Cover-Bild Die Vegetarierin
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18,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau Verlag
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 190
  • Ersterscheinung: 15.08.2016
  • ISBN: 9783351036539
Han Kang

Die Vegetarierin

Roman
Ki-Hyang Lee (Übersetzer)

Ein seltsam verstörendes, hypnotisierendes Buch über eine Frau, die laut ihrem Ehemann an Durchschnittlichkeit kaum zu übertreffen ist – bis sie eines Tages beschließt, kein Fleisch mehr zu essen.

»Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie für nichts Besonderes. Bei unserer ersten Begegnung fand ich sie nicht einmal attraktiv. Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. So fühlte ich mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund, sie nicht zu heiraten.«
Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet.

Die Vegetarierin ist eine kafkaeske Geschichte in drei Akten über Scham und Begierde, Macht und Obsession sowie unsere zum Scheitern verurteilten Versuche, den Anderen zu verstehen, der ja doch, wie man selbst, Gefangener im eigenen Leib ist. Der Roman wurde mit dem Man Booker International Prize 2016 ausgezeichnet.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2017

Kafkaeske Kurzgeschichten mit angeschnitten Andeutungen hinterlassen einen verwirrenden Eindruck

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Der in der Originalfassung preisgekrönte Roman "Die Vegetarierin" der südkoreanischen Autorin Han Kang ist 2016 im aufbauverlag auf deutsch erschienen.

Das Werk wurde 2007 zusammen mit Han Kangs Englisch-Übersetzern ...

Der in der Originalfassung preisgekrönte Roman "Die Vegetarierin" der südkoreanischen Autorin Han Kang ist 2016 im aufbauverlag auf deutsch erschienen.

Das Werk wurde 2007 zusammen mit Han Kangs Englisch-Übersetzern Deborah Smith mit dem Man Booker International Prize ausgezeichnet und 2010 verfilmt.

Bisher ist dies mein erster Titel aus Südkorea und dem Asiatischen Raum, den ich so bewußt lese. Er hinterlässt bei mir einen etwas verwirrten Eindruck, was wohl auch eher an der Unkenntnis der dortigen Kultur und Gesellschaftsnormen liegen könnte, um den tieferen Sinn zu erkennen.

Buchcover:
Interessant erscheint vor allem das Buchcover! Zunächst denkt man: "Ein nettes Blumenbouquet mit tollen rosafarbenen Lilien". Aber bei näherer Betrachtung erkennt man dazwischen die weiteren fleischig rohen Elemente. Aus einem zarten Blütenblatt wird eine ekelhafte Zunge. Ja, ekelhaft, denn das liebliche Bild wandelt sich durch diese Zusätze und erweckt in dem Betrachter abstößige Gefühle. Ich würde sagen, das Cover erfüllt seinen Zweck, oder?

Inhalt:
Das Buch ist in drei Kurzgeschichten aufgeteilt, die jeweils aus der Sicht verschiedener Personen in abwechselnden Perspektiven und Zeiten erzählt wird. Dabei wird unklar, welche Person eigentlich die Hauptprotagonistin ist, trotzdem ist der Kern der psychische Zerfall einer jungen Frau namens Yong-Hye und die damit verbundenen Auswirkungen auf Gesellschaft und Familie.

Erster Abschnitt "Die Vegetarierin"
Der unsympatisch wirkende Mann namens Chong mit Minderwertigkeitskomplexen ist mit der unscheinbaren, gefügige aber leidenschaftslose Yong-Hye verheiratet. Eine Heirat nicht aus Liebe, sondern aus gesellschaftlichen Gründen, um keine lästigen Beziehungsprobleme zu haben.

Obwohl das Buch mit seinen 190 Seiten recht dünn wirkt, geht die Geschichte auch schon direkt los mit der Verwandlung seiner ansonsten frigiden und gewöhnlichen, der Gesellschaft angepassten Ehefrau zu einer traumatisierten und psychopatischen Vegetarierin. Dem aber nicht genug, sperrt sie sich komplett gegenüber allen tierischen Produkten, ohne Rücksicht auf ihre Umwelt, auf soziale Normen und zwischenmenschliche Werte. Das ganze eskaliert zum Ende des ersten Drittels soweit, dass ihre Verweigerung auch noch zu einem Familiendrama führt. Ihr Vater zwingt sie mit Gewallt Fleisch zu essen.

Der Abschnitt ist aus der Ich-Perspektive des Ehemannes in nüchterner aber flüssiger Sprache erzählt. Dazwischen tauchen Passagen aus den Träumen und Gedanken von Yong-Hye in der Ich-Perspektive auf, die nicht nur verwirrend sind, sondern auch brutal und gewalttätig, für zartbesaitete Leser unter anderem auch sehr verstörend. Wobei man aber auch nicht unterscheiden kann, ob es sich dabei nur um Träume, oder doch auch um echte Erinnerungen handelt.

Tatsächlich hat mich das Buch, wie viele andere Leser auch, überrascht. Bin ich zunächst von einer Rebellion gegen Massentierhaltung, Fleischverzehr und gesellschaftlichen Zwängen ausgegangen. Ganz im Gegenteil geht es um eine Frau, die durch gewaltsame Kindheitserfahrungen psychotische Träume bekommt die sie zu diesen Maßnahmen zwingen. Sie verfällt in eine krankhafte Manie bis hin zu schizophrenen Zügen. Durch ihr Verhalten bricht sie natürlich mit den in Südkorea vorherrschenden Konventionen und gesellschaftlichen Normen.

Zweiter Abschnitt "Der Mongolenfleck"
Im zweiten Abschnitt wechselt die Geschichte zum personalen Erzähler aus der Perspektive des Schwagers von Yong-Hye und wirkt erst mal als krasser Schnitt zum ersten Abschnitt. Der Mann von Yong-Hyes Schwester In-Hye ist ein durchschnittlicher und unerotischer Künstler, der sich in erotische Phantasien mit seiner Schwägerin soweit hineinsteigert, so dass er mitten in einer Sinn- und Schaffenskrise feststeckt.

Die zunächst phlegmatisch wirkende Yong-Hye läßt sich auf seine Phantasien emotionslos ein, bricht aber damit für sich selber den Bann zu ihren verstörenden Träumen. Sie hat ihn eher benutzt um sich selber von ihren Träumen zu befreien. Er war nur mittel zum Zweck.

Im Gegensatz zum recht krassen ersten Abschnitt wirkt dieser Teil eher langweilig. Die Sprache ist eingängig und gut lesbar, trotzdem muss man die sexuellen Phantasien des Mannes miterleben. Sie ziehen aber einen nicht wirklich in den Bann.

Yong-Hye erlebt man hier extrem apatisch und letargisch. Es trägt nicht wirklich zur weiteren Aufklärung noch vieler offenen Fragen bei, oder gibt einem einen tieferen Einblick in Yong-Hyes Psyche, um ihr Verhalten besser nachvollziehen zu können. Man bleibt genauso unschlau zurück wie nach dem ersten Abschnitt.

Dritter Abschnitt "Bäume in Flammen"
Im letzten Teil wird aus der personalen Perspektive von In-Hye beschrieben, wie sie Yong-Hye in der Psychiatrischen Klinik besucht und den Verfalls ihrer Schwester begleitet. Ihre Schwester hat nicht nur an der veganen Lebensweise festgehalten, sondern möchte sich in einen Baum verwandeln, der sich nur noch von Wasser nährt. Also verweigert Sie nun die gesamten Nahrungsaufnahme bis hin zur bulemischen Anfällen, um sich über Sonden eingeflößte Nahrung zu entledigen.

In-Hye, eine einsame Frau aber fürsorgliche Mutter, reflektiert während ihren Besuchen sich und die Geschehnisse in ihrem Leben im Zusammenhang mit ihrem Mann und ihrer Schwester und verfällt dabei in Selbstvorwürfe. Es wird klar, dass die krankhafte Entwicklung der Schwester die ganze Familie ins Unglück gestürzt hat.

Durch ständige Rückblicke und Zeitsprünge wird das Lesen sehr anstrengend und mühselig. Vieles wiederholt sich und wirkt extrem in die Länge gezogen, auch wenn es sich dabei um ein Stilmittel handelt, um das zermürbende Warten auf den Tod zu verdeutlichen. Es wird aber trotzdem nicht klar, worum es der Autorin eigentlich geht. Geht es um die Kritik an der Sterbehilfe? Darum, dass eine sterbewillige Frau gewaltsam durch Ärzte und Medizin am Leben erhalten wird? Um Vorurteile und Voreingenommenheiten gegenüber andersartigen oder kranken Menschen?

Meine Meinung zum gesamten Buch:
Für mich ist das kein Roman, alle drei Abschnitte sind eher Kurzgeschichten, die für sich alleine stehen. Sie haben zwar inhaltlich Bezug zueinander, helfen aber nicht die Thematik zu erfassen und zu vertiefen. Die Frage, warum Yong-Hye überhaupt in diesen psychischen Verfall geraten ist, wird nicht aufgeklärt. Es werden nur Andeutungen angerissen.

Ich habe mich am Schluss nur noch durch die Seiten gequält und bin eher stutzig und verwundert über dieses Buch. Ich kann es nicht empfehlen, auch wenn die Meinungen darüber doch sehr auseinander gehen. Ich habe eher das Gefühl, dass wir Europäer vielleicht dieses Buch nicht verstehen, weil wir die Kultur und Gesellschaft nicht kennen und die Kritik deswegen nicht erkennen?