen wird klar, wie viel Recherchearbeit in bestimmten Szenen stecken muss. Auch das Nachwort des Autors lässt diese Arbeit noch einmal hervortreten. Dies, in Kombination mit der fesselnden Geschichte und seinem eigenwilligen Hauptcharakter machen diesen Thriller zu einem atemberaubenden Leseerlebnis. Die eigenwillige Person, die im Lauf der Handlung auch zugänglich und mitfühlend ist, ist Evan Smoak. In Rückblenden erfährt man, warum er dort lebt, wo er jetzt ist und wie er seine „Ausbildung“ erhielt. Evan erfüllt einen ungewöhnlichen Job, den er vor seine Umwelt und neugierigen Nachbarn geheim halten muss.
Er beherrscht zahlreiche Nahkampftechniken, kann mit Stichwaffen und Schusswaffen aller Art umgehen und hat eine Beobachtungsgabe, die sonst kaum jemand hat. Evan ist ein Killer. Er setzt seine Künste jedoch für das Gute ein und hilft Menschen, die sonst keine Hilfe mehr bekommen können.
Evans Leben basiert auf aktueller und futuristischer Technologie, womit er sich, seine Wohnung und sein Auto schützt und alles über seine „Klienten“ in Erfahrung bringt. Zu Beginn muten sein Schutzbedürfnis und seine Paranoia seltsam an, aber bald wird klar, warum er das macht und wie sehr er sich noch darauf verlassen werden muss. Er arbeitet immer einen Auftrag nach dem anderen ab, lässt sich diese auch nacheinander zukommen. Doch als plötzlich zwei Klienten gleichzeitig seine Hilfe brauchen, gerät alles aus den Fugen. Auch Gebote und Meditation sind da machtlos. Kann Evan Realität und Erfindung auseinanderhalten und sein Leben retten?
Glücklicherweise klingt das Ende des Buches nach einer Fortsetzung und für all jene, die weniger Zeit zum Lesen haben, wurden scheinbar auch schon die Filmrechte verkauft.
Das Cover ist sehr schlicht gehalten und kann gar nicht alles umfassen, was diesen Thriller ausmacht. Das X ist aber durchaus ein Eyecatcher.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Familientragödie im sonnigen Cornwall

Am Ende des Schmerzes
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Als wirklich schönes Urlaubsziel muss Cornwall hier als Schauplatz für einen sehr düsteren Krimi herhalten. Collin Brown (und sein Team) ermittelt in einem Fall, der sich um eine Babyleiche rankt. Alles ...

Als wirklich schönes Urlaubsziel muss Cornwall hier als Schauplatz für einen sehr düsteren Krimi herhalten. Collin Brown (und sein Team) ermittelt in einem Fall, der sich um eine Babyleiche rankt. Alles beginnt mit einem Unfall und einem zwielichtigen LKW-Fahrer. Hinzu kommen nach und nach frühere Nachbarn, Angestellte, Bewohner und Besitzer des Anwesens, auf dessen Grund die Leichen gefunden werden. Doch damit nicht genug. Auf Nebenschauplätzen lernt der Leser noch zwei wichtige Protagonistinnen kennen und darf damit mitraten, wie denn die verschiedenen Erzählstränge zusammenhängen und was davon mit dem Kriminalfall zu tun hat.
Um die schrecklichen Geheimnisse und Verwicklungen einer reichen, angesehenen Familie in der englischen Einschicht eindringlich erzählen zu können, kreiert die Autorin fast durchwegs sehr eigenbrötlerische, schwierige Charaktere und zeigt schonungslos auf, wie sehr Macht und Abhängigkeit missbraucht beziehungsweise überschätzt werden.
Auch die Ermittler und ihre Helfer selbst sind spezielle Köpfe. Collin geht in seiner Arbeit so auf, dass er sie mit nach Hause nimmt. Der Fall hindert ihn nicht nur daran, seinen schmerzenden Zahn behandeln zu lassen, sondern lässt auch seinen Urlaub ins Wasser fallen. Sein Freund und Kollege Johnny eckt oft an und bringt mit seiner ruppigen, unverblümten Art sogar Collin manchmal an den Rand der Verzweiflung. Abgerundet wird die Truppe unter anderem durch einen philosophischen Geologen und einen sexistischen Rechtsmediziner.
Mit diesen Personen, all den großen und kleinen Geheimnissen sowie ihrer unverkrampften Schreibweise lässt Iris Grädler nie Langeweile aufkommen und macht diesen Krimi – das grausame Thema außer Acht gelassen – zu einem sehr angenehmen Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Klebt an den Händen

Mit Zorn sie zu strafen
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Wer Tony Parsons ersten Band (Dein finsteres Herz) mit Max Wolfe gelesen hat, sollte auch dieses Buch möglichst bald lesen (verschlingen). Aber: auch jedem anderen Krimi- und Thrillerfan sei dieses Werk ...

Wer Tony Parsons ersten Band (Dein finsteres Herz) mit Max Wolfe gelesen hat, sollte auch dieses Buch möglichst bald lesen (verschlingen). Aber: auch jedem anderen Krimi- und Thrillerfan sei dieses Werk empfohlen. Gnadenlos wirft Parsons den Leser gleich zu Beginn in die Szenen der grausamen Tat, die Detective Wolfe, seine Chefs und Kollegen die nächsten Monate über beschäftigen wird.
Es scheint nichts zusammenzupassen: Eine Familie und ihr Hund werden getötet. Doch der jüngste Sohn, noch ein Kind, wird scheinbar entführt. Und die Morde waren gezielt, ausgeführt mit einer ungewöhnlichen Tatwaffe. Auch ein ähnlicher Fall von vor mehreren Jahrzehnten bringt nicht die erhofften Erkenntnisse.
Unter Einsatz seines Lebens ermittelt Max Wolfe zwischen einer Roma-Siedlung, seinem Sport-Center und den Angehörigen der Ermordeten. Er steht gleichermaßen vor verschlossen Türen wie Verdächtigen und hebt auf seiner verzweifelten Suche nach dem entführten Kind fast wie nebenbei noch einen Pädophilenring aus.
Doch dass Wolfe alles andere als ein Superman ist, zeigt Tony Parsons in den Szenen, in denen er mit seiner Tochter redet oder mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Um den Fall zu lösen, muss er auch tief in der Vergangenheit der Opfer und deren Angehörigen bohren und fördert Schreckliches zu Tage. Gekonnt flicht der Autor am Ende die Fäden ineinander und auch wenn ein paar Fragen offen bleiben, Details nicht geklärt wurden, hat dieses Buch das gewisse Extra, dass es geradezu an den Händen kleben lässt.
Mit seinen grundsätzlich nüchternen, aber nicht gefühllosen Schilderungen treibt Parsons den Leser an Wolfes Seite durch London und lässt ihn am Ende jedes Kapitels mit einem Gemisch aus unbändiger Neugier und der Hoffnung auf ein gutes Ende sofort die nächste Seite umblättern.