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Veröffentlicht am 31.10.2022

Minimal besser als Band 1

Nebelschimmer
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Calla und Jasper waren das Traumpaar für alle, doch manchmal kommt es nicht so, wie man dachte. Als Calla nach einem Jahr im Ausland nach Deutschland zurückkehrt, sind die Wunden nach wie vor tief und ...

Calla und Jasper waren das Traumpaar für alle, doch manchmal kommt es nicht so, wie man dachte. Als Calla nach einem Jahr im Ausland nach Deutschland zurückkehrt, sind die Wunden nach wie vor tief und die zwei müssen herausfinden, was sie einander vielleicht doch noch bedeuten.


Anyah Omah schreibt wirklich sehr schön, das mochte ich auch im zweiten Band dieser Reihe wieder sehr. Man hat die Orte bildlich vor Augen und kann sich gut in alles reinfühlen. Sie schafft außerdem eine gute Mischung aus Ernsthaftigkeit und Schönheit/Leichtigkeit. Denn beides findet man hier. Die Themen, die behandelt werden, sind allgemein sehr ernst und schwerwiegend, aber trotzdem wirkt das Buch keinesfalls drückend oder zu schwer.

Ich finde es gut, dass das Thema Rassismus hier aus einer Own Voice Perspektive aufgegriffen wird, und obwohl keine Punkte angesprochen wurden, die mir persönlich nicht schon bewusst gewesen wären, so ist es doch gut, wenn immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird, damit man es immer vor Augen hat, was nicht ok ist. Hier wurde die Sache mit der Vermieterin zu einem guten Ende gebracht, was mich sehr gefreut hat, allerdings ging es doch vielleicht etwas zu leicht/schnell am Ende. Das andere sehr schwierige Thema, das hier behandelt wird, kann ich ohne zu spoilern gar nicht nennen, aber auch das wurde respektvoll umgesetzt und auch so, dass ich, obwohl ich keinerlei Berührungspunkte damit habe, Callas Verhalten darauf gut nachvollziehen konnte (selbst, wenn ichs mal nicht ganz in Ordnung fand). Insgesamt für mich also gut gelöst.

Calla und Jasper waren dabei auch zwei Charaktere, mit denen ich gut mitfühlen konnte und die mir sehr sympathisch waren. Beide haben durch die letzten 1 1/2 Jahre einen ziemlichen Knacks bekommen, was aber auch verständlich ist. Trotzdem sind sie nicht beleidigend oder verhalten sich anderweitig unangebracht. Beide sind verletzt, wollen aber gerne einen Lichtblick. Und dafür fand ich es übrigens auch sehr gut, dass es Rückblicke in die Zeit gab, als sie zusammengekommen sind. Denn so haben wir die Chance bekommen, die beiden überhaupt als Paar zu erleben und verstehen zu können, was sie sich bedeuten und warum sie sich zurückwollen. Callas Freundinnen Lissa und Leo haben mir ein wenig gefehlt, dafür gab es aber ein paar andere interessante Nebencharaktere – wobei der Fokus doch recht stark auf den beiden geblieben ist.

Mir hat das Buch gut gefallen, trotz minimaler Kritik und dass der letzte Funke irgendwie fehlte. Dafür gab es weniger anstrengendes Drama als in Band 1. Von mir bekommt das Buch 4 Sterne, Tendenz 4,5. Ich bin gespannt auf Band 3, was hier am Ende des Buches auch schon angeteasert wurde.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Wieder etwas trocken, aber episch!

Der Lotuskrieg 2
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Nach Yukikos mörderischer Aktion droht Shima ein Bürgerkrieg. Aber so leicht lässt sich die Lotusgilde nicht stürzen. Sie feilt schon bald an einem Plan, der einen neuen Shogun vorsieht - einen, der nichts ...

Nach Yukikos mörderischer Aktion droht Shima ein Bürgerkrieg. Aber so leicht lässt sich die Lotusgilde nicht stürzen. Sie feilt schon bald an einem Plan, der einen neuen Shogun vorsieht - einen, der nichts sehnlicher will als Yukikos Tod.

Band 1 hat mich mit einem gewaltigen Ende zurückgelassen und entsprechend konnte ich mich darauf verlassen, dass es hier so weitergeht. Yukiko hat sich gemeinsam mit Buru mehr oder weniger freiwillig der Kage angeschlossen und wankt nun immer mehr in ihren Überzeugungen. Die Welt geht zugrunde und das muss auch sie einsehen. Dieses hin und her und der schleichende Prozess sind ziemlich gut und glaubwürdig dargestellt. Allerdings hat Yukiko nicht lange Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, denn ihre Gabe plagt sie immer mehr und das nimmt einen großen Raum ein. Sie kann sie nicht mehr kontrollieren, weshalb sie sich mit Buru auf den Weg macht, um Antworten zu finden - und dabei entdeckt sie noch ganz andere Dinge. Das fand ich zum einen mega interessant, denn dadurch konnten wir mal über den Tellerrand blicken und noch etwas neues kennenlernen und erfahren. Aber andererseits waren diese Entdeckungen, diese Episode in Yukikos Leben auch etwas dürftig und allgemein konnten wir sie hier dann nur wenig begleiten.

Das Buch ist nämlich in mehrere SIchtweisen aufgeteilt, wir haben also auch u.a. aus der Sicht von Kin oder einer Dienerin aus dem Palast gelesen, was auch mega spannend war, aber Yukiko fehlte mir schon. Dafür fand ich aber, obwohl alles wieder in Erzählperspektive war, dass man wirklich gut da durchfindet. Ich hatte nie Probleme, die Sichten auseinanderzuhalten und es war auch nicht zu wirr oder komplex für mich.

Aber Stichwort komplex - das war es an sich natürlich wieder schon sehr, die Welt und alles andere ist einfach sehr genau, sehr detailreich ausgeführt. Also nicht komplex im Sinne von, dass ich es nicht verstanden hab, sondern es war einfach sehr viel. Auch das hatte wieder zwei Seiten: Zum einen konnte ich ein richtig gutes Gefühl für die Umgebung, die Situation, die Atmosphäre etc. bekommen. Zum anderen zog es sich dadurch leider, ähnlich wie in Band 1, oft. Ich hab einfach teilweise das Gefühl, dass die vielen Beschreibungen die Spannung hemmen. Gerade wenn dieses ganze technische Maschinen-Erklären kommt. Ich hab ja Nevernight gelesen und obwohl das auch unfassbar detailreich war, hatte ich da nie das Gefühl, dass es sich zieht. Da diese Reihe hier vorher entstanden ist, würde ich einfach mal annehmen, dass Jay Kristoff gerne so wuchtig-komplex schreibt, aber das über die Zeit noch besser ausgefeilt hat, damit eben die Spannung aufrechterhalten werden kann. Da das hier sein Debüt ist, muss man davon ausgehen, dass er sich noch etwas einpendeln musste.

Die Geschichte selbst und auch der Schreibstil per se (auch das etwas derbere, was zur Story und zur Welt passt) haben mir wieder gut gefallen. Es ist viel Kreativität und EInfallsreichtum drin, auch wenn man Vermutungen anstellen kann, bleibt es oft unvorhersehbar und vor allem will ich unbedingt wissen, wie es ausgehen wird. Shima ist ein gewaltiges, sehr problembehaftetes Inselreich, was unfassbar viel Potenzial für spannungsgeladene Stories hat und die hat Jay Kristoff auch gut ausgeschöpft. Zu flach ist hier wirklich gar nichts geraten und wer sich drauf einlassen kann, wird wahre Freude haben. Es ist actionreich, es ist brutal, es ist schockierend. Und auch, wenn es mich emotional nicht völlig zerissen oder in den Bann gezogen hat - auch Gefühle kommen nicht zu kurz. Es gibt Verrat und Intrigen, Streitigkeiten, Geheimnisse. Eben das volle Paket und damit wirklich gute High Fantasy.

Für mich wieder ein gelungener Band, den ich gern gelesen hab, der episch und spannend und actionreich ist. Weil es leider aber oft auch etwas trocken und zäh vor Detailreichtum wird und das das Lesen manchmal erschwert hat, ziehe ich einen Stern ab und gebe 4 Sterne. Damit auch immer noch eine Empfehlung. Ich freue mich sehr aufs Finale!

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Veröffentlicht am 12.07.2022

Erschreckend (real) (3,5-4 Sterne)

Sanctuary – Flucht in die Freiheit
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In einer nahen Zukunft werden die Menschen in den USA durch ID-Chips kontrolliert, was ein Leben als Undokumentierter beinahe unmöglich macht. Doch die 16-jährige Vali und ihre Familie sind genau das. ...

In einer nahen Zukunft werden die Menschen in den USA durch ID-Chips kontrolliert, was ein Leben als Undokumentierter beinahe unmöglich macht. Doch die 16-jährige Vali und ihre Familie sind genau das. Als die Sicherheitsvorkehrungen noch verstärkt werden, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu fliehen - nach Kalifornien, der Staat, der sich von all dem abgrenzt. Doch zahllose Schrecken warten bei ihrer Flucht auf sie, vor allem, als Vali und ihr Bruder schließlich auf sich allein gestellt sind ...



Dieser Moment, wenn man sich gar nicht sicher ist, ob man wirklich eine Dystopie liest, oder doch eher einfach einen Roman über die heutige Gesellschaft. Denn das furchtbar erschreckende an Sanctuary ist, dass diese dystopische Zukunft unserer Gegenwart so unfassbar nah ist, dass man fast schon in zwei Aspekte einteilen kann: Die Dinge, die längst passieren; und die Dinge, die schon morgen passieren könnten. In ihrem Nachwort schreibt eine der Autorinnen, dass es beim Schreibprozess oft so war, dass sie ein Kapitel beendet haben und sich dachten "das ist jetzt ganz schön düster" und einen Tag später gabs eine News, dass sowas ähnliches gerade eintritt - und ich denke, das sagt einiges über dieses Buch, aber auch über unsere Welt aus.

Deshalb ist Sanctuary, obwohl es als Jugendbuch betitelt wird, auch keine leichte Kost. Es passieren sehr viele, sehr schlimme und schwer verdauliche Sachen, auf die man vorbereitet sein muss, wenn man beginnt zu lesen. Wie das ganze umgesetzt wurde, die Art, wie es geschrieben wurde, durch die Augen einer 16-Jährigen, fand ich sehr gelungen. Und auch, wenn es bei dem Thema ein bisschen makaber klingt: Die Flucht und was sie erlebt haben, war sehr fesselnd. Man war die ganze Zeit in Angst, was wohl als nächstes passiert, ob sie die Situation überstehen, wo es sie hinführt etc. Ich hab also ziemlich an den Seiten geklebt.

Dabei habe ich zwar keine richtige emotionale Bindung zu Vali oder wem anders aufbauen können, dafür gabs irgendwie zu wenig Innensicht, zu wenig Kennenlernen der Charaktere - aber trotzdem fand ich die Gedanken und den Umgang mit der Situation realistisch und ich konnte (so gut das eben geht, wenn man keine Vorstellung davon hat, wie sowas sein muss) Valis Reaktionen und Handlungen immer nachvollziehen. Dass sie für ihren kleinen Bruder verantwortlich ist, macht alles wirklich nicht leichter. Ich habe sehr mit ihnen gebangt.

