Platzhalter für Profilbild

Buecherhexe

Lesejury Star
offline

Buecherhexe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Buecherhexe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.06.2021

Lust auf einen Cappuccino im White Shark Café?

Wenn Haie leuchten
1

Julia Schnetzer nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Weltmeere. Ob riesige Wale, leuchtende Haie, winzige Wasserinsekten oder Aquaviren, sie erzählt faszinierend, manchmal durchsetzt mit ...

Julia Schnetzer nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Weltmeere. Ob riesige Wale, leuchtende Haie, winzige Wasserinsekten oder Aquaviren, sie erzählt faszinierend, manchmal durchsetzt mit flapsigen Bemerkungen, aber immer voll Hochachtung vor dem Meer und seinen Bewohnern. Sie spricht das Thema des Plastikmülls in den Weltmeeren offen und sehr detailliert an, weist auf die vielen Tiere hin, die durch den Müll sterben und geht auch auf den Mikroplastik ein, der in die Nahrungskette der Meerestiere und dadurch letztendlich auch auf unseren Tellern gelangen kann.
Die Meeresbiologin erklärt Zusammenhänge im Lebensraum Ozean, weist aber auch auf viele ungelöste Fragen hin.
Das Buch ist faszinierend, sehr informativ. Manche Schulbuchverfasser könnten sich an diesem Buch ein Beispiel nehmen, wie man Wissen fundiert und interessant gestalten kann. Spannend und emotional, das sind Adjektive, die man selten mit einem Sachbuch in Verbindung bringt. Und doch vereint dieses Buch diese Eigenschaften.
Das Einzige, was ich schade finde: ich vermisse Unterwasseraufnahmen, die in einem solch wunderbaren Buch eigentlich zu erwarten wären. Es gibt zwar durchaus anschauliche Zeichnungen und Skizzen, aber ein paar Fotos hätten die Botschaft des Buches weitergetragen: Lasst uns die Weltmeere und ihre Bewohner schützen. Stoppt die Meeresverschmutzung, die Überfischung und Zerstörung des Meeresbodens um Bodenschätze abzuschöpfen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2021

Als die Hippies in den Startlöchern steckten

Sommer der Träumer
0

Stellt Euch vor, ihr seid jung, verbringt einige Zeit auf einer griechischen Insel, umgeben von anderen jungen Leuten, und Jahre später stellt ihr fest, diese jungen Leute sind Menschen die dieses Jahrzehnt ...

Stellt Euch vor, ihr seid jung, verbringt einige Zeit auf einer griechischen Insel, umgeben von anderen jungen Leuten, und Jahre später stellt ihr fest, diese jungen Leute sind Menschen die dieses Jahrzehnt geprägt haben, sie sind Schriftsteller, Dichter, Fotografen, Maler, Liedermacher. Sie kommen von überall her, Australien, England, Norwegen, Kanada. Sie bilden eine Gemeinschaft auf dieser Insel, die Expats, sie lieben sich, sie streiten sich, sie schreiben, dichten, singen, trinken, malen, ab und zu kiffen sie. Aber vor allem: sie sind jung, haben sich von der Generation ihrer Eltern und vom Krieg losgelöst, denn es ist der Anfang eines neuen Jahrzehnts, wir schreiben das Jahr 1960. Die Männer beginnen die Haare länger zu tragen, die Frauen trauen sich gegen Väter oder Ehemänner aufzulehnen, sie merken, sie haben ein Recht auf ein eigenes Leben, eigenes Schaffen. Das Leben auf Hydra, unweit von Piräus ist nicht leicht für die Expats. Und doch ist es sehr fruchtbar für ihr künstlerisches Schaffen.
Da sind einmal die Australier George Johnston und seine Frau Charmian Clift. Sie sind Schriftsteller, Bohémiens, führen auf Hydra ein offenes Haus, beherbergen viele andere Expats, unter anderem auch Erica, die junge Engländerin, aus deren Sicht das eine Jahr auf Hydra beschrieben wird. Sie erlebt wie die Ehe zwischen dem norwegischen Schriftsteller Axel Jensen und Marianne Ihlen zerbricht, wie die Liebe zwischen Marianne Ihlen und Leonard Cohen ihren Anfang nimmt. Erica lernt Gregory Corso, einen amerikanischen Dichter und Freund von Leonard Cohen kennen, den Fotografen James Burkes, den amerikanischen Schriftsteller Gordon Merrick, den Neuseeländer Redmond „Bim“ Wallis“ und noch einige andere.
Das Leben auf Hydra ist nicht einfach damals, 1960, kein fließendes Wasser, kein elektrischer Strom, die Insel selbst ist steinig und felsig, die Treppen bestimmen das Straßenbild.
Polly Samson lässt uns am Leben dieser Künstler teilhaben, zeigt sie in all ihrer Jugend, mit ihren Sorgen, Nöten, Ängsten, aber auch mit ihrer unglaublichen Lebensfreude und Lebensbejahung. Die Zeit auf Hydra wird für die Künstlerkolonie zu einer formativen Zeit, hier und jetzt wird der Grundstein gelegt für ihr späteres künstlerisches Schaffen und Wirken, auch wenn einige von Ihnen schon vorher, ihre Frühwerke veröffentlicht sehen.
Manchmal liest sich das Buch wie ein Tagebuch, dann wieder wie ein Roman über die Liebe all der Expats, ihrer Dramen, ihre offenen oder unterschwelligen Streitigkeiten. Es muss schön und berauschend damals, auf Hydra gewesen sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2021

