Cover-Bild Schwarzpulver
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18,95
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 202
  • Ersterscheinung: 16.07.2020
  • ISBN: 9783406755569
Laura Lichtblau

Schwarzpulver

Roman
Es ist kalt geworden in Berlin, es ist die Zeit der Rauhnächte. Lautstarke Propaganda dominiert längst nicht mehr nur die Straßen der Hauptstadt, sondern die Politik des ganzen Landes. Und mittendrin taumeln drei Verlorengegangene, die plötzlich beginnen, sich Fragen zu stellen.
Da ist Burschi, die Johanna liebt, gegen alle Widerstände. Und dabei nicht nur den starken Arm eines Staates zu spüren bekommt, der kein Anderssein mehr duldet, sondern auch die Brüchigkeit menschlicher Beziehungen, wenn die Angst im Nacken sitzt. Da ist Charlie, der in anarchischen Musikerkreisen zwischen Joints und lauten Beats erwachsen wird. Und lernt, sich der allgegenwärtigen Überwachung auf seine Weise zu entziehen. Und da ist Charlotte, seine Mutter, Scharfschützin einer Bürgerwehr, die in ihren Loyalitäten schwankt und dabei droht den Verstand zu verlieren. Ist ihre Militanz vielleicht nur ein missglückter Versuch, dem eigenen Leben zu entkommen? Laura Lichtblau entwirft mit ihrem Debütroman «Schwarzpulver» eine urbane Dystopie. In feiner, gleichzeitig wilder - beinahe wildwüchsiger - Sprache, mit Witz und Leichtigkeit, erzählt sie vom unbewussten Verlangen nach Freiheit in einem Staat, dessen Ziel die absolute Unterdrückung ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2021

Die Geister der Wilden Jagd

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In Berlin herrscht die Zeit der grauen und kalten Rauhnächte zwischen den Jahren und leider auch eine autoritäre, rechtspopulistische und fanatische Partei. Laut einer Mythologie beginnt in dieser Jahreszeit ...

In Berlin herrscht die Zeit der grauen und kalten Rauhnächte zwischen den Jahren und leider auch eine autoritäre, rechtspopulistische und fanatische Partei. Laut einer Mythologie beginnt in dieser Jahreszeit die Wilde Jagd – wer geisterhafte Jäger am Himmel sieht oder hört, dem könnte Fürchterliches drohen. Und so schwirren und irren drei skurille Figuren durch ihre Welt – Burschi (auch Elisa) pflegt ein altes Ehepaar und verliebt sich in die mystische Widerständlerin Johanna, die nach Schwarzpulver riecht. Charlie (Karl) ist unbezahlter Praktikant bei einem angesagten Hip-Hop-Label und leidet unter der immer ängstlichen und klammernden Mutter Charlotte Venus. Diese ist nach einer gescheiterten großen Liebe und Erfolglosigkeit in ihrem kreativen Beruf alkoholkrank, psychisch labil und – zur Scharfschützin bei der Bürgerwehr umgeschult.

Allesamt versuchen menschliche Bindungen aufzubauen und sich unter dem ausländer- und frauenfeindlichen, homophoben Regime, das keine Subkultur, wilde junge Menschen oder jegliche Divergenz duldet, einigermaßen frei zu bewegen – denn längst hat die Bürgerwehr alle Privilegien, die Ansichten der Partei mit dem Amt für Staatsmoral hart durchzusetzen und Widerständige festzunehmen.

Trotz dystopischen und finsteren Zukunftsaussichten ist Lara Lichtblaus Debütroman voller Poesie, Romantik und Humor. Das ist ihrer frischen, experimentellen und sehr lyrischen Sprache zu verdanken, die vor innovativen und bunten Bildern nur so sprudelt und auch vor der üblichen Satzstellung oder Wortgebrauch keinen Halt macht. Fast wie in einem Poetry-Slam lässt Lichtblau ihre Figuren multiperspektivisch erzählen, auf jeder Seite findet sich ein Lieblingssatz und die Überschriften fließen einfach in das Textbild.

Zwar ist das an der ein oder anderen Stelle auch teilweise etwas zu viel sprachliche Verspieltheit und der ein oder andere Charakter nur oberflächig in seiner Innenwelt angeschnitten, aber der lakonische Witz, der besonders bei den aufmüpfigen Remmidemmi-Geschichten von Charlotte daherkommt, ist sehr treffsicher und witzig.