Aber ... leider gibt es ein Aber. Ich hatte mir tatsächlich mehr unter diesem Buch vorgestellt, mehr erhofft, denn die Thematik bietet wirklich einiges an Potenzial. Ich dachte ich bekomme eine Dystopische Welt, einen Überwachungsstaat, eine junge Protagonistin, die flieht und versucht, all dem Unrecht entgegenzustehen. Vor allem, weil auch ein Zitat auf der Rückseite lautet: "Ein atemberaubendes Werk dystopischer Jugendliteratur, das von der leidenschaftlichen Stimme einer jugendlichen Protagonistin getragen wird."
Ich fand irgendwie nicht, dass das zutrifft. Sie hatte keine leidenschaftliche Stimme, sie war ein Mädchen, dass von A nach B flieht, aber sich kein bisschen mit der gesellschaftlichen Situation auseinandersetzt. Sich dagegen auflehnt o.ä. Wir haben kaum etwas darüber erfahren, wie die USA genau funktionieren, was alles gerade los ist in dem Land. Wie vielleicht in Kalifornien dagegen vorgegangen wird. Wie die Zukunft aussehen könnte. Oder irgendwas vergleichbares. Es war wirklich "nur" die Flucht eines Mädchens. Mehr nicht. Und dazu mit einem ziemlich offenen Ende. Was ist denn jetzt mit diesem Überwachungsstaat? Was genau passiert da überhaupt und wie geht es weiter? Das alles wird leider nicht beantwortet.



Es war durchaus ein gutes Buch, wie gesagt, sehr eindringlich, gut geschrieben, die Flucht und alles, was sie erleben, nimmt mit und regt zum Nachdenken an. Und ich finde es total wichtig, dass es dieses Buch gibt. Dass Leute es lesen. Damit mehr Menschen erfahren, was schon gerade abgeht und wie es bald aussehen könnte. Für diesen Aspekt gibt es eine riesige Empfehlung von mir.
Aber ich hatte mir mehr davon erhofft, bin vielleicht mit falschen Erwartungen rangegangen, aber ich glaube, da wäre viel Potenzial für mehr gewesen. Ich gebe deshalb 3,5 bis 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Nicht immer schön, aber authentisch und hoffnungsvoll

Dunbridge Academy - Anytime
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Nach einem Brand in ihrem Schlaftrakt ist Olives Leben, wie sie es kannte, vorbei. Wegen ihrer schweren Verletzungen kann sie weder Teil des Schwimmteams bleiben, noch mit ihren Freunden die Abschlussklasse ...

Nach einem Brand in ihrem Schlaftrakt ist Olives Leben, wie sie es kannte, vorbei. Wegen ihrer schweren Verletzungen kann sie weder Teil des Schwimmteams bleiben, noch mit ihren Freunden die Abschlussklasse beginnen. In ihrer neuen Stufe trifft sie auf den New Yorker Colin Fantino, neu an der Dunbridge Academy und ebenfalls mehr als unfreiwillig dort. Die beiden gehen sich von Anfang an an die Gurgel, doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto stärker merken sie, dass ein tiefer Schmerz sie verbindet.


Auch Band 3 der Reihe ist definitiv kein leichtes Buch, denn es behandelt ebenfalls sehr schwierige Themen. Olive war auch in den Vorgängern schon eher schnippisch und distanziert, aber im Laufe des 2. Bandes haben wir einen besseren Einblick in ihr Innenleben bekommen. Jetzt aus ihrer Sicht zu lesen, fand ich unglaublich interessant. Sie schleppt immer noch ein "altes" Problem mit sich herum, doch durch den Brand ist alles noch viel schlimmer geworden und sie hadert sehr mit ihrem Schicksal. Das konnte ich die ganze Zeit über sehr gut nachempfinden und sie und ihr Verhalten verstehen. Ihre Verbitterung war spürbar und authentisch und sie tat mir leid. Auf der einen Seite wollte ich sie bewundern, wie sie es schafft, sich durchzukämpfen, auf der anderen wollte ich ihr aber auch sagen, dass es okay ist, auch mal schwach und verletzlich zu sein. Ihre Entwicklung im Buch hat mir wirklich gut gefallen.

Colin ist am Anfang unausstehlich und er ging echt auf die Nerven. Sein Verhalten war übertrieben und respektlos, und das war durchaus eine Zeit lang anstrengend. Aber je mehr man von ihm erfahren hat, je mehr man hinter seine Fassade blicken konnte, desto mehr Sinn ergab auch das alles. Ein wirklich verzweifelter, gebrochener Junge, der immens darunter gelitten hat und immer noch leidet, wie er aufgewachsen ist. Dabei fand ich total interessant, dass er sehr reflektiert kommentieren konnte, wie er sich verhält, woher das kommt, was das aussagt. Aber es trotzdem nicht geschafft hat aus dieser Abwärtsspirale rauszukommen. Sein Gehabe lenkte nur davon ab, dass er tief in sich drin unfassbar hilflos ist. Und ich hab ihn immer mehr ins Herz geschlossen, je besser ich ihn kennenlernen konnte.

Wenn beide zusammentreffen, ist es wie zu erwarten sehr explosiv. Aber es war schön mit anzusehen, wie sie sich (fast gegen ihren Willen) annähern. Denn so wie beide leiden, kann sie scheinbar niemand anderes wirklich in ihrem Schmerz verstehen, außer sie gegenseitig. Dabei fand ich total interessant, dass wir sehr früh schon wussten, weshalb Colin an der Dunbridge ist, und die Katastrophe quasi haben kommen sehen.
Mit dem Ende der Geschichte, und damit ja auch der Reihe, bin ich sehr zufrieden, denn es ist ein Happy End, ohne das alles rosarot oder unglaubwürdig erscheint. Es ist zwar noch viel gutes passiert, aber vor allem ist es ein Happy End für Olive und Colin selbst als Persönlichkeiten und wie sie lernen, zu reifen.


Insgesamt hat mir der letzte Funke, so ein endgültiges emotionales Eingefangen sein gefehlt, keine Ahnung wieso, und am Anfang fand ich beide Charaktere schon etwas nervig. Ich hab eine Weile gebraucht, um wirklich reinzukommen, anzukokmmen. Und ich fand es schade, dass wir recht wenig von den Nebencharakteren mitbekommen haben. Das hatte zwar inhaltlich seine Gründe, hat mir aber trotzdem gefehlt. Und in der gesamten Reihe hätte ich gern noch ein Stück mehr von diesem Internatsfeeling bekommen, außer Flügelzeiten und Partys im Gewächshaus.
Aber ich mochte die Geschichte, mochte Olive und Colin zusammen, und bin sehr froh, diesen Band und die ganze Reihe gelesen zu haben, denn ich hab alle ziemlich ins Herz geschlossen. Für Band 3 gibt es wieder 4 Sterne, aber wenn ich eine Tendenz nennen müsste, geht die definitiv mehr in Richtung 4,5 als 3,5.

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Veröffentlicht am 11.07.2022

Spannend und detaillierte Fantasy-Dystopie

Der Lotuskrieg 1
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Das Inselreich Shima geht durch den Anbau des Blutlotus immer mehr zu Grunde. Einst war es ein Land reich an Traditionen und Mythen, nun ist alles verpestet. Deshalb scheint es auch ein Himmelfahrtskommando, ...

Das Inselreich Shima geht durch den Anbau des Blutlotus immer mehr zu Grunde. Einst war es ein Land reich an Traditionen und Mythen, nun ist alles verpestet. Deshalb scheint es auch ein Himmelfahrtskommando, als der Shogun Yukiko und ihren Vater losschickt, einen legendären Donnertiger zu fangen, wo diese Wesen doch als ausgestorben gelten. Doch das Schicksal sorgt dafür, dass Yukiko mit einer solchen Bestie in den Bergen strandet. Und während die zwei eine ganz besondere Bindung eingehen, muss Yukiko sich dafür öffnen, wie schlimm es wirklich um ihr Land steht ...



