Hin - und Hergerissen
Rezension
Imogen Hermes Gowar: "Die letzte Reise der Meerjungfrau: oder wie Jonah Hancock über Nacht zum reichen Mann wurde".
Roman, 1. Aufl. April 2018, Bastei Lübbe, 560 S.
Inhalt:
Ein Wunder, raunen ...
Rezension
Imogen Hermes Gowar: "Die letzte Reise der Meerjungfrau: oder wie Jonah Hancock über Nacht zum reichen Mann wurde".
Roman, 1. Aufl. April 2018, Bastei Lübbe, 560 S.
Inhalt:
Ein Wunder, raunen die einen. Betrug, rufen die anderen. Für den Kaufmann Jonah Hancock zählt nur eines: Die Meerjungfrau, die sein Kapitän aus Übersee mitgebracht hat, versetzt ganz London in Staunen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Kunde in den Kaffeehäusern, Salons und Bordellen der Stadt. Jonah steigt in die obersten Kreise der Gesellschaft auf und verkauft seine Meerjungfrau schließlich für eine schwindelerregende Summe. Nur die Gunst der Edelkurtisane Angelica Neal bleibt unerschwinglich für ihn, denn als Beweis seiner Liebe fordert Angelica eine eigene Meerjungfrau. Jonah setzt alles daran, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Doch Wunder haben einen hohen Preis.
Beurteilung:
Hin- und Hergerissen bin ich bei der Beurteilung dieses Buches.
Auf der einen Seite bin ich fasziniert in die Welt Angelicas eingetaucht, welche im England des 18. Jahrhunderts ihr Leben durch die Arbeit als Edelprostituierte sichert. Welches Los bleibt ihr zu damaliger Zeit als alleinstehende Frau auch anderes übrig? Oftmals ein Dasein als Straßenprostituierte, der Gewalt, Krankheiten und den menschlichen Abgründen ausgesetzt. Es geht wahrlich um das Überleben in einer gnadenlosen Zeit. Die Realität überspielt Angelica, indem sie sich ganz auf das Äußere und den schönen Dingen des Lebens konzentriert. Zufrieden ist sie dennoch nicht, denn sie strebt immer nach mehr, mehr Aufmerksamkeit, mehr Reichtum und mehr Liebe.
Auf der anderen Seite das bescheidene Leben des Mr. Hancock. Mehr oder weniger durch Zufall gerät er in die Hände einer Meerjungfrau. Dieses bereits verstorbene und äußerlich eher abschreckende Wesen, verhilft Mr. Hancock schnell zu beachtlichen Ruhm. Als er nun auf Angelica trifft, verfällt er der Edelhure vollkommen. Diese wiederum nutzt die Gunst der Stunde und wünscht sich eine eigene Meerjungfrau von Mr. Hancock. Erst dann will sie sich ihm ganz hingeben. Ab jetzt findet Mr. Hancock keine Ruhe, bis er nicht in den Besitz einer weiteren Meerjungfrau gelangt. Doch glücklich wird er dabei nicht, zu sehr hängt sein Herz an Vergangenem, zu sehr sehnt er sich nach einer bereits erlebten Liebe.
Die Autorin bedient sich die Zeitepoche des 18. Jahrhunderts als historische Kulisse. Als historischen Roman würde ich das Buch dennoch nicht einstufen. Die Kulisse ist eher "Nebenschauplatz", ich empfinde den Roman eher als Drama, eingepackt in einem historischen Hintergrund.
Der Titel mag verwirren. Es geht weniger um Nautik oder um das magische Wesen Meerjungfrau ansich. Für mich bildet in diesem Zusammenhang die Meerjungfrau eine Metapher. Sie steht für unerreichbare Sehnsüchte einerseits und für den Mut zum Loslassen andererseits.
Ich gestehe, ich habe zunächst eine ganz andere Geschichte erwartet. Nichts desto trotz hat mich der vorliegende Roman nicht weniger gefesselt.