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Veröffentlicht am 21.09.2016

Eine namenlose Frau, auf der Flucht vor ihrer eigenen Identität.

Des Tauchers leere Kleider
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Du hast dich von Sabine Alyse befreit. Du hast dich von jedweder Verstrickung mit ihrem Schicksal befreit. (S. 212)

Vendela Vida (geboren 1971) ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. ...

Du hast dich von Sabine Alyse befreit. Du hast dich von jedweder Verstrickung mit ihrem Schicksal befreit. (S. 212)

Vendela Vida (geboren 1971) ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. Außerdem ist sie eine der Herausgeberinnen des Believer Magazine. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in San Francisco Bay Area. Insgesamt hat sie bisher vier Romane veröffentlicht. Sie debütierte 2003 mit ihrem Roman And Now You Can Go (dt.: Und jetzt können sie gehen, Knaus 2005). Ihr zweiter Roman folgte 2008 unter dem Titel Let The Northern Lights Erase Your Name (dt.: Weil ich zu spät kam, btb 2008). Gefolgt 2010 von The Lovers (dt.: Liebende, btb 2012) und dem hier vorliegenen Werk Des Tauchers Leere Kleider (Aufbau 2016) im Original unter dem Titel The Diver’s Clothes Lie Empty (Ecco/Harper Collins 2015) erschienen. Außerdem schrieb sie 2009 gemeinsam mit ihrem Mann an dem Drehbuch Away We Go – Auf nach Irgendwo.

Die Geschichte, welche in Des Tauchers Leere Kleider erzählt wird, beginnt in einem Flugzeug. Völlig überstürzt flieht die Protagonistin, deren Namen der Leser nie erfährt, aus ihrer Heimat Amerika und reist nach Casablanca. Welche dramatischen Ereignisse sie dazu brachten, ihr bisheriges Leben aufzugeben, wird zunächst einmal nicht erklärt. In Casablanca angekommen wird der Protagonistin am Checkin des Hotels ihr Rucksack samt Portemonnaie gestohlen. Die Polizei wird alarmiert, welche allerdings überfordert wirkt und ihr schließlich einen fremden Rucksack mit fremden Pass aushändigt. Die Protagonistin nimmt die Identität von Sabine Alyse an und stolpert von einem Ereignis ins nächste, ohne Herr ihrer Lage zu sein. Erst im Laufe der Ereignisse beginnt die Protagonistin an Stärke zu gewinnen, sodass sie später ganz bewusst in eine neue Identität schlüpft. Sie scheint keinen Grund mehr zu haben, in ihr altes Leben zurück zu kehren und so bleibt ihre Identität verschleiert. Auch die meisten anderen Personen, die ihr begegnen bleiben namenlos.

Vendela Vida schlägt einen ungewöhnlichen Erzählstil an. Die Protagonistin erzählt nicht aus ihrer Sicht, indem sie sich des Pronomens „ich“ bedient, sondern alles wird aus Sicht der zweiten Personen Singular, dem „du“ erzählt. Ich muss zugeben, dass mir dieser Stil zu Beginn sehr befremdlich war, sodass ich nach ein paar Seiten das Buch durchblätterte, um zu sehen, ob das nun die ganzen 250 Seiten so weiter geht. Nach anfänglicher Skepsis meinerseits gewöhnte ich mich aber doch an diese ungewöhnliche Art des Erzählens und ich stellte fest, dass es der Geschichte dient. Denn schließlich geht es um eine Frau, welche ihre Identität verloren oder eher gestohlen bekommen hat. Sie ist Spielball der äußeren Einflüsse und somit passt die Erzählperspektive gut zum Inhalt, welcher transportiert werden soll. Eine namenlose Frau, ohne Identität und ohne Einfluss auf ihr eigenes weiteres Leben steht im Mittelpunkt der Geschichte.

Leser die, einen ungewöhnlichen Erzählstil erleben möchten, werden hier fündig werden. Der Stil trägt zur Geschichte bei, allerdings muss man auch sagen, dass die Story dahinter nicht allzu stark ausgefeilt wirkt. So werden Rückblenden nur kurz angerissen und nicht sehr ausführlich beschrieben. Bis zum Ende hin bleibt die Protagonistin für mich ein Rätsel. Sicherlich gibt es Gründe für ihren Ausstieg aus dem Leben, allerdings ist mit schleierhaft, wieso sie ihre Identität so leichtfertig aufgibt bzw. keinen Weg zurück zu finden scheint. Das Ende bleibt außerdem relativ offen. Es geht hier nicht um das Wiederfinden der eigenen Identität sondern um die Flucht vor der selbigen.