Seeschwalben als Symbol für zerstörte Natur

Zugvögel
0

Der Roman ist außergewöhnlich. Noch gibt es die Seeschwalben, die Schneeeulen, die Elstern und Krähen, Stare, Tauben, Spatzen, Finken, Pinguine, Störche, Reiher, Kormorane, Falken und Adler und die meisten ...

Der Roman ist außergewöhnlich. Noch gibt es die Seeschwalben, die Schneeeulen, die Elstern und Krähen, Stare, Tauben, Spatzen, Finken, Pinguine, Störche, Reiher, Kormorane, Falken und Adler und die meisten der anderen Vögel. Und solange es sie gibt und die Bienen, Insekten, Fische, Hasen und all die anderen Tiere und Pflanzen die den Vögeln als Nahrung dienen, aber wenn es sie nicht mehr gibt, dann ist auch die Menschheit am Ende. Höchstens zwei Jahre können wir überleben, wenn einmal die Insekten, die die Bestäubung machen, ausgestorben sind. Solange es noch über Wiese und Heide summt, leben wir auch noch.
Das Buch setzt an an dem Punkt, an dem die Zugvögel aussterben, weil sie keine Nahrung mehr finden. Symptomatisch dafür ist die Seeschwalbe. Seeschwalben sind unglaubliche Flugakrobaten, die im Jahr bis zu 40.000 km zurücklegen können. Doch was, wenn die Meere von Menschen leer gefischt wurden? Wenn die Seeschwalben keine Nahrung mehr finden?
Eine junge Frau versucht den Seeschwalben zu folgen, sie überredet einen Schiffskapitän samt Crew dem Vogelflug zu folgen.
Die Ich-Erzählerin fährt in der Gegenwart mit dem Boot zur See, erzählt aber auch in Flashbacks Szenen aus ihrer Kindheit und Jugend, aus ihrer Ehe mit dem Wissenschaftler Niall Lynch.
Wir lernen eine Frau kennen, die wie die Zugvögel ziehen muss, die genau wie sie auch immer wieder zurückkehrt.
Die eindringliche aber zugleich auch zurückhaltende Sprache kommt ohne große Gefühle aus. Dass die Liebe oder die Verzweiflung oder andere Gefühle da sind merken wir am Geschehen, an knappen Aussagen oder Gesten. Es ist als ob Menschen angesichts der sterbenden Natur nicht mehr wichtig sind. Sie haben den Untergang verursacht, nun können sie nichts mehr tun, um ihn aufzuhalten. Und doch gibt Franny nicht auf. Am Ende des Buches zieht es sie wieder nach Schottland zum großen Naturreservat. Denn so wie manche Tierarten doch noch überleben ist auch Franny eine Überlebende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.05.2021

Historischer Krimi im besetzten Paris

Die Toten vom Gare d’Austerlitz
0

Ich war schon öfters in Paris, habe dadurch im Buch manche Straßen und Plätze wieder erkannt. Und war heilfroh, dass wir als Touristen da waren, als Freunde, als Genießer dieser wunderbaren Stadt.
Die ...

Ich war schon öfters in Paris, habe dadurch im Buch manche Straßen und Plätze wieder erkannt. Und war heilfroh, dass wir als Touristen da waren, als Freunde, als Genießer dieser wunderbaren Stadt.
Die Handlung des Krimis setzt ein mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris. Inspecteur Edouard Giral untersucht den Tod von vier unbekannten Männern, die in einem geschlossenen Güterwagon am Austerlitzer Rangierbahnhof vergast gefunden wurden. Die grausame Todesart der vier Männer lässt Inspecteur Giral in Flashbacks die Frontgräuel des ersten Weltkrieges wieder erleben. Aber er muss den Tod der vier Männer untersuchen und das unter erschwerten Bedingungen: deutsche Truppen haben rings um das Areal Position bezogen und beobachten das Geschehen genauestens, sozusagen mit deutscher Gründlichkeit.
Das Buch ist sehr spannend geschrieben und spielt auf zwei Ebenen: Einmal 1925 als Eddie Giral sich zu seinem mageren Polizistengehalt noch ein Zubrot verdient als Rausschmeißer in diversen Bars. Da lernt er schon diverse zwielