Cover-Bild Still
19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Argon
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Ersterscheinung: 14.01.2015
  • ISBN: 9783839813515
Thomas Raab

Still

Chronik eines Mörders
Frank Arnold (Sprecher)

Nur eines verschafft ihm Erlösung: die Stille des Todes

Jettenbrunn, ein kleines Dorf am Fuße eines Kalvarienberges. In dieses Elysium wird eines der bedauerlichsten und grausamsten Wesen zugleich geboren: ein Junge, der mit dem Makel des sensibelsten Gehörs geschlagen wurde, das es je gab. Jedes Geräusch, jeder Flügelschlag eines Schmetterlings ist für ihn unerträgliche Qual. Also schreit er. Schreit sich den Schmerz aus der Seele. Seine zudringliche Mutter hört es, aber versteht es nicht. Einzig der schalldichte Keller scheint dem Jungen Ruhe zu bringen. So wächst er heran, isoliert, schweigsam. Bis zu jenem unheilvollen Nachmittag am Weiher. Zuerst tötet er seine Mutter, schließlich das halbe Dorf. Dann zieht er halbwüchsig hinaus in die Welt. Ein unheimliches Geschöpf, das sich seinen Opfern lautlos nähert und doch nie findet, wonach es mit aller Macht sucht.
Frank Arnold ist ein meisterhafter Interpret und hat den Deutschen Hörbuchpreis 2014 erhalten. Im Spannungsbereich ebenso zu Hause wie im literarischen Genre, findet er für jeden Stoff die richtige Haltung. Thomas Raab sagt über ihn: »Als würde die Stimme, die mir mein Buch diktiert, nun leibhaftig zu mir sprechen.«

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2016

Voller Liebe kommt der Tod

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Lange, unglaublich lange habe ich gebraucht bis ich diese Geschichte beendet hatte. Nicht weil sie schlecht ist oder langweilig oder zu anstrengend. Ganz im Gegenteil. Doch es ist eine so eigene Atmosphäre ...

Lange, unglaublich lange habe ich gebraucht bis ich diese Geschichte beendet hatte. Nicht weil sie schlecht ist oder langweilig oder zu anstrengend. Ganz im Gegenteil. Doch es ist eine so eigene Atmosphäre um dieses erzählte Leben von Karl Heidemann, dass ich immer eine Weile brauchte, um ganz in dieses Buch einzutauchen.
Ausgestattet mit einem Gehör, dass vermutlich Fledermäuse vor Neid erblassen lassen würde, sofern sie es könnten, ist die Welt in die der kleine Karl hineingeboren wird, für ihn eine einzige Qual. Jedes Geräusch verursacht ihm unsägliche Schmerzen, Frieden findet er nur in der Stille. So wächst er ohne Kontakt zur Außenwelt im lärmgeschützten Keller seiner Eltern auf, lediglich ein alter Lehrer, ein Nachbar, besucht ihn regelmäßig um ihn zu unterrichten. Karl ist intelligent, er verschlingt Bücher die ihm ein Tor zur Welt nach draußen öffnen, die er nur von nächtlichen Ausflügen kennt, wenn alles zur Ruhe gekommen ist. Als er Zeuge wird, wie seine Mutter sich umbringt und danach auf ihrem Gesicht einen Frieden entdeckt, den sie im Leben nie hatte, wird ihm klar: Der Tod ist ein Segen, eine Erlösung für all die, denen das Leben nur Leid und Qual ist. Und so wird Karl, der voller Liebe ist, zu einem Erlöser.
Dieses Buch einen Krimi zu nennen, ist meiner Meinung nach eine Fehlbezeichnung. Schon eher ist es eine philosophische Auseinandersetzung mit dem Tod - und dem Leben. Lässt man sich völlig auf Karls Sicht der Welt und des Todes ein, kommt man nicht umhin, ihm in vielen Schlussfolgerungen recht zu geben. Aus all den gesprochenen Worten beispielsweise bei einer Beerdigung, dem Wort Friedhof (dem Frieden innewohnt) und nicht zuletzt den friedlichen Antlitzen Verstorbener. Gut, es gibt einige Widersprüchlichkeiten (weshalb in all den von Karl gelesenen Büchern offenbar nie die Rede davon war, dass es falsch ist, Menschen zu töten; die Gründe dafür usw.), doch im Großen und Ganzen ist es eine erstaunlich stimmige Weltsicht, die sich der Junge aneignet. Und je mehr ich mich darauf einließ, umso mehr regte es an, über den Tod und die Einstellung dazu in unserer Gesellschaft nachzudenken und immer wieder in Frage zu stellen. Auch meine Meinung, dass Trauer grundsätzlich ein egoistisches Verhalten ist, fand sich in diesem Buch.
Doch die Geschichte von Karls Leben ist auch stilistisch etwas Außergewöhnliches. Altertümlich klingt die Sprache, häufig gibt es Aufzählungen wie '...inmitten der Obst- und Gemüsekisten, Mehl- und Gewürzsäcke, Wein- und Sauerkrautfässer...' oder die Sätze sind nicht vollständig, nur kurz wie Anmerkungen: 'Er von links des Weges, wortlos und allein. Sie von rechts des Weges, wortlos und allein. Beide entlang der rot-weißen Markierung.' Oder Beides zusammen: 'Irgendwo im Grünen, weniger Menschen, weniger Zurückweisung, weniger Schmerz, so ihre Hoffnung.' Es entstand ein regelrechter Sog, so empfand ich es, der mich völlig in dieser Lebensgeschichte von Liebe und Tod versinken ließ, immer darauf hoffend, dass es Karl vielleicht doch irgendwann gelingen möge, ein 'normales' Leben zu führen.
Ein großen Anteil an meiner Begeisterung trägt sicherlich auch der Vorleser Frank Arnold, der das Alles phantastisch liest. Seine Sanftheit, wenn er Karls Gedanken vorträgt, seine plötzlich Ruppigkeit oder auch Wut, wenn er zu den Dorfbewohnern wechselt, die den Jungen jagen. Er passt seine Stimme einfach perfekt den jeweiligen Personen und Situationen an, dass ich mich wirklich wie mittendrin fühlte. Wirklich toll! Dass er 2014 den Deutschen Hörbuchpreis erhalten hat, kann ich nur zu gut verstehen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eigentlich wollte er nichts Böses.