Und bei allem bleibt ein bitterer Nachgeschmack, denn trotz Hoffnungsschimmer am Ende des Romans – wie weit sind wir noch von der politischen und gesellschaftlichen Welt, die Laura Lichtblau erschafft, entfernt? So greift die Autorin ein sehr gegenwärtiges, brisantes Thema auf und changiert trotzdem zwischen Ironie, Surrealem und tatsächlicher Bedrohung.

Es gibt ein offenes Ende, das viele Fragen zu den Personen offen lässt - der Leser durfte die drei Protagonisten nur kurz bei ihrer märchenhaften Geisterjagd begleiten – innere Geister, politische Geister und mystische Geister am Feuerwerkshimmel. Und Lichtblau hat die Raketen mit jeder Menge sprachlich ausgeklügeltem und schlagkräftigem Schwarzpulver befüllt.

Ein sehr lesenswertes Debüt, das deutlich macht, wie schützenswert unsere gesellschaftlichen Freiheiten und Unterschiedlichkeiten sowie Kunst und Kultur sind.

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Wagemutiges Debüt

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Die Autorin versteht ihr Handwerk, auch wenn sie gerade nicht den perfekten Roman abliefert, der alle Leser zufrieden stellt. Aber es nimmt für Laura Lichtblau ein, wie hingebungsvoll sie sich der Gestaltung ...

Die Autorin versteht ihr Handwerk, auch wenn sie gerade nicht den perfekten Roman abliefert, der alle Leser zufrieden stellt. Aber es nimmt für Laura Lichtblau ein, wie hingebungsvoll sie sich der Gestaltung ihres Debütromans widmet.
Das beginnt schon mit der Aufstellung der drei Hauptfiguren.
Da ist einmal Burschi, das Landei, ein bayrisches Urviech, das mit männlich konnotiertem Kosenamen seinen Weg durch die kalte Hauptstadt eines nicht nur temperaturmäßig kalten Deutschland sucht. Ihre abweichende sexuelle Orientierung macht sie in diesem normengläubigen, - ja -hörigen Land von vornherein verdächtig. Diesem Solitär von Protagonistin gegenübergestellt ist das symbiotisch verbandelte Mutter-und-Sohn-Gespann Charlotte und Charlie, deren Namensgleichklang ungutes Zeugnis ablegt von der ungesunden Bindung, die die Mutter um jeden Preis aufrecht zu erhalten sucht, während der Sohn sein Heil in neuen sozialen Bezügen zu finden hofft.
Zweites Indiz für Lichtblaus Könnerschaft ist ihre Gestaltung des Schauplatzes. Ganz allmählich nur entpuppt sich Berlin als Szenario eines autokratisch geführten Staatsgebildes, rechts und faschistisch, bejaht und unterstützt von Bürgern, die offenkundig ihren Glauben an Freiheit und Demokratie verloren haben. Symptomatisch für dieses System ist die von Lichtblau erdachte Institution der militanten Bürgerwehr, aus deren Fängen sich die Scharfschützin Charlotte nur durch die Flucht in die Paranoia zu befreien vermag.
Ein drittes Moment für das von der Autorin inszenierte Vexierspiel ist die Wahl der Zeit, in der die Ereignisse des Romans ablaufen. Es sind die Rauhnächte, die Twelfth Night zwischen Weihnachten und Epiphanias, im Volksglauben eine Zeit der Magie, des Ungeheuren, des Bedrohlichen, die aber die Hauptfiguren gleichsam in einen Kokon einspinnt, in dem jede einzelne Figur Gewissheit über sein Außenseitertum in dieser totalitären Gesellschaft erlangt.
Ihren ganz persönlichen Stempel drückt die Autorin ihrem Werk durch ihre Sprachgestaltung auf. So fallen einmal die ungemein poetischen Formulierungen ins Auge, gelegentlich übermäßig gesucht und überzogen, doch immer eigenständig und originell. Lichtblaus Darstellung erhält so einen unwirklichen, geradezu märchenhaften Ton. Dagegen kontrastiert eine klare knappe Begrifflichkeit, wenn die Mechanismen dieses Staatswesens gekennzeichnet werden. Und zu guter letzt brilliert sie mit einem ungeheuren Witz, einer erfrischenden Schnoddrigkeit, die sie ihren Figuren in den Mund legt.
Laura Lichtblau legt mit „Schwarzpulver“ ein vielversprechendere, facettenreiches Debüt vor, dessen begrenzter Umfang den Leser nie ermüdet, sondern kaleidoskopartig einen ersten Eindruck von den Talenten dieser Autorin vermittelt.

