Cover-Bild La Grande Bleue
22,80
inkl. MwSt
  • Verlag: STROUX edition
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 15.03.2017
  • ISBN: 9783981843002
Helga Hutterer

La Grande Bleue

Paris • Oran • Alger 1962–1966, Biographischer Roman
(Deutsch)
Roman aus dem algerischen Unabhängigkeitskrieg: Hannah, eine junge deutsche Ballettstudentin in Paris, folgt im
Mai 1962 ihrem Freund René, einem Pariser Rechtsanwalt mit undurchsichtigen politischen Kontakten nach Oran, dorthin, wo der brutalste Widerstand der Algerienfranzosen gegen die Loslösung von Frankreich tobt. Hannah übernimmt, als Journalistin getarnt, Aufgaben für René und gerät so in den Strudel des Untergangs dieser kosmopolitischen Stadt. In Alger, der Hauptstadt des neu gegründeten Staates, erlebt sie aus nächster Nähe die Auswirkungen des Bürgerkriegs und begegnet den wichtigsten Politikern. Bald muss sie jedoch erkennen, dass auch ihr ein harter Kampf um Unabhängigkeit bevorsteht …

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Lesejury-Facts

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.07.2018

Eine junge Frau im algerischen Bürgerkrieg

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„...Alles scheint sinnlos, sie fühlt sich verloren in einer Welt von Brutalität und Gewalt. Egal wohin sie gehen wird, dieser inneren Einsamkeit wird sie nie davonlaufen können, die wird sie immer einholen...“

Wir ...

„...Alles scheint sinnlos, sie fühlt sich verloren in einer Welt von Brutalität und Gewalt. Egal wohin sie gehen wird, dieser inneren Einsamkeit wird sie nie davonlaufen können, die wird sie immer einholen...“

Wir schreiben das Jahr 1962. In Oran ist es eine der Aufgaben des französischen Rechtsanwalts Renè Soyer, die verfeindeten Parteien an einen Tisch zu bringen und zu einem Friedensvertrag zu kommen. Ihm folgt seine 21 Jahre alte Freundin Hannah. Sie übernimmt Aufgaben für Renè und gibt sich anfangs als Journalistin aus.
Die Autorin hat eine intensive Geschichte über ein historisches Thema geschrieben. Dabei steht vor allem Hannahs Leben im Mittelpunkt der Handlung.
Der Schriftstil ist sehr distanziert. Dadurch wirken einige Szenen sehr beeindruckend und bedrückend.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Trotzdem bleibt für mich Renè eine undurchsichtige Erscheinung. Einerseits gibt er sich als Hannahs väterlicher Freund aus, andererseits benutzt er sie gnadenlos für seine Zwecke. Henri, ein Algerienfranzose, beschreibt ihn folgendermaßen:

„...Noch nie habe ich eine so charismatisch schillernde, in sich ruhende, geistig quirlige,von Rabelais nicht nur in der Körperlichkeit, sondern auch vom Intellekt her geprägte Persönlichkeit kennengelernt...“

Doch im Verlaufe des Romans ändert sich Renè erschreckend. Mehr und mehr kommt eine dunkle Seite zum Tragen.
Hannah hatte Deutschland verlassen, um in Paris Ballettunterricht zu nehmen. In einer kritischen Situation hatte ihr Renè unter die Arme gegriffen. Das erklärt ihre Bindung an den 30 Jahre älteren Mann. Ab und an gehen Hannahs Gedanken in die Vergangenheit. Trotz ihrer Jugend hat sie ein bewegtes Leben hinter sich, dessen Wurzeln in die Zeit des zweiten Weltkrieges zurückgehen.
1962 ist das Jahr der Entlassung von Algerien in die Selbstständigkeit und Freiheit. Während Hannahs Zeit in Oran taumelt diese Stadt ihrem Untergang entgegen. Auslöser ist der Terror der OAS, einer Organisation der Algerienfranzosen, die bis zuletzt auf eine eigene Enklave im Lande hofft. Hannah gerät in eine Welt von Brutalität und Angst. Terror der einen Seite ruft Racheaktionen der anderen hervor. Beide Gruppen nehmen keinerlei Rücksicht auf Frauen und Kinder. Die OAS will verbrannte Erde zurücklassen. Dafür ist ihr jedes Mittel recht.
Das Eingangszitat beschreibt, welche Folgen das Erlebte für Hannah hat.
Sehr genau werden die Handlungsorte beschrieben. Es gibt noch kleine Oasen der Ruhe und des Friedens, vor allem im arabischen Teil. Hier verwendet die Autorin treffende Metapher. Schnell aber zeigt sich, wie das normale Leben durch Schüsse aus dem Takt gerät.
Die Ereignisse in Oran verändern Hannah. Auf den Flug nach Alger, auf den sie Renè begleitet, denkt sie über ihre Zukunft nach:

„...Renè zwingt sie zu nichts, sie ist es, die ihm immer noch folgt...Vielleicht will sie das verlockende abenteuerliche Leben, das ihr Renè bietet, nicht aufgeben müssen...“

In Alger beginnt sie wieder für das Ballett zu trainieren. Es ist der erste Schritt zu ihrer Trennung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. An einigen Stellen hätte ich mir allerdings ein paar mehr Informationen gewünscht. Das betrifft vor allem Renès politische Rolle. Dadurch würden eventuell sein negativen Veränderungen plausibler.

Veröffentlicht am 25.06.2018

spannende Lektüre über die Endphase des Algerienkriegs

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Helga Hutterer entführt den Leser in ihrem Biographischen Roman „La Grande Bleue“ mitten in den Algerienkrieg, genauer gesagt zu den Stationen Paris, Oran und Alger, welche Hannah – Protagonistin des Buches ...

Helga Hutterer entführt den Leser in ihrem Biographischen Roman „La Grande Bleue“ mitten in den Algerienkrieg, genauer gesagt zu den Stationen Paris, Oran und Alger, welche Hannah – Protagonistin des Buches – in den Jahren 1962 bis
1966 erlebt.
Dass selbstbiographische Belletristik informativ und zugleich spannend, packend sein kann, wird anhand dieses Werkes eindrucksvoll dargelegt.

Bereits im Prolog wird der Leser mit der Lage in Algerien konfrontiert, eigentlich darauf vorbereitet, was ihn dort erwarten wird. René Soyer hat einen Posten durch François Mitterand im Oran erhalten und soll für die Regierung Frankreichs unter Charles de Gaulle mit der „algerischen Exilregierung GPRA und der Nationalen Befreiungsfront FLN, der Organisation der arabischen Muslime in Algerien, eine friedliche Übergabe der Stadt an die Araber aushandeln.“ [7] Dies ist der Auftakt für Hannah, die ihrem Freund René von Paris aus in den Oran folgt. Dass sie sich dabei auf eine anstrengende, spannende, aufregende und gefährliche Reise begibt, merkt sie direkt bei ihrer Ankunft. „Plötzlich fallen Schüsse. Eine Kugel pfeift nahe an ihrem Kopf vorbei. Neben ihr bricht der Mann zusammen…“ [17]
Hannah kommt im Verlauf der Geschichte zur Unabhängigkeit Algeriens auch zwischen die Fronten der Konfliktparteien. Die Lebensbedrohlichen Situationen hindern sie aber nicht, weiter ihrem Freund René zu folgen. Das Buch legt die politische Situation Algeriens auf eine fesselnde Weise dar und schildert unter anderem die Geschehnisse rund um Boumedienne, Ben Bella für die FLN, Challe, Massu für Frankreich und Raoul Salan für die OAS (Organisation de l’armée secrète) einer französichen Untergrundorganisation. Und immer mitten im Geschehen: Soyer.
Die Unabhängigkeit spielt nicht nur eine wichtige Rolle im blutigen Algerienkrieg, sondern betrifft auch sie, denn sie sieht sich auch mit existenziellen Fragen konfrontiert. Hannah kam als Kriegskind aus Jugoslawien nach Deutschland, erhielt unter anderem in Paris ihre Ausbildung zur klassischen Balletttänzerin. Es sind die kleinen Dinge, die ihr –außer René - halt geben. Im Verlaufe der Geschichte kommt Hannah zur Erkenntnis, dass die Unabhängigkeit auch für sie erstrebenswert ist, dass sich auch bei ihr etwas ändern muss, damit sie lebt, glücklich ist und beginnt einige Dinge zu hinterfragen.

Der Schreibstil ist kurz, prägnant, teilweise kühl, nüchtern. Er hält den Leser auf Distanz. Lässt einen das Erlebte aus der Ferne betrachten. Für den Teil in Oran ist dies perfekt. Allerdings bleibt der Leser auch mit seinen Emotionen, der Gefühlswelt etwas außen vor. Man kann sich nicht mit Hannah identifizieren oder sich ganz in ihre Lage hineinversetzen. Dies ist schade und hätte den Teil ab „la grande bleue“ wesentlich spannender, attraktiver gemacht.

Insgesamt ist das Buch eine spannende Lektüre über die Endphase des Algerienkriegs und zeigt tiefe Einblicke in die damalige Situation.