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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2023

Genial geschrieben!

Zeit der Schuld
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In den Slums von Delhi geboren, außerhalb der Kasten lebend, schon als kleiner Junge verkauft, lernt Ajay zu dienen und sich anzupassen. Eigentlich hätte er in den Bergen ein zufriedenes Leben führen können, ...

In den Slums von Delhi geboren, außerhalb der Kasten lebend, schon als kleiner Junge verkauft, lernt Ajay zu dienen und sich anzupassen. Eigentlich hätte er in den Bergen ein zufriedenes Leben führen können, aber auf einer seiner Stippvisiten wird Sunny, der Sohn des einflussreichen Wadia-Clans auf ihn aufmerksam, verführt/entführt ihn in das aufregende Leben von Delhi und macht Ajay zu seinem fleißigen und loyalen Diener.
Sunny, Lebemann und Urheber ausschweifender Partys, hat hochtrabende Visionen. Er will Delhi zu einer sauberen, modernen und lebensbejahenden Stadt umbauen.
Die Journalistin Neda ist kritisch gegenüber seinen Vorstellungen und recherchiert zu den politischen Machenschaften und zweifelhaften Geschäften des Wadia-Clan.
Als sie Sunny begegnet, unterliegt sie seinem Charisma und verliebt sich in ihn.

Was für eine Geschichte!
Zuerst hat mich der poetische und visualisierende Schreibstil in seinen Bann gezogen. Sie beschreibt die stinkenden Kloaken und auch die brutalen Gewaltszenen durch einen Weichzeichner, der das Ganze etwas abmildert, aber immer noch real wiedergibt.
Ich bin ein eher ungeduldiger Leser und mache mir nichts aus ausschweifenden Beschreibungen, aber den ausschweifenden, bis ins Detail gehenden Blick von Deepti Kapoor habe ich genossen. Man konnte sich in die Umgebung einfühlen und blickte in Ecken, die man nicht ohne ihre Beschreibung entdeckt hätte. Ich war noch nie in Indien und habe bisher wenig darüber gelesen. Ich denke in diesem Buch habe ich viel über Indien, seine Kultur, seine mafiösen Strukturen und über die Verflechtungen mit der Politik gelernt.
Die Geschichte war völlig außerhalb meines Erfahrungsbereich und auch außerhalb meines Vorstellungsvermögen. Sie ist so dicht und bildhaft geschrieben, dass sie den Leser nicht mehr loslässt.
Das Ende signalisiert dem begeisterten Leser, Deepti Kapoor hat noch viel über Indien, seine Clans und persönliche Schicksale zu erzählen.

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Veröffentlicht am 08.04.2023

Schockierend

Das Schlaflabor
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Tom Schönborn hat alles versucht um seine Schlafstörung in den Griff zu bekommen. Medikamente, Therapien, nicht hat geholfen.
Als er von einer neuartigen Therapieform in den Schweizer Alpen hört, schöpft ...

Tom Schönborn hat alles versucht um seine Schlafstörung in den Griff zu bekommen. Medikamente, Therapien, nicht hat geholfen.
Als er von einer neuartigen Therapieform in den Schweizer Alpen hört, schöpft er neue Hoffnung. Gegen den Rat seines Therapeuten, nimmt er das Angebot der Klinik wahr.
Auch wenn ihm die therapeutischen Maßnahmen seltsam vorkommen, schläft Tom so gut, wie seit Jahren nicht mehr.
Zu Hause mutiert er zum Langschläfer, bis, ja bis er von der Polizei geweckt wird und er sich seine blutbeschmierten Hände nicht erklären kann.


Im Grunde ist dieser Thriller ein einziger Albtraum.
In unserer modernen Gesellschaft wird fast jeder Erwachsen irgendwann in seinem Leben mit Schlafstörungen konfrontiert. Von vielen Seiten erhält man gebetenen oder auch ungebetenen Rat. Wenn nichts mehr hilft, geht man zum Therapeuten, der die Störung meist auf unsere Umgebung, unsere Lebensweise oder unsere Kindheit zurückführt. Meistens ist das auch nicht sehr hilfreich. Und dann hören wir von einer neuartigen Therapieform, gehen darauf ein. Sie ist erfolgreich. Man ist glücklich, aber dann kommt der Horror.
Marc Mellen hat seinen krassen Spannungsbogen langsam, aber stetig aufgebaut. Er hat die Nöten und die Verzweiflung von Tom bildhaft und emotional aufgezeigt, dass der Leser den zaghaften Vertrauensaufbau gegenüber seiner Begleiterin nur zögerlich nachvollziehen konnte. Ich glaube, ich hätte in dieser Situation niemandem vertraut.
Dieser Thriller ist ein Pageturner der Superklasse und bereitet mir selbst hier beim Schreiben noch Gänsehaut. Danke.

