Cover-Bild 23 Uhr 12 – Menschen in einer Nacht
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 18.05.2022
  • ISBN: 9783423290227
Adeline Dieudonné

23 Uhr 12 – Menschen in einer Nacht

Ein Roman in zwölf Geschichten | »Durchgeknallt und wild, wie eine Drehbuchvorlage für den nächsten Film von Quentin Tarantino.« Christine Westermann, WDR
Sina de Malafosse (Übersetzer)

Zwölf Menschen nachts an einer Raststätte …

Eine Sommernacht an einer Autobahn-Raststätte in den Ardennen. Im hellen Neonlicht werden ein Dutzend Personen um 23:12 Uhr Zeuge, wie eine alte Frau über die Leitplanke der Fahrbahn klettert. Die Kassiererin der Tankstelle; Chelly, die Pole-Dance-Lehrerin; Alika, das philippinische Kindermädchen; Victoire, 25-jähriges Topmodel; Loïc, Autoschlosser und Pick-up-Artist; Joseph, Handelsvertreter für Milben …: Jeder von ihnen ist ein Outsider und hat einen an der Klatsche. Ein einzigartiges Panoptikum menschlicher Absonderlichkeiten in Dieudonnés unvergleichlichem Sound: Knallhart, drastisch, wild, tabulos, surreal, rabenschwarz und voll überbordender Fantasie.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.07.2022

Nachtschwärmer

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„23 Uhr 12. Eine Autobahntankstelle in einer Sommernacht. Wenn man das Pferd mitrechnet, die Leiche aber nicht, sind zu diesem Zeitpunkt dreizehn Personen vor Ort (…)Wenn man die Leichen noch immer ausnimmt, ...

„23 Uhr 12. Eine Autobahntankstelle in einer Sommernacht. Wenn man das Pferd mitrechnet, die Leiche aber nicht, sind zu diesem Zeitpunkt dreizehn Personen vor Ort (…)Wenn man die Leichen noch immer ausnimmt, das Pferd aber mitzählt, sind zu genau diesem Zeitpunkt nur noch zehn Personen vor Ort. Es ist 23 Uhr 14 (…) Hier ist man nur auf der Durchreise.“

So Anfang und Ende in Adeline Dieudonnés neuem Roman in zwölf Geschichten „23 Uhr 12“, in dem wir in einer kurzen Momentaufnahme das Leben von Menschen streifen, die sich in der Nacht auf einem Rastplatz in den Ardennen begegnen. Die Szenerie wirkt wie aus der Zeit gefallen. Schatten, die das Neonlicht wirft, der Geruch nach Benzin und Auspuffgasen, die Geräusche der vorbeifahrenden Autos, alles bloß Kulisse für die kurze Unterbrechung, den Stopp in einer Welt zwischen Vorher und Nachher, in der jede/r seine eigene Geschichte im Gepäck hat. Zwei Minuten, die zur Ewigkeit werden.

Wie bereits in „Das wirkliche Leben“ brilliert Dieudonné einmal mehr mit ihrer Kompromisslosigkeit. Mit harter, direkter Sprache und einem gnadenlos entlarvenden Blick, mit groben Strichen beschreibt sie die Personen und deren Beziehungen, Eigenheiten, Obsessionen, Triebe und Ängste und schaut in die Abgründe der menschlichen Seele. Das wirkt stellenweise skurril und absurd, wirkt aber auch schockierend und verstörend. Dennoch gelingt es ihr trotz der Kürze tief in die einzelnen Schicksale einzutauchen und kompromisslos die Einsamkeit der Menschen und die kaum auszuhaltende Leere in deren Leben aufzuzeigen.

Ein kleiner großer Roman, trostlos, aber auch melancholisch, bei dem ich während des Lesens ständig „Nighthawks“, das bekannteste Gemälde Edward Hoppers, vor Augen hatte. Lesen!

Veröffentlicht am 08.06.2022

Kurz vor der Geisterstunde

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Auf dem Cover des Buches steht, es wäre ein Roman in zwölf Geschichten. Dies ist aber nicht ganz richtig, denn es sind eher zwölf Kurzgeschichten, die mal mehr, mal weniger skurril sind. Gemeinsam ist ...

