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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.06.2025

Was zählt, ist die Vergangenheit

Mittsommer
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Ein neues Ressort im Süden von England: insbesondere wegen seiner direkten Lage am Meer und der sensationellen Aussicht ist es besonders faszinierend. Und besonders elitär: das bekommen vor allem die Dorfbewohner ...

Ein neues Ressort im Süden von England: insbesondere wegen seiner direkten Lage am Meer und der sensationellen Aussicht ist es besonders faszinierend. Und besonders elitär: das bekommen vor allem die Dorfbewohner zu spüren, die bisher selbst einen direkten Zugang zum Meer hatten. Der ihnen jetzt verwehrt bleibt, außer, sie sind als Angestellte im Ressort beschäftigt und das trifft auf die meisten zu. Wobei sie behandelt werden wie der letzte Dreck und höchstens gelegentlich einen kurzen Blick auf die Aussicht, die eigentlich die ihre sein solte, werfen können. Vom Schwimmen und Sonnen, wie sie es früher getan haben, können sie nur träumen. Und wie es aussieht, wird es für immer dabei bleiben.

Die Handlung wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt und enthält sowohl Darstellungen aus der Gegenwart als auch Rückblicke. Was zunächst sehr unübersichtlich zu sein scheint, erweist sich nach und nach als ausgesprochen strukturiert - mit fortschreitender Entwicklung der Handlung blickt der/die Lesende immer weiter hinter die Fassade, wobei bis zum Schluss immer wieder Überraschendes geschieht.

Ein Thriller, bei dessen Lektüre man sich ordentlich konzentrieren muss, sonst gerät man aus dem Flow und einige wichtige Zusammenhänge gehen flöten. Wenn man jedoch den Überblick durchgehend behält, wird man belohnt mit intelligenten und psychologisch dicht konstruierten Handlung ausgesprochen reich belohnt!

Veröffentlicht am 03.06.2025

Die Düsseldorfer Kripo vor einem rätselhaften Fall

Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee
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Die Ausbildung der ersten weiblichen Kriminalbeamtinnen in Düsseldorf fällt genau in die Zeit von Vietnamkrieg, Studentenunruhen und der Hippiebewegung, wobei es in diesem zweiten Band nur am Rande darum ...

Die Ausbildung der ersten weiblichen Kriminalbeamtinnen in Düsseldorf fällt genau in die Zeit von Vietnamkrieg, Studentenunruhen und der Hippiebewegung, wobei es in diesem zweiten Band nur am Rande darum geht.

Man ermittelt im Umfeld der Reichen und Schönen von Düsseldorf, denn einer von ihnen - naja, nicht von den Schönen, aber auf jeden Fall von den Reichen - wurde ermordet. Ehefrau und Stieftocher scheinen untröstlich - nur Show oder ist es die Wahrheit?

Autor Matthias Berg schreibt ebenso informativ wie atmosphärisch und anschaulich - in mir spulte während der gesamten Lektüre ein sehr atmosphärisches Kopfkino ab; dieses Buch schreit geradezu nach einer Verfilmung auf höchstem Niveau! Ein Buch, das Lust darauf macht, an diese Zeit zurückzudenken (wenn man wie ich bereits in einem gewissen Alter ist) und/oder sich in die Thematik einzulesen, zumal die Einstellung der ersten Frauen in diesem anspruchsvollen Beruf auf wahren Tatsachen beruht und vom Autor so einfühlsam präsentiert wird, wie es viele Frauen nicht könnten. Matthias Berg sensibilisiert uns Frauen hier bezüglich der leidvollen Vergangenheit unserer Geschlechtsgenossinen in Bezug auf anspruchsvolle Berufe - viele wissen heutzutage gar nicht mehr, dass Frauen noch bis weit in die 1970er Jahre hinein die Zustimmung ihres Ehemannes brauchten, um arbeiten zu gehen. Auch das ist Thema in diesem Buch, in dem Lucia und ihre Kolleginnen es wieder einmal nicht leicht haben in ihrem durchgehend männlichen Arbeitsumfeld. Nicht, dass die Herren Kollegen schlauer oder begabter wären - oft ist sogar das Gegenteil der Fall. Aber sie halten sich dafür und noch gibt es für die Frauen nur wenig Möglichkeiten, sich zu beweisen.

Ein toller Krimi, den ich nicht aus der Hand legen konnte - ein funkelndes und sprühendes Lesevergnügen, dass ich sowohl weiblichen als auch männlichen Fans zeitgeschichtlicher Krimis empfehl

Veröffentlicht am 14.05.2025

Schicksal einer Bielefelder Familie im 20. Jahrhundert

Die Akte Schneeweiß
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Nach ihrer in der Hauptsache in Ostwestfalen angesiedelten Trilogie über drei Generationen von Frauen einer Familie beschäftigt sich Felicitas Fuchs wieder einmal mit Familiengeschichten der Region, diesmal ...

Nach ihrer in der Hauptsache in Ostwestfalen angesiedelten Trilogie über drei Generationen von Frauen einer Familie beschäftigt sich Felicitas Fuchs wieder einmal mit Familiengeschichten der Region, diesmal vor allem in Bielefeld. Hier begegnen wir Katja, die Anfang der 1960er noch ein Teenager ist, aber schon genau weiß, dass sie einmal Medizin studieren will, was ihre Eltern - einfache Leute - als aus der Luft gegriffen ansehen. Ihr folgen wir über anderthalb Jahrzehte.