Wenn ich Nevernight als Richtlinie nehme, so würde ich sagen, sind Jay Kristoffs Bücher vor allem eines: episch. World Building kann er, eindeutig. Auch hier überzeugt er wieder mit einer total gut durchdachten Welt, mit Vergangenheit, einer düsteren Zukunft und vielen speziellen Eigenheiten. Das ganze ist aufgebaut auf japanischer Mythologie, das spiegelt sich in der gesamten Welt und auch allen verwendeten Begrifflichkeiten wieder, was das ganze sehr atmosphärisch macht. Gleichzeitig ist von diesem myhologischen Aspekt wiederum kaum noch was zu spüren, denn die Gilde, mit Hilfe des Shogun, haben das Land fast komplett zugrunde gerichtet - keine Tiere mehr, keine Mythen; nur Technik und Fortschritt ... und Zerstörung. Das ganze erinnert stark an Steam Punk Geschichten. Es ist High Fantasy, aber gleichzeitig in dieser Fantasywelt sehr dystopisch. Daher darf man hier keine mythologisch-zauberhaft-magische Welt erwarten. Shima ist weit davon entfernt!

Was es gleichzeitig spannend, aber manchmal für meinen Geschmack auch zu trocken macht. Die Welt ist sehr komplex, mit vielen Details, die uns erklärt werden müssen, und diese sind eben oft sehr technisch. Bedeutet: ellenlange Beschreibungen, wie bestimmte Maschinen oder andere technische Erfindungen aussehen/funktionieren/klingen etc. Das war mir manchmal zu überladen, denn ich hatte das Gefühl, dass dadurch manchmal die Handlung zu langsam voran ging oder der emotionale Aspekt fehlte, denn ich hatte nicht so richtig viel Gelegenheit, mich gefühlstechnisch an die Charaktere zu binden. Aber als ich dann irgendwann richtig drin war, die Welt soweit erklärt war und ich die Dinge schon besser kannte, ging das Lesen viel flüssiger und ich war in der Welt angekommen.

Was die Charaktere angeht, so hab ich ja schon gesagt, dass es mir lange schwer viel, Fuß zu fassen in ihrer Runde. Wir begleiten Yukiko, 16 Jahre, ihren Vater Masaru, den Familienfreund Akihito und noch ein paar weitere. Und obwohl ich mit der Zeit mit ihnen warm geworden bin, sie interessante Persönlichkeiten waren und ich auch Yukiko immer lieber begleitet habe, so hab ich doch nicht das Gefühl, sie richtig gut kennengelernt zu haben.
Dafür hat es mir dann wieder umso besser gefallen, als Yukiko und der Donnertiger aufeinandergetroffen sind, denn die Dynamik zwischen den beiden mochte ich sehr und dadurch ist mir gleichzeitig auch Yukiko näher gekommen. Und es war schön, mitzuerleben, wie sie begonnen hat zu zweifeln, ihre Augen öffnet und vor allem auch handeln will. Denn sie ist auf jeden Fall stark und entschlossen, und das mochte ich. Und während sie sich entwickelt, schreiet auch die Handlung mit großen Schritten voran, es werden neue Erkenntnisse gewonnen, die den Stein langsam aber sicher ins Rollen bringen und einen Umsturz einläuten. Für mich nahm die Handlung da auf jeden Fall nochmal kräftig Fahrt auf und sie hat mich sehr gefesselt! Man war die ganze Zeit in Alarmbereitschaft, weil man fürchten musste, das gleich was passiert. Und es blieb auf alle Fälle unvorhersehbar und spannend.



Auch wenns zwischendurch, vor allem am Anfang, etwas trocken und schleppend war, mochte ich Stormdancer von Seite zu Seite lieber und schließlich hatte mich die Story doch noch sehr gepackt und ich kann es nicht erwarten, Band 2 zu beginnen! 4 Sterne.

P.S.: Zwar erscheint die Reihe bei uns erst nach Nevernight, aber tatsächlich hat Jay Kristoff sie ja Jahre vorher geschrieben, und irgendwie find ichs witzig, dass man hier einige Aspekte antrifft, bei denen ich dachte "Oh, das hat er in Nevernight gleich nochmal verarbeitet!" War sehr interessant ;)

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