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Veröffentlicht am 06.08.2017

Die Hölle im Kinderheim

Die Hölle im Kinderheim
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Dieses Buch befasst sich mit den Missbräuchen in einem katholischen Kinderheim in Luxemburg durch Geistliche und Beschäftigte. Dutz, der in den fünfziger Jahren selbst ein Heimkind in dieser Anstalt war ...

Dieses Buch befasst sich mit den Missbräuchen in einem katholischen Kinderheim in Luxemburg durch Geistliche und Beschäftigte. Dutz, der in den fünfziger Jahren selbst ein Heimkind in dieser Anstalt war und dort seine Kindheit und Jugend verbrachte, spricht über die unvorstellbaren Grausamkeiten, die ihm und den anderen Kindern zugefügt wurden. Er hat psychischen und physischen sowie sexuellen Missbrauch erleiden müssen, er wurde gefoltert und ausgebeutet und stark traumatisiert. Durch seine Erzählungen will er das Schweigen brechen.

Dieses Buch ist wirklich heftig. Es liest sich wie eine Dokumentation über unfassbare Grausamkeiten, die an unschuldigen Kindern verübt werden. Die Hauptperson ist Dutz, doch es gibt auch Berichte von vielen anderen Kindern, denen Dutz begegnet ist.
Positiv finde ich, dass man liest, wie die jeweiligen Kinder überhaupt im Kinderheim gelandet sind. Häufig wurden sie abgeschoben, weil sie im Weg waren, zu anstrengend oder schlichtweg die Zeit fehlte, um sich um sie zu kümmern. Alles keine Gründe, ein eigenes Kind abzuschieben. Aber den Eltern wurde suggeriert, dass die Kinder im Heim in besten Händen seien. Doch ob es so ist, haben die Eltern nicht mehr interessiert. Kaum im Heim angekommen, wurden diese Kinder sofort auf verschiedenste Arten misshandelt. Schläge und Essensentzug sowie Isolationen im Keller waren an der Tagesordnung. Ihnen wurde stets eingebläut, dass sie nichts wert seien.
Die Kinder wurden als kostenlose Arbeitskräfte missbraucht, obwohl sie oftmals viel zu schwach für die Arbeit waren. Auch wurden sie an andere Familien ausgeliehen, um dort anfallende Arbeiten zu erledigen. Den Lohn steckte das Heim ein, die Kinder erhielten Schläge.
Diese Greueltaten wurden durch sexuellen Missbrauch getoppt. Geistliche vergingen sich an den hilflosen Kindern und sie wurden auf den Kinderstrich geschickt.
Die Verantwortlichen, insbesondere die katholische Kirche, versuchen die Anschuldigungen zu vertuschen und Betroffene mit Geld mundtot zu machen. Das zugefügte Leid will niemand anerkennen, obwohl dies das Mindeste wäre.
Das Buch ist wirklich schockierend, denn die Beschreibungen beschönigen nichts. Zwar geht es hier um ein Kinderheim in Luxemburg, doch es ist mittlerweile bekannt, dass es solche Missbräuche zu dieser Zeit in vielen Ländern gab und die Betroffenen noch heute darunter leiden.

Ein lesenswertes Buch, das nichts verschweigt und gehört bzw. gelesen werden sollte. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 04.08.2017

"Bea macht blau" von Tessa Hennig

Bea macht blau
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Beas Leben steht auf dem Kopf. Ihre Tochter ist ausgezogen, weil sie mit ihrem Freund zusammenleben will. Ihr Mann zieht es vor, statt Zeit mit Bea zu verbringen, sich lieber seiner Geliebten zu widmen. ...

Beas Leben steht auf dem Kopf. Ihre Tochter ist ausgezogen, weil sie mit ihrem Freund zusammenleben will. Ihr Mann zieht es vor, statt Zeit mit Bea zu verbringen, sich lieber seiner Geliebten zu widmen. Bea reicht es und sie macht sich auf den Weg ins Baskenland zu ihrer Schwester Karin, auch wenn die beiden schon lange keinen Kontakt mehr hatten. Das Klima, die netten Menschen und das leckere Essen zeigen Bea, wie schön das Leben sein kann. Ist vielleicht genau dort der Ort, wo sie bleiben will?

Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen. Ich habe einen entspannenden, unterhaltsamen und schönen Sommerroman erhofft und diesen auch bekommen.
Dank des flüssigen und leicht verständlichen Schreibstils konnte ich sofort in die Geschichte von Bea eintauchen. Die Beschreibungen, insbesondere im Baskenland und dem dortigen Gästehaus, fand ich unglaublich bildhaft und detailliert. Ich fühlte mich wirklich mittendrin und habe das alles prima miterleben können.
Neben den manchmal traurigen Momenten gibt es auch viele Szenen, die mich zum Lachen brachten. Das war eine tolle und lebhafte Mischung.
Bea ist ein toller und menschlicher Charakter. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr authentisch beschrieben, so dass ich richtig mit ihr mitfühlen konnte. Zuerst der gefühlte Verlust der Tochter, weil diese auszieht und ihre Mutter vielleicht nicht mehr braucht. Dann die Enttäuschung über den Ehemann, der eine Affäre hat und sich von Bea trennen möchte. Ihre Welt ist plötzlich nicht mehr die, die sie all die Jahre war. Schön fand ich, dass Bea sich die Probleme in ihrer Ehe eingesteht, aber trotzdem nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern zu ihrer Schwester fährt.
Die Erlebnisse und Erfahrungen, die Bea im Baskenland sammelt, fand ich toll beschrieben. Sie lernt dort Menschen kennen, die freundlich und entgegenkommend sind. Und sie und ihre Schwester Karin bekommen die Möglichkeit, sich wieder anzunähern. Außerdem kommt Bea ihrem Traum von einem Hotel ganz nahe, denn das Gästehaus braucht einen neuen Besitzer und muss auf Vordermann gebracht werden.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, denn es war stimmig und positiv. Es passte perfekt zu der ganzen Geschichte.

Ich kann diesen Sommerroman sehr empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 01.08.2017

Kommando Schluckspecht

Kommando Schluckspecht
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Tim Feldmann hat in seiner Heimatstadt Bottrop die Lieblingskneipe von sich und seinen Freunden übernommen, in der sie ihre regelmäßigen Kegelabende abhalten. Allerdings hat Tim gar keine Ahnung von Gastronomie. ...

Tim Feldmann hat in seiner Heimatstadt Bottrop die Lieblingskneipe von sich und seinen Freunden übernommen, in der sie ihre regelmäßigen Kegelabende abhalten. Allerdings hat Tim gar keine Ahnung von Gastronomie. Zum Glück hat er seine Bardame Jutta, die viel für ihn regelt. Doch mit der Kneipe läuft es leider nicht gut. Zu allem Überfluss hat seine Freundin Lisa dann auch noch eine erschreckende Neuigkeit für ihn: sie hat ein lukratives Jobangebot in München erhalten und will mit Tim dorthin ziehen. Ausgerechnet München! Tim will seine Kneipe und seine Freunde nicht verlassen und so schmiedet er einen Plan.

Dieses Buch hat mich super gut unterhalten! Es gab unendlich viele Szenen, bei denen ich lauthals lachen musste und das Kopfkino an ging. Herrlich!
Der Schreibstil ist locker-leicht und passt perfekt zu der humorvollen Geschichte. Sehr gut gefallen hat mir auch der breite Dialekt von Jutta, der zusammen mit ihren Sprüchen und Weisheiten einfach grandios rüber kam.
Die Charaktere sind authentisch und mit ihren speziellen Eigenarten beschrieben und ich konnte sie mir sehr gut vorstellen. Es hat mir großen Spaß gemacht, bei den Kegelabenden der Freunde im Schluckspecht dabei zu sein. Die Ideen, die sie zur Rettung des Schluckspechts und zum Schlechtmachen von München entwickeln, waren spitze. Auch die gegenseitigen Attacken zwischen Tim und seinem Konkurrenten Orgun, der das Barlokal “fit-and-green” für gesunde Sachen wie Smoothies betreibt, waren sehr unterhaltsam.

Dieses Buch macht einfach einen riesigen Spaß und ich kann es unbedingt empfehlen. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.07.2017

Talmon

Talmon
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Robert Trenkmann bekommt von seinen Großeltern das Angebot, auf dem Landsitz seiner Vorfahren die Aufgaben eines Hausmeisters wahrzunehmen. Da momentan alles nicht so rund läuft, hofft Robert auf einen ...

Robert Trenkmann bekommt von seinen Großeltern das Angebot, auf dem Landsitz seiner Vorfahren die Aufgaben eines Hausmeisters wahrzunehmen. Da momentan alles nicht so rund läuft, hofft Robert auf einen Neuanfang mit seiner Familie und macht sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern auf den Weg. Robert lässt sich nicht von den schaurigen Geschichten über das Anwesen abschrecken. Und Angst vor Geistern hat er auch nicht. Doch dann beginnen sich merkwürdige Dinge im Haus abzuspielen: Schritte auf dem Dachboden, tote Tiere, Dinge die einfach wieder auftauchen. Bald zeigt sich, dass irgendetwas mit ihnen im Haus lebt, das sie dort nicht haben will.