Für einen Augenblick spielst du mit dem Gedanken, deinen echten Namen zu nennen, aber nein, so weit bist du noch nicht. (S. 250)

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel The Diver’s Clothes Lie Empty bei Ecco, einem Imprint von HaperCollins.

Veröffentlicht am 21.09.2016

Ein Roman über die Gegenwart, über Chaos und psychische Instabilität.

Wir kommen
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"Wir […] stritten über Zeug, das uns beschäftigt, weil uns sonst wenig beschäftigt." (Seite 24)

"Wir kommen" behandelt aktuelle Themen die wohl viele hier und da betreffen. Wo steht man im Leben? Wo will ...

"Wir […] stritten über Zeug, das uns beschäftigt, weil uns sonst wenig beschäftigt." (Seite 24)

"Wir kommen" behandelt aktuelle Themen die wohl viele hier und da betreffen. Wo steht man im Leben? Wo will man hin? Ist man glücklich mit seinem Leben? Wie ändere ich etwas in meinem Leben, was mich unglücklich macht, aber doch mein Leben strukturiert? Es handelt sich um einen Roman mit wenig Handlung aber viel Innendarstellung. Die Meinungen der Leser werden wohl stark auseinanderdriften. Entweder man mag es, oder man mag es nicht.

Ronja von Rönne (1992 geboren) lebt in Berlin und Grassau. Sie arbeitet als Redakteurin im Feuilleton der Welt und bloggt auf ihrer Seite, dem Sudelheft. Der Roman Wir kommen ist ihr Debüt.

Nora ist die Hauptfigur von "Wir kommen". Ihre Freundin Maja aus Kindheitstagen ist tot, doch das will und kann Nora nicht glauben. Da Nora nachts immer wieder Panikattacken hat, geht sie zum Therapeuten. Doch zu allem Unglück in ihrem Leben macht dieser nun Urlaub und rät ihr, ihre Gefühle in einem Tagebuch festzuhalten. Und genau diese Tagebucheinträge gestalten das Buch. Nora berichtet also über ihr Leben, welches keine besonderen Höhepunkte aufzuweisen scheint. Sie befindet sich mit Karl, Leonie und Jonas in einer Vierer-Beziehung, die keinen von ihnen glücklich zu machen scheint. Außerdem ist da noch Leonies Tochter, ein immerzu schweigendes Kind. Ihre Beziehung droht auseinander zu brechen und so beschließen sie, selbst eine Auszeit am Meer zu machen und flüchten regelrecht aus ihrem Alltag.

