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Veröffentlicht am 14.10.2016

Das Feuer Gottes

Der Blackthorn-Code - Das Vermächtnis des Alchemisten
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London, zweites Drittel des 17. Jahrhunderts. Christopher Rowe ist fast vierzehn und der Lehrling von Meister Blackthorn, dem Apotheker. Er weiß, welche Zutaten er mit welchen vermischen muss, um Heilmittel ...

London, zweites Drittel des 17. Jahrhunderts. Christopher Rowe ist fast vierzehn und der Lehrling von Meister Blackthorn, dem Apotheker. Er weiß, welche Zutaten er mit welchen vermischen muss, um Heilmittel herzustellen, er weiß um die Verantwortung, die ein Apotheker trägt, denn alles, was heilt, kann auch als Gift verwendet werden. Trotzdem ist er ein Junge in der Pubertät, als solcher macht er ähnliche Dummheiten, wie wir es in dem Alter getan haben (obwohl ich mich nicht daran erinnern kann, Schießpulver hergestellt zu haben). Da Apotheker notorische Geheimniskrämer sind, damit ihnen die Konkurrenz nicht die Rezepte stiehlt, lehrt Meister Blackthorn Christopher das Knacken von Codes. In dieser Zeit ist jedoch nicht die Konkurrenz das größte Problem, sondern ein Mörder, der bereits mehrere Apotheker getötet hat. Als ihm auch Meister Blackthorn zum Opfer fällt, gerät Christopher in eine Intrige, aus der ihm wahrscheinlich weder die Gilde noch sein bester Freund Tom heraushelfen können.

Ein cooles Buch! Christopher, sein Meister und der beste Freund Tom sind super sympathische Charaktere, und obwohl das Buch mit leichter Hand und jugendgerecht geschrieben ist, werden ernste Themen angeschnitten. Das Bedürfnis nach Macht als starke Triebfeder des durchaus nicht unsympathischen Antagonisten wird gut verpackt, jedoch ohne den so heiß geliebten Zeigefinger. Bei vielen der Rätsel war ich persönlich überfordert und nur froh, dass wenigstens Christopher einen Plan hatte. Er ist sowieso sehr tough, da er ein normaler Junge ohne Bärenkräfte ist, muss er sich durch seinen Verstand aus den tödlichen Situationen ziehen. Tragische Gestalten wie Meister Blackthorn, dessen ehemaliger Lehrling und Freund Hugh und der Doktor, der alles verloren hat, stehen einer Reihe von mörderischen, gierigen und extrem gefährlichen Leuten gegenüber. Und am Schluss hat man richtig Spaß am Lesen gehabt und eine wichtige Lektion gelernt: Sei deinem Gegner immer ein paar Schritte voraus! Voraus bin ich nur dahingehend, dass ich mich schon mal auf Band 2 von Christophers Abenteuer freue.

Veröffentlicht am 08.10.2016

Sehnsucht nach Abenteuer und Afrika

Frühstück mit Elefanten
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In die Augen eines wilden, frei lebenden Löwens zu sehen. Sich nur wenige Meter von einem aggressiven Elefanten mucksmäuschenstill zu verhalten. Hyänen zu beobachten, Nashörner, Büffel. Ich glaube, jeder ...

In die Augen eines wilden, frei lebenden Löwens zu sehen. Sich nur wenige Meter von einem aggressiven Elefanten mucksmäuschenstill zu verhalten. Hyänen zu beobachten, Nashörner, Büffel. Ich glaube, jeder hat schon einmal davon geträumt. Und manche machen ihre Träume wahr. Manche wie Gesa Neitzel. Die Frau ist Redakteurin, lebt in Berlin und macht jedes Jahr einen Trip in entlegene Ecken der Welt. Und trotzdem ist sie getrieben, findet keinen Platz und keine Ruhe im Leben. Und dann ist da Südafrika und der Wunsch, der übermächtige Traum, die Ausbildung zum Safariguide anzutreten.

Die Autorin hat es einfach getan. Dieses "Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum" hat sie einfach umgesetzt. In Südafrika und Botswana, im Busch, in der Wüste, in Hitze, Staub und Kälte, zwischen wilden Tieren, Gefahren und extrem viel Leben. Wo Leben und Tod so nahe beieinander liegen, bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als alles intensiver zu fühlen, zu riechen, zu sehen, zu verarbeiten. Immer aufmerksam zu sein ist die erste Regel im afrikanischen Guidelexikon, denn das Leben der Touristen und auch der Tiere hängt davon ab, richtige Entscheidungen zu treffen. Wer die Sprache der Vögel, der Beutetiere, ja, selbst der Bäume kennt, kann Spuren lesen und interpretieren. Neitzel hat sich in extrem kurzer Zeit extrem viel Wissen angeeignet, nicht ohne Fehler zu machen, logisch, wer könnte das schon? Aber aus den Fehlern lernend. Sie hat Freundschaft kennengelernt, Angst und viel Lachen und Optimismus, hat gelernt, sich auf das zu beschränken, was ist, nicht was sein könnte oder war. Ihre Begegnungen mit wilden Tieren und beeindruckenden Menschen schildert sie farbenfroh und mit so viel Begeisterung, dass sie einen einfach mitnimmt - in den Busch, ins wilde Afrika, in ein Leben, das jetzt stattfindet.

