Platzhalter für Profilbild

Abibliophobia

Lesejury Profi
offline

Abibliophobia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Abibliophobia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2019

Lesen wie Gott in Frankreich

Ein Tropfen vom Glück
0

In Antoine Laurains Roman „Ein Tropfen vom Glück“ geht es um vier Nachbarn, die durch das Trinken einer Flasche Wein in das Jahr 1954 zurückversetzt werden.
Bereits beim Cover denkt man an Paris, Spaß, ...

In Antoine Laurains Roman „Ein Tropfen vom Glück“ geht es um vier Nachbarn, die durch das Trinken einer Flasche Wein in das Jahr 1954 zurückversetzt werden.
Bereits beim Cover denkt man an Paris, Spaß, Tanz, Wein und Liebe. Jeder der vier Charaktere besitzt eine besondere Beziehung zu Paris und es ist toll, die einzelnen Schicksale kennen zu lernen. Bob hätte seine Frau ohne eine Paris-Postkarte nie angesprochen. Die Reise war immer ein gemeinsamer Traum und nun unternimmt Bob sie allein, während seine Frau im Koma liegt. Er wohnt in der Wohnung einer alten Pariserin und lernt dadurch die anderen drei Protagonisten kennen. Magalie repariert die schönsten Dinge, während ihr eigenes Privatleben in Scherben liegt und sie nicht wahrnimmt, wie verrückt ihr Nachbar Julien nach ihr ist.
Ich liebe es, wie die Geschichten und Schicksale miteinander verwoben sind. Die vier sind viel mehr als nur gemeinsame Hausbewohner. Selbst der Airbnb-Gast Bob nimmt eine zentrale Stellung ein, als er den Nachbarn Hubert aus dem Keller befreit. Ein perfektes Zusammenspiel und Aufeinandertreffen der Hauptfiguren.
Auf den Schreck teilen sie sich eine Flasche Wein aus dem Jahr 1954 und so nimmt die Geschichte ihren Lauf…
Die Idee des Buches ist grandios. Alle denken noch an eine aufwendige Werbeaktion zum Tag des Weltkulturerbes, bevor sie merken, dass sie sich wirklich im Jahr 1954 befinden. Ich bin kein Freund der Zeitreise in Romanen, hier fand ich die Idee schön und die Umsetzung sehr gelungen. Alle sind beeindruckt von einer Zeit, die noch nicht lang vorbei ist, einem aber umso fremder erscheint ohne Handys etc. Der Roman ist beschwingt und mit Leichtigkeit geschrieben, man bekommt selbst Lust durch Paris zu schlendern.
Es ergeben sich durch diese Zeitreise Möglichkeiten, die alles ändern können. Man sieht die tote Großmutter ein letztes Mal, man trifft Verwandte, die man leider nicht persönlich kennen lernen durfte und versteht ihr Schicksal und ihre Geschichte.
Dieses Buch fühlt sich an, wie eine bezaubernde Reise ins alte Paris gemeinsam mit guten Freunden. Man liest es am besten mit einem guten Glas französischen Wein und taucht völlig ein in die magische Welt.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Macht auf eine positive Art nachdenklich

Die Leben danach
0

„Die Leben danach“ ist ein philosophisches Buch über den Tod, Nahtoderfahrungen und die Bedeutung des Lebens.
Das Buch beginnt unvermittelt mit dem plötzlichen Herzstillstand des 33-jährigen Jim. Er ist ...

„Die Leben danach“ ist ein philosophisches Buch über den Tod, Nahtoderfahrungen und die Bedeutung des Lebens.
Das Buch beginnt unvermittelt mit dem plötzlichen Herzstillstand des 33-jährigen Jim. Er ist klinisch tot und diese Erfahrung ändert sein gesamtes Leben. Die fehlende Erfahrung, dass das Leben an einem vorbei zieht ist der Ausgangspunkt für das weitere Geschehen, denn Jim hat in diesem Moment einfach nichts gesehen.
Das Thema des Neuanfangs nach einem Schicksalsschlag ist nicht neu und wurde schon in zahlreichen Büchern behandelt. Dennoch gefällt mir die detaillierte Beschreibung des Problems „die Kurve zu bekommen“ sehr, denn wie so oft ist auch diese Lebensänderung leichter gesagt, als getan.
Jim ist Risikoberater, der nach diesem Erlebnis sein Leben hinterfragt. Klingt zunächst einmal langweilig, ist aber alles andere als das. Dann trifft er auch noch seine Jugendliebe Annie und die alte Beziehung flammt wieder auf. Was nach Klischee klingt ist hier kurzweilig und gut erzählt.
Die religiösen Erzählungen und Aspekte des Buches sprechen mich persönlich eher nicht an, gehören aber dennoch zu den Gedanken über Leben und Tod dazu, sodass sich hier ein abgerundetes Bild ergibt. Das Buch behandelt viele Themen wie das Leben in einer Kleinstadt, Religionen, Geister und Liebe. Es beinhaltet viele tolle Ansätze wie zum Beispiel „ kommt Gutes zu mir zurück, wenn ich selbst Gutes tue“. Die Hologramme sind ein sehr spannendes Thema, über das ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Solche Schilderungen sorgen dafür, dass man sich auch nach dem Lesen noch Gedanken über das Buch macht.
Es entwickeln sich immer wieder neue Gedankenstränge. Das Buch wirft Fragen auf wie „Gibt es ein Leben nach dem Tod?“ „Können wir mit den Toten kommunizieren und in welcher Form?“. Ergänzt wird dies durch die spannende Reise in die Vergangenheit.
Zu Beginn des Buches rechnet man nicht mit dem weiteren Verlauf, den das Geschehen nimmt. Das Buch ist abwechslungsreich, besitzt viele Facetten und bringt einen zum Nachdenken.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Berührende Freundschaft

