Leider nicht überzeugend
LieblingstochterDie Fachärztin Dr. Gretchen White, eine Expertin für Persönlichkeitsstörungen und Gewaltverbrechen, hat bereits viele prominente Fälle gelöst. Ironischerweise ist sie selbst als Soziopathin diagnostiziert ...
Die Fachärztin Dr. Gretchen White, eine Expertin für Persönlichkeitsstörungen und Gewaltverbrechen, hat bereits viele prominente Fälle gelöst. Ironischerweise ist sie selbst als Soziopathin diagnostiziert und wurde einst des Mordes an ihrer Tante verdächtigt. Detective Shaughnessy ist überzeugt, dass sie ungestraft davonkam. Trotzdem wird Gretchen gebeten, die Polizei im Fall Viola Kent zu unterstützen. Viola, ein Mädchen, dem vorgeworfen wird, seine Mutter getötet zu haben, wird als rücksichtslos und manipulativ beschrieben. Trotzdem glaubt Gretchen an Violas Unschuld. Um die Wahrheit herauszufinden, muss sie eine düstere, gefühlskalte und beängstigend vertraute Leere betreten.
Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven geschildert und befasst sich sowohl mit Gretchens Sicht als auch mit der von Reed, dem Mann des jüngsten Opfers. Dabei springen die verschiedenen Kapitel jeweils auch in der Zeitachse, um so nach und nach ein Gesamtbild zu erschaffen und den:die Leser:in ins Boot zu holen.
Die Protagonistin Gretchen fand ich anfangs super faszinierend. Sie wurde mit vielen Ecken und Kanten geschaffen, spannenden und manchmal grausamen Gedankengängen, aber dennoch konnte sie zu Beginn mein Interesse wecken. Im Laufe der Geschichte merkte ich aber immer deutlicher, dass mir der Bezug zu ihr fehlt. Durch ihre kühle Art hielt sie mich auf Distanz und verlor mich dadurch relativ schnell. Obwohl das Bild, das von Gretchen gezeichnet wurde in sich eigentlich stimmig war, wurde ich damit leider nicht besonders warm.
Ebenso fand ich die ständige Wiederholung des Faktes, dass sie Soziopathin ist, irgendwann wirklich ermüdend. Auf Seite 100 hab ich die Protagonistin schon zur Gänze kennengelernt und muss nicht immer wieder an ihre Diagnose erinnert werden, um vermeintlich neue Schocker zu schaffen.
Genauso unterbrachen ständige Vergleiche zu Empathen meinen Lesefluss. Einmal daraufhinzuweisen, dass Gretchen anders tickt, hätte mir gereicht. Aber ständig unter die Nase gerieben zu bekommen, wie außergewöhnlich die Protagonistin ist, war schlichtweg ermüdend.
Im Gegensatz zu Gretchen blieben die übrigen Charaktere für mich ziemlich blass. Ich hätte gern mehr über Viola erfahren und mich nicht nur auf ein Spiegelbild von Gretchen gefreut. Denn auch hier wurde die Autorin nicht müde, zu erwähnen, dass sie eine Soziopathin ist.
Der Einstieg in die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen und versprach, sehr spannend zu werden. Ebenso der Blick auf den Plot klang äußerst vielversprechend, aber leider wurden meine Hoffnungen nicht bestätigt, obwohl das Potenzial da gewesen ist. Es gab einige Längen, die mich ausbremsten, obwohl ich die Geschichte wirklich gern gemocht hätte.
Das Ende war zunächst nicht offensichtlich, aber letztendlich auch nicht sonderlich überraschend, da es vielerlei Anzeichen in diese Richtung gegeben hat.
Alles in allem eine nette Idee, die für mich an nicht genutztem Potenzial scheiterte.