Cover-Bild Das ferne Feuer
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Schöffling
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 496
  • Ersterscheinung: 02.02.2021
  • ISBN: 9783895611681
Amy Waldman

Das ferne Feuer

Roman
Brigitte Walitzek (Übersetzer)

Die ehrgeizige Berkeley-Studentin Parvin Schams fühlt sich zwischen den liberalen Ideen ihrer charismatischen Professorin und den Erwartungen ihres konservativen afghanisch- amerikanischen Umfelds hin- und hergerissen. Da eröffnet ihr ein Buch eine ungeahnte Möglichkeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen und ihre Bestimmung zu finden: Ein Arzt erzählt darin von seinem humanitären Engagement für afghanische Frauen. Parvin ist so begeistert, dass sie für seine Stiftung arbeiten und zugleich ihre Wurzeln erkunden will. Doch vor Ort entdeckt sie, dass die von ihm erbaute Geburtsklinik leer steht und die Bewohner des Dorfes sich seltsam abweisend verhalten. Nach und nach findet Parvin im Gespräch mit ihnen heraus, was es damit auf sich hat. Als Parvins Professorin vertrauliche E-Mails ungefragt veröffentlicht, eskaliert der schwelende Konflikt zwischen Einheimischen und ihren selbsternannten Wohltätern. Erneut muss Parvin entscheiden, wo sie steht.

Was bestimmt, wer wir sind und wo wir hingehören? Wie formen die Medien unseren Blick auf die Welt? Und können wir unsere Vorurteile je ablegen? Wie in ihrem gefeierten Roman »Der amerikanische Architekt« stellt sich Amy Waldman den brennenden Fragen unserer Gegenwart in einer packenden und überraschenden Geschichte.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.11.2021

Wenn sich eine ruhmreiche Legende als folgenschwere Lüge entpuppt

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Nachdem die junge Studentin Parvin - geboren in Afghanistan, aufgewachsen in den USA - Dr. Gideon Crane's Buch "Mutter Afghanistan" gelesen hat, beschließt sie voller Begeisterung in das Ferne Land zu ...

Nachdem die junge Studentin Parvin - geboren in Afghanistan, aufgewachsen in den USA - Dr. Gideon Crane's Buch "Mutter Afghanistan" gelesen hat, beschließt sie voller Begeisterung in das Ferne Land zu reisen.
Sie möchte auf Crane's Spuren wandern und in dessen Klinik in einem kleinen Dorf aushelfen.
Dort angekommen, stößt Parvin mit ihren Schwärmerei über Crane und sein Buch bei den Dorfbewohnern schnell auf Unverständnis.
Doch nach und nach erfährt die Studentin, dass an Crane's ruhmreicher Legende beinahe alles beschönigt und erfunden ist.
Da sind die wahren Todesumstände von Fereschta, die verstorbene Frau von Parvin's Gastgeber.
Und Crane's fälschliche Darstellung Ahmanullah's als Taliban, welche für mich schon fast an Volksverhetzung grenzt.
Amy Waldman's Roman "Das Ferne Feuer" erzählt mir auf spannende und mitreißende Art von einem Mann, welcher sich in seiner Heimat als Wohltäter inszeniert, im Laufe der Geschichte jedoch von seiner vormaligen Fürsprecherin Parvin als Lügner und Betrüger entlarvt wird.
Das Buch behandelt sehr authentisch, wie leicht wir uns von selbsternannten Wohltätern blenden lassen können und ob Entwicklungshilfe immer sinnvoll, aufgezwungen oder selbstlos ist.
Ich freue mich sehr, dass ich den Roman als Lizenzausgabe in der @buechergilde entdeckt habe und kann die Lektüre von Herzen empfehlen.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Moralische und ethische Grenzen

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Die junge, idealistische Anthropologie-Studentin Parvin reist für ein Projekt nach Afghanistan – in einem kleinen, abgeschiedenen Bergdorf macht sie sich auf die Spuren des Arztes Gideon Crane, der dort ...

Die junge, idealistische Anthropologie-Studentin Parvin reist für ein Projekt nach Afghanistan – in einem kleinen, abgeschiedenen Bergdorf macht sie sich auf die Spuren des Arztes Gideon Crane, der dort eine großzügige Geburtshilfeklinik errichten ließ. Seine Memoiren „Mutter Afghanistan“ sind ein Bestseller in den USA und die Spendengelder fließen in eine Stiftung, für die Parvin arbeiten möchte. Sie spricht Dari, glaubt die Kultur zu kennen und sieht sich selbst hilfreich. Aber es ist auch eine Reise zu ihrer eigenen Identität: Parvins Eltern haben vor vielen Jahren Kabul verlassen und sind in die USA immigriert, die Mutter vor Kurzem verstorben. Vor Ort in Afghanistan kommt Parvin bei Wahid unter – für dessen bei der Geburt verstorbenen Frau Ferretscha die Klinik errichtet wurde, um eine bessere Versorgung für afghanische Frauen zu erreichen. Doch Parvins Idealismus und Crane-Verehrung stoßen an viele Grenzen: Ihre Akzeptanz im Dorf ist nicht so, wie sie es sich erhofft hat, die überdimensionale Klinik verschwendet Ressourcen, ist nur an einem Tag mit einer ehrenamtlichen Ärztin besetzt und bei den Vorleserunden zu „Mutter Afghanistan“ wird klar: Crane ist ein Hochstapler und Lügner, etliche Details aus dem Buch sind erfunden.