Zunächst einmal muss ich zugeben, dass bei der Durchsicht des Verlagsprogramms bei mir erst einmal kein Interesse an diesem Werk geweckt wurde. Erst durch einen erneuten Hinweis in Form des Blogger Newsletters wurde ich auf dieses Buch aufmerksam. Genau genommen hat das Thema Mutismus mein Interesse an dem Buch geweckt. Ich bin selbst Mutter eines zeitweise schweigenden Kindes und da hat mich das Thema gleich interessiert. Vielleicht bin ich deshalb mit einer falschen Hoffnung in dieses Buch gestartet. Denn das schweigende Kind ist eigentlich nur Beiwerk einer Geschichte um das völlig chaotische und aus den Fugen geratene Leben vierer Personen.
"Wir seien vier Egoisten, die sich vor lauter Angst aneinanderklammerten, obwohl wir uns eigentlich hassten. Es gebe kein Konzept, und es habe nie eins gegeben, denn Angst-vor-allein-Sein sei kein Konzept, sondern feige." (Seite 182)
Die Melancholie in der Gruppe ist deutlich spürbar: „heute hatten wir alle gut performt, unsere Rollen gefunden, die schon Morgen wieder bröckeln würden“ (Seite 62). Nora ist zutiefst verzweifelt, sie kann und will ihr Leben nicht selbst bestimmen und so begibt sie sich immer wieder in die Abhängigkeit anderer. Zunächst in Majas, dann ins Karls. Außerdem flüchtet sie sich in Tagträume. Die Panikattacken in der Nacht scheinen auf ein tiefes Trauma hinzuweisen. Das Mädchen Emma-Lou, welches kaum spricht, scheint in Nora eine Stütze zu suchen. Doch Nora kann diese Stütze nicht sein, da sie selbst kurz vor dem Zusammenbruch steht. Merkwürdig ist hier die Position, die Nora einnimmt. Zum einen scheint sie zu spüren, dass der Mutismus des Mädchens krankhaft ist und empfindet Mitleid mir ihm, doch gleichzeitig ist sie nicht in der Lage ihre Meinung und ihre Gefühle darüber und über ihr eigenes Dasein zu äußern. Die Geschichte treibt vor sich hin. Die Protagonisten strampeln im seichten Gewässer „um zu retten, was schon kaputt schien“ (Seite 81) „und das letzte, was [Nora] wollte, war loslassen“ (Seite 68).
Am Ende der Erzählung werden einige offene Fragen aufgelöst. Was hat es mit Maja und ihrem Tod auf sich? Wer ist der Vater von Emma-Lou? Eigentlich ist der Höhepunkt der Erzählung der Schluss und man fragt sich, ob nach dem ständigen Chaos wirklich so leicht eine heile Welt entstehen kann.

Insgesamt war das Buch für mich eher mittelmäßig und ich konnte mich einfach nicht mitreißen lassen. Für mich ergab das Verhalten der Protagonisten keinen Sinn. Das Thema des mutistischen Kindes ist ein Beiwerk, das meines Erachtens zur Handlung nicht wirklich etwas beitrug. Auch, das Leonie keine Anstalten macht, ihrem Kind zu helfen, wirkt für mich unglaubwürdig. Mein Fazit, kann man lesen, muss man aber nicht. Schade, denn eigentlich ist die Geschichte dahinter wirklich vielversprechend.

Veröffentlicht am 21.09.2016

Der Verfall und die Lichtblicke eines an Demenz erkrankten Menschen

Ein halber Held
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Auf Radio Eins habe ich einen Beitrag zu diesem Buch gehört, in dem auch der Autor Andreas Wenderoth zu Wort kam. Mit viel Humor berichtete er über die Krankheit seines Vaters und weckte somit mein Interesse ...

Auf Radio Eins habe ich einen Beitrag zu diesem Buch gehört, in dem auch der Autor Andreas Wenderoth zu Wort kam. Mit viel Humor berichtete er über die Krankheit seines Vaters und weckte somit mein Interesse an diesem Buch. Denn Demenz ist eine Krankheit, die jeden von uns irgend wann einmal ereilen kann und sie birgt nicht nur das Vergessen der Vergangenheit, sondern auch das Problem sich im Hier und Jetzt des eigenen Lebens zu verlieren.

„Du kannst dich nicht in die Zukunft wenden, wenn du deine Vergangenheit vergessen hast“, hat Umberto Eco mal gesagt. (Seite 47)

Andreas Wenderoth (geboren 1965) studierte in Berlin Politologie und Geographie. Danach arbeitete er als freier Autor für Zeitungen wie GEO und Die Zeit. Außerdem arbeitete er für den WDR und Deutschland-Radio Kultur. Er bekam den Theodor-Wolff-Preis und war für diverse andere Preise (beispielsweise dem Deutschen Reporterpreis) nominiert.

Andreas Wenderoth beschreibt das Leben seines Vaters Host Wenderoth, vom Beginn seiner Krankheit an. Der Vater, der 27 Jahre lang Reporter beim RIAS war, war ein Mann der sich stets über Worte definierte. Doch eines Tages wird klar, er ist krank, die Diagnose: vaskuläre Demenz. Der Vater, der Stück für Stück seine Erinnerung verliert und somit auch sein bisheriges Leben und seine Zukunft, hadert mit seiner Krankheit. Auch die mit betroffenen Verwandten und Pfleger kommen in diesem Buch nicht zu kurz. Was bedeutet es für die Angehörigen, wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt? Was müssen die Pfleger alles über sich ergehen lassen? Und vor allem, was bedeutet es für den Erkrankten selbst?
Klar ersichtlich ist, dass der Sohn den Verfall seines Vaters mit diesem Buch versucht zu verarbeiten. So kommt es zu mancherlei Wiederholungen, Anekdoten und Auffälligkeiten die dem Autor wohl ständig im Geiste herumspuken. Andreas Wenderoth gelingt es, das Auf und Ab der Krankheit zu beschreiben und so kommen auch die hellen Momente des Vaters, als er die Treppe zur Wohnung seines Sohnes empor steigt oder wie er seine Lage mit Selbstironie bewältigt, zum Ausdruck.

Eine immer wiederkehrende Frage in Bezug auf die Erkrankung und das verhalten erkrankter Personen ist die, ob „sich der wahre Charakter eines Menschen erst in der Krankheit und Not zeigt oder ob erst die Krankheit ebendiesen Charakter verändert“ (Seite 258). Andreas Wenderoth erkennt Anlagen im Charakter seines Vaters, die schon vor der Erkrankung bestimmend waren und nun in Kombination mit der Demenz verstärkt hervor treten.

Der Autor bedient sich einer äußerst bildhaften Sprache: „Mit ausgefransten Hirn sitzt er da und wartet darauf, dass er den Geist aufgibt.“ (S. 281) Mit ernsten Worten aber auch mit dem nötigen Witz, um solch einen Verfall überhaupt mit ansehen und verarbeiten zu können, erzählt Wenderoth über die Demenz seines Vaters und über deren Auswirkungen im Leben aller beteiligten Personen. Das Leben des Vaters wird Stück für Stück zurück gespult.

"Die Kindheit ist das erste Kapitel des Lebens. Und sie wird auch sein letztes sein. In ihr kreuzt sich sein Leben. Auf der sich verkürzenden, rückwärts verlaufenden Lebensskala, liegt der Tod nun immer näher bei der Geburt." (Seite 134)

Der Anfang des Buches war sehr informativ. So erfuhr man einiges zum Thema Demenz und ganz konkret zur vaskulären Demenz, was nichts mit Alzheimer zu tun hat. Die Mitte des Buches war etwas langatmig, was an den wiederkehrenden Anekdoten und anderen Wiederholungen lag. Zum Ende hin fesselte mich dieses Buch aber wieder. Es war ergreifend, mit zu erleben, wie das Alter und die Krankheit einem Menschen und seine Angehörigen hilflos und oft auch ratlos machen. Aber auch wenn der Vater durch die Demenz seine Sprache einbüßen musste, so erfreuten mich einige seiner Überlegungen sehr, denn sie zeigen, dass auch der Mangel der Sprache überbrückt werden kann, wenn man im Bildhaften bleibt:

"du wirst doch in Ruhe nachher mal aufräumen, zunächst mal in deinem Kopf. Das ist das Wichtigste." (Seite 7)

Das erinnerte mich an meinen eigene Großvater, der aufgrund eines Schlaganfalls seine Sprache verlor. Wie er vor einer Attraktion im Freizeitpark stand und sagte „Das würde ich auch mal fahren, wenn ich mir sicher sein könnte, dass dann alles in meinem Kopf wieder richtig gerüttelt werden würde.“ Es zeigt, dass Humor das wichtigste Mittel ist, um mit solchen Schicksalsschlägen fertig zu werden.

Veröffentlicht am 21.08.2023

Eher was für kleine Fußballprofis

Die wilden Kerle - Buch 6: Raban, der Held
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Auf der Leipziger Buchmesse verschlug es uns auch an den Stand des 360 Grad Verlags. Bei einem netten Gespräch mit dem Verleger bekamen wir sowohl "Punkte" von Giancarlo Macri & Carolina Zanotti als auch ...

Auf der Leipziger Buchmesse verschlug es uns auch an den Stand des 360 Grad Verlags. Bei einem netten Gespräch mit dem Verleger bekamen wir sowohl "Punkte" von Giancarlo Macri & Carolina Zanotti als auch "Die Wilden Kerle – Raban der Held" von Joachim Masannek als Rezensionsexemplare gereicht. Während "Punkte" mich voll und ganz begeistern konnte, hatte ich mit den Wilden Kerlen so meine Probleme. Zu viele Fußballbegriffe, die ich nicht kenne, zu viele selbst erdachte Kraftausdrücke des Hauptprotagonisten Raban und eine eher wenig spannende Storyline machten mir das Vorlesen etwas schwer. Mein Sohn, der sich selbst für Fußball interessiert, konnte zwar mehr aus den Schilderungen der Spiele entnehmen, aber auch er war nicht mit voller Freude beim Lesen / Zuhören dabei. Für die beschriebenen Szenen auf dem Fußballfeld sollte man also definitiv Ahnung bezüglich des Vokabulars im Bereich des Fußballs haben.

Der Autor und der Illustrator:

Joachim Masannek (geboren 1960) studierte Germanistik und Philosophie und absolvierte ein Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen. Danach arbeitete er als Kameramann, Ausstatter und Drehbuchautor für Film, TV und Studioproduktionen. Mit der Kinderbuch-Reihe "Die Wilden Fußballkerle" landete er einen Erfolg und sie erschien inzwischen in 29 Ländern. Er war außerdem als Drehbuchautor und Regisseur an den Kinofilmen "Die Wilden Kerle" (Teile 1 bis  6) beteiligt. Er hat über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht sowie an neun Kinofilmen mitgearbeitet und sogar eine echte Wilde Kerle-Mannschaft aufgebaut. Masannek ist Vater von vier Kindern, zwei davon sind bereits erwachsen. Mit den zwei anderen lebt er auf einem Hausboot in Berlin.
Jan Birck (geboren 1963) ist ein deutscher Illustrator, Trickfilmkünstler und Cartoonist. Nach dem Abbruch seines Architekturstudiums arbeitete er als Werbegrafiker sowie im Trickfilmbereich. Gemeinsam mit Joachim Masannek erschuf er "Die Wilden Fußballkerle", deren 13 Bände zunächst im Baumhaus Verlag veröffentlich wurden, sowie drei gemeinsame Filme.

Inhalt:

„Alles ist gut, solange du WILD bist!
Raban fühlt sich wie das fünfte Rad am Wagen. Er glaub, dass die anderen Wilden Kerle ihn nicht mehr im Team haben wollen, weil er nicht so gut Fußball spielt wie sie. Willi, der Trainer, rät ihm, das Fußball-Orakel zu befragen. Also schleicht Raban Nachts ins Stadion. Doch zu seiner Verwunderung tauchen da auch die anderen Wilden Kerle auf. Plötzlich flammt wie von Geisterhand betrieben das Flutlicht auf und es erscheinen die besten Fußballspieler aller Zeiten … Sie fordern Raban zum Mitspielen auf. Wird er es tun? Und wie wird der Orakelspruch lauten?“
(Klappentext)

Kritik und Fazit:

Das Cover gefällt mir eigentlich recht gut. Unter dem typischen Die Wilden Kerle Logo sehen wir Raban, den Hauptprotagonisten dieses sechsten Bandes der Reihe. Dahinter laufen all die anderen Wilden Kerle (und Mädchen). Das Cover ist an sich recht dunkel gehalten, was vielleicht auch ältere Jungen und Mädchen ansprechen soll.

Der Klappentext ist etwas irreführend, denn ein Großteil der Handlung spielt sich vor besagtem Orakelspiel ab. Raban, der bei einem wichtigen Spiel einen schlimmen Fehler begeht, ohne darüber nachzudenken, was das für Konsequenzen für ihn und all seine Mitspieler hat, kämpft sehr stark dagegen an, dass er von seinen ehemaligen Freunden gemieden wird. Der Trainer versucht zu kitten, was zu kitten geht, aber auch er stößt auf eine Mauer, die er nicht durchdringen kann. So taucht dann bei Raban im Spiegel des Kleiderschankes ein anderer Raban auf. Und er beginnt, mit ihm Zwiegespräche zu führen. Wir haben hier also einen Jungen mit wilder Vorstellungskraft, welche aber im Anschluss nicht näher beleuchtet wird.

