Cover-Bild Der Narr und seine Maschine
Band 21 der Reihe "Ein Fall für Tabor Süden"
18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Klassisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 143
  • Ersterscheinung: 02.10.2018
  • ISBN: 9783518428207
Friedrich Ani

Der Narr und seine Maschine

Kriminalroman

Auftritt: Tabor Süden, der unbegreifliche Typ, der zunächst als Polizeibeamter, dann als Privatdetektiv sich zum vielerfahrenen und vielerleidenden Spezialisten für Vermissungen, vulgo: für Vermisstenfälle entwickelte. Eigentlich wollte er seine Ermittlertätigkeit nie wieder aufgreifen, nachdem beim letzten Fall ein Mitarbeiter der Detektei das Leben verloren hatte.

Wie eine aus dem Leben gefallene Erscheinung taucht er dennoch plötzlich am Münchner Hauptbahnhof wieder auf – jedoch nur um aus München für immer zu verschwinden, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden. Ziel und Zukunft: Solche Begriffe liegen für Tabor Süden außerhalb seines Begriffsvermögens. Die Chefin, die meint, ihn zurückhalten zu können mit einem Auftrag der besonderen Art, weiß, dass er den Bahnhof als Startplatz ins Verschwinden nutzt, trifft ihn dort und bringt ihn dazu, sich, zum allerallerletzten Mal, auf Personensuche zu machen.

Vielleicht stimmt Süden nur zu, weil ihm nach kurzer Zeit klar wird: Wenn er den Vermissten aufspürt, wird er dem eigenen Spiegelbild begegnen. Dieser Cornelius Hallig schreibt unter dem Pseudonym Georg Ulrich Romane. Er schrieb Kriminalromane, eine Zeitlang war er sogar eine Berühmtheit, allerdings nicht für immer, und nicht für lange. Er lebte mit seiner Mutter in einem Münchner Hotel, sie starb, er versuchte unablässig in seinem Genre weiter zu tun. Und verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Aufenthaltsort: natürlich unbekannt.

Friedrich Ani führt in seinem neuen, an Finsternis nicht zu überbietenden Roman die Lebensläufe des Detektivs und des Autors parallel: Beide versuchen, jeder auf seine Weise, den Tod zu betrügen und eine Zeitlang die Finsternis zu überwinden, die ihnen seit jeher vertraut war. Ihre Erfahrungen, wie sie in den prägnanten, durchdringenden Szenen und Dialogen geschildert werden, lassen nicht den leisesten Hoffnungsschimmer aufkommen. Selbst Pessimismus wird von Ani entlarvt als kaum verschleierter Optimismus. Trotzdem vermag der Roman, durch Empathie, selbst den Fatalismus erträglich zu gestalten.

Bleibt die Frage: Werden sich der Vermisstensucher und der Vermisste, beide verloren für diese Welt, begegnen? Und wie könnte das ausgehen?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2018

Ani und seine Bücher

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Tabor Süden möchte verschwinden. In seinem letzten Fall wurde sein Freund und Kollege getötet und er kommt damit überhaupt nicht zurecht. Allerdings weiß er auch nicht so recht, wohin der denn wohl verschwinden ...

Tabor Süden möchte verschwinden. In seinem letzten Fall wurde sein Freund und Kollege getötet und er kommt damit überhaupt nicht zurecht. Allerdings weiß er auch nicht so recht, wohin der denn wohl verschwinden soll. So steht er lange am Bahnhof und wartet auf eine plötzliche Eingebung.
Statt der Eingebung taucht seine ehemalige Cheffin auf und möchte, dass er einen letzten Fall übernimmt. Die Suche nach dem verschwundenen Cornelius Hallig, der plötzlich genau so verschwand, wie Süden es geplant hatte. Langsam und konzentriert nimmt er die Suche auf.