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Schall und Rauch

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As großer Fan von Dystopien wollte ich unbedingt den Debütroman von Laura Lichtblau lesen. Mit Schwarzpulver bringt sie ein Deutschland auf Papier, das sich hinter einer Spaltung der Gesellschaft befindet, ...

As großer Fan von Dystopien wollte ich unbedingt den Debütroman von Laura Lichtblau lesen. Mit Schwarzpulver bringt sie ein Deutschland auf Papier, das sich hinter einer Spaltung der Gesellschaft befindet, die uns aktuell möglicherweise noch bevorsteht.

Worum geht's?
Deutschland in einer nicht allzu fernen Zukunft. Eine patriotische, sicherheitsbesessene und konservative Partei steht an der Spitze des Staates und nutzt jede Möglichkeit für weitere Propaganda. Andersgläubige werden aufs Schärfste beobachtet und die Schaffung einer bis an die Zähne bewaffneten Bürgerwehr sorgt für eine düstere Atmosphäre. In diesem Tunnel der Angst irren drei Personen umher, Burschi, Charlie und Charlotte, die sich allesamt fragen, ob das so richtig ist und wenn nein, was denn der oder die einzelne überhaupt bewirken kann. Die junge Burschi kennt Traditionen von zuhause, ist aber so gar nicht in Einklang zu bringen mit der indoktrinierten herrschenden Meinung der Partei. Charlie widersetzt sich seiner Mutter Charlotte, jobbt bei einem pseudo-rebellischen Musiklabel und Charlotte selbst ist stolzes Mitglied der Bürgerwehr. Bis sie sich und ihren neuen Job mehr und mehr hinterfragt. Letztlich finden sich alle in einem Strudel der Ignoranz, der Sinnlosigkeit und der Verzweiflung wieder und versuchen diesem zu entkommen.

Wie war's?
Schwarzpulver ist eine literarische Dystopie. Nicht zu vergleichen mit thrillerähnlichen, erschreckenden Szenarien, die erhebliche Spannung aufbauen und meistens zwei, drei Helden haben, die sich gegen das System stellen. Viel eher empfand ich Schwarzpulver ähnlich wie 1984 von George Orwell. Ein übermächtiger Staat gibt nicht viel auf Mindermeinungen und regiert mit harter Hand. Gleichgesinnte werden nicht nur bejubelt, sondern im Rahmen der Bürgerwehr sogar noch bewaffnet. Homosexuelle, Ausländer und Systemkritiker werden verachtet, ausgegrenzt und abgestempelt. Ich fand das Buch nicht leicht zu lesen, da das Ziel so verworren war. Was bezweckt das Handeln der Protagonisten und was ist das eigentlich für ein Setting, in dem wir uns befinden?
Die Autorin schafft mir Burschi eine liebenswerte Person, mit Charlie einen Rebell, der dringend aus der mütterlichen Zwangsjacke fliehen möchte und mit Charlotte eine Parteigenossin par excellence, die nach und nach das System und vor allem sich selbst in Frage stellt.
Die verschiedenen Perspektiven sind interessant, münden für mein Empfinden aber in zu wenig gemeinsamen Szenen, sodass der große Zusammenhang nur gering ausfällt. Insgesamt wahrlich vielmehr Literatur als Belletristik mit interessanten Elementen einer nahezu paranoiden Gesellschaft und Protagonisten, die auf der Suche nach sich selbst sind.

Ein Buch der leisen Töne, das mit gutem Schreibstil den teilweise literarisch anspruchsvollen Inhalt auffängt und mich etwas ratlos zurücklässt.

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Veröffentlicht am 20.08.2020

Nebelschwaden über dem Text

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Ein Roman über dem ein Nebel hängt - wie ein Schleier hängen düstere unausgesprochene Elemente über dem Text. Durch den Klappentext und vorher erworbene Informationen, ahnt man, dass hier kein positives ...

Ein Roman über dem ein Nebel hängt - wie ein Schleier hängen düstere unausgesprochene Elemente über dem Text. Durch den Klappentext und vorher erworbene Informationen, ahnt man, dass hier kein positives Szenario gezeichnet wird. Wir nisten uns als Leser abwechselnd in die Köpfe dreier Personen ein: Charlotte – Mutter und Scharfschützin, Charlie – Charlottes Kind und Burschi – ein weiterer junger Mensch.

Poetisch, fast lyrisch – fetzenartig bekommt der Leser mit wie es den einzelnen Personen geht und mit was sie sich beschäftigen. Ausschnittartig mit fehlender ausschmückender Erklärung eines Allwissenden Erzählers. Mir persönlich haben diese Elemente gefehlt. Es war mir zu fragmenthaft. Ich hatte mir mehr von dem dystopischen Gedankenmodell erhofft – auch außerhalb der einzelnen Personen.



Fazit: Wer es gerne lyrisch hat und gerne weniger als mehr im Text findet, mag hier eine gute Lektüre finden.

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Veröffentlicht am 19.08.2020

Aufruhr

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„Und du riechst immer noch nach Schwarzpulver, nach schattigen Orten; nach langsam entstehendem Aufruhr.“ [202]
Es ist beklemmend. Erschreckend. Ein dystopischer Blick in eine Zukunft mit drei Charakteren, ...

„Und du riechst immer noch nach Schwarzpulver, nach schattigen Orten; nach langsam entstehendem Aufruhr.“ [202]
Es ist beklemmend. Erschreckend. Ein dystopischer Blick in eine Zukunft mit drei Charakteren, dies sind Burschi, Charlie und Charlotte, die sich zusehends immer mehr Fragen stellen. Dinge, die am Anfang einfach hingenommen wurden, werden hinterfragt und reißen die Protagonisten aus ihrer vegetativen Schockstarre, dem chaotischen Lebensweg.
„Stück für Stück ergibt Sinn, was mir immer wie ein beinahe obszön chaotisches Strudeln und Schlingern erschienen ist: mein Leben eben. Ich hatte mich redlich darum bemüht, es irgendwie im Griff zu behalten, aussichtslos.“ [167]
„Schwarzpulver“ von Laura Lichtblau ist ein Buch, dass sich nur äußerst langsam lesen lässt. Man muss dieses literarische Werk sorgsam und konzentriert lesen. Ein Grund dafür sind aber nicht die Themen, die die Autorin aufgreift, sondern die lyrische und poetische Sprache. Es ist schön, wenn man die Sätze und Gedanken nicht in schnöden, kurzen Sätzen präsentiert bekommt, aber hier gleicht die Sprache einem Singsang, der den Leser innen Kraft kostet ins Geschehen zu kommen und der Geschichte zu folgen. Sicherlich unterstreicht dies auch die Sicht der drei auftretenden Hauptcharaktere gut, schildern diese ihre Perspektive. Immer schön abwechselnd. Ihre Namen sind quasi die Kapitelüberschrift. Danach folgt ein unterstrichener Text, der sich aber nahtlos in den darauffolgenden eingliedert.
Mit dem sprachlichen Stil, der anderen Gestaltung der Kapitel schafft Lichtblau es, sich aus der Masse abzuheben. Erfreulich ist, dass sie die dystopischen Ideen, die Unterdrückung durch den Staat in ihre eigene Geschichte transformiert.
„Sie will: dass alle Homo- und Bi- und Trans- und Pansexuellen sich melden, und alle psychisch Kranken auch, alle Depressiven Schizophrenen Essgestörten und so weiter, eine Volkszählung wie bei Herodes oder zu noch ganz anderen Zeiten soll es geben.“ [137]
Die Themen, die Aufbereitung eben dieser und die Anspielungen fand ich sehr gelungen und erfrischend den Leser
innen dargeboten.
„Lassen wir die Frauen Frauen sein, weich, tröstlich und ab und an ein wenig frech, wie kleine Kätzchen. Musen, Mütter, Menschen, die das Leben einfach … schöner machen.“ [190 f.]
„Charlie Venus wartete stets mit extraordinären Ideen auf.“ [151] Und das tut Laura Lichtblau auch.

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