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Eigentlich wollte er nichts Böses.

Inhalt:
Der Roman erzählt die fiktive Lebensgeschichte des Karl Heidemann:
Er wurde als Kind in einem kleinen Dorf geboren und war von Anfang an mit einem überaus feinen ...

Eigentlich wollte er nichts Böses.

Inhalt:
Der Roman erzählt die fiktive Lebensgeschichte des Karl Heidemann:
Er wurde als Kind in einem kleinen Dorf geboren und war von Anfang an mit einem überaus feinen Gehör "geschlagen", so dass er sich sogar den winzigsten Geräuschen nicht entziehen konnte. So wuchs er in einer freiwilligen Isolation im geräuscharmen Keller auf. Seine Mutter findet keinen Zugang zu ihm und hat leider keinen Einblick in seine Seelenpein. Eines Tages begeht sie Selbstmord und Karl erlebt dies direkt mit. Da er nicht mit seiner Umwelt kommuniziert, erscheint ihm der Tod als "Erlösung" für die Sterbende. Und so versucht er von nun an auch anderen Menschen "Gutes zu tun".

Meine Meinung:
Der sehr ruhige Erzählstil ist geprägt von vielen Aufzählungen; und enthält somit oft nur rudimentäre Sätze.
Deshalb wirkt dieser Berichtstil oft emotionslos (aber es wird über Emotionen berichtet); was aber dem Geschriebenen nicht gerecht wird, da der Autor es schafft, immer wieder sehr gelungene Bezüge herzustellen.

Das Hauptthema ist das Sterben.
Und diese Betrachtung des Todes in allen seinen Facetten, finde ich aus ungewöhnlichen Blickwinkeln betrachtet.
Diese feinsinnigen Beobachtungen werden, für mein Empfinden, feinfühlig beschrieben und münden nicht selten in philosophischen Gedankengängen.

Beispiele:
Karl = Hebamme des Todes.
Über Zukunftsvorstellungen: "Gedanken wie Seifenblasen. Schillernd. Davonschwebend. Ein Zerbersten noch in Sichtweite." (CD 7).

Ich möchte dem Sprecher hier ein ganz, ganz großes Kompliment aussprechen: Wirklich überragend gelesen!

Veröffentlicht am 17.01.2019

Aufwühlend und zum Nachdenken anregend

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Der Protagonist Karl Heidemann kommt mit einem äußerst sensiblen Gehörvermögen auf die Welt, das ihn befähigt, selbst den leichten Flügelschlag eines Schmetterlings zu hören. Diese unglaubliche Gabe ist ...