Was macht sie so besonders, die Bücher des Friedrich Ani? Ich kann es nicht mal sagen. Ist es der bedächtige Verlauf der Handlung? Oder doch die extrem genaue und feine Art zu schreiben? Ist es die Beharrlichkeit, mit der er auch feinste Verstrickungen zu lösen pflegt, sodass sich am Ende eine fein gesponnene Geschichte ergibt, die so leise ist und doch so eindringlich auf seine Leser wirkt?
Bei diesem Buch gerät man in einen Schwebezustand. Man ist zugleich mit Hallig unterwegs in dessen Zeitrückblicken und im Jetzt, wo er alles daran setzt, unterzutauchen und einen letzten Plan umzusetzen. Und man ist mit Süden unterwegs, der sich mühsam sein Puzzle zusammensetzt indem er Dank Erfahrung und Blick hinter die Stirn seiner Zeugen Teilchen für Teilchen entwickelt und zusammenbringt. Und er erkennt immer mehr Parallelen zwischen sich und Hallig. Beide scheinen innerlich aus der Zeit gefallen und ohne irgendeine Hoffnung für die Zukunft zu sein.
Dieses Buch ist ganz sicher keine Kriminalgeschichte, sondern wesentlich eher ein Seelenstriptease der Protagonisten. Es ist auch kein typischer Tabor Süden Roman, sondern erinnert in seiner düsteren Art wesentlich eher an die Jakob Franck Romane.

Fazit: Wer sich darauf einlassen kann, ein Buch auch einmal langsamer zu lesen und keine Action zu erwarten, der bekommt hier ein ganz feines Häppchen zu lesen!

Veröffentlicht am 03.12.2018

Der letzte Fall für Tabor Süden?

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Der Roman „Der Narr und seine Maschine“ vom bekanntesten deutschsprachigen Kriminalschriftsteller Friedrich Ani ist der neuste Fall um den sehr eigenwilligen Vermisstenfahnder Tabor Süden.
Wie schon das ...

Der Roman „Der Narr und seine Maschine“ vom bekanntesten deutschsprachigen Kriminalschriftsteller Friedrich Ani ist der neuste Fall um den sehr eigenwilligen Vermisstenfahnder Tabor Süden.
Wie schon das dem Roman vorangestellte Zitat andeutet stellt Anis Geschichte eine Hommage an den amerikanischen Autoren Cornell Woolrich dar, der zahlreiche düstere Kriminalgeschichten in den 1940er und 50er Jahren schrieb und als einer der Väter der Noir-Literatur angesehen wird. Obwohl die meisten seiner Bücher verfilmt oder für das Radio vertont wurden, blieb ihm der große Ruhm verwehrt. 1968 starb er einsam und verbittert in einem schäbigen New Yorker Hotel. Ani hat viele biografische Details Woolrichs auf seine Romanfigur, den vermissten, früher einmal bekannten Krimiautor Cornelius Hallig, übertragen und mit ihm eine anrührende, tragische Figur geschaffen.
Der neue Fall für Tabor Süden ist kein Krimi im herkömmlichen Sinne, sondern ein beklemmender, düsterer Roman über die Einsamkeit, Selbstzweifel, Verzweiflung und Todessehnsucht.
Ani hat einen sehr außergewöhnlichen, pointierten Erzählstil, der sicherlich nicht jedem Leser liegen wird, mich aber sehr überzeugen konnte. Er versteht es, Stimmungen und Bilder mit viel Feingefühl einzufangen und sehr gefühlvoll zu beschreiben. Schon recht schnell verbreitet sich eine dunkle, fatalistische Atmosphäre.
Im Mittelpunkt seiner intelligenten, berührenden Geschichte stehen zwei alte Männer, die sich desillusioniert und aus der Bahn geworfen am Ende ihres Lebenswegs zu befinden scheinen: zum einen der spurlos verschwundene Autor Cornelius Hallig und zum anderen der Vermisstensucher Tibor Süden, der seine Ermittlertätigkeit eigentlich nie mehr aufnehmen wollte und kurz davor stand, sich auf Nimmerwiedersehen davonzustehlen. Sehr vielschichtig und faszinierend zeichnet Ani seine beiden bemerkenswerten Protagonisten – verschrobene Einzelgänger, die seltsam verloren wirken. Seinen Ermittler Süden erleben wir dennoch als ausgezeichneten Beobachter und Zuhörer, der Äußerungen und Umfeld perfekt analysieren und daraus messerscharfe Schlüsse ziehen kann. Mit seiner speziellen Intuition und großen Empathie gelingt es Süden schon bald, den Vermissten aufzuspüren. Hervorragend ist Ani vor allem die bewegende Schilderung der persönlichen Begegnung dieser zwei seelenverwandten Menschen gelungen, die sich für einen kurzen Moment öffnen und die Finsternis, ihre bitteren Enttäuschungen und Schicksalsschläge hinter sich lassen können.
Der Ausklang des Romans knüpft an den Beginn an und macht neugierig auf Südens persönliche und berufliche Zukunft.

FAZIT
Ein beklemmender, düsterer Roman mit einer bemerkenswerten, sehr berührenden Geschichte, die noch lange in einem nachklingt! Ein Muss für alle Tabor-Süden-Fans, aber auch empfehlenswert für alle neugierigen Neueinsteiger!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Man darf annehmen, dass Tabor Süden nach diesem Buch nie mehr auftauchen wird, oder doch ?

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Friedrich Ani, Der Narr und seine Maschine, Suhrkamp 2018, ISBN 978-3-518-42820-7

Wohl zum allerletzten Mal lässt Friedrich Ani seinen Tabor Süden nach einem vermissten Menschen suchen. Nachdem Neonazis ...

Friedrich Ani, Der Narr und seine Maschine, Suhrkamp 2018, ISBN 978-3-518-42820-7

Wohl zum allerletzten Mal lässt Friedrich Ani seinen Tabor Süden nach einem vermissten Menschen suchen. Nachdem Neonazis die Detektei von Edith Liebergesell abgefackelt haben ist Tabor Süden nicht nur beschäftigungslos, sondern es ergeht ihm zunehmend so, wie den Menschen denen er in seiner Berufsleben nachgespürt hat. Er wohnt in „leeren Zimmern“.

Edith Liebergesell finden Süden auf dem Bahnhof, wo er offenbar seit Stunden vor der Abfahrtstafel steht und nicht weiß, was er machen soll. Dem Leser vermittelt sich der Eindruck, dass er vorhatte, endgültig zu verschwinden aus dieser Welt, und sich endlich mit denen zu verbinden, die er doch zeitlebens so gut verstehen konnte, dass er sie immer fand.

Edith Liebergesell hat einen Auftrag bekommen und bittet Süden ihr zu helfen. Der ehemals sehr erfolgreiche Kriminalschriftsteller Cornelius Hallig ist verschwunden und der Eigentümer des alten heruntergekommenen Hotels, in der er seit Jahrzehnten wohnt, lässt nach ihm suchen. Sehr überraschend verschiebt Süden sein eigenes Unsichtbarwerden und beginnt nach Cornelius Hallig zu suchen.

In wechselnden Kapiteln erzählt Friedrich Ani, wie Hallig seinen Abgang aus dem Leben vorbereitet und wie Süden auf der anderen Seite sich ihm durch seine Intuition immer weiter annähert.

Als sie dann zusammentreffen, reden und schweigen und vor allen Dingen trinken sie 12 Stunden in einer alten dunklen Stammkneipen von Hallig. Sie verstehen sich.
Doch bald wird Hallig tot sein, Süden wird seine alte Schreibmaschine an sich nehmen und dessen Pistole und sich erneut auf den Weg zum Bahnhof machen.
Friedrich Ani gelingt es wieder, die Zerrissenheit, die Hoffnungslosigkeit, die Düsternis, die in den beiden Einzelgängern wüten, zu beschreiben.
In einer Zeitungsrezension war einmal über Anis Bücher folgender Satz zu lesen: "Wer Anis Geschichten liest, lernt anders denken". Das trifft auch und erst recht auf das neue Buch zu. Aber ich möchte ergänzen: er lernt auch anders mitfühlen und anders über Menschen urteilen, die die Gesellschaft längst abgeschrieben hat, die lebendig tot sind, und schon lange, bevor sie abtauchen, längst in sich selbst verschwunden sind, in "leeren Zimmern" leben.
Reich an intensiver Sprache mit starken und ausdruckskräftigen Bildern nimmt Friedrich Ani seine Leser wieder mit auf eine spannende Reise durch Bereiche unserer Gesellschaft, die er seinen Tabor Süden erkunden lässt wie kaum ein anderer Krimiautor der Gegenwart. Anspruchsvolle Literatur voller Poesie und Kraft von höchster Qualität.
Man darf annehmen, dass Tabor Süden nach diesem Buch nie mehr auftauchen wird, oder doch ?





Veröffentlicht am 09.10.2018

Interessantes Buch

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Eigentlich wollte Tabor Süden seine Ermittlertätigkeit nie wieder aufnehmen, nachdem bei seinem letzten Fall ein Kollege zu Tode kam. Doch als er ohne Abschied für immer aus München verschwinden will, ...