Ich komme mit
0

Der Roman „Ich komme mit“ von Angelika Waldis handelt von der älteren einsamen Dame Vita, die alleine wohnt und deren Sohn weit weg in Australien lebt und Lazy, ein Student der im gleichen Haus wohnt und ...

Der Roman „Ich komme mit“ von Angelika Waldis handelt von der älteren einsamen Dame Vita, die alleine wohnt und deren Sohn weit weg in Australien lebt und Lazy, ein Student der im gleichen Haus wohnt und schwer krank ist. Die beiden wohnen im gleichen Haus und werden schließlich Freunde und sogar Mitbewohner.
Zu allererst fällt einem das schöne Cover und die hochwertige Qualität des Buches ins Auge. Hier handelt es sich noch um ein echtes, klassisches Buch mit stabilem Einband, sehr schön gebunden.
Die Geschichte beginnt mit der ersten Begegnung zwischen Lazar und Vita in der Waschküche des Hauses. Lazar ist noch ein kleiner Schuljunge und Vita erinnert sich an die Zeit, als ihr Sohn so klein war. Im nächsten Kapitel ist Lazar bereits Student, wohnt immer noch im Haus in einer WG und ist schwer verliebt in seine Kommilitonin Elsa. Auf den folgenden Seiten erhält man einen Überblick über das vorherige Leben von Lazy und Vita. Man kann eine gute Beziehung zu beiden aufbauen, auch aufgrund des Perspektivwechsels in den Kapiteln, ohne dass die Vorgeschichte zu langatmig wird. Dann verbindet sich das Leben der beiden Hausbewohner und es entwickelt sich Schritt für Schritt eine unglaubliche Freundschaft.
Vita ist allein, ihr Sohn ist nach Australien gezogen und meldet sich nur per Karte an ihrem Geburtstag. Lazy hat keine Familie mehr, sein Vater ist gestorben und hat ihm die Wohnung vererbt. Trotzdem wirken die beiden nicht unglücklich in ihrem Leben. Die Erzählungen aus den unterschiedlichen Perspektiven bringen dem Leser sowohl Vita, als auch Lazy in gleichem Maße näher. Der Sprachstil ist der jeweilig erzählenden Person angepasst. Ein sehr durchdachtes Konzept. Die Autorin schafft es die Distanz zwischen Vita und Lazy Stück für Stück abzubauen, sodass man es nur ganz leicht zur Kenntnis nimmt. Man spürt während des gesamten Lesens, dass Angelika Waldis Bücher und vor allem das Schreiben liebt. Ihre detaillierten und liebevoll geschilderten Beschreibungen haben mich überzeugt. Das Buch ist ein solides Buch mit einer sehr guten Geschichte, es kommt ganz ohne das übertriebene Drama, detaillierte Sexszenen oder derbe Redewendungen aus. Die Geschichte spricht für sich und muss keine künstliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das hat mich persönlich sehr angesprochen.
Die Freundschaft zwischen Vita und Lazy ist eine tolle, ehrliche Freundschaft, die einem zeigt, wie wichtig das Leben ist. Das Buch ist von Anfang an gut, aber dann berührt einen die Geschichte auf einmal ganz tief und unerwartet. In dieser Intensität habe ich das bei anderen Geschichten noch nicht erlebt. Die beiden wehren sich gegen die Grausamkeit des Lebens und geben nicht auf, sondern planen eine gemeinsam Reise. Ich habe ein Faible für ungewöhnliche, ausgefallene Freundschaften, aber so ein tolles Duo habe ich bisher noch nicht kennen gelernt.
Das Interview mit Angelika Waldis am Ende finde ich sehr gut, alle Beweggründe, die sie für dieses Buch hatte, hat sie zu einhundert Prozent umgesetzt.
Die beste ungewöhnliche Freundschaft, die ich je erlebt habe mit Sätzen, die direkt ins Herz gehen. Großartige Leistung.

