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Veröffentlicht am 29.02.2020

Grandios!

Dankbarkeiten
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In Delphine de Vigans neustem Roman "Dankbarkeiten" begleiten wir die alte Dame Michka, die eines Tages in ein Altenheim ziehen muss, da sie alleine in ihrem Alltag nicht mehr klarkommt. Neben den langsam ...

In Delphine de Vigans neustem Roman "Dankbarkeiten" begleiten wir die alte Dame Michka, die eines Tages in ein Altenheim ziehen muss, da sie alleine in ihrem Alltag nicht mehr klarkommt. Neben den langsam ansteigenden körperlichen Beschwerden leidet sie an Paraphasie, einer Krankheit, bei der sie stetig Wörter "verliert", vertauscht und verwechselt.

Wir folgen insgesamt drei Perspektiven. Zum einen der jungen Frau Marie, die Michka in ihrer Kindheit häufig bei sich aufgenommen hat, da sich Maries Mutter nicht immer ausreichend um sie kümmern konnte. Für Marie ist Michka so etwas wie eine Ersatzmutter. Zum anderen spielt der Logopäde Jeróme, der Michka jeden Dienstag und Donnerstag besucht, eine große Rolle. In ihren gemeinsamen Stunden hilft er nicht nur Michka mit der Krankheit und ihrem neuen Leben im Altenheim umzugehen, auch sie verändert sein Leben. Die dritte Perspektive bezieht sich auf Michkas Albträume, in denen sie zwar ihre Sprache wiederfindet, aber auch ganz klar ihre Ängste vor dem weiteren körperlichen Zerfall und dem Sterben zum Ausdruck bringt.

Ich liebe Delphine de Vigan und auch dieser Roman konnte mich wieder nachhaltig begeistern. Ihr Sprachstil in "Dankbarkeiten" ist wieder einmal so klar und intensiv, dass er mich unglaublich tief berühren und mitreißen konnte. Die Autorin schafft es bei mir stets mit wenigen gezielten Worten und Andeutungen ganze Welten und dazugehörige Emotionen in meinem Kopf entstehen zu lassen. Das Buch hat mich völlig für sich eingenommen und ich habe es quasi ohne Unterbrechung gelesen, während ich für die Außenwelt gar nicht mehr erreichbar war.

Gleichzeitig finde ich auch die gewählten Perspektiven und Figuren sehr passend und gut platziert. Die Themen Altern, Sterben, Selbstbestimmtheit, Familie, Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft und natürlich Dankbarkeit werden wie für de Vigan typisch sehr authentisch, dadurch zugleich schmerzhaft und wunderschön dargestellt. Neben der erwarteten Botschaft "Sprich die Dinge aus, bevor es zu spät ist" ist in diesem Roman noch so viel mehr zu finden, wofür ich Delphine de Vigan ebenfalls unglaublich dankbar bin. In meinen Augen erneut ein Meisterwerk einer meiner Lieblingsautorinnen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.10.2017

Zeitlos

Stolz und Vorurteil
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Mit "Stolz und Vorurteil" ist Jane Austen eine wunderbar zeitlose Geschichte gelungen, die auch 200 Jahre nach ihrem Tod in vielen Bücherregalen zu finden ist – und das mit Recht!

Mr. und Mrs. Bennet ...

Mit "Stolz und Vorurteil" ist Jane Austen eine wunderbar zeitlose Geschichte gelungen, die auch 200 Jahre nach ihrem Tod in vielen Bücherregalen zu finden ist – und das mit Recht!

Mr. und Mrs. Bennet haben nicht weniger als fünf Töchter zu verheiraten. Besonders die Frau des Hauses ist vor allem daran interessiert, ihre Töchter besonders gewinnbringend zu verheiraten. Als der alleinstehende Mr. Bingley in die Nachbarschaft zieht und gleich noch seinen wohlhabenden Freund Mr. Darcy mitbringt, kann die Kuppelei losgehen. Doch Stolz und Vorurteil, Intrigen und Halbwahrheiten führen dazu, dass nicht alles so glatt läuft, wie Mrs. Bennet sich das wünscht.

Ich habe eine Übersetzung von Ursula und Christian Grawe gelesen, die ich wärmstens empfehlen kann. Ich muss zugeben, dass ich mit dem Original von 1813 ein paar Schwierigkeiten hatte und deswegen zur deutschen Übersetzung gegriffen habe. Deswegen konnte ich ungefähr 15 Kapitel vergleichen und die Grawe-Übersetzung ist wirklich nah am Original gehalten. In meiner Ausgabe finden sich außerdem einige Anmerkungen zu Konventionen und Gegebenheiten des frühen 19. Jahrhunderts und ein ausführliches Nachwort mit Informationen zu Jane Austen und einer Einordnung ihrer Werke in den historischen Kontext. Diese nützlichen Hintergrundinformationen haben mir sehr gut gefallen.

Wer glaubt, ein Klassiker könnte nicht witzig sein und Spaß machen, der sollte zu Jane Austen greifen. Wunderbar ironisch wird in "Stolz und Vorurteil" die Gesellschaft analysiert und die Ergebnisse machen das Buch zu einem zeitlosen Klassiker. Klatsch, Tratsch und Intrigen gab es damals wie heute. Durch voreingenommene Urteile stehen sich die Protagonisten nur selbst im Wege und statt mit der betroffenen Person das Gespräch zu suchen, wird lieber dem Urteil der Dorfgemeinschaft Glauben geschenkt. All das machen wir selbst 200 Jahre später immer noch nicht besser und deswegen hatte ich unglaublich viel Spaß beim Verfolgen der Ereignisse.

Was sich glücklicherweise ein bisschen verändert hat, ist die Rolle der Frau. Damals konnte es eine Frau nur zu etwas bringen, wenn sie recht zügig einen reichen Mann an Land zog. Elizabeth Bennet, die zweitälteste Tochter im Haus, wagt es doch tatsächlich einen Heiratsantrag abzuweisen, weil sie den Antragsstellenden nicht liebt. Kritisch und ein wenig frech setzt sie sich mit den damals so alltäglichen Erwartungen an sie und alle anderen Frauen auseinander, gibt auch mal ein Widerwort und möchte vor allem sich selbst und ihren eigenen Vorstellungen gerecht werden. Mrs. Bennet ist schockiert, ich bin begeistert und kann absolut nachvollziehen, warum Elizabeth Bennet häufig als starke und emanzipierte Buchheldin genannt wird.

Fazit:
Zeitlos, humorvoll und emanzipiert. In meinen Augen ist es kein Wunder, dass Jane Austens "Stolz und Vorurteil" auch 200 Jahre nach ihrem Tod die Leser*innen noch zu begeistern weiß. Auch ich empfehle das Buch uneingeschränkt, ebenso wie die Übersetzung von Ursula und Christian Grawe, die im Reclam-Verlag erschienen ist. Die Anmerkungen und Hintergrundinformationen waren sehr interessant und nützlich und die Cover der gesamten Austen-Werke im Reclam-Verlag sind einfach traumhaft schön!

Veröffentlicht am 17.10.2017

Black Lives Matter

The Hate U Give
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Wir alle haben mit Sicherheit schon von der willkürlichen Polizeigewalt in den USA gehört, der bereits so viele schwarze Menschen zum Opfer gefallen sind. Angie Thomas ist dieser Thematik auf den Grund ...

Wir alle haben mit Sicherheit schon von der willkürlichen Polizeigewalt in den USA gehört, der bereits so viele schwarze Menschen zum Opfer gefallen sind. Angie Thomas ist dieser Thematik auf den Grund gegangen und hat ein packendes Jugendbuch geschrieben.

Starr ist 16 und wohnt im Garden Heights, einer Gegend, die wir wohl als Ghetto bezeichnen würden. Bandenkriege, Drogen und Schießereien gehören zu ihrem Alltag. Eines Nachts werden sie und ihr bester Freundin Khalil im Auto von einem Polizisten angehalten und kontrolliert. Khalil tut nichts weiter, als Starr nach ihrem Befinden zu fragen, als er erschossen wird. Proteste und Gerichtstermine folgen und wirbeln Starrs Leben gehörig durcheinander.

"It's like a 'Fragile' sticker's on my forehead, and instead of taking a chance and saying something that might break me, they'd rather say nothing at all." (S. 33)

Zunächst möchte ich die Dynamik loben, die zwischen Starr und ihrer Familie herrscht, aber auch zwischen den einzelnen Familienmitgliedern und anderen Bewohnern von Garden Heights. Im Englischen kam der Slang total gut rüber und der gesamte Stadtteil wirkte lebendig und authentisch (als wenn ich das beurteilen könnte, aber es kommt zumindest authentisch rüber). Ich hatte keinerlei Probleme mir Charaktere oder Schauplätze vorzustellen und habe mich sehr gut in die Geschichte fallen lassen können.

"People like us in situations like this become hashtags, but they rarely get justice." (S. 59)

Auch positiv aufgefallen ist mir, dass Starr selbst darüber nachdenkt, was Rassismus eigentlich bedeutet. Das Buch stützt sich natürlich hauptsächlich auf das Motto "Black Lives Matter", doch auch Angriffe auf Starrs asiatische Schulfreundin werden thematisiert. Starr bemerkt selbst, wie einfach es ist, einen Angriff zu überhören oder einfach hinzunehmen. Dass sich die Kritik also nicht nur auf rassistische Handlungen und Kommentare gegenüber schwarzen Menschen beschränkte, fand ich super.

"I feel like shit right now. I can't believe I let Hailey say that. Or has she always joked like that? Did I always laugh because I thought I had to? That's the problem. We let people say stuff, and they say it so much that it becomes okay to them and normal for us. What's the point of having a voice if you're gonna be silent in those moments you shouldn't be?" (S. 251f)

Angie Thomas beschreibt das Leben in einer Gegend wie Garden Heights mit allem, was dazu gehört. Es geht um die Hilfsbereitschaft und den Zusammenhalt der Nachbarschaft, aber auch um die Angst und die Wut auf Gangs und Banden. Es geht um Drogenprobleme, wie und warum Menschen so leicht abrutschen können und was für ein Teufelskreis die Leute gefangen hält. Es geht um die zwei Identitäten, die Starr zum einen in Garden Heights, zum anderen bei ihren weißen Freunden aus der Schule besitzt. Und natürlich geht es um das grundlegende Problem des Rassismus, dem Generalverdacht und der Herablassung gegenüber schwarzer Menschen in genau solchen Gegenden wie Garden Heights, welche nicht nur friedfertige Proteste nach sich ziehen. All diese Themen hat die Autorin meiner Meinung nach sehr authentisch und spannend verarbeitet.

"'It's okay. Like I was saying, I did everything right. I remember being in that delivery room, and when they pulled you out, I waited for you to cry. But you didn't. Everybody ran around, and your father and I kept asking what was wrong. Finally the nurse said you weren't breathing. I freaked out. Your daddy couldn't calm me down. He was barely calm himself. After the longest minute of my life, you cried. I think I cried harder than you though. I kew I did something wrong. But one of the nurses took my hand [...] looked me in the eye, and said, 'Sometimes you can do everything right and things will still go wrong. The key is to never stop doing right.'" (S. 154)

Bei "The Hate U Give" handelt es sich aber keineswegs um einen durchweg traurigen, schockierenden oder belehrenden Roman. Dieses Buch macht tatsächlich oft wütend, genauso oft enthält es aber auch humorvolle, ermutigende und hoffnungsvolle Stellen.

Fazit:
Der Hype um dieses Buch ist auf jeden Fall gerechtfertigt. Aussagen wie "Jetzt schon ein Klassiker" kann ich absolut nachvollziehen und ich wünsche mir, dass dieses Buch seinen Weg in den Englischunterricht findet (oder die Übersetzung in den Deutschunterricht). Starrs Geschichte hat mich gepackt, mitgerissen und sensibilisiert und dafür gibt es volle 5 Sterne.

Veröffentlicht am 17.10.2017

Einfühlsam und authentisch

Die Glasglocke
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"Die Glasglocke" ist der einzige Roman der Dichterin Sylvia Plath und enthält viele autobiografische Elemente, welche mich sehr berührt haben. Wie auch Plath selbst verbringt Protagonistin und Musterstudentin ...

"Die Glasglocke" ist der einzige Roman der Dichterin Sylvia Plath und enthält viele autobiografische Elemente, welche mich sehr berührt haben. Wie auch Plath selbst verbringt Protagonistin und Musterstudentin Esther Greenwood einen Monat in New York bei einer Modezeitschrift. Was als größte Chance ihres Lebens beginnt, verwandelt sich schon bald in einen Albtraum und wird von schweren Depressionen überschattet. Nicht nur Esther beginnt im Buch eine Therapie mit den damals noch gebräuchlichen Elektroschocks, auch Plath musste sich diesen Behandlungen unterziehen, beendete ihr Leben jedoch 1963 selbst. Wie es für Esther Greenwood ausgeht, verrate ich an dieser Stelle natürlich nicht.

Ihren Weg zu verfolgen ist spannend und extrem emotional. Ich habe Esther schnell in mein Herz geschlossen und konnte ihre Gefühle, Ängste und Träume gut nachvollziehen. Sylvia Plath hat einen einfühlsamen und sehr bildlichen Schreibstil, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass sie sich sonst eher mit der Lyrik auseinandergesetzt hat. Esther ist an einem Punkt im Leben angekommen, an welchem sie sich über ihre Zukunft klar werden muss und folgendes Bild von einem Feigenbaum geht mir in diesem Zusammenhang nicht mehr aus dem Kopf:

"Ich sah, wie sich mein Leben vor mir verzweigte, ähnlich [einem] grünen Feigenbaum [...]. Gleich dicken, pupurroten Feigen winkte und lockte von jeder Zweigspitze eine herrliche Zukunft. Eine der Feigen war ein Ehemann, ein glückliches Zuhause und Kinder, eine andere Feige war eine berühmte Dichterin, wieder eine andere war eine brillante Professorin, die nächste war [eine] tolle Redakteurin, die übernächste war Europa und Afrika und Südamerika, eine andere Feige war Constantin und Sokrates und Attila und ein Rudel weiterer Liebhaber mit seltsamen Namen und ausgefallenen Berufen, eine weitere Feige war eine olympische Mannschaftsmeisterin, und hinter und über all diesen Feigen hingen noch viele andere, die ich nicht genau erkennen konnte.Ich sah mich in der Gabel dieses Feigenbaumes sitzen und verhungern, bloß weil ich mich nicht entscheiden konnte, welche Feige ich nehmen sollte. Ich wollte sie alle, aber eine von ihnen nehmen bedeutete, alle anderen verlieren, und während ich dasaß, unfähig, mich zu entscheiden, begannen die Feigen zu schrumpfen und schwarz zu werden und plumpsten eine nach der anderen auf den Boden unter mir." (S. 85f)

Ich möchte gleich noch ein Beispiel für den in meinen Augen fantastischen Schreibstil bringen, der Esthers Schmerz richtig greifbar macht und die depressive Abwärtsspirale besonders deutlich hervorhebt:

"Ich sagte Doreen, ich würde nicht zu der Schau oder zum Lunch oder zu der Filmpremiere gehen, ich würde aber auch nicht mit nach Coney Island kommen, sondern im Bett bleiben. Nachdem Doreen gegangen war, fragte ich mich, warum ich es nicht mehr schaffte, das zu tun, was ich eigentlich tun sollte. Darüber wurde ich traurig und müde. Dann fragte ich mich, warum ich es nicht mehr schaffte, das zu tun, was ich eigentlich nicht tun sollte, so wie Doreen, und darüber wurde ich noch trauriger und noch müder.Ich wusste nicht, wie spät es war, aber ich hörte das Hin und Her und die Rufe der Mädchen auf dem Gang, während sie sich für die Pelzschau fertig machten, und dann hörte ich, wie auf dem Gang wieder Stille einkehrte, und während ich auf meinem Bett lag und zu der leeren, weißen Decke hinaufstarrte, schien diese Stille immer größer zu werden, bis mir fast das Trommelfell platzte." (S. 36f)

Tatsächlich habe ich mir sehr viele Stellen markiert und lese diese auch einige Wochen nach Beenden des Buches immer wieder gerne durch.

Die Thematik ist natürlich erdrückend und hat mich mitgenommen, doch immer wieder wurden auch schöne, hoffnungsvolle und sogar witzige Momente in Esthers Leben beschrieben, die vor allem ihrem Humor und ihrer Intelligenz zu verdanken waren. "Die Glasglocke" ist keine leichte Lektüre, aber das Lesen lohnt sich. Ich kann das Buch jedem ans Herz legen, der etwas mehr über Depressionen und den Umgang mit dieser Krankheit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts erfahren möchte.

Fazit:
Ein bewegender Roman über das Leben mit Depressionen in den 1950ern. Mir hat besonders der emotionale und bildliche Schreibstil von Sylvia Plath gefallen und der dadurch sehr einfühlsame Umgang mit einem so schwierigen Thema. Die Geschichte rund um Esther Greenwoods Schicksal enthält außerdem einige autobiografische Elemente, weswegen das Leseerlebnis für mich durch eine Recherche zu Plaths eigenem Leben noch einmal intensiver wurde. Ich zähle "Die Glasglocke" ab sofort zu meinen Lieblingsbüchern.

Veröffentlicht am 17.10.2017

Wenn das Lachen im Halse stecken bleibt

QualityLand
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QualityLand – ein Land, in welchem niemand für sich selbst zu denken braucht, schon gar nicht Protagonist Peter. Peter betreibt eine kleine Schrottpresse, hat nicht besonders viel Geld oder Einfluss und ...

QualityLand – ein Land, in welchem niemand für sich selbst zu denken braucht, schon gar nicht Protagonist Peter. Peter betreibt eine kleine Schrottpresse, hat nicht besonders viel Geld oder Einfluss und befindet sich daher am unteren Rand der Nahrungskette. Persönliche Assistenten helfen ihm durch den Alltag, denn sie wissen am besten, was Peter wann essen will, wen er wählen will, welche Produkte er haben will und zu wem er sich hingezogen fühlt. Wie alle anderen Bewohner von QualityLand vertraut Peter darauf, dass Maschinen und Algorithmen keine Fehler machen, doch eines Tages bekommt er ein Produkt zugeschickt, welches seiner Meinung nach nicht zu ihm passt und er beginnt zu zweifeln.

Marc-Uwe Klings neuster Roman ist eine Zukunftsvision, die sich stark auf das aktuelle Zeitgeschehen in Deutschland bezieht. Schon auf den ersten Seiten sprangen mir massenhaft Anspielungen entgegen, sei es auf Parteien, Politiker und Rechtspopulismus, Datenschutz, Fake News und "Alternative Fakten", Gentechnik und moralische Konflikte beim autonomen Fahren. All diese Anspielungen sind sehr geschickt und humorvoll in die Geschichte rund um Peter eingebaut, sodass sie mir nie als zu viel oder zu gewollt erschienen, sondern immer passend und richtig dosiert.

Gerade anfangs musste ich sehr viel schmunzeln, schon bald aber blieb mir das Lachen im Halse stecken. Natürlich stellt der Autor die einzelnen Aspekte sehr überzogen dar, trifft aber einen absolut wahren Kern. Nicht nur die Chancen, sondern vor allem die Gefahren der eben genannten Aspekte werden beklemmend dargestellt und rütteln wach. Die Reise nach QualityLand sorgt für eine kritische Auseinandersetzung mit der Welt, in der wir leben, und mit einer Welt, in der wir bald leben könnten, und lohnt sich daher für jeden.

Das gesamte Werk lebt von originellen Ideen und Charakteren, wie Drohnen mit Flugangst oder einem Androiden als Präsidentschaftskandidat. Dadurch rückt der Plot ein bisschen in den Hintergrund und auch Peters Entwicklung war etwas schwach. Ich persönlich kann darüber jedoch hinwegsehen, da mich der gesamte Aufbau von QualityLand und die geschickt eingeflochtenen Anspielungen vollends überzeugt haben.

Der Roman und das Hörbuch dazu sind außerdem in zwei verschiedenen Coverfarben erhältlich, nämlich in einer dunklen und einer hellen Version. Die Kapitel rund um Peter sind ab und zu von Werbeanzeigen und Artikeln (inkl. sehr passender Kommentare) aus QualityLand unterbrochen und auch diese sollen in den beiden Ausgaben anders sein. Auf der letzten Seite ist allerdings ein Link zu finden, mit welchem man die Inhalte der jeweils anderen Version anschauen kann. Die verschiedenen Gestaltungen sollen auf die Themen Personalisierung und Filterblasen hinweisen, was ich absolut gelungen finde.

Fazit:
Marc-Uwe Klings neuster Roman ist eine Zukunftsvision, die sich vor allem mit der Digitalisierung und ihren Folgen für das menschliche (Zusammen-)Leben auseinandersetzt. Das tut sie auf eine sehr humorvolle und geschickte Art und Weise, wodurch zum einen großer Lesespaß, zum anderen ein beklemmendes Gefühl garantiert ist. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
Mehr Informationen gibt es auf der Webseite zum Buch: http://qualityland.de