Blau, Grün, Silber, Gold
In dem Buch „Goldmädchen“ von Jennifer Iacopelli wird man mitten in die Trainingshallen hineingeschmissen. Audrey Lee, ihre beste Freundin Emma und noch ein paar andere Mädchen kämpfen zunächst um einen ...
In dem Buch „Goldmädchen“ von Jennifer Iacopelli wird man mitten in die Trainingshallen hineingeschmissen. Audrey Lee, ihre beste Freundin Emma und noch ein paar andere Mädchen kämpfen zunächst um einen Platz im US-amerikanischen Turnerinnen-Team, um später um die Weltspitze zu kämpfen. Zu dieser Rahmengeschichte nehmen noch andere zwischenmenschliche Geschichten ihren Lauf. Angestoßen durch eine Dopinggeschichte fliegt ein Missbrauch des Trainers gegenüber einer Turnerin auf. Diese Missbrauchsangelegenheit ist im ganzen Buch gegenwärtig und bestimmt den Verlauf der Geschichte.
Zu der neuen Trainerin kommen neue Trainingsmethoden, die Audrey nicht sofort für sich nutzen kann. Zudem bahnt sich eine zarte Liebe zum Sohn der Trainerin an. Dies alles könnte schon das Leben einer Turnerin, die von Disziplin und Fremdbestimmung geprägt ist, aus ihrer Bahn werfen, doch durch die Dopingvorwürfe und den Missbrauchsfall an einer Teamkollegin gerät die Beziehung Audreys zu ihrer besten Freundin ins Straucheln. Trotzdem spüren beide immer noch eine starke Verbundenheit.
Die bröckelnde Freundschaft zu Emma macht Audrey sehr traurig, da sie nicht verstehen kann, dass Emma sich auf die Seite zweier Turnerinnen schlägt, die das Missbrauchsopfer mobben.
Emma wird im US-Team als Favoritin gehandelt. Sie beherrscht die Übungen im Schlaf, ihr Körper ist topfit. Für Audrey sieht das anders aus. Sie hat durch das Turnen einen kaputten Rücken zugezogen und wird regelmäßig mit Medikamenten gespritzt, damit sie turnen kann. Bei ihren Küren macht sie darum nicht so schwierige Sprünge wie ihre Teamkolleginnen. Audrey kämpft sich ins Team. Es soll ihr letzter großer Auftritt werden.
Durch den Spirit von Olympia beflügelt, schwingt Audrey zu Höchstleistungen auf. Sie hat eine Message an die Welt, die sich über alle Turnerinnen und Nationen verbreitet. Jede Turnerin zeigt auf ihre Weise, wie sie Audreys Botschaft teilt: Kampf dem sexueller Missbrauch.
Den Roman habe ich als Hörbuch gehört. Ich hatte zunächst das Problem, dass ich mich auf eine Männerstimme eingestellt habe, da die Ankündigung von einem Mann kam. Die Männerstimme hatte mich allerdings zunächst auch irritiert. Anfangs empfand ich die Stimme von Nora Jokhosha recht forsch. Es hat aber nur einen kurzen Augenblick gedauert, dann war sie für mich voll und ganz Audrey.
Mir hat es gut gefallen, dass das Buch nur aus einer Perspektive, nämlich Audreys, geschrieben wurde. Auch dass es nur einen Schauplatz zu einer Zeit gab, machte das Audreyfühlen leicht. Man hatte das Gefühl, in ihrem Kopf und Herz zu sein.
Die Entwicklung, die Audrey während des Romans durchmacht, wirkt durch die Ich-Erzählweise sehr echt. Auch die Stimme von Nora Jokhosha brachte Glaubwürdigkeit dazu.
Am schönsten war für mich der sportliche Gedanke, das Mitfühlen für einander, die Solidarität der Turnerinnen unter einander. Auch wenn es eigentlich kein politisches Buch ist, finde ich das Thema und den Umgang mit sexuellem Missbrauch in diesem Buch wichtig und sehr gut umgesetzt. Im Vordergrund steht allerdings die sportliche Herausforderung. Ich weiß nicht, ob ich alle sportlichen Details gern gelesen hätte, aber als Hörbuch konnte ich dem gut folgen.
Am Anfang fiel es mir sehr schwer, die ganzen Namen auseinander zu halten. Manchmal hatte ich dann gern ein Buch in der Hand gehabt.
Besonders schön fand ich, dass man merkte, wie viel harte Arbeit und Disziplin Turnerinnen und auch sicher andere Leistungssportler durchhalten müssen, um zur Weltklasse zu gehören. Auch wenn es für uns Laien leicht aussieht, ist es hartes Training, das nie aufhört, solange man im Geschehen ist. Davor habe ich viel Respekt.
Im letzten Teil im Olympiadorf hatte ich hin und wieder schon mal ein paar Tränen in den Augen. Der Zusammenhalt der Turnerinnen aus allen Ländern war für mich ein Anfang im Kampf gegen Missbrauch.
Ich habe das Hörbuch sehr gern gehört. Ich glaube, als Buch hätte ich es nicht so gern gelesen, da es doch sehr viele Turn-Details in sich hat. Als Hörbuch empfand ich es als genau richtig, da man dadurch richtig in die Gefühlslage und das Leben der Turnerinnen eintauchen konnte. Die Stimme von Nora Jokhosha hat mir Audrey auch sehr nahe gebracht. Ich konnte mich mit Audrey identifizieren, auch wenn ich gerade mal einen Radschlag auf dem Boden schaffe.
Als Film könnte ich mir das Buch sehr gut vorstellen. Für jemanden, der gar nichts mit Sport zu tun hat oder sich Wettkämpfe angucken mag, ist der Roman nichts. Aber für alle, die Sport mögen und gern in Sporthallen sind, wird das Buch eine große Freude sein. Ich habe das Zuhören sehr genossen und den Staub des Magnesia in der Nase kitzeln gespürt. Vielen Dank für das schöne Buch.