Auf dem Cover des Buches steht, es wäre ein Roman in zwölf Geschichten. Dies ist aber nicht ganz richtig, denn es sind eher zwölf Kurzgeschichten, die mal mehr, mal weniger skurril sind. Gemeinsam ist allen, dass die jeweiligen Beteiligten letztendlich auf einer Raststätte gelandet sind und nun ein Resümee ziehen. Da ist zum Beispiel das Pferd, das in einem Anhänger steht und keine Ahnung hat, was ihm bevorsteht und warum. Es erzählt mir seine Geschichte. Da ist eine Frau, die nach über zehn Jahren Ehe ausgebrochen ist, allerdings auf eine Art und Weise, die nicht gerade üblich ist. Die Wege dieser Personen und des Pferdes haben sich noch nie gekreuzt und werden dies auch in Zukunft wahrscheinlich nicht tun. Es sind Momentaufnahmen bestimmter Handlungen oder Rückblicke gelebter Leben. Dies ist interessant und stellenweise sehr kurios, ganz ernst nehmen sollte man das Buch tatsächlich nicht. Ich liebe Kurzgeschichten und wurde wunderbar unterhalten. Meine Phantasie schlug Purzelbäume und amüsierte sich prächtig. Von mir gibt es fünf Sterne und eine Leseempfehlung. Wer skurrile Literatur mag, kommt hier voll auf seine Kosten.

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Veröffentlicht am 31.07.2022

Eine Sommernacht und Raststätte in den Ardennen

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"Schattenspiel der Nacht. Aus den Tiefen der Seele drängt Wahrheit ans Licht." (Helga Schäferling)
Eine Raststätte in den Ardennen um 23 Uhr 12, zwölf Menschen und ein Pferd sind genau zu dieser Zeit an ...

"Schattenspiel der Nacht. Aus den Tiefen der Seele drängt Wahrheit ans Licht." (Helga Schäferling)
Eine Raststätte in den Ardennen um 23 Uhr 12, zwölf Menschen und ein Pferd sind genau zu dieser Zeit an diesem Ort. Sie erleben alle zusammen, wie eine alte Frau über die Leitplanke auf die Fahrbahn klettert. Chelly die Pole-Dance Lehrerin, die Kassierer Juliette und Sébastien, Victoire die junge Frau mit der Glatze, auf der Bank sitzt Alika das Hausmädchen aus den Philippinen, Joseph ein Vertreter für Milben und viele weitere. Jeder von ihnen ist ein Original, ein Außenseiter oder ein ganz eigenwilliger Mensch, die hier in den einzelnen Geschichten von der Autorin widergespiegelt werden. Besonders ist noch die Geschichte über das Pferd Red Apple.

Meine Meinung:
Bei Adeline Dieudonné neustem Buch lernen wir in 12 Geschichten sehr besondere Menschen und ein Tier kennen. In einer von ihnen kommt sogar eine Person vor, die eine Abneigung gegen Delfine hat, weshalb wiederum das Cover mit dem Delfin gut passt. Allesamt sind es sehr eigenwillige, krasse Menschen und die Geschichten dazu werden oft drastisch, wild, ohne tabu, brutal und schonungslos geschildert. Mitunter sind sie vielleicht etwas übertrieben, jedoch einige auch sehr realistisch dargestellt. Wie ich sie schon in ihrem Debüt kennenlernen durfte, nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund. Sie zeigt gerade die Menschheit und ihre Abgründe ganz unverblümt. Dies mag sicher nicht jedem Leser gefallen, besonders weil sie in der Kürze oft recht viele Inputs liefert und man mitunter überfordert ist. Allerdings zeigt es gerade hier, was für unterschiedliche Charaktere, Wesenszüge, Eigenheiten, diese Menschen an sich haben. Die zudem alle an demselben Platz zusammenkommen können, ohne voneinander je etwas zu erfahren. So kann es mitunter sogar passieren, dass ein Toter im Kofferraum am Rastplatz steht, von dem niemand etwas ahnt außer der Täter. Sicher mag ihre harte Sprache nicht jedermanns Sache sein, doch gerade dies gefiel mir hier besonders gut. Den unsere Welt ist heutzutage aggressiv, brutal und gleichgültig genug, also weshalb sollte sie ausgerechnet in ihrem Buch diese positiver darstellen? Allerdings muss ich sagen, hat mir persönlich die Geschichte über das Pferd Red Apple am besten gefallen. Ich habe selten erlebt, das Geräte oder Tiere ihre ganz eigene Geschichte erzählen dürfen, so was erlebt man fast nur bei Adeline Dieudonné. Ich habe mich nur gefragt, was wohl mit dem Mädchen Avril passiert ist, da man Genaueres leider nicht erfährt, sondern nur vermuten kann. Natürlich muss man sich am Ende fragen, warum hat sie ausgerechnet nur solche extremen Charaktere ausgesucht? Vielleicht weil genau diese Personen in den letzten Jahren drastisch angestiegen sind. Außer den ganz drastischen Personen habe ich doch vieles wieder erkannt, was immer mal wieder in den Nachrichten auftaucht. Vielleicht ist dieses Buch eine Art Spiegel für uns, um zu hinterfragen, wie wir auf andere wirken? Von mir bekommt das Buch 4 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