Eigentlich wollte Tabor Süden seine Ermittlertätigkeit nie wieder aufnehmen, nachdem bei seinem letzten Fall ein Kollege zu Tode kam. Doch als er ohne Abschied für immer aus München verschwinden will, erteilt ihm seine Chefin in letzter Minute einen Auftrag der besonderen Art, den er nicht abschlagen kann. Zum allerletzten Mal macht Tabor Süden, Spezialist für Vermisstenfälle, auf Personensuche. Vermisst wird der Autor Cornelius Hallig, der unter Pseudonym Kriminalromane veröffentlichte und selbst ohne Abschied verschwunden ist. Aufenthaltsort: natürlich unbekannt. Werden sich Tabor Süden und der vermisste Schriftsteller, beide verloren für diese Welt, begegnen?
In seinem neuen, düsteren Roman lässt Friedrich Ani den vielerfahrenden Detektiv Tabor Süden zurückkehren und führt die Lebensläufe von Ermittler und Vermisstem parallel: Beide versuchen den Tod zu betrügen und eine Zeit lang die Finsternis zu überwinden, die ihnen seit jeher vertraut war … (Kurzbeschreibung vom Buchrücken)

Einfach nur eine geniale Geschichte. Der Text ist flüssig zu lesen und die Personen sind sehr gut dargestellt, so dass man meint die Personen schon länger zu kennen. Tabor Süden ist ein Ex-Polizist, der jetzt verschwundene Personen sucht. In diesem Fall muss er den Krimiautor Cornelius Hallig finden, der seit einigen Tagen verschunden ist. Die Einblicke in das Leben der zwei sind toll geschrieben und wir erfahren sehr viel über die beiden Personen. Das alles ist so sehr interessant geschrieben, dass es nichts ausmacht, das nur wenige Spannung in der Geschichte ist. Der Schluss war einfach genal geschrieben und hat mir sehr gut gefallen. Das Buch kann ich nur empfehlen, es hat Tiefgang und es ist ein Krimi ohne Mörder.

Veröffentlicht am 28.09.2018

Düster und bedrückend

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Tabor Süden, Ex-Polizist und nun Ex-Privatdetektiv, steht in einer Bahnhofshalle und schaut wie gebannt auf die Anzeigetafel. Die Reisetasche in seiner Hand wird schwer. Zuerst hat er seinen Beruf aufgegeben, ...

Tabor Süden, Ex-Polizist und nun Ex-Privatdetektiv, steht in einer Bahnhofshalle und schaut wie gebannt auf die Anzeigetafel. Die Reisetasche in seiner Hand wird schwer. Zuerst hat er seinen Beruf aufgegeben, jetzt seinen Job und seine Wohnung. Für seine Zukunft wünscht er sich die allumfassende Unsichtbarkeit.
Cornelius „Linus“ Hallig, 64, Trinker, Raucher, ehemals erfolgreicher Schriftsteller unter dem Pseudonym Georg Ulrich, erinnert sich ohne Wehmut an die Zeit, als er mit seiner Mutter noch in einem Haus, einer eigenen Wohnung gewohnt hat. Hier steht er nun davor und läuft seinen Erinnerungen nach.
Süden hat einige Krimis von Ulrich gelesen. Früher. Heute soll er ihn suchen. Er nimmt den Auftrag seiner ehemaligen Chefin an.

Bei „Ein Fall für Tabor Süden“ habe ich sofort an einen Krimi gedacht. Aber obwohl diese Geschichte, die Friedrich Ani hier für seinen Ermittler kreiert hat eine leichte Spannung bietet, würde ich sie nicht als Krimi bezeichnen. Für mich sind es die Lebensgeschichten zweier Menschen, die durch das Verschwinden des Einen und der Suche des Anderen aufeinander treffen.
Friedrich Ani versteht es gekonnt, die Zerrissenheit, die Hoffnungslosigkeit, die Düsternis, die beiden Einzelgängern inne wohnt zu beschreiben. Er lässt mich ein Stück des Weges mit ihnen gemeinsam gehen, mich die Verlassenheit spüren und tief in die geschundenen Seelen blicken.
Das Cover passt sehr gut zur Geschichte und zum Schluss weiß man auch, was es mit dem Titel auf sich hat.

Eine einfühllsame, bedrückende, psychologisch ausgereifte Geschichte über Verlassen und Verlassen werden. Keine leichte Lektüre, aber absolut lesenswert – auch ohne Happy End.
Ich denke, dass ist nun wirklich der endgültige Abschied von Tabor Süden, den ich in den letzten Jahren ins Herz geschlossen habe.