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Veröffentlicht am 25.03.2023

Gelungener Krimi

Der Bojenmann
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Fassungslosigkeit und völlige Ratlosigkeit beschleichen den Hamburger Kommissar Thies Knudsen und sein Ermittlungsteam des LKA in Altona. Der Bojenmann, eine Holzfigur, montiert auf einer Plattform und ...

Fassungslosigkeit und völlige Ratlosigkeit beschleichen den Hamburger Kommissar Thies Knudsen und sein Ermittlungsteam des LKA in Altona. Der Bojenmann, eine Holzfigur, montiert auf einer Plattform und verankert neben der Fahrrinne in der Elbe, war über Nacht gegen eine ähnlich aussehenden Leiche ausgetauscht worden.
Die Identifizierung und Bergung der Leiche gestalten sich schwierig und sind noch nicht abgeschlossen, als bereits die zweite Leiche in der Außenalster entdeckt wird.
Immer wenn Knudsen nicht mehr weiterweiß, bespricht er die Lage mit seinem Freund Oke Andersen, einem ehemaligen Lotsen, der sein Rentnerdasein in Övelgönne direkt an der Elbe fristet und mit seiner Sicht von außen wichtige Hinweise oder Denkmodelle beisteuern kann.

„Elb-Kolorit und Fischkopp-Charme treffen auf Nordic Noir. Grausig genüsslicher Krimispaß“ Frank Schätzing
Das Zitat von Frank Schätzing finde ich ganz passend. Ich fühlte mich von dem Bojenmann gut unterhalten, in Wellen von knisternder Spannung überrollt, konnte ich manchmal nicht schnell genug lesen, um dann vom hanseatischen Flair und Humor entspannt zu werden.
Das ambivalente Verhalten der beiden Ermittler Thies Knudsen und Dörte Eichhorn hat mindestens genauso viel Spaß bereitet, wie das freundschaftliche Verhältnis der beiden Sturköpfe Knudsen und Andersen.
Wenn „Der Bojenmann“ der Beginn einer neuen Kriminalreihe sein soll, so freu ich mich schon jetzt auf die kleinen Kämpfe und das Geplänkel der Drei.
Neben dem äußerst spektakulären Fall ist mir die liebevolle Werbung für die Sehenswürdigkeiten der Stadt Hamburg aufgefallen. Ich habe Hamburg schon einige Male besucht und jedes Mal neues entdeckt, aber vom „Tschechischen Hafen“ hatte ich noch nicht gehört. Den „Tschechischen Hafen“ und andere im Buch erwähnte, mir unbekannte, Orte konnte ich später in der Hamburg-Karte entdecken. Auch die Beschreibung der Wegstrecken, die die Kommissare mit dem Auto zurücklegten, hat für mich Hamburg wieder lebendig werden lassen.
Der Fall, so spektakulär und tricky er auch war, empfand ich nachvollziehbar und logisch begründet durch die Schilderung der Kindheitserlebnisse des Täters und seinen, in kursiver Schrift geschriebenen Beobachtungen und Gedankengänge.
Kommissarin Eichhorn, Kommissar Knudsen und der ehemalige Lotse Andersen wurden facettenreich beschrieben, so dass ich mich schon jetzt auf weitere Fälle der Drei freue.

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Veröffentlicht am 14.03.2023

Einfach fesselnd und lange nachwirkend

Morgen, morgen und wieder morgen
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Sadie und Sam begegnen sich schon als Kinder. Fasziniert von Computerspielen und den jeweiligen Fertigkeiten, lenken sie sich gegenseitig von ihrer schmerzlichen und bedrückenden Wirklichkeit ab. Ihre ...

Sadie und Sam begegnen sich schon als Kinder. Fasziniert von Computerspielen und den jeweiligen Fertigkeiten, lenken sie sich gegenseitig von ihrer schmerzlichen und bedrückenden Wirklichkeit ab. Ihre tiefe Freundschaft wird jedoch durch Missverständnisse abrupt beendet.
Erst über zehn Jahre später begegnen sich die Beiden zufällig wieder.
Dies ist der Beginn einer erfolgreichen, Gewinn bringenden, aber auch schmerzvollen Karriere als Spieleentwickler und Designerin.