23 Uhr 12 - 12 Menschen

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MEINUNG:

Adeline Dieudonné hat mich mit Das wirkliche Leben initial abgeholt und begeistert und mit Bonobo Moussaka ging es dann weiter. Man kann sagen, die Autorin mit ihrer Art zu schreiben auf jeden ...

MEINUNG:

Adeline Dieudonné hat mich mit Das wirkliche Leben initial abgeholt und begeistert und mit Bonobo Moussaka ging es dann weiter. Man kann sagen, die Autorin mit ihrer Art zu schreiben auf jeden Fall heraussticht, weil sie etwas wagt und ihre Geschichten auch nichts beschönigen.

23 Uhr 12 ist nun ein Roman in zwölf Geschichten. Zwölf Geschichten von zwölf Personen, die irgendwie miteinander zusammenhängen sollen. Alle eint das Ereignis, dass sie Zeuge werden um 23:12 Uhr, wie eine alte Frau über eine Leitplanke auf die Fahrbahn klettert.

Besonders im Gedächtnis ist mir die Gesichte um das Pferd Red Apple geblieben, welches sie auch dessen Sicht geschrieben. Geschichten von Tieren gehen mir immer sehr zu Herzen, zumal klar war, dass dies hier keine schöne Geschichte wird. Die Autorin schaffte hier auch, ohne es direkt zu benennen, was sich hier für Tragödien abgespielt haben. Außerdem ist mir die Geschichte um den Delphin, der auch das Cover schmückt und der jungen Frau in Erinnerung geblieben. Sie hat eine sehr starke Abneigung gegen Delphine, was irgendwie erstmal unerklärlich scheint, da man die Tiere meistens als gutmütig und freundlich abgespeichert hat. In ihrer Kindheit gab es allerdings einen Vorfall, der bei mir Schock und Ekel hervorgerufen hat, vor allem, weil niemand ihr geholfen hat.

Die Sprache von Adeline Dieudonné ist rau, ungeschönt und explizit, auch hinsichtlicher sexueller Handlungen. Das muss man abkönnen. Sie guckt direkt in menschliche Abgründe und stellt die menschlichen Schattenseiten ins Rampenlicht. Vieles mutet wirklich surreal an, weil man sich denkt: Kann es sowas wirklich geben? Allerdings gibt es auch Geschichten, die ganz reale Missstände in unserer Gesellschaft aufzeigen, wie ein junge Frau, die lediglich als Gebärmaschine betrachtet wird, ein philippinischen Kindermädchen, welches fernab von ihren eigenen Kindern ein Leben unter schlechten Arbeitsbedingungen bei reichen Leuten fristet und missbräuchliche Handlungen in der Ehe gegenüber Frauen.

FAZIT:

Adeline Dieudonné hat wieder mal mit 23 Uhr 12  bewiesen, dass sich ihre Geschichte und Romane von anderen abheben. Sie hat ein sehr guter Gespür für Zwischenmenschliches und menschliche Abgründe. Einige Geschichten werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich würde es aber eher als eine Art Kurzgeschichtensammlung ansehen, da mir für einen Roman der rote Faden gefehlt hat bzw. habe ich ihn nicht erkannt.

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Veröffentlicht am 18.06.2022

Originelle, absurde, verstörende Kurzgeschichtensammlung ohne Tabus, Grenzen und Kompromisse!

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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

In einer Sommernacht treffen an einer Autobahn-Raststätte 12 eigenwillige, gänzlich verschiedene Persönlichkeiten aufeinander und werden Zeug·innen, wie eine ältere ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

In einer Sommernacht treffen an einer Autobahn-Raststätte 12 eigenwillige, gänzlich verschiedene Persönlichkeiten aufeinander und werden Zeug·innen, wie eine ältere Dame über die Leitplanke auf die Fahrbahn klettert…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise / Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche, männliche und tierische Perspektive
Kapitellänge: lang
Tiere im Buch: - Im Buch werden Tiere (Pferde, Delphine) verletzt, vernachlässigt, gequält und getötet (genauer: ein grausamer Tod steht einem Tier unmittelbar bevor, wird jedoch nicht näher beschrieben).
Triggerwarnung: Tod von Menschen und Tieren, Tierquälerei, psychische Krankheiten und Störungen, Mord, Blut, Gewalt, sexualisierte Gewalt, Ausbeutung von Mensch und Tier, Misogynie
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: N+tte, Schla+++, Tussi, Schnalle

Warum dieses Buch?

Das Debüt der Autorin („Das wirkliche Leben“) war das beste Buch, das ich 2020 gelesen habe und ich habe es sooo geliebt. Deshalb wäre es auch vollkommen egal gewesen, welches Buch die Autorin herausgebracht hätte – egal ob Roman, Kinderbuch oder Gärtnerei-Fachbuch –, ich hätte es gelesen!

Kurzrezension

Das hat mir gefallen…

Schreibstil (4 Lilien)

Dass Adeline Dieudonné gut schreiben kann, beweist sie auch in ihrem neuen Buch wieder. Ihre Sprache ist angenehm lesbar, roh, kraftvoll und bildlich und enthält vereinzelte poetische Beschreibungen und kreative, gelungene Metaphern. Ganz so fesselnd und mitreißend wie in ihrem Debüt erzählt sie dieses Mal aber nicht.

„Der Fernseher war für Julianne, was das Lagerfeuer für Steinzeitmenschen gewesen sein musste. Es vertrieb die Dunkelheit, wärmte sie und beschützte sie vor Angreifern.“ Seite 50

Idee / Geschichte / Themen / Umsetzung (4 Lilien)

Mit ihrem Debütroman „Das wirkliche Leben“ hat mich die Autorin tief berührt und beeindruckt. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an „23 Uhr 12“. In ihrem neuesten Werk präsentiert Adeline Dieudonné eine große Bandbreite an Themen – und auch dieses Mal schreckt sie weder vor Tabus noch vor den Grenzen des guten Geschmacks zurück. Mord, Tierquälerei, Gewissenlosigkeit, Ausbeutung, Wahnsinn – die Klaviatur der menschlichen Abgründe beherrscht die Autorin virtuos. Garniert wird das Ganze noch mit viel Absurdität, unrealistischen Sexszenen, einem Hauch Gesellschaftskritik und einer großen Portion schwarzem Humor. „23 Uhr 12“ ist ein kompromissloses Buch der Extreme, ein Buch, das unangenehm und befremdlich ist, das oft verstört und einen inneren Widerwillen auslöst, ein Buch, das einen immer wieder beeindruckt („Wie mutig! Wie kreativ!“), das einem manchmal aber auch zu weit geht, Ekel hervorruft und einem den Mund offen stehen lässt („Das hat sie gerade nicht wirklich geschrieben, oder?!“). In manchen Momenten weiß man nicht, ob man auflachen oder entsetzt oder schockiert oder vielleicht sogar beleidigt sein soll – so habe ich mich noch nie bei einem Buch gefühlt!

Präsentiert bekommen wir kurze Einblicke ins Leben von 11 Menschen und einem Pferd, die sich zufälligerweise alle zur gleichen Zeit an einer Autobahnraststätte aufhalten. Diese 12 Geschichten hängen allerdings nur lose zusammen, ein richtiger Roman ist das für mich nicht. Ich bin eigentlich kein Fan von Kurzgeschichtensammlungen, habe mich aber trotzdem erstaunlich gut unterhalten gefühlt. Jede Geschichte ist originell, interessant, hebt sich von den anderen ab und bleibt in Erinnerung, aber: Es ist natürlich nicht möglich, auf den wenigen Seiten, die pro Person zur Verfügung stehen, in die Tiefe zu gehen. Doch genau von dieser emotionalen Tiefe hat der Debütroman der Autorin gelebt – im direkten Vergleich kann „23 Uhr 12“ also nur verlieren. Obwohl das Buch ohne Zweifel eine spannende, ungewöhnliche, interessante und unterhaltsame Leseerfahrung war, bleibe ich doch etwas enttäuscht zurück, weil ich nicht das bekommen habe, was ich mir erhofft hatte: nämlich mehr von dem, was ich an „Das wirkliche Leben“ so geliebt habe. Das ist aber natürlich Kritik auf hohem Niveau. Das nächste Werk der Autorin (ich hoffe auf einen zusammenhängenden Roman) werde ich mir deshalb natürlich wieder nicht entgehen lassen!

