Eine starke junge Frau in einer Männerdomäne
Der Duft der weiten WeltMina Deharde liebt es bei ihrem Vater im Kaffeeekontor in der Hamburger Speicherstadt zu sein. Ihr Vater behauptet ja auch immer sie hätte „Kaffee im Blut“. Leider lebt Mina zu einer Zeit, in der Frauen ...
Mina Deharde liebt es bei ihrem Vater im Kaffeeekontor in der Hamburger Speicherstadt zu sein. Ihr Vater behauptet ja auch immer sie hätte „Kaffee im Blut“. Leider lebt Mina zu einer Zeit, in der Frauen ab einem gewissen Alter schauen , dass sie sich gut verheiraten lassen, nicht aber selbst Geld verdienen.
Mina will nicht so sein wie die anderen. Liebend gerne würde sie studieren. Vielleicht Medizin. Das traut sie sich aber niemandem zu sagen, außer ihrem Kinderfreund Edo, der inzwischen in Vaters Kontor arbeitet und den sie nun Herrn Blumenthal nennen muss. Mina liebt die gemeinsamen Ausflüge mit Edo und seinem Ziehbruder Heiko an die Landungsbrücken. Dort kann sie sein, wie sie immer sein wollte und muss sich nicht verstellen. Aber der Ernst des Lebens rückt schneller näher, als es Mina lieb ist. Über ihren Kopf hinweg haben der Vater und die strenge Großmutter beschlossen, dass sie in ein Mädchenpensionat muss .Hier soll sie den letzten Schliff erhalten um gut verheiratet werden zu können. Die beiden haben sogar schon einen Kandidaten in Aussicht. Doch dann schlägt das Schicksal Wege ein, die Vater und Tochter so nicht geplant hatten. Das macht neugierig auf die weiteren zwei Teile der Speicherstadtsaga.
Ich hatte mich für die Leserunde zu diesem Buch beworben, da ich gerne historische Romane lese. Das Cover einer jungen Frau , der Mode nach wie Anfang 1900 gekleidet, die auf die Hamburger Speicherstadt blickt, hat mich sofort angesprochen.
Gerade eine Frau am Anfang des 20. Jahrhunderts zu sein und einen unbändigen Willen zu haben aus seinem Leben etwas anderes zu machen als das Heimchen am Herd, oder die Hausvorsteherin eines Kaufmannshauses, fand ich ausnehmend spannend. Mit welchen Konflikten Mina hier fertig werden musste. Wie sie gegen die recht dominante Großmutter vorging. Wie sie Beistand durch Edo und Heiko fand und später auch noch durch andere.
Ich fand toll, wie Mina ihren Weg gegangen ist. Wo sie sich auf Kompromisse einließ und wo sie auf ihren Weg bestand. Schön fand ich , dass der Vater sie auch im Kontor mitarbeiten ließ, was für eine Frau der damaligen Zeit leider nicht üblich war. Da war er schon sehr fortschrittlich, auch wenn die Gesellschaft da so manches anders sah. Durch die gute Recherche der Autorin bekam ich auch einen Einblick in die Welt des Handels und der Kaffeehändler. Es war mir vorher nicht klar, wie streng die Regeln der Börse dort waren und welchen Problemen man als Frau hier begegnet.
Der Schreibstil von Frau Lüders war sehr bildhaft und versetzte mich an den Ort der Tat. Ich hatte oft das Gefühl gleich eingreifen zu können, weil ich gefühlt gleich daneben stand. Auch der Kaffeeduft stieg mir so manches Mal in die Nase, wenn sie vom Kontor berichtete.
Für meine erste Leserunde überhaupt hätte ich mir keinen besseren Einstieg vorstellen können. Das Buch war toll geschrieben. Man konnte der Geschichte super folgen. Es gab immer wieder Stellen, deren Wendung ich so nicht erwartet hätte und die mich auch manches Mal fassungslos werden ließen, so dass ich froh war nicht in dieser Zeit gelebt zu haben.
Jetzt bin ich schon ganz gespannt auf den zweiten Teil, auf den ich aber leider bis warten muss. Denn ich möchte zu gerne wissen, wie es mit Mina und ihrer Familie und ihren Freunden weiter geht, gerade wenn nun der erste Weltkrieg ausbrechen wird.
Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. Es hat mir den Handel in der Speicherstadt Anfang des 20. Jahrhunderts aufleben lassen und aufgezeigt wie schwierig es gesellschaftlich in der Zeit noch für Frauen gewesen ist. Es hat mich begeistert zu lesen, wie Frauen wie Mina damit zurecht kamen, oder sich arrangierten. Ein toller Einstieg in die Trilogie über die Speicherstadt, die neugierig macht zu erfahren wie die nächsten Jahrzehnte für Mina und alle Beteiligten weiter gehen.