Parallel lesen wir über ihren Großvater Rudolf und seine jüngere Schwester Mathilde, die es in den Zeiten des Nationalsozialismus alles andere als einfach hatten. Doch darüber schweigt Rudolf gegenüber seiner Enkelin - und ist auf einmal weg. Niemand will Katja und ihrer jüngeren Schwester Heidi erzählen, was denn eigentlich los ist. Schlimmer noch, selbst seine Ehefrau weigert sich, über ihn zu sprechen: er wird einfach totgeschwiegen, obwohl er offenbar noch lebt.

Eine ausgesprochen dichte Familiengeschichte auf zwei Erzählebenen, die ihre Leser*innen fordert: man darf definitiv nicht zu schwach auf der Brust sein, um sich dieser Lektüre zu widmen. Gerade im Hinblick auf die Verbrechen des Nationalsozialismus nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund und widmet sich dabei Themen, über die bislang noch viel zu selten offen gesprochen wird.

Ein eindringliches Werk für alle, die möglichst viel über die Zustände und Ereignisse im Dritten Reich erfahren wollen und bereit sind, sich mit dessen dunkelsten Seiten auseinanderzusetzen.

Veröffentlicht am 09.05.2025

Für alle, die mehr wollen

Der dunkle Sommer
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nämlich mehr als atemberaubende Spannung, der kann aus meiner Sicht mit dem neuen Werk von Vera Buck nichts falsch machen. Denn neben vielen Geheimnissen und Verflechtungen, die von der Autorin wie immer ...

nämlich mehr als atemberaubende Spannung, der kann aus meiner Sicht mit dem neuen Werk von Vera Buck nichts falsch machen. Denn neben vielen Geheimnissen und Verflechtungen, die von der Autorin wie immer geschickt aufgebracht werden, geht es hier um historische Entwicklungen auf der italienischen Insel Sardinien, die gar nicht so lange her sind , sie reichen nämlich - zumindest in diesem Buch - bis in die 1980er Jahre.

Die Halbitalienerin Tilda findet nach dem Tod ihres Vaters einen Artikel in seinen Unterlagen, der sie nicht loslässt. Dort geht es um ein längst verlassenes Dorf auf der genannten Insel, in dem die dort stehenden Häuser für einen symbolischen Wert von einem Euro verkauft werden mit der Auflage, diese zu restaurieren und wieder bewohnbar zu machen. Kein Problem für die Architektin Tilda, die sich nur wundert, wie ihr Vater, der doch aus der Toskana stammt, auf Sizilien kommt,

Sie selbst ist nach einem zerstörenden Erlebnis mehr als bereit, ihr Leben zu ändern und nimmt diese Herausforderung nur zu gerne an. Allerdings zeigt sich bald, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Was also ist in diesem Dorf tatsächlich geschehen, bevor es 1982 zu einem Geisterdorf wurde.

Dieses Wek ist nicht nur ein Thriller, sondern auch - oder mehr noch - eine dramatische Familiengeschichte, die mir vor allem deswegen so gefallen hat, weil vieles darin auf wahren Begebenheiten beruht - wie immer erstklassig von Vera Buck recherchiert und umgesetzt!

Veröffentlicht am 14.04.2025

Die Reichen bleiben reich

Die Erbin
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Köln/Bonn 1957: Der Nationalsozialismus hat das ehemalige Deutsche Reich, jetzt die Bundesrepublik Deutschland, von unten nach oben gekehrt. Wer sich mit Handwerk oder Handel über Wasser halten konnte, ...



Köln/Bonn 1957: Der Nationalsozialismus hat das ehemalige Deutsche Reich, jetzt die Bundesrepublik Deutschland, von unten nach oben gekehrt. Wer sich mit Handwerk oder Handel über Wasser halten konnte, wurde ausgebombt und ist oft genug ganz und gar verarmt. Die Flüchtlinge aus dem Osten haben sowieso nichts, egal was sie früher einmal waren und Juden gibt es nicht mehr. Nur viele Reiche sind immer reicher geworden und ihre Seilschaften aus der Nazizeit funktionieren immer noch. Nur aufpassen müssen sie, dass nichts davon auffliegt und ihr schönes System offenlegt!

Familie Liefenstein ist gehört schon lange dazu zu den Reichen und daran hat weder Anfang noch Ende des Nationalsozialismus etwas geändert. Sie haben einfach den Wohnsitz gewechselt und sind aus Berlin ins Rheinland gezogen, wo sie ebenfalls eine Niederlassung besitzen.

Cosima, deren Vater verstorben ist, hat eine starke soziale Ader und möchte für die Frauen, die nun allein ihre Kinder durchbringen müssen, eine Stiftung einrichten. Das findet auch ihr Onkel Theodor, seit einigen Jahren das Familienoberhaupt, ganz toll - nur müssen bestimmte Grenzen unbedingt gewahrt werden.

Zudem passieren einige geheimnisvolle Dinge, denen Cosima auf den Grund gehen möchte. Dabei lernt sie neue Menschen kennen, die anfänglich kaum einzuschätzen sind. Die Leser*innen sind ihr immer einen Schritt voraus, da ein Teil der Handlung in der Vergangenheit liegt und wir dadurch miterleben, was ihr zunächst verborgen bleibt. Ein spannendes und sehr gut recherchiertes Buch, das ich jedem empfehle, der Freude an zeithistorischen Romanen hat!