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Ulrike55

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Veröffentlicht am 29.05.2017

Sizilianische Familienbande

Piniensommer
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Es geht weiter mit der Erzählung des Lebenswegs der jungen Sizilianerin Stella und ihrer eigenwilligen Familie!
Diesmal erstreckt sich die Handlung über die Zeit zwischen 1965 und 1975.
Stella und Nico, ...

Es geht weiter mit der Erzählung des Lebenswegs der jungen Sizilianerin Stella und ihrer eigenwilligen Familie!
Diesmal erstreckt sich die Handlung über die Zeit zwischen 1965 und 1975.
Stella und Nico, beide 19 Jahre alt zu Beginn des Romans und glücklich verlobt, müssen auf Wunsch von Nicos Mutter Flora, die der künftigen Schwiegertochter nicht eben freundlich gesonnen ist, noch einige Jahre warten, bis sie endlich heiraten können. Lang ist ihnen diese Zeit, denn sie lieben einander aus ganzem Herzen.
Zuerst einmal aber erwerben sie ihren Schulabschluss, die Maturita, um dann gemeinsam in Palermo Architektur zu studieren. Mit dem Lernen und Studieren tut sich der lebensfrohe Nicola deutlich schwerer als seine Freundin, die ohnehin die Zielstrebigere von beiden ist; dazu ist sie noch belastet mit der Verantwortung für ihre komplizierte, chaotische, doch sehr liebenswerte Familie.
Nico ist mit anderen Dingen beschäftigt: er ist leidenschaftlicher Apnoe-Taucher und hat sich zudem zum Ziel gesetzt, seinen Beitrag zu leisten zur Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft, die Siziliens politische und gesellschaftliche Strukturen durchziehen. Sowohl mit der einen als auch mit der anderen Aktivität begibt er sich auf gefährliches Terrain....

Da sich der Klappentext des Buches mit dem schönen Einband auf nur diese Informationen beschränkt, möchte ich das hier auch tun, um nicht zuviel zu verraten über den Roman, den ich mit Spannung, Neugierde und viel Anteilnahme gelesen habe.
Es gelingt der Autorin, die ganz offensichtlich vertraut ist mit der Materie, derer sie sich annimmt, den Leser mitzunehmen in den Alltag einer sizilianischen Familie, die mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen hat und die doch jederzeit zueinandersteht! Dies tut sie auf bildhafte Weise, die in mir italienische Filme der 60er Jahre hochkommen lassen...
Ihre Protagonisten, schrullig, abergläubisch, gefangen in ihren Konventionen, aber durchaus bereit, sie abzuschütteln, wenn es notwendig wird, sind so menschlich und liebenswert geschildert, dass es dem Leser keine Mühe macht, sie alsbald ins Herz zu schließen, Anteil an ihren Schicksalen zu nehmen, sich mit ihnen zu freuen und mit ihnen zu leiden.

Ebenso gibt uns die Autorin einen Einblick in die ländliche sizilianische Gesellschaft von vor etwa fünfzig Jahren, deren Strukturen teilweise noch sehr stark den Sitten und Gebräuchen einer viel weiter zurückliegenden Epoche verhaftet sind, die aber gleichzeitig voller Widersprüche ist: Modernes und Archaisches liegen eng beieinander - und harmonieren auf eine seltsame Weise sogar!
Viele Bewohner des kleinen südsizilianischen Ortes am Meer, in dem die Geschichte zum Großteil angesiedelt ist, verfügen über das "zweite Gesicht", - und gehen damit um, als wäre das das Normalste der Welt...
Und auch für den Leser scheint es alsbald selbstverständlich zu sein, dass die Toten zu den Protagonisten sprechen oder sie des Nachts in ihren Träumen besuchen, um ihnen Zeichen zu geben oder den rechten Weg zu weisen.
Dem gegenüber steht der harte sizilianische Alltag, der dauerhafte Kampf gegen die Autoritäten und deren Willkür, denen man, wenn überhaupt, nur mit List und Tücke begegnen kann. Auch dem immerwährenden Geldmangel begegnet man eher stoisch und ganz und gar unaufgeregt. Irgendwie wird's schon weitergehen, vermeint man die Protagonisten sagen zu hören...

Stefanie Gerstenberger gelingt es sehr gut, diese so unterschiedlichen Elemente miteinander zu einer homogenen, glaubhaften Handlung zu verknüpfen.
Von gelegentlichen Längen abgesehen, ist ihr ein empfehlenswerter, gefühlvoller und anrührender Roman gelungen, denen ich all denen weiterempfehlen kann, die romantische, dramatische und doch realistische Familiengeschichten mögen, gleichgültig, ob sie eine Affinität zu Italien respektive Sizilien verspüren oder nicht.