Veröffentlicht am 06.10.2016

Die Sprache der Welt

Brot backen in Perfektion mit Hefe
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Brot, so schreibt Geißler, ist die einzige Sprache der Welt, die alle Menschen verstehen. Über den Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann ich nicht urteilen, aber so viel kann ich festhalten: Dieses Buch ...

Brot, so schreibt Geißler, ist die einzige Sprache der Welt, die alle Menschen verstehen. Über den Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann ich nicht urteilen, aber so viel kann ich festhalten: Dieses Buch ist gut zu verstehen und gut umzusetzen. Etwas über mich: Ich habe erst vor kurzem entdeckt, dass man Lebensmittel selbst herstellen kann. Man muss gar nicht immer fertig kaufen, man kann es selbst kochen, backen, braten, was auch immer. Ihr seht, hier steht kein Küchenprofi. Hier ist jemand, der Anweisungen braucht, diesen aber auch folgen kann. So weit, so gut. War es möglich, den Anweisungen in diesem Buch zu folgen?

Dickes, fettes Ja. Jeder, der des Lesens und Verstehens mächtig ist, wird fähig sein, den Schritt-für-Schritt-Anleitungen mitsamt Bildern folgen zu können. Dazu muss ich erwähnen, dass man aber auch vorher lesen sollte. Dann weiß man nämlich, dass man sich nicht sklavisch an die Zeiten halten muss. Es gibt jede Menge Luft nach oben oder unten, also kein Grund, wie bei einem aufzupäppelnden Babylöwen nachts halb zwei aufzustehen und sich um den Teig zu kümmern. Versuch macht kluch, deshalb darf man sich auch was trauen. Es gibt zu jedem Brot/Brötchen/Teig eine Grundart, ihn herzustellen: diese Grundart sollte man verinnerlichen oder zumindest mit einem der beiden Lesebändchen immer griffbereit haben. Hier ist auch die Erklärung für die von so vielen Nicht-ein-Brot-backenden Ich-bin-Erster-Rezensenten erwähnten zwei Lesebändchen: Eines lässt man im Rezept selbst, um die Zutaten parat zu haben, eines in der Anleitung zur Herstellung des Grundteiges oder auf den Seiten, wo genau beschrieben wird, wie das Aufziehen funktioniert.

Jetzt wollt ihr sicher wissen, ob ich überhaupt gebacken habe und wie es funktionierte. Erstens: ja. Mittlerweile ist der dritte Teig für das dritte unterschiedliche Brot beim Ruhen. Das tun diese Teige die meiste Zeit, nämlich ... nichts. Ehrlich. Die liegen da faul in ihrer Schüssel rum, alle paar Stunden komme ich vorbei und ziehe sie auf, was sie sich genauso gern gefallen lassen wie jemand, der Massagen mag. Dann lasse ich sie wieder in Ruhe, bis es Zeit wird, sie zum Reifen ins Körbchen zu lassen oder zum Backen ab in den Topf. Dafür können sie zwischen 20 und 30 Stunden faulenzen, unter Umständen sogar länger. Weil sie faulenzen, brauchen sie auch nur einen Bruchteil der Hefe, die ein normaler Teig verzehrt, und weil die meisten Küchenwaagen keine 0,irgendwas Gramm anzeigen, gibt es am Anfang des Buches Abbildungen für die Hefeportionen. Das funktioniert wirklich, wobei ich denke, dass wegen 0,01 Gramm hin oder her kein Brot Trara machen wird.

So, und funktionierte es überhaupt? Bei einem Anfänger wie mir, geht das? Nochmals ein dickes, fettes Ja. Ich war selbst überrascht. Das erste, ein Kartoffelbrot von einem knappen Kilo, sah fast so aus wie auf dem Bild im Buch und schmeckte so gut, dass es innerhalb von zwei Tagen bis zum letzten Krümel weg war. Das zweite, das Möhrenbrot (die Möhren mussten weg), erlitt ein ähnliches Schicksal. Es ist noch ein Drittel davon da, weshalb jetzt der dritte Teig vor sich hinfaulenzen darf - und ich gehe nicht davon aus, dass der katastrophal schief gehen wird.

Also? Mir geht's wie diversen Entdeckern und Forschern, nur dass ich im wahrsten Sinne des Wortes brotreiche Kunst betreibe: es funktioniert!