Oft lesen wir Ankündigungen, wie: Sensationserfolg des Jahres oder Sensationserfolg aus den USA. Meistens entlocken mir diese marktschreierischen Überschriften beim Lesen des Buches nur ein müdes Lächeln. Hier ist es dann doch anders.
Ich habe selten, sehr selten, ein so komplexes Buch gelesen. Es geht um Freundschaft, um Computerspieleentwicklung, über gleichgeschlechtliche Ehen, über People of Color, über verschiedene Lebensbilder verschiedener Kulturen, über Umweltschutz und noch so viele andere politische Themen. Nichts davon wirkt klischeehaft, konstruiert und schon gar nicht fehl am Platz. Frau Zevin hat all diese Themen in ihrem Buch untergebracht, ohne es zu überfrachten. Ihr Erzählstil ist leicht und eigentlich immer unaufgeregt.
Ihre Protagonisten erleben jedoch ein stetiges auf und ab, mal ein riesiger Hit in der Spielewelt, mal ein Flop, mal Geborgenheit gebende Freundschaft, dann wieder gefühlter Verrat, mal eine Glückssträhne, dann wieder Depression und als Leser geht man jede Emotion mit.
In die Computerspieleentwicklung erhalten wir einen großen Einblick. Nach der Lektüre des Buches habe ich einen anderen Blick auf Computerspiele. Ich habe mir nie klargemacht, wir kompliziert und zeitraubend die Entwicklungsarbeit ist. Vor allem war mir nie klar wieviel Herzblut der Designer in diesen Spielen steckt. Die Erschaffer dieser Internetwelten sind, so mein Eindruck, auch ganz besondere Menschen, die man mit unseren normalen Maßstäben nicht bewerten kann. Sadies und Sams Leben, Leidenschaften, Freundschaften, Beziehungen und Verhaltensweisen können wir nur bestaunen. Ihre Geschichte wird uns sicher noch einige Zeit begleiten.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Köstlich !!!

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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In Coopers Chase ist wieder allerhand los. Elisabeth und Stephen werden entführt. Freigelassen werden sie, aber nur mit einem tödlichen Auftrag.
Der Donnerstagsmordclub spürt wieder einem alten Mord hinterher. ...

In Coopers Chase ist wieder allerhand los. Elisabeth und Stephen werden entführt. Freigelassen werden sie, aber nur mit einem tödlichen Auftrag.
Der Donnerstagsmordclub spürt wieder einem alten Mord hinterher. Es geht um die Journalistin Bethany Waites. Dazu wird der bekannte News-Sprecher Mike Waghorn befragt, sehr zum Entzücken von Joyce.
Bogdan ist verliebt in Constable Donna de Freitas. Detective Chief Inspector Chris Hudson ist verliebt in Patrice, Donnas Mutter.
Mit Ron und Ibrahim jagt das komplette Team der oder die Mörder von Bethany Waites.


Ich glaube, man nennt diese Art von Krimis Cosi-Krimi. Eigentlich ist das nicht mein Geschmack, aber der Donnerstagsmordclub ist etwas ganz Besonderes.
Den ersten Band dieser Krimiserie habe ich als Hörbuch gehört. Die Sprecher hätten besser und britischer nicht sein können. Ich habe heute noch die Sprechweisen von Joyce, Ibrahim, Ron und Elisabeth im Kopf. Somit war es ein besonderes Lesevergnügen für mich.
Was soll man noch mehr über den Inhalt sagen?
Ich kann eigentlich jedem das Lesen dieses Krimis empfehlen.
Jeder Charakter hat seine unverwechselbaren Eigenheiten, die liebevoll vom Autor ausgeführt werden.
Beim Lesen hatte ich manchmal das Gefühl, dass Richard Osman sich morgens bereits schmunzelnd an seinen Schreibtisch setzt und seiner geliebten Bande wieder neue Tollheiten auf den Leibern schreibt. Nichts ist unmöglich, alles kann, nichts muss, und so weiter.
Bei normalen Krimis muss für mich die Situation nachvollziehbar sein und auch real vorstellbar. Beim Donnerstagsmordclub ist das alles egal. Er ist einfach nur unterhaltsam und köstlich zu lesen.
Ich freue mich schon auf den Nächsten.

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