Dieses Buch ist anders! Und es ist super! Eine gelungene Mischung aus Fantasy und Thriller und dabei spannend und gruselig.
Zu Beginn gibt es einen Rückblick 30 Jahre zuvor und man erfährt, wie Robert seine Mutter durch einen Unfall verliert. Zu dem Zeitpunkt hat Robert mit Talmon gesprochen, doch man weiß noch nicht, wer oder was Talmon ist.
Die mysteriösen Dinge, die auf dem Anwesen geschehen und denen Robert sich stellen muss, sind super spannend und teils sehr gruselig geschrieben. Ich war total gefesselt und mochte das Buch nicht aus der Hand legen. Robert hat auch immer wieder Erinnerungen an seine Kindheit. War er schon einmal in dem Haus? Oder was haben diese Visionen zu bedeuten?
Neben den merkwürdigen Geschehnissen im Haus muss Robert sich auch den Anfeindungen der Dorfbewohner stellen. Sie geben ihm, seiner Familie und dem Anwesen die Schuld an den diversen Todesfällen ihrer Haustiere. Sie wollen Robert samt Familie vertreiben.
Und während die Geschehnisse im Haus ihren Lauf nehmen, erfährt man nach und nach, wer bzw. was Talmon ist.
Der Schreibstil ist angenehm flüssig und sehr gut lesbar. Auch wird die ganze Geschichte sehr bildhaft erzählt, so dass ich alles prima vor Augen hatte. Ich konnte perfekt in die Geschichte eintauchen und mich von der Spannung und den Gruseleffekten bis zum Ende mitreißen lassen.

Eine tolle unvorhersehbare Geschichte voller Spannung und Grusel, perfekt zum Abtauchen. Ich gebe 5 von 5 Sternen für dieses absolut gelungene Debüt.

Veröffentlicht am 19.07.2017

Ein unmöglicher Mord

Ein unmöglicher Mord
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England im Jahr 1938. Eigentlich wollten John Stableford und seine Frau Harriet ein paar entspannte Tage bei Harriets Vater verbringen. Doch dann entdecken sie im Garten einen Golfball mit einem Hakenkreuz ...

England im Jahr 1938. Eigentlich wollten John Stableford und seine Frau Harriet ein paar entspannte Tage bei Harriets Vater verbringen. Doch dann entdecken sie im Garten einen Golfball mit einem Hakenkreuz drauf. Stableford vermutet die Herkunft vom Nachbargrundstück. Als er sich dorthin aufmacht trifft er auf seinen Freund Dr Holmes. Dass das kein Zufall ist, weiß Stableford sofort. Doch mit dem, was dann dort geschieht, hätten beide nicht gerechnet: Der Hausherr Sir Edmund Rogie bricht während eines Banketts plötzlich zusammen und am folgenden Tag geschieht ein Mord, der eigentlich unmöglich sein kann. Stablefords Spürsinn ist gefragt.

Dies ist bereits der dritte Stableford-Krimi, für mich ist es allerdings der erste. Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten, ins Geschehen rein zu finden.
Der Schreibstil war leicht lesbar und der damaligen Zeit optimal angepasst. Die Beschreibungen waren sehr bildhaft, so dass ich das Herrenhaus und die Umgebung sehr gut vor Augen hatte. Prima rübergebracht wurde das englische Flair. Dementsprechend waren auch die Dialoge perfekt verfasst. Ich fühlte mich regelrecht in die Zeit zurückversetzt.
Die Charaktere wurden authentisch beschrieben. Stableford, Holmes und Harriet sind wunderbar gezeichnet und waren mir sofort sympathisch. Es hat mir großen Spaß gebracht, ihnen beim Lösen des Rätsels über die Schultern zu schauen. Stableford machte einen total ruhigen und ausgeglichenen Eindruck, war aber trotzdem äußerst aufmerksam. Ihm entging nicht die kleinste Kleinigkeit. Seine Erläuterungen zu englischen Krimis und den dafür typischen Mordplätzen fand ich sehr amüsant. Insgesamt gefiel mir der feine Humor mit seiner englischen Eleganz sehr gut.
Durch die vielen Personen, die alle auf ihre ganz persönliche Art als Täter in Frage kamen, konnte ich unglaublich viel rätseln und überlegen. Und Stableford gab mir mit seinen Überlegungen und Befragungen immer wieder neue Richtungen auf. Allerdings bin ich dem wahren Täter einfach nicht auf die Spur gekommen, so dass ich am Ende überrascht wurde. Da hat der Autor ganze Arbeit geleistet.
Das Ende lässt auf einen weiteren Fall für Stableford hoffen, auf den ich schon jetzt gespannt bin.

Ein toller, spannender und nicht durchschaubarer Krimi, der mir richtig gut gefallen hat. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.