Derweil stoßen amerikanische Besatzungstruppen ins Dorf – Colonel Trotter (auch ein Fan von „Mutter Afghanistan“ und Cranes Idee von „gütiger Macht“) wird die Zugangsstraße zum Dorf ausbauen lassen, obwohl die Dorfältesten dagegen sind. Schon bald zieht dieses Vorgehen den Krieg und Terror immer näher heran – Aufständische boykottieren den Bau und es kommt zum Kampf. Parvin freundet sich mit dem Übersetzer Asis an, führt tiefgehende Gespräche mit ihm und über seinen verantwortungsvollen Beruf als Dolmetscher zwischen Kulturen und Ländern in einem Kriegsgebiet. Und am Ende kann Parvin helfen – aber in einer unverhofften Weise, zu der sie nie professionell ausgebildet wurde.

Die Autorin Amy Waldman lässt in ihrem opulenten, bildgewaltigen und detaillierten Roman eigene Erfahrungen als frühere Auslandskorrespondentin der New York Times miteinfließen und wirft zahlreiche komplexe Fragen in einem besetzten Land auf. Welche weitgehenden und unkontrollierbaren Konsequenzen haben fehlgeleitete Entscheidungen und Interventionen aus vermeintlich humanitären Zwecken? In welche Fantasien von Wohlwollen für andere Kulturen sind wir verstrickt? Ethische universelle Dilemma und Parvins Zerrissenheit zwischen „guten Entscheidungen“ und Drang nach Anerkennung (eine Parallele zu Crane) verpackt sie präzise und eindringlich in greifbare Realität und beschreibt das Umfeld mit seinen einheimischen Zivilisten und ihren Traditionen zwischen zwei kriegführenden Seiten sehr detailgetreu und ergreifend. Parvins fast unendliche Naivität erfährt im letzten Teil eine rasante Entwicklung – ihre Erzählweise durch die Geschichte ist recht nüchtern geraten, sie blieb mir etwas auf Distanz. Umso brennender sind die moralischen Fragen, die Amy Waldmans überzeugender und nuancierter Roman aufwirft – und zwar in alle Richtungen, ohne Schwarz-Weiß-Antworten.

"Wenn ein Trickbetrüger den Idealismus in einem weckte, wenn er einem sagte, man solle in die Welt hinausgehen und Gutes tun, war das dann automatisch ein Trick?" S. 358

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Veröffentlicht am 04.03.2021

Erwachsen werden in Afghanistan

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Inspiriert von einem Bestseller in den USA, in dem ein Arzt schildert, wie er Frauen in Afghanistan hilft, reist die junge Berkeley-Studentin Parvin in das Heimatland ihrer Eltern, um diese Arbeit zu unterstützen. ...

Inspiriert von einem Bestseller in den USA, in dem ein Arzt schildert, wie er Frauen in Afghanistan hilft, reist die junge Berkeley-Studentin Parvin in das Heimatland ihrer Eltern, um diese Arbeit zu unterstützen. Doch die Realität des kleinen Dorfes über das geschrieben wurde, ist weit von dem entfernt, was Parvin sich vorgestellt hat. Die von Spenden erbaute Klinik steht leer, da kein Personal bezahlt wird. Und viele der im Buch erzählten Geschichten stehen im Widerspruch zu dem, was die im Dorf Lebenden berichten.

Parvin ist eine weitgehend typische Vertreterin ihrer Generation: voller Idealismus und Begeisterungsfähigkeit, wenn es darum geht, Gutes in der Welt zu tun. Ohne Zweifel an ihren Vorbildern, Professorin Banerjee und dem Arzt Crane, die sie zu dieser Reise ermutigen, reist sie nach Afghanistan um dort mit einer Welt konfrontiert zu werden, die sie sich in den USA nicht im Entferntesten hat vorstellen können. Die Armut der Menschen; die bestehenden und von Allen akzeptierten Hierarchien im Dorf (insbesondere die Stellung der Frauen in der Gemeinschaft); der Glaube an die Nichtbeeinflussbarkeit des Schicksals – und die ganz offenbar nicht so positiven Auswirkungen des Aufenthaltes von Crane.

Amy Waldman, die Afghanistan durch ihre Tätigkeit als Leiterin der Büros der New York Times in Neu-Delhi kennt, weiß um die Zwiespältigkeit vieler Hilfsangebote für die Armen, bei denen die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen meist keine Rolle spielen. Häufig dient die Unterstützung nur dazu, die Spender in gutem Licht dastehen zu lassen und ist viel zu oft nicht von langer Dauer – siehe leerstehende Schulen und Kliniken, für die es kein Personal gibt. Die Autorin zeigt überzeugend, wie in Parvin die Zweifel wachsen: an dem Arzt, ihrer Professorin, überhaupt dem Engagement ihres Landes, den USA. Sie stellt sich immer mehr Fragen, die sich auch den Lesenden stellen: Wie manipulierbar sind wir? Was ist wirkliche Hilfe? Was tut den Menschen gut?

Auch wenn die Figur Parvins nicht immer überzeugend dargestellt wird (so blauäugig ist wohl selbst eine US-Amerikanerin nicht, vor allem wenn sie Studentin in Berkeley ist 😉), wirkt die Geschichte authentisch und ist insbesondere wegen der Fragestellungen, die sie aufwirft, zu empfehlen.

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