„Ihre Freundin Rose ist vor ein paar Wochen von ihrem Chef geschwängert worden. Alica hat ihr geraten, sich bei der Botschaft Hilfe zu holen. Aber Rose hat sich lieber vor einen Zug geworfen.“ Seite 41

Spannung & Atmosphäre (4 Lilien)

Auch wenn es aufgrund des Aufbaus des Romans keinen durchgehenden Spannungsbogen gab, wollte ich immer wissen, wie es weitergeht. Es gelingt der Autorin gut, innerhalb der Kapitel spannende und atmosphärische Momente zu erschaffen und die Leser·innen mit unerwarteten Wendungen am Ball zu halten.

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

Figuren (3,5 Lilien)

Es sind extreme, teilweise schreckliche Schicksale, kuriose Situationen, eigenwillige Persönlichkeiten – man könnte sogar sagen, es ist eine Ansammlung von psychischen Störungen und Krankheiten –, auf die man im Buch trifft. Hat man eine Figur einmal kennengelernt, vergisst man sie nicht mehr und verwechselt sie später auch nicht; im Gegenteil, die Charaktere brennen sich sein, obwohl man ihnen nur wenige Seiten lang über die Schulter schauen darf. Genug Zeit für eine liebevolle, tiefgehende Ausarbeitung, fürs Verstehen der Figuren, fürs Mitfühlen und Mitfiebern bleibt aber leider nicht. Überhaupt wirken die meisten Figuren mehr wie überzeichnete, klischeehafte Karikaturen als wie echte Menschen. Außerdem sind viele davon so unsympathisch, dass es unmöglich ist, eine Verbindung zu ihnen aufzubauen.

„Seine Augen lauerten tief in den Höhlen, wie zwei kleine Köter, die bereit waren loszukläffen.“ Seite 16

Feminismus (3 Lilien)

Aus feministischer Sicht ist das Buch sehr schwer zu beurteilen. Es gibt zwar starke Frauenfiguren und das Buch besteht den Bechdel-Test, aber es kommen gegenderte Beleidigungen und problematische Ansichten vor und die Sexszenen sind teilweise so unrealistisch und so durch den Male Gaze geprägt, dass ich sie eher einem Mann zugetraut hätte als einer Autorin. Frauen sind gleichzeitig eiskalte Killerinnen und werden als Gebärmaschinen gesehen, das Buch reproduziert gleichzeitig Geschlechterklischees bzw. veraltete Vorstellungen von Geschlechterrollen und kritisiert sie bzw. bricht sie im nächsten Atemzug auf. Ich vergebe in dieser Kategorie daher etwas ratlose 3 Sterne/Lilien.

Das hat mir nicht gefallen:

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Mein Fazit

„23 Uhr 12“ ist eine originelle, absurde, schwarzhumorige Kurzgeschichtensammlung ohne Tabus, Grenzen und Kompromisse, die einen gleichzeitig amüsiert, beeindruckt, schockiert und leicht verstört zurücklässt. Wer nach einem unvergleichlichen, ungewöhnlichen Leseerlebnis der Extreme sucht, wird mit diesem Buch viel Freude haben, aber wer sich ein tiefgründiges „Das wirkliche Leben 2“ mit liebenswerten Figuren erhofft, wird bitter enttäuscht werden. Wenn man weiß, worauf man sich einlässt (und das wisst ihr nach meiner Rezension ja jetzt), kann dieses kleine Büchlein aber durchaus Spaß machen und für einige unterhaltsame Lesestunden sorgen!

Wer allerdings das Debüt der Autorin („Das wirkliche Leben“) noch (immer!) nicht gelesen hat (vorwurfsvoller Blick meinerseits 😉), der sollte unbedingt zuerst das lesen! Es ist ein großartiges, berührendes Buch, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Lilien
Umsetzung: 4 Lilie
Worldbuilding: 4 Lilien
Einstieg: 4 Lilien
Ende: 3 Lilien
Schreibstil: 4 Lilien
Dialoge: 4 Lilien
Figuren: 3,5 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Wendungen: 5 Lilien ♥
Atmosphäre: 4 Lilien
Emotionale Involviertheit: 3,5 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 3 Lilien
Einzigartigkeit: 5 Lilien ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir vier Lilien!

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