Der Protagonist Karl Heidemann kommt mit einem äußerst sensiblen Gehörvermögen auf die Welt, das ihn befähigt, selbst den leichten Flügelschlag eines Schmetterlings zu hören. Diese unglaubliche Gabe ist zugleich auch ein Fluch für das Kind, das aufgrund der ständigen Höreindrücke, die auf ihn einprasseln immense Schmerzen zu erleiden hat. Die einzige für ihn mögliche Weise reagiert das Baby Karl Heidemann darauf mit permanentem Schreien, wodurch sich sein Umfeld von ihm abzuwenden beginnt. Schon als Kind von allen missverstanden, zieht sich der kleine, an sich hochintelligente Karl bald komplett in sich zurück, lebt fortan alleine im Keller des elterlichen Hauses, beobachtet von seiner Mutter mittels Videokamera. Seine Mutter ist bald völlig verzweifelt, durch die Ablehnung, die sie von ihrem eigenen Kind erfährt und begeht Selbstmord vor den Augen Karls.

Vom Anblick seiner toten Mutter, ihrer tiefen stillen Zufriedenheit in ihrerem Antlitz, tief ergriffen möchte Karl in seiner kindlichen Naivität diesen Zustand tiefster Ruhe und Glückseligkeit auch anderen Menschen schenken. So begeht er schon in frühester Jugend seine ersten Morde. Sein Vater, der dahinterkommt, wendet sich voll Grausen von seinem Sohn ab, da er ihn als Bestie ansieht. Karl, tief verletzt von soviel Unverständnis verlässt sein Elternhaus, um danach mordend durchs Land zu ziehen. Durch sein feines Gehör nimmt er von seinen Mitmenschen Dinge auf, die für andere verborgen bleiben und so weiß er über deren Sorgen und Sehnsüchte bestens Bescheid, und glaubt, sie von diesen irdischen Qualen befreien zu müssen, indem er ihnen den Tod bringt.

Eines Tages lernt er als Jugendlicher die taubstumme Marie kennen, ein Mädchen von vierzehn Jahren, zu der er eine seelische Verbundenheit verspürt. Die beiden verstehen sich ohne Worte, Karl ist fasziniert von ihrer Anmut und ihrem überschäumenden Lebensmut. Fassungslos muss er zusehen, wie sie von ihrem Vater schwerst misshandelt wird und fasst den Entschluss, ihn zu töten, um sie aus dessen Tyrannei zu befreien. Der Mordversuch misslingt, ihr Vater ist von da an behindert.

Karl verschwindet aus dem Ort, und kommt in einem Kloster unter, kann Marie aber fortan nicht mehr vergessen, scheint geradezu besessen von ihr zu sein.

"Still" ist ein unglaublich aufwühlendes und emotionales Werk. Wer allerdings einen blutrünstigen Thriller erwartet, mag enttäuscht sein, Morde geschehen zwar am laufenden Band, und doch passieren diese quasi nebenbei. Es geht hier mehr um die emotionale Ebene, um das Unverstanden-Sein einer verirrten Seele. Karl ist zweifelsohne ein Serienmörder, und trotzdem nimmt man ihn in seiner kindlichen Unschuld nicht als böse wahr. Der Beweggrund für sein Handeln ist immer ein edler, sein daraus resultierendes Tun nur eine erschreckende Konsequenz. Auf brillante Weise versteht es Raab, die Denkweise des Lesers und dessen Rechtsempfinden zu manipulieren, sodass man die Schuld letztendlich dem Umfeld Karls zuschreibt, einfach weil man Karls Beweggründe versteht und für ihn Mitleid entwickelt, während hingegen seine Mitmenschen durchwegs feindselig und grausam ihm gegenüber agieren. Einzig seine beiden Mentoren Alois und Pater Paolo sind imstande, Empathie für Karl Heidemann zu entwickeln.

Den Stil des Autors fand ich recht gewöhnungsbedürftig und schwer verständlich. Dieser Umstand wurde aber durch die perfekt gewählte, einfühlsame Sprecher-Stimme von Frank Arnold wettgemacht.

Phasenweise fühlt man sich an Süßkinds "Parfüm" erinnert, und doch handelt es sich hier keineswegs um keinen müden Abklatsch dessen sondern ist, was es ist: Ein aufwühlendes Werk, das sich durch seine Andersartigkeit vom Rest der Masse abhebt und besticht!

Veröffentlicht am 30.12.2017

grausig

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So viele Begriffe fallen mir zu diesem Hörbuch ein: erschreckend, unbegreifbar, blutig, verwundernd, Mitleid erregend, berührend ...
Zuerst einmal ein riesiges Lob an den Sprecher: Er hat einen so phantastischen ...