Doch es soll erwähnt werden, dass "Piniensommer" einen Vorgängerband hat, "Das Sternenboot" nämlich!
Ich kannte diesen ersten Teil nicht und hatte so beim Lesen immer wieder das Gefühl, dass mir Entscheidendes fehlt, dass ich mitten in eine Geschichte einsteige, die schon lange davor begonnen hat. Ich kam mir oft vor wie eine Mutter, die die wichtigsten Entwicklungsjahre ihres Kindes verpasst hat und jetzt versucht, sich diese irgendwie zusammenzureimen. Immer aber spürt sie, dass sie es bis in alle Tiefen niemals verstehen wird.
Und so lautet meine Empfehlung an alle potentiellen Leser, zum besseren Verständnis unbedingt den ersten vor dem zweiten Band zu lesen!

Veröffentlicht am 03.03.2017

Tierschmuggel am Bodensee

Ausgerottet
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Ulrike55

vor 2 Tagen
Ulrike55
(1)

Mit "Ausgerottet" beginnen die Autorinnen Liliane Skalecki und Biggi Rist eine Krimireihe um die beiden unkonventionellen und engagierten Protagonistinnen Malie Abendroth, ...



Ulrike55

vor 2 Tagen
Ulrike55
(1)

Mit "Ausgerottet" beginnen die Autorinnen Liliane Skalecki und Biggi Rist eine Krimireihe um die beiden unkonventionellen und engagierten Protagonistinnen Malie Abendroth, Gärtnerin auf der Insel Mainau, und Lioba Hanfstängl, Tierschützerin und Angestellte beim Amt für Bau, Natur- und Umweltschutz Konstanz.

Ein "Umweltkrimi", so ist der Roman untertitelt - und ich war skeptisch und neugierig zugleich, konnte ich mir doch, bevor ich mit dem Lesen begann, keine rechte Vorstellung davon machen, wie Umwelt und das Genre Kriminalroman zusammenpassen.

Das änderte sich bald!
Ganz schnell gerät der Leser mitten hinein in eine haarsträubende, beängstigende, gefährliche Geschichte um Tierschmuggel aus Fernost, dem Malie gemeinsam mit Lioba auf die Spur kommt.

Alles beginnt damit, dass Malie ein kleines Pangolin im Schmetterlingshaus auf der Mainau entdeckt, dem sie den Namen Paul gibt, - kluge Idee, denn dadurch schließt ihn der Leser sofort ins Herz.

Pangoline sind, so erfährt man, vom Aussterben bedrohte, auf der roten Liste stehende Schuppentiere aus Südostasien.
Aber wie kommt der Vertreter der Spezies, Paul, auf die Mainau?
Wer handelt hier, am Bodensee, mit geschützten Tieren? Zu welchen Zwecken? Wer sind die Abnehmer?

Damit nimmt eine spannende Recherche ihren Anfang, in deren Verlauf Ungeheuerliches zutage tritt, sich unerklärliche Todesfälle/Morde ereignen und die Protagonistinnen, sowie die Menschen, die mit ihnen verbunden sind in immer größere Gefahr geraten, zumal sie entschlossen sind, der Wahrheit auf eigene Faust und ohne Mithilfe der Polizei auf die Fährte zu kommen.....

Obgleich der Leser den beiden selbsternannten Detektivinnen zumeist eine Spur voraus ist - einige der Übeltäter sind ihm bereits frühzeitig bekannt! - mangelt es dem flott geschriebenen Krimi doch keineswegs an Spannung und überraschenden Wendungen. Und da der Leser eben glücklicherweise nicht über alles von vornherein informiert ist, gibt es auch für ihn unerwartete Entwicklungen und schließlich eine doch nicht unbedingt vorhersagbare Auflösung.

Wie es sich für einen Umweltkrimi gehören mag, erfährt man, verquickt mit der Haupthandlung, immer wieder Interessantes ( wie ernährt man ein Schuppentier? ) und noch mehr Erschreckendes zum Thema Tierschmuggel, dessen skrupellos-verbrecherisches Ausmaß sich sicherlich die große Mehrheit der Leser nie hätte vorstellen können und das den Leser hilflos-ohnmächtig-entsetzt zurücklässt.

Nicht so, bleibt zu hoffen, die beiden Umwelt- und Tierschützerinnen Malie und Lioba!
Man darf gespannt sein auf weitere Abenteuer und Mutproben der beiden furchtlosen Damen vom Bodensee!