Veröffentlicht am 17.09.2018

Sehr unterhaltsam

Ich hab’s auch nicht immer leicht mit mir
0

Das Buch „Ich habs auch nicht immer leicht mit mir“ von Anne Vogd wirbt selbst damit, dass jede Frau ab vierzig es gelesen haben soll. Ich bin zwar weit von der 40 entfernt, aber dennoch sehr begeistert. ...

Das Buch „Ich habs auch nicht immer leicht mit mir“ von Anne Vogd wirbt selbst damit, dass jede Frau ab vierzig es gelesen haben soll. Ich bin zwar weit von der 40 entfernt, aber dennoch sehr begeistert.
Schon der erste Gag sitzt, Anne Vogd ist sehr sympathisch und lebensfroh und nimmt sich selbst nicht immer ernst. Das Buch entspricht genau meinem Humor, spritzig und sarkastisch auf jeder Seite. Anne Vogd hat eine wunderbar entspannte Einstellung zum Leben, die für mich persönlich als sehr erstrebenswert erscheint. Sie nimmt sich selbst aufs Korn, ohne dass es erzwungen wirkt, sehr authentischer Humor. In vielen Sätzen und Situationen findet man sich selbst wieder, gerade deshalb ist das Buch so unterhaltsam. Das Kapitel über die immer extremer werdenden Essgewohnheiten wirkt so herrlich überzeugen, ist aber leider der traurige Alltag, den sie uns hier beschreibt. Alle aktuellen Themen werden aufgegriffen und unterhaltsam durch den Kakao gezogen.
Einziges Manko sind die 08/15 Witze, die zwischendurch in ihrem Buch auftauchen. Sie hätte ruhig mutiger sein können, denn ihre eigenen Witze und Pointen sind mindestens so unterhaltsam wie die gesammelten Werke aus Facebook, Twitterperlen etc.

Veröffentlicht am 17.09.2018

Tristesse

TEXT
0

Der Roman „Text“ des Autors Dmitry Glukhovsky handelt von Ilja, der nach 7 Jahren aus einem Straflager in Russland freikommt, in der für ihn neuen Welt zurechtkommen muss und auf Rache sinnt. Er ersticht ...

Der Roman „Text“ des Autors Dmitry Glukhovsky handelt von Ilja, der nach 7 Jahren aus einem Straflager in Russland freikommt, in der für ihn neuen Welt zurechtkommen muss und auf Rache sinnt. Er ersticht den Menschen, der ihn Hinter Gittern gebracht hat und nimmt dann seine Identität an.
Das Buch beginnt sehr trostlos, bei Iljas Entlassung erwartet ihn nichts mehr und nichts ist mehr, wie es vorher war. Seine Freundin hat sich schon frühzeitig von ihm getrennt und seine Mutter, die einzige Bezugsperson in seinem Leben, stirbt ein paar Tage vor seiner Entlassung. Die Hoffnungslosigkeit, Tristesse und Trostlosigkeit zieht sich durch das ganze Buch. Ich habe bisher noch kein Buch des Autors gelesen, bin aber von seinem prägnanten Sprachstil sehr überzeugt. Man spürt bereits zu Beginn, welche Auswirkungen die Zeit im Straflager auf Iljas weiteres Leben hat. Der Autor nimmt den Leser immer wieder gefangen, gerade als Ilja die Identität von Chasin annimmt und in seinem Namen weiter mit Nina und Chasins Eltern schreibt, vergisst man zwischendurch, dass es sich um Ilja handelt und nicht um den Toten. Auch Ilja selbst wird immer mehr zu Chasin, die beiden Welten verschmelzen und er verliert immer mehr den Bezug zu seinem eigenen Leben. Diese Flucht in eine andere Identität beschreibt der Autor sehr gut und authentisch. Zu Ilja selbst hat man beim Lesen ein gespaltenes Verhältnis, sympathisch ist er nun wirklich nicht, aber dennoch faszinierend, vielleicht gerade wegen der Trostlosigkeit. Das interessante und abwechslungsreiche Leben des Autors wirkt sich auf jeden Fall auf den Roman aus, dieser Autor lebt für seine Bücher. Die Handlung ist sehr durchdacht, er wagt sich in ein Genre fernab der unterhaltsamen leichten Lektüre und überzeugt auf jeder Seite. Die Trostlosigkeit spiegelt sich in allem wieder, in der Beschreibung Russlands, in der Handlung und in den Charakteren. Zu Beginn etwas befremdlich, aber gerade deshalb ein sehr gelungener Roman.