So viele Begriffe fallen mir zu diesem Hörbuch ein: erschreckend, unbegreifbar, blutig, verwundernd, Mitleid erregend, berührend ...
Zuerst einmal ein riesiges Lob an den Sprecher: Er hat einen so phantastischen Job gemacht! Er hat sehr gut die bedrückende Stimmung einfasst und dem Hörer so ein gutes Gefühl der Spannung vermittelt. Mir haben beim Zuhören auch die Sätze gefallen, die begonnen, aber nicht beendet wurden. Ich befürchte aber, dass mir dies beim Lesen nicht so gefallen hätte und das dies nur der guten Erzähltechnik zu verdanken ist.
Die Person Karl Heinemann ist so interessant wie widersprüchlich. Konnte ich manchmal seine Bedürfnisse oder Taten wenigstens theoretisch nachvollziehen, fand ich sein Handeln an anderer Seite teilweise unlogisch. Sein Morden war manchmal " verständlich", an anderen Stellen aber dann sehr unglaubwürdig.  Gerade am Anfang konnte der Zuhörer gut die Verzweiflung und die Besonderheit Karls verstehen. Was ich auch unglaubwürdig fand war teilweise das Verhalten der Dorfbewohner.
 
Gut hat mir die Verzweiflung seiner Mutter und die Liebe des Vaters gefallen.
Die Spannung wurde über weite Strecken aufgebaut und ist dann zwischenzeitig abgeflaut. Und dann kam ein grandioses Ende!
Auch wenn dieses Hörbuch für mich eher außergewöhnlich ist, gab es wenig Überraschungen.

Veröffentlicht am 28.01.2017

Entsetzlich

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Karl schreit nach seiner Geburt ohne Unterlass. Dass ihm einfach alles zu laut ist, wird seinen Eltern natürlich erst sehr spät klar. Sein Vater baut ihm im Keller einen Ort, an dem Karl vor jeglichen ...

Karl schreit nach seiner Geburt ohne Unterlass. Dass ihm einfach alles zu laut ist, wird seinen Eltern natürlich erst sehr spät klar. Sein Vater baut ihm im Keller einen Ort, an dem Karl vor jeglichen Geräuschen sicher ist. Karl wird immer mehr isoliert, geht auch nicht in die Schule, hat keinerlei Kontakt zu anderen. Als sich seine Mutter dann vor seinen Augen ertränkt, erlebt Karl einen prägenden Moment: er empfindet den Tod als Erlösung. Noch dazu bringt er Stille. Karls Gedankengang nimmt böse Folgen an …

Der Stil ist sehr distanziert. Ob schöne oder grausame Szenen, alles ist „tonlos“ und ohne Emotionen erzählt. Dabei hat Karl sehr wohl Gefühl, er kann auch die Ängste und Sorgen der Menschen nachvollziehen. Nur kann er einfach nicht einsehen und verstehen, dass es nicht seine Entscheidung ist, wem das Leben nicht mehr zusteht, wer den Tod finden soll. Dennoch ist ihm klar, dass er sich nicht erwischen lassen darf. So versteckt er sich jahrelang vor der Polizei und überhaupt den Menschen.

Zunächst beginnt die Story recht harmlos, recht uninteressant. Doch dann beginnt das Grauen und es endet einfach nicht wieder. Ich habe immer wieder gehofft, dass endlich etwas geschieht, das mich mit all dem versöhnt, mir den Brechreiz nimmt und dem Ganzen einen positiven Aspekt gibt. Doch nichts davon ist geschehen. Die von anderen Rezensenten erwähnte Poesie in all dem kann ich nicht finden. Für mich ist die Story einfach widerlich, völlig überzogen und krank – auch wenn die Gräueltaten nicht bis ins Detail ausgeführt, sondern nur angedeutet werden.

Dies ist weder ein Krimi, noch ein Thriller. Es ist übelster Horror und noch dazu fängt er zäh und langweilig an. Die Sätze erinnern an einen Märchenstil, doch der Inhalt ist keineswegs märchenhaft. Das macht die Sache dann noch schlimmer. Zu keinem der Charaktere kann man eine emotionale Bindung aufnehmen. Nichts an Karl ist geeignet, um einen Funken Verständnis oder Mitgefühl für ihn zu entwickeln. Das bewirkt, dass ich mich als Leser nicht fallenlasse, sondern immer mehr zurückziehe.

Nein, ich kann dieses Werk leider nicht im Geringsten loben. Ich war mehr als froh, als ich das Ende des Hörbuchs erreicht hatte. Deshalb gibt es von mir auch nur zwei Sterne.