Cover-Bild Der Briefwechsel. 1964–1983
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29,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 431
  • Ersterscheinung: 03.05.1999
  • ISBN: 9783518409602
Uwe Johnson, Max Frisch

Der Briefwechsel. 1964–1983

Eberhard Fahlke (Herausgeber)

1962lernten sich Max Frisch und Uwe Johnson persönlich in Rom kennen. Der Briefwechsel, der 1964 einsetzt und 1983 mit der Bitte Uwe Johnsons endet, Max Frisch möge ihm für ein halbes Jahr seinen New Yorker Loft vermieten, zeigt auch einen wichtigen Ausschnitt deutscher Literaturgeschichte nach 1945.
Max Frisch, der Altere von beiden, war zum Zeitpunkt ihres ersten Treffens bereits ein bekannter und erfolgreicher Autor, Uwe Johnson hatte mit den Mutmassungen über Jakob und dem Dritten Buch über Achim erst zwei, wenngleich hoch gelobte Romane veröffentlicht. Zwischen beiden entstand eine enge Beziehung, die, wie könnte es anders sein, nicht frei war von Auseinandersetzungen, gegenseitiger Fremdheit, aber dann doch immer wieder präziser Vertrautheit. Da sich der Austausch zwischen diesen Autoren nicht nur auf die beidseitig wichtigen Themen bezieht, sondern auch politische Ereignisse, die Werke von Kollegen oder das Wirken des gemeinsamen Verlegers einschließt, werden in diesem höchst aufschlußreichen Briefwechsel Zeitgeschichte und Nuancen des privaten Lebens in hintergründiger Weise gegenwärtig.

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Lebenszeichen aus Friedenau und Sheerness

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Der Briefwechsel umfasst 230 Druckseiten mit 125 Briefen und beginnt am 14.10.1964 mit einer Betroffenheitsadresse aus Frankfurt/M. - Lieber Uwe Johnson, Herzlich Ihr Frisch -, die der Angeschriebene am ...

Der Briefwechsel umfasst 230 Druckseiten mit 125 Briefen und beginnt am 14.10.1964 mit einer Betroffenheitsadresse aus Frankfurt/M. - Lieber Uwe Johnson, Herzlich Ihr Frisch -, die der Angeschriebene am 22.10 aus Friedenau mit einer Erklärung beantwortet, „dass ich nach wie vor ungelenk bin im small talk.“ (12) In einer (von zahlreichen) Fußnote(n) wird der Anlass der Begegnung und der Verstimmung berührt (4.10. Lesung in Bücherstube); drei Tage zuvor soll es bei Grass in der Niedstraße im Beisein von Enzensberger und Bachmann vom Hausherr gekochten „Hasenpfeffer“ gegeben haben. (11, FN1) Es folgen nur zwei Briefe (Nr. 3+4) im Abstand von je etwa zwei Jahren. Erst 1970 erhöhen sich Frequenz und Intensität des brieflichen Austausches, denn am 21.12.70 verlautet (aus Berzona), „weil das Buch (…) einen großen Eindruck macht, es liegt wie ein erratischer Block in unserer gegenwärtigen Literatur.“ (16) Im Herbst 1970 war der erste Band der „Jahrestage“ erschienen. Dem steif - ironisch angelsächselnden Johnson - „melde gehorsamst das Auftreten einiger Vorfreude“ (34) - wird aus NY Zuwendung zu seiner bevorstehenden Büchnerrede zuteil, wie umgekehrt Johnson Frisch das Fracksausen vor der Paulskirchenrede erträglicher gestalten hilft. Johnson lektoriert auch Maxens neue Tagebuchedition (1966-1970), die Korrekturvorschläge sind in voller Länge ab Seite 245 abgedruckt. Max ist des Lobes voll: „Sie sind der beste Lektor, den ich bisher gehabt habe.“ (20) Uwe macht aber auch den Syndikus für fünfstellige Spendengelder in Schweizer Franken, die Max den Briefen in Form von Verrechnungsschecks beilegt, oder gar den Immobilienmakler, wenn er Max beim Sondieren des Friedenauer Immobilienmarktes unterstützt. (47, FN 65 + 50, FN 72) Weitere Dienstleistungen werden immerhin angedeutet (51, FN 76) und die Suhrkamp - Autoren treffen sich z.B. am 6.12.72 in Küssnacht, wenn nicht zum Rütli - Schwur, so doch „zu einem Arbeitsgespräch“, zu dem Uwe den Martin (Walser) mitbringt, obwohl es „eine nicht immer unproblematische Freundschaft mit Uwe Johnson“ gab. (51, FN 74) Zum Spendenthos von Max Frisch wird unterdessen notiert: „MF vergibt jährlich sfr. 90.000.“ (67, FN 98) Johnsons Abwanderungspläne unterstützt Frisch trotz erklärter Trauer über den möglichen Wegzug aus Friedenau: „Das Darlehen, das Sie dafür brauchen, 120.000 DM, wie Sie sagten, kann ich ohne weiteres geben (…); das Geld ist nun einmal da, viel zu viel für mich.“ (76) 1974 wurden angehende Deutschlehrer auf dem „zentralen französischen Examensprogramm“ über Johnsons Buch „Mutmaßungen“ geprüft und Johnsons Empathiestärke erweist sich darin, „dass ich den Kandidaten noch in letzter Minute Material gegen ihre beamteten Parzen (!) liefern wollte.“ (78) Zum 4.8.74 werden „Erkundungen in Sheerness-on-Sea“ erwähnt sowie die Existenz von „Reihenhäusern in wenig mehr als vier Mustern, durchquert von einem Broadway, der ein Gemeinwesen bloß herstellt als Einkaufsstätte.“ (83) Johnson schätzt Sheerness auf „etwa 14.000 Einwohner“, in den „sommerlichen Monaten deutlich umfranst von Badegästen, die sich bloß solch steinigen Strand leisten können.“ (86) Bald kommt Unseld - „unser aller Siegfried“ (120) - zu Besuch, bestellt im Gedenken an Ja-mes Joyce ein Guinness und „ist heikel betroffen von der Farbe und dem Aroma des Ge-tränks.“ (90) Am 13.12.74 sah man das neu erworbene Haus der Familie Johnson auf Sheerness „schrumpfen unter den etwa 160 Bücherkartons, die hineingetragen wurden.“ (98) Nach erfolgtem Einzug lieferte Johnson für Marianne Frisch brieflich eine mehrere Druckseiten lange Auslegung der Erzählung „Montauk“ (104-107), ohne damit die ungleiche Beziehung (111 u.ö.) oder seine eigene um den sog. „Hinterhand´schen Komplex“ (149) noch zu retten. (204) Auch die eigene Gesundheit stand nun auf Messers Schneide, wie die „Ambulanzfahrten zum Landeskrankenhaus Maidstone“ früh zeigen… (134)
Michael Karl

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