Veröffentlicht am 21.12.2017

Kommissar Frei ermittelt

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
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Die Frau eines bekannten Fernsehpredigers wird tot in einem Hotelzimmer aufgefunden!
Zur Stelle sind Kommissar Henry Frei und sein Team.
Paralles dazu macht der Leser die Bekanntschaft von Suse, die mit ...

Die Frau eines bekannten Fernsehpredigers wird tot in einem Hotelzimmer aufgefunden!
Zur Stelle sind Kommissar Henry Frei und sein Team.
Paralles dazu macht der Leser die Bekanntschaft von Suse, die mit ihren drei Kindern in einer winzigen Wohnung in einem trostlosen Berliner Viertel lebt. Sie ist von ihrem Mann geschieden, der soziale Abstieg war vorprogrammiert. Mehr schlecht als recht versucht sie ihren Alltag zu bewältigen und dabei ihren Kindern und sich selbst gerecht zu werden.
Als eines Tages die ältere Tochter spurlos verschwindet, beginnt für sie ein Albtraum, in den sie immer tiefer hineinrutscht.
Da ereignet sich ein bizarrer Mord, der auf seltsame Weise mit Sue in Zusammenhang zu stehen scheint und mit dessen Aufklärung wiederum Kommissar Frei beauftragt wird.
Währenddessen sucht Suse nach ihrer Tochter und ringt sich erst spät dazu durch, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Doch zweifelt die Polizei an ihrer Darstellung, zumal sie, zunehmend verwirrt, sich in allerlei Widersprüche verstrickt.
Immer wieder tauchen, während die Handlung voranschreitet, Szenen auf, in der sich eine Frau, deren Identität bis zum Schluss unbekannt bleibt, in einem Verlies befindet, gefangen von einem Mann, von dem man annehmen muss, dass er mit dem Mordfall, der Frei Kopfzerbrechen macht, in Zusammenhang steht.
Als ein zweiter, ebenso bizarrer Mord geschieht, weiß das viel zu lange im Dunkeln tappende Ermittlerteam um Frei, dass die Zeit drängt, zumal Suse bereits ins Visier des Mörders geraten ist....

Spannend war er schon, der Thriller mit den angenehm kurzen Abschnitten und den unterschiedlichen Handlungssträngen, die auf eine Zusammenführung warten!
Martin Krist beginnt mit "Böses Kind" eine neue Reihe, bei dem ein ungewöhnlicher Kommissar mit zwanghafter Ordnungsliebe im Mittelpunkt steht. Seines permanentes Geraderücken von allem, was seinem Verlangen nach Symmetrie nicht entspricht, ist gewöhnungsbedürftig und nicht leicht mitanzusehen.
Ebenso problematisch ist seine Partnerin Albers, deren Nachtruhe durch ihren Säugling empfindlich gestört ist und die daher dauerhaft müde ist und ebenso dauerhaft vernehmlich gähnt, was genauso schwer zu ertragen ist wie Freis Ordnungsfimmel. Zudem macht die Müdigkeit die Kommissarin anfällig für Fehler, die durchaus fatal sein können.
Der Autor lässt die beiden Ermittler, gewiss keine Superdetektive und gerade deshalb recht realistisch, sich über den größten Teil der Handlung im Kreise drehen, lässt sie rätselraten, falschen Spuren nachgehen und ratlos vor einem Mordfall stehen, der für sie keinen Sinn ergibt. Und für den Leser bis zum Schluss auch nicht! Es bleiben sowohl für die Kommissare als auch für den Leser mehr Fragen als Antworten.

Das Milieu, in dem die Nachforschungen stattfinden und in dem Suse ihre Kinder aufzieht, könnte trostloser und deprimierender nicht sein. Hier leben die vom Staat Vergessenen, diejenigen, die an dem vielbeschworenen Reichtum des Landes nicht teilhaben und keine Chance haben, herauszukommen aus dem Elend. Der Lebensweg ihrer Kinder ist vorherbestimmt!
Schonungslos legt der Autor seinen Daumen auf die Misstände, was für mich die Stärke des Thrillers ist, wiewohl er dadurch von Anfang bis Ende einen düsteren, freudlosen Anstrich bekommt.

Das Verbrechen selbst klärt sich schließlich nach spannendem, doch auch zähem Ringen auf, bleibt aber am Schluss noch mit einigen Fragezeichen behaftet, die man gerne beseitigt hätte. Auch gibt es einige lose Enden, auf deren Verknüpfung ich gehofft habe. Darüberhinaus hätte ich mir gewünscht, tiefer hinter die Charaktere blicken zu können, und hatte stattdessen, nachdem ich den Thriller gelesen hatte, das Gefühl, nicht mehr als nur eine Ahnung von ihnen zu haben. Da mich auch ihre Motivationen rätseln lassen, konnte ich ihre Handlungen nicht wirklich verstehen. Doch dies erscheint mir unerlässlich, um ein Buch mit einem Gefühl der Befriedigung, die daraus resultiert, dass alle Teilchen ihren Platz gefunden haben, zuschlagen zu können.

Doch bleibt zu hoffen, dass in den angekündigten Folgebänden zumindest der Kommissar mit den autistischen Zügen und sein Team Konturen annehmen mögen, die sie aus dem Schatten herausholen, in dem ich sie im Moment noch sehe. Das Potential dazu haben sie!

Veröffentlicht am 24.11.2017

Eddas Weg in die Freiheit

Die Stille zwischen Himmel und Meer
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Vor fünf Jahren gelang es der damals 17jährigen Edda, aus dem Keller zu entkommen, in dem sie Isolde, die sie als fünfjähriges Mädchen in einem unbeaufsichtigten Moment vom Kindergartenspielplatz entführt ...

Vor fünf Jahren gelang es der damals 17jährigen Edda, aus dem Keller zu entkommen, in dem sie Isolde, die sie als fünfjähriges Mädchen in einem unbeaufsichtigten Moment vom Kindergartenspielplatz entführt hatte, gefangen hielt.
Therapeuten, Psychologen und nicht zuletzt die leibliche Mutter, zu der sie nur schwer Zugang findet, helfen ihr, die zwölf Jahre Gefangenschaft zu verarbeiten, doch auch noch Jahre nach der Befreiung ist es Edda nicht gelungen, in ein Leben zu finden, das sie erst so spät kennenlernte.
Sie leidet unter vielfältigen Ängsten und Panikreaktionen und ist unfähig, Nähe zuzulassen und Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen außer zu ihrer Entführerin, die längst tot ist.
Eines Tages beschließt die junge Edda, an die Nordsee zu reisen und sich dort ihren Ängsten zu stellen - denn Meer, der weite Himmel und ungebändigte Naturgewalten sind es, wovor sie sich am meisten fürchtet....

Die Autorin Kati Seck nimmt den Leser mit auf Eddas Reise in die Freiheit, lässt ihn teilhaben an ihren mutigen Versuchen, ihre lange Gefangenschaft endgültig hinter sich zu lassen, sich endlich dem Leben zu stellen und seine vielfältigen Herausforderungen ohne Angst anzunehmen.
Dabei verwebt sie die Gegenwart immer wieder mit Eddas Vergangenheit, die in Rückblicken den zweiten Handlungsstrang bildet, wodurch sich schließlich ein Gesamtbild ergibt, das freilich nicht komplett ist und einige Lücken aufweist, die man vielleicht zu füllen gewünscht hätte, um nicht nur Edda sondern auch die übrigen Charaktere, die in dem Roman eine Rolle spielen, besser zu verstehen und ihre Handlungsweisen nachvollziehen zu können.

Gewiss, Eddas Schicksal berührt und schockiert, kann niemanden kalt lassen. Doch wirklich in sie hineinversetzen kann man sich nicht.
Möglicherweise ist dies auch zu viel verlangt, ist dies unmöglich und gelingt nur jemandem, der sich selbst in einer vergleichbaren Situation befunden hat, der mühsam lernen musste, sich im Leben wieder zurechtzufinden nach Schicksalsschlägen, die dennoch keineswegs so tragische Ursachen haben müssen wie Eddas.

Was zweifellos zu bewundern ist, sind Eddas Mut, ihre geradezu verzweifelte Entschlossenheit und die Zähigkeit, mit denen die Autorin sie ausstattet, ist die Art und Weise, wie sie in den drei Wochen, die sie an der Nordsee verbringt, mehrfach zurückgeworfen wird in ihren Bemühungen und sich schließlich in einer äußerst dramatischen Situation bewähren muss.
Und genau letztere ist es, die mir unglaubwürdig und doch ein wenig an den Haaren gerbeigezogen erscheint, ebenso wie die Auflösung der Geschichte, für die mir gleichsam das Versatzstück zur Haupthandlung fehlte.

Gut gelungen jedoch ist der Autorin die Beschreibung der wilden Natur, in der sie die Protagonistin ihres Romans ihre Ängste überwinden lässt und mit der sie wechselnde Stimmungen einfängt, die in Edda ihren Widerhall finden und dem Leser darüberhinaus eine klare Vorstellung der Landschaft geben, in der die Handlung angesiedelt ist, einen Eindruck ihrer Gewaltigkeit und Unendlichkeit, aber auch der Gefahren, die darin verborgen liegen.
Ja, ein Ort, an dem man auch auf weniger spektakuläre Weise und ganz allmählich zu sich selber finden kann!

Veröffentlicht am 20.10.2017

Von Kornkreisen, Stalkern, toten Grafen und fiesen Vorgesetzten

Buttgeflüster
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Kornkreise am Passader See, Hanna Hemlokks Heimat, sorgen dafür, dass Ruhe und Beschaulichkeit vorbei sind! In Scharen tummeln sich hier jetzt Esoteriker jedweder Couleur und Neugierige, um nach Außerirdischen ...

Kornkreise am Passader See, Hanna Hemlokks Heimat, sorgen dafür, dass Ruhe und Beschaulichkeit vorbei sind! In Scharen tummeln sich hier jetzt Esoteriker jedweder Couleur und Neugierige, um nach Außerirdischen oder übersinnlichen Kraftquellen zu suchen, obwohl sich Hanna fast sicher ist, dass sich jemand aus dem Dorf einen Spaß erlaubt hat oder dass der Tourismusverein das Geschäft beleben möchte. Vielleicht aber gibt es auch eine natürliche Erklärung, denn die Rehe sind gerade in der Brunft...
Und als wäre das nicht genug, um Hannas Frieden zu stören, wird sie mit zwei Fällen beauftragt, deren Nachforschungen sich reichlich skurril gestalten: zum einen bittet sie eine Frau Schmale, den vermeintlichen Unfalltod ihres Mannes beim Joggen zu untersuchen, zum anderen erscheinen Freund Johannes und zwei Kornkreisjünger, die Juliane, eine der Ihren und selbsternanntes Engelmedium vermissen. Hanna, die sich zu allem Überfluss noch einer Stalkerin erwehren muss, hat plötzlich alle Hände voll zu tun...

Hanna Hemlokk, hauptberuflich Schreiberin von Herz-Schmerz-Geschichten für Frauenzeitschriften und nebenberuflich Ermittlerin, dürfte einigen Lesern schon eine alte Bekannte sein.
"Buttgeflüster" ist nämlich bereits der siebte Roman, dessen Protagonistin sie ist.

Als Küsten-Krimi bezeichnet die Autorin ihre Geschichte - und ja, Hanna hat immer auch einige Kriminalfälle zu lösen, aber im Mittelpunkt stehen doch immer eher das private und soziale Leben der Hauptperson und die vielen Verflechtungen, die zwischen ihr und ihren Mitmenschen bestehen.
Das ist auch so in "Buttgeflüster", dessen Titel auf ein spezielles Fischgericht zurückgeht, das auch hier im Roman kredenzt wird.
Die beiden Fälle, die Hanna zu lösen hat, sind außerordentlich verwirrend und die Auflösung ist mehr als mühsam und letztendlich auch einigermaßen absurd.

Als Krimi empfinde ich den Roman nur als mittelspannend, entschieden zu langatmig und leider wenig interessant, was aber mit dem gewählten Thema zu tun haben mag.
Und wäre da nicht der ständig präsente Wortwitz, mit dem Ute Haese ihre Figuren ausstattet und der für das Fehlen einer zündenden Handlung ein wenig entschädigt, gäbe es nicht das mehr als ungewöhnliche und turbulente Privatleben der Ermittlerin und ihre Empfindungen, an denen uns die Autorin teilhaben lässt, dann müsste ich diesen Roman als langweilig und viel zu lang, zu ausführlich bezeichnen. Allzu oft verliert er sich stark in Nebensächlichkeiten und immerwährenden Spötteleien über die Schar der Esoteriker, der Engelmedien und gewisser unerträglicher Chauvinisten.

Unter den zahlreichen Handlungssträngen ragt für mich einzig derjenige heraus, der der Stalkerin gehört, derer sich Hanna erwehrt, vor der sie auf der Flucht ist und wegen der sie sich gezwungen sieht, auf Schleichwegen ihr Haus zu verlassen. Hier zeigt sie ganz gewiss paranoide Züge, zumal die Stalkerin sich letztend als völlig ungefährlich herausstellt.
Amüsant zu lesen war das gewiss. Und ein netter Einfall war es obendrein - und rettete für mich den Krimi ein wenig, mit dem ich ansonsten eher weniger anzufangen weiß. Dennoch wird er selbstverständlich seine Freunde finden...