Veröffentlicht am 30.09.2016

Jemand geht um in der Nacht

Der Angstmann
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Ende 1944: Die Nazis hauen Durchhalteparolen raus und führen sich bestialischer denn je auf. Die Dresdner leben von Angst und Bezugsscheinen. Alle hoffen, dass sie von den Bombenangriffen der Alliierten ...

Ende 1944: Die Nazis hauen Durchhalteparolen raus und führen sich bestialischer denn je auf. Die Dresdner leben von Angst und Bezugsscheinen. Alle hoffen, dass sie von den Bombenangriffen der Alliierten verschont werden, das Gerücht, Churchills Tante lebe in Dresden und verhindere Schlimmeres geht um. Doch noch etwas oder jemand geht um und das meistens bei Alarm in der Nacht: der Angstmann. Und der tötet junge Frauen, quält sie, häutet sie, unvorstellbar. Max Heller, der alternde Kripomann, der dreißig Jahre zuvor schon einmal im Krieg gekämpft hat, nimmt die Ermittlungen auf. Doch Ressourcen sind knapp, es gibt keine Leute mehr, die er einsetzen könnte, und wen interessieren überhaupt ein paar ermordete Frauen, wenn im Krieg Millionen Menschen sterben? Max Heller interessieren sie, und er gibt nicht auf, obwohl er sich damit in Lebensgefahr begibt: erst durch die Nazis, später dann durch die Russen.

Ich bin so lange nach dem Krieg geboren worden, dass ich nicht weiß, ob Goldammer alles richtig recherchiert hat oder nicht. Aber grobe Fehler hat er bestimmt nicht gemacht, und manchmal muss man, um eine spannende Geschichte zu erzählen, etwas einbauen, wie zum Beispiel einen Kriminalkommissar, der nicht Mitglied der NSDAP ist. Was ich aber weiß ist, dass Goldammer hier einen wirklich spannenden Roman geschaffen hat, der einerseits mit einem grausamen Krimi punkten kann, andererseits auch die Grausamkeit der Nazis und des Krieges aufführt, gegen die alles andere zu verblassen droht. Der Angriff auf Dresden, das Bombardement, das Feuerinferno, das wurde mit einer gänsehauterzeugenden Eindringlichkeit beschrieben, genauso die Monate kurz nach dem Krieg, als die Russen die Stadt beherrschten und Hellers Ermittlungen mit dem jungen Saizev, der die Deutschen bis aufs Blut hasst und auch allen Grund dazu hat. Mir jedenfalls wäre es recht, wenn es weitere Bücher mit Heller (und gern auch Saizev) geben würde.

Veröffentlicht am 27.09.2016

Eine "kuhle" Story

Wir sind nicht zu fassen
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Der Chaos-Club: eine legendäre Vereinigung der Ashville High School. Geheim, aber immer präsent. Rache an fiesen Lehrern? Vogelscheißeangriff bei einem Picknick? Kühe auf dem Dach? Das sind so die Sachen, ...

Der Chaos-Club: eine legendäre Vereinigung der Ashville High School. Geheim, aber immer präsent. Rache an fiesen Lehrern? Vogelscheißeangriff bei einem Picknick? Kühe auf dem Dach? Das sind so die Sachen, welche von diesem Club inszeniert werden - und wie cool dazu! Als also Max, Elli, Malone, Wheeler und Adleta eine Nachricht vom Chaos-Club bekommen, zögern sie nicht lange, und folgen den Anweisungen. Doch sie tappen in eine Falle und werden gedemütigt. Und warum? Nach einiger Überlegung ist es klar: weil sie die langweiligen Normalos sind, jeder auf seine Weise verletzbar. Nicht gerade Loser, aber auch nicht die Topleute der Schule. Sie schwören Rache und entwickeln dabei ungeahnte Kreativität, die sie nicht nur an den Rand der Legalität bringt, sondern auch zum Überlegen: Ab wann wird aus Gerechtigkeit Rache? Und wem kann man wirklich trauen?

Kann ein Lehrer eine richtig coole Geschichte über Schüler, ihr Denken, ihre Probleme, ihr Erwachsenwerden, erste Liebe, Verrat und all das schreiben, was dazu gehört? In dem Fall lautet die Antwort eindeutig ja. Ich war zuerst skeptisch, doch Dinan hat es wirklich geschafft, mit Max einen echten, authentischen Jungen zu entwerfen, mit all den Unsicherheiten und Problemen, die für einen 16jährigen dazugehören. Gleichzeitig ist er aber auch keine Heulsuse, sondern jemand, der anfängt, für sich und seine Freunde einzustehen, aufzustehen, Verantwortung zu übernehmen. Das kommt nicht auf Zeigefingermoral daher, sondern witzig, mit daneben gegangenen Streichen, die echt unter der Gürtellinie verlaufen, mit Nachdenken und dem Korrigieren von Fehlern und dem Lernen aus solchen. Ich fand die Geschichte und ihre Protagonisten echt "kuhl" und empfehlenswert.