Ich mochte die ständigen selbst erdachten Schimpfwörter oder Kraftausdrücke leider überhaupt nicht. Leseschwächere Kinder werden hiermit auch erhebliche Probleme haben und immer wieder ins Stolpern geraten. Selbst ich, eine geübte Vorleserin, geriet sehr oft an meine Grenzen. Denn Ausdrücke wie dampfhammerhart, allmächtiger Fettnäpfchenflaschengeist, pechschwefeliges Rübenkraut usw. sind lediglich sinnfreie Aneinanderreihung von Worten oder Wortneuschöpfungen. Ob es sich hierbei ausschließlich um Merkmale Rabans handelt, oder sich dies durch alle weiteren Bände so zieht, weiß ich leider nicht, da ich nur diesen sechsten Band kenne.

Und hier schließt sich direkt ein weiteres Problem an. Während der Erzählung ploppen immer wieder Szenen aus den vorangegangenen Büchern auf, die sich aber leider meiner Kenntnisse entziehen. Man sollte die Bücher wohl eher der Reihe nach lesen, um alles verstehen zu können. Wir haben aber ja leider einen Teil aus der Mitte der Reihe zu Rezensionszwecken bekommen. Die vorherigen Geschichten wären wohl aber wirklich von großem Vorteil gewesen. Denn ohne sie, versteht man einige erwähnte Anekdoten nicht so recht.

Ein dritter Kritikpunkt ist dann die sich stark wiederholende Art der Beschreibungen der Protagonisten. So werden die anderen kickenden Charaktere immer wieder auf die gleiche Art beschrieben: „»Tippkick Maxi«, der Mann mit dem härtesten Schuss auf der Welt“, „Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt“, „Rocce, der Zauberer, der Sohn eines brasilianischen Fußballgotts“, „Leon, unser Anführer, der Slalomdribbler, Torjäger und Blitzpasstorvorbereiter“ etc. etc. Bei einem Buch von etwa 120 Seiten mit eineigen Bildern kann man sich vorstellen, wie ermüdend es ist, diese Beschreibungen wiederholend lesen zu müssen. Und dann noch dazu die Wiederholungen bezüglich Rabans Spiderman Schlafanzugs …

Raban hat außerdem irgendwie ein merkwürdiges Verhältnis zu seiner Mutter. Wieso es so distanziert ist (die beiden schenken sich zum Beispiel Weihnachtsgeschenke, die nicht zu der beschenkten Person passen) bleibt unklar und für mich absolut unverständlich. Am Ende der Story finden sie zwar etwas näher zueinander, das kommt aber so platt daher, dass es weiterhin ein Mysterium bleibt.

"Die Wilden Kerle – Raban der Held" konnte mich und meinen Sohn leider in vielerlei Hinsicht nicht begeistert. Ich habe gelesen, dass sich dieser sechste Band aufgrund seiner Spiritualität sehr von den anderen Bänden unterscheidet. Das ändert aber wohl eher nichts am allgemeinen Schreibstil und der wiederholenden Art der Beschreibungen. Außer dem Streit nach dem verheerenden Fußballspiel gibt es im gesamten Buch kaum Interaktion zwischen den Charakteren. Raban ist einsam und so wenig spannend ist leider auch die Geschichte um ihn herum geraten. Da hilft auch seine blühende Fantasie nicht mehr weiter.

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Veröffentlicht am 12.04.2023

Schöne Idee aber leider zu konstruiert, um glaubhaft zu sein.

Alva und das Rätsel der flüsternden Pflanzen
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Manchmal fällt es doch schwer, ein Buch zu bewerten. Da gibt es die Themen Umweltschutz und Naturverbundenheit, die mich im Prinzip sehr umtreiben und dann gibt es da eine recht unsympathische Hauptprotagonistin, ...

Manchmal fällt es doch schwer, ein Buch zu bewerten. Da gibt es die Themen Umweltschutz und Naturverbundenheit, die mich im Prinzip sehr umtreiben und dann gibt es da eine recht unsympathische Hauptprotagonistin, die es einem schwer macht, bei der Stange zu bleibe. So erging es mir mit dem Buch "Alva und das Rätsel der flüsternden Pflanzen" von Yarrow Townsend. Ich habe eigentlich kein Problem mit speziellen, nicht immer sympathisch wirkenden Charakteren. Das war beispielsweise bei "Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche" für mich gar kein Problem. Mit Alva wurde ich allerdings einfach nicht warm, da das Mädchen ständig mit Unhöflichkeiten um sich wirft und dem Alm-Öhi aus Heidi echt Konkurrenz macht, ohne dabei eine liebevolle Seite zu präsentieren.

Die Autorin:

Yarrow Townsend studierte Englische und Französische Literatur in Oxford. Dort stellte sie fest, dass es sich im Botanischen Garten wunderbar für Prüfungen lernen lässt. Schon als Kind hat sie sich viel in der freien Natur aufgehalten. Nachdem sie ihr Studium absolviert hatte, arbeitete sie als Englischlehrerin. Inzwischen ist sie mit einem Boot unterwegs und reist durch die Kanäle Englands.

Inhalt:

„Alvas Zuhause ist in Gefahr. Denn ausgerechnet ihre geliebten Pflanzen sollen etwas mit der Krankheit zu tun haben, die sich überall ausbreitet. Alva will unbedingt die Wahrheit herausfinden! Heimlich schleicht sie sich auf ein Handelsboot, wo sie auf ihre Reisegefährten trifft: Idris und Ariana. Zusammen bezwingen sie wilde Wasser und unbekannte Wälder. Wird es ihnen gelingen, das Geheimnis zu lüften und das Heilmittel zu beschaffen?“ (Klappentext)

Kritik und Fazit:

Bereits auf dem Cover lässt sich die Thematik der Naturverbundenheit erahnen. Denn drei Kinder sind auf einem Boot unterwegs, die Flussufer sind mit Bäumen gesäumt, deren Kronen über ihnen wie ein Blätterdach zusammengewachsen sind. Es entsteht eine ziemlich harmonische Atmosphäre, die im Grunde aber nicht die Atmosphäre der Geschichte widerspiegelt. Denn da geht es um Gefahren, Verbrechen und den Tod, der auf dem Weg überall zu lauern scheint.

Im Innern ist das Buch sehr hübsch gestaltet. Jedem Kapitel ist eine kleine Illustration einer Pflanze vorangestellt mitsamt Kräuterkunde. Das greift ganz wunderbar das Buch von Alvas Mutter auf, welches viele Details der Pflanzenwelt beherbergt und in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Alva selbst versteht es außerdem, sich mit den Pflanzen zu unterhalten. Sie helfen ihr und stehen ihr immer wieder mit Ratschlägen zur Seite, retten sie sogar aus der ein oder anderen gefährlichen Situation.

Alva selbst ist, wie bereits oben erwähnt, ein ziemlich unsympathisches und grummeliges Einsiedlermädchen. Sie hat vor einigen Jahren ihre Mutter an einer schweren Krankheit verloren und lebt seitdem alleine in einem kleinen Haus am Waldrand. Die Nachbarn versorgen sie hin und wieder mit Lebensmittel, außerdem haben sie ein wachsames Auge auf das Mädchen. Dennoch behandelt Alva sie wir Störenfriede und zeigt keinerlei Dankbarkeit. Das ändert sich ein klein wenig im Verlauf der Geschichte, aber diese Wandlung ist nicht gerade geschickt in die Geschichte eingeflochten, sondern kommt eher wie mit der Brechstange daher. Alva will also niemandem helfen und ihr eigenes Ding machen, sodass die Verbindung zu Idris und Ariana fast bis zum Ende sehr brüchig ist.

Idris hingegen will seinen erkrankten Bruder retten und reist deswegen mit Alva zusammen gen Norden. Ariana soll weggeschafft werden, will das aber nicht, sie ahnt sogar, dass die Krankheit nicht durch die Pflanzen verursacht wird, sondern durch das Wasser des Flusses. Alva zieht es nach Fleetwater, weil sie glaubt, dass ihre Mutter dort die Rettung sah. So finden die drei Kinder also zusammen und bestreiten den Weg Richtung Norden.

Das Lesen empfand ich als recht ermüdend und anstrengend, da Alva immer gegen alles ist, was sich ihr auf dem Weg bietet. Sie ist gegen die Pflanzen, die ihr bei der Heilung des Pferdes helfen wollen. Sie ist gegen Idris, der sie um Hilfe für seinen Bruder bittet und sie ist gegen Ariana, die sie für ein verwöhntes Mädchen hält, dass sie nur aufhalten wird. Außerdem ändert sich Alva im Verlauf der Geschichte kaum. Sie schließt Idris und Ariana zwar irgend wann in ihr Herz, aber ihre ruppige Art, die mir ab einem gewissen Punkt auch einfach nicht mehr verständlich war, bleibt bestehen. Die ständigen Streitereien, die besonders Alva vom Zaun bricht, sind zermürbend.

Die verschiedenen Gedankengänge und Handlungen der Protagonisten waren außerdem manchmal etwas wirr. Was erhofft sich Idris genau vom Norden? Wieso mosert Alva herum, dass Idris und Ariana nicht dankbar sind, dass Alva sie nach Fleetwater gebracht hat? Denn dort müssen sie ja sowieso vorbeikommen, um ganz in den Norden zu gelangen (siehe Karte im Buch). Wieso weiß Ariana immer, was Alva denkt? Gibt es hier eine weitere magische Gabe, wie das Sprechen mit den Pflanzen? Alva vermutet das Heilmittel im Nordosten in einem Versteck ihrer Mutter. Idris will dort aber nicht hin, sondern weiter in den Norden, weil er denkt, dass da die Ursache für die Krankheit liegt. Wäre es aber nicht sinnvoller nach dem Heilmittel anstatt nach der Ursache zu suchen, um den Bruder zu retten? Hier entsteht eine gekünstelte Trennung des Protagonisten-Trios.

Ein paar erzählerische Auffälligkeiten sind außerdem zu verzeichnen. Zu oft liest man Dinge wie „Es war als wüsste Ariana, was Alva denkt“. Außerdem will Alva nicht über die Erinnerungen an ihre Familie reden, tut es aber im darauffolgenden Satz dennoch, obwohl keiner in sie dringt (S. 169). Ariana erzählt über ihre eigene Familie und ihre Vergangenheit. Alva beschwert sich in Gedanken, dass sie nicht über ihre Ma reden will (S. 161). Hier stimmen die Zusammenhänge immer wieder nicht. So wirken sowohl die Handlung als auch die Gedankenwelt immer wieder wirr und willkürlich.

In der Geschichte darf natürlich nicht der Bösewicht fehlen. Wer das genau ist, wird eigentlich ziemlich schnell klar und was es mit der Krankheit auf sich hat, war für mich auch sehr früh ersichtlich, da die Autorin kleine Details und Hinweise in der Geschichte nennt. So war es für mich nicht verwunderlich, wie sich der Verlauf der Handlung gestaltete. Allerdings bin ich der Meinung, dass die Jagd, die auf Alva losbricht, schon gleich zu Beginn der Geschichte hätte im Keim erstickt werden können. Dass Alva sich heimlich auf den Weg machen kann, ist leider absolut unrealistisch und so ist der gesamte Fortgang der Story zu konstruiert. Auch macht das Verhalten des Bösewichts gegen Ende der Story nicht wirklich Sinn. Da wird etwas zerstört, was eigentlich seine Lebensgrundlage darstellt und trotzdem erfahren wir in kurzen Passagen aus seiner Sicht, dass alles nach Plan laufen würde?

Ich habe in anderen Rezensionen außerdem gelesen, dass sich über die Brutalität und die Todesfälle beschwert wurde. Das empfand ich nicht als so extrem. Sicherlich gibt es die ein oder anderen brutalere Szene, allerdings werden diese doch recht distanziert beschrieben, sodass man als Leser einen gewissen Abstand zu den Geschehnissen halten kann. Sollte man aber ein Kind haben, welches mit der Thematik seine Schwierigkeiten hat, dann ist diese Buch vielleicht nicht sonderlich geeignet.

Ich könnte jetzt noch einiges mehr dazu schreiben, allerdings würde ich dann zu viel über den Verlauf der Geschichte und vor allem den Ausgang verraten. Deshalb kann ich hier nur schwer all meine Kritikpunkte anbringen.

"Alva und das Rätsel der flüsternden Pflanzen" konnte mich also leider nicht überzeugen. Das Lesen war anstrengend, der Plot vorhersehbar und konstruiert, die Hauptprotagonistin unsympathisch und der Antrieb aller Protagonisten nicht immer schlüssig. Zu viele Baustellen, die meiner Meinung nach die wirklich tolle Grundidee der Geschichte zerstörten. Wäre es kein Rezensionsexemplar gewesen, ich weiß nicht, ob ich es überhaupt zu Ende gelesen hätte.

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