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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2023

Eine ganz besondere Geschichte

Eine ganz dumme Idee
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Durch eine ganz dumme Idee kommt es in einer schwedischen Kleinstadt zum Jahresende zunächst zu einem Banküberfall und dann auch noch zu einer Geiselnahme. Viel mehr möchte ich eigentlich nicht verraten ...

Durch eine ganz dumme Idee kommt es in einer schwedischen Kleinstadt zum Jahresende zunächst zu einem Banküberfall und dann auch noch zu einer Geiselnahme. Viel mehr möchte ich eigentlich nicht verraten und vielmehr ist auch gar nicht nötig zu wissen, weil es eigentlich weder um den Banküberfall noch um die Geiselnahme geht, sondern um die Personen die involviert sind. Jeder der Beteiligten hat sein Päckchen zu tragen und steht an einem Punkt in seinem Leben, an dem man sich durchaus mal fragen kann - und jetzt?!

Ich hatte am Anfang Schwierigkeiten in die Geschichte zu finden, was an dem speziellen Schreibstil liegt. Die Sätze sind stakkato-haft und durch teilweise sehr kurze Kapitel kommt überhaupt kein Lesefluss auf. Es hat auch einen Moment gedauert, bis ich mich mit den Protagonisten anfreunden konnte. Aber trotzdem möchte man wissen wie es zu der Situation, in der sie stecken, kommen konnte und natürlich wie sie da wieder raus finden. Und für das Dranbleiben wird man mehr als belohnt. Von Seite zu Seite entfaltet sich eine immer wunderbarere Geschichte. Die Charaktere werden tiefgründiger, die Kapitel länger und alle Puzzleteilchen fallen an ihren Platz. Bis ich ganz zum Schluss wirklich Tränen in den Augen hatte.

Triggerwarmung! Das Thema Suizid zieht sich als roter Faden durch das Buch. Es ist aber keineswegs entmutigend und negativ, sondern das genaue Gegenteil. Es zeigt auf, dass es immer einen Ausweg gibt, dass man nicht alleine ist, dass aus Fremden innerhalb eines Tages Freunde werden können, dass das Leben lebenswert ist, dass jeder in seinem Leben schon mal so eine richtig dumme Ideen hatte und wir alle auch deshalb manchmal einfach auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Und die darf und sollte man auch gerne annehmen.

Diese Buch ist ganz besonders und ich kann es mit nichts vergleichen, was ich bis jetzt gelesen habe. Eine absolute Herzens- und Leseempfehlung. Nur, wenn dich das Thema Selbstmord triggert, ist es vielleicht nicht das richtige oder solltest du es zusammen mit jemandem lesen.

Veröffentlicht am 08.02.2023

Eine inspirierende Frau

Eine Frage der Chemie
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Elizabeth Zott weiß was sie will und das ist Wissenschaftlerin zu sein. in einer Zeit in der Frauen, wenn sie sich nicht um Haushalt und Kinder kümmerten, maximal vielleicht Sekretärinnen wurden.
Wenn ...

Elizabeth Zott weiß was sie will und das ist Wissenschaftlerin zu sein. in einer Zeit in der Frauen, wenn sie sich nicht um Haushalt und Kinder kümmerten, maximal vielleicht Sekretärinnen wurden.
Wenn man das liest könnte man denken - okay, USA 60er Jahre, eine Frau will sich nicht den gesellschaftlichen Normen beugen und rebelliert - aber es ist SO viel mehr als das!

Elizabeth hat mich von Anfang an mit ihrer direkten Art mitgerissen. Sie glaub an sich und ihr Können, während fast alle um sie herum es nicht tun. Man kann sie einfach nicht nicht mögen. Sie sagt was sie denkt, auch wenn sie weiß, dass sie damit anecken wird, weil sie ihrer Zeit voraus und in den meisten Fällen ihren männlichen Kollegen überlegen ist.
Auch wenn Elizabeth als sachlich und direkt beschrieben wird, so strotzt dieses Buch vor Leidenschaft. Sie kämpft leidenschaftlich für ihre Träume, während das Leben sie immer wieder beutelt und zurück wirft.

Die gesellschaftliche Rolle der Frau in dieser Zeit wird intensiv beleuchtet. Alle Frauen in dem Buch verbindet, dass sie von Männern dominiert und ihre Leben durch sie bestimmt werden. Etwas erschreckend dabei: auf jeden liebenswerten und gutherzigen Mann kommt in dem Buch auch ein misogyner Mann, der aktiv Gewalt an Frauen ausübt, sei es körperlich oder psychisch.

Und dennoch hat dieses Buch zu 100% etwas Lebensbejahendes. Egal wieviele Rückschläge Elizabeth in ihrem Leben wegstecken musste, es gab immer etwas für das es sich lohnte wieder aufzustehen und sie steht stets für sich selbst ein. Davon kann und sollte man sich inspirieren lassen.

Veröffentlicht am 03.02.2025

Fun? Weit gefehlt!

Fun
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Eine Woche im Leben der Rockband nbl/nbl und wie diese sich selbst scheinbar ihr eigenes Grab schaufeln. Beginnend damit, dass der Frontmann mit dem gerne angeführten Argument „Kunst darf alles“ alles ...

Eine Woche im Leben der Rockband nbl/nbl und wie diese sich selbst scheinbar ihr eigenes Grab schaufeln. Beginnend damit, dass der Frontmann mit dem gerne angeführten Argument „Kunst darf alles“ alles verteidigt, was keine Kunst ist, bis hin zu dem Schlagzeuger, der eine Frau vergewltigt.

Soviel zum titelgebenden Fun. Den hatten hier nämlich nur eine bestimmte Sorte von Protagonisten: die Männer. Komischerweise unterscheidet sich nämlich das Verständnis von Spaß zwischen den Herren und den Frauen in dieser Geschichte (wer hätte es gedacht), da wir hier jede Form des Missbrauches, sei es Macht- oder se
ueller, die Männer über Frauen ausüben, vor Augen geführt bekommen. Und ja, ich generalisiere hier, weil es keinen einzigen Mann in diesem Werk gibt, der keine Form von davon ausübt. Uff. Nein, es gibt wirklich keinen Fun und keine Regenbögen und auch keine Einhörner. Es ist harter Stoff und es steht eine sehr angebrachte Triggerwarnung zu Beginn des Buches, die bitte ernst zu nehmen ist.
Es ist ein wichtiges Thema und absolut richtig, dass es von einem Mann, der diese Branche in und auswendig kennt, aufgegriffen wird. Aber eines habe ich mich zum Schluss dann doch gefragt: was willst du mir, lieber Bela B Felsenheimer, mit dieser Geschichte sagen? Dass Individuen vielleicht für Straftaten verurteilt werden, aber sich am gesamten System eh nie was ändern wird? Dass egal wieviele Frauen Gewalt erfahren, die patriarchalen und toxischen Machtstrukturen (nein, das ist kein „Kampfbegriff“ wie du es kürzlich in einem Interview genannt hast, sondern leider die f*cking Realität) dafür sorgen, dass alles so weitergehen wird? Dass wenn einer weg ist, der nächste in den Startlöchern steht? Dass wir Frauen generationsübergreifend gar nicht anders können, als den Rockstars dieser Welt zu verfallen?

Versteht mich trotzdem bitte richtig: es ist wichtig, dass diese Geschichte aufgeschrieben wurde! Bestenfalls kann sie dazu ermutigen Täter anzuzeigen und sich zu wehren; allein mir fehlt leider der Glaube.
Fazit: richtig, wichtig, intensiv, nichts für schwache Nerven und absolut 0% Fun aber trotzdem irgendwie empfehlenswert!

Veröffentlicht am 20.01.2025

Was wenn die Zeit stillsteht?

Für immer
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Als plötzlich am 6. Juni die Zeit still steht, muss sich die Menschheit fragen, wie es weitergehen soll. Von ein auf den anderen Tag hören die Menschen auf sich zu entwickeln, zu wachsen, zu sterben, während ...

Als plötzlich am 6. Juni die Zeit still steht, muss sich die Menschheit fragen, wie es weitergehen soll. Von ein auf den anderen Tag hören die Menschen auf sich zu entwickeln, zu wachsen, zu sterben, während sich die Welt um sie herum weiterdreht, als ob nichts geschehen wäre.

Eine junge Mutter, die unheilbar krank ist, kann nun noch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, eine Bestatterin ist auf einmal arbeitslos, ein Rentner-Ehepaar lebt sich auseinander und eine Schwangere weiß nicht ob und wann jemals ihr Kind zur Welt kommen wird. Während die Menschheit versucht Antworten darauf zu finden, was da gerade passiert, tauchen wir in diese vier Leben ein und müssen uns wohl unweigerlich selbst fragen, was wir in dieser Situation tun würden.

Während ich mir anfänglich den Kopf darüber zerbrochen habe, wie sich diese Situation auflösen kann und was geschehen muss, dass alles wieder zur Normalität zurückfindet, habe ich ganz unverhofft festgestellt, dass es gar nicht darum geht. Es geht vielmehr darum, wie unterschiedlich Menschen mit ein und der selben, scheinbar ausweglosen Situation umgehen. Im ersten Moment denkt man noch „Na, das ist doch super, dass man plötzlich Zeit geschenkt bekommt! Das fehlt uns hier doch allen! Das ist doch der limitierende Faktor von literally ALLEM!“, zeigt diese Geschichte die Kehrseite der Medaille und was passiert, wenn das eigene Handeln von einem Moment auf den anderen völlig sinnbefreit wird. Wenn man nichts zu verlieren hat, was kann einem dann noch Freude bereiten? Wenn man alle Zeit der Welt zu haben scheint, was macht man dann mit dieser Zeit? Driften wir zwangsläufig auseinander, weil das, was uns zusammengehalten hat, das Hier und Jetzt, so nicht mehr existiert?

Das sind unfassbar interessante Fragen, die das Buch beim Lesen aufwirft und die Geschichte fordert schier Selbstreflexion. Sehr klug, sehr philosophisch, sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 13.01.2025

Gesellschaftskritik, Feminismus und Spannung!

Bright Young Women
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Florida in den 70ern. Ein Mann bricht in eine Studentinnenverbindung ein, ermordet zwei Frauen und verletzt zwei weitere schwer. Bei der Flucht sieht die Studentin Pamela ihn und kann ihn später eindeutig ...

Florida in den 70ern. Ein Mann bricht in eine Studentinnenverbindung ein, ermordet zwei Frauen und verletzt zwei weitere schwer. Bei der Flucht sieht die Studentin Pamela ihn und kann ihn später eindeutig identifizieren.
Da sollte man doch meinen es kommt zu einer zielgerichteten polizeilichen Ermittlung, die zur Verhaftung und Verurteilung des Täters auf Basis einer verlässlichen Zeugenaussage führt. Pustekuchen. Weil einfach ausnahmslos alle, und ich meine wirklich ALLE, Männer in dieser, leider auf wahren Ereignissen basierenden, Geschichte kollektiv versagen.

Eine Geschichte, die vor Misogynie trieft. Pamela bringt es relativ am Anfang gut auf den Punkt und greift damit sehr viel in der folgenden Geschichte vor: Frauen wurden (und werden auch immer noch) dadurch diskriminiert, dass sie völlig ignoriert werden.
Mir fehlten an einigen Stellen die Worte. Insbesondere, weil klar wird, dass die patriarchalen Machtstrukturen unsere Gesellschaft über 40 Jahre später noch genauso bestimmen wie zum Zeitpunkt der Morde.
Umso grandioser ist es, dass dieser Roman endlich die Frauen in den Vordergrund stellt.

Auch wenn sicherlich allen klar ist, um welchen realen US-amerikanischen Serienmörder es sich handelt, nennt die Autorin ihn kein einziges Mal beim Namen (weshalb ich es auch nicht tun werde). Er spielt nämlich kaum eine Rolle. Nur in einem der letzten Kapitel tritt er mit einer seiner Taten in Aktion und die Autorin lässt ihn relativ lange zu Wort kommen, was sich für mich abschließend dann leider doch sehr falsch angefühlt hat. Mir hätte es gereicht ihn ausschließlich als Angeklagten aus den Augen Pamelas zu erleben, die ein ganz klares Bild von ihm zeichnet: anders als die Medien, Bücher, Hollywood-Filme und Netflix-Dokus uns weismachen wollen verdient dieser Mann keinen Funken Aufmerksamkeit, wohl aber seine Opfer.

Eine atmosphärisches Geschichte, die wirklich wütend und sprachlos macht. Da ich es als Hörbuch gehört habe, gibt es von mir auch eine Hörempfehlung. Aber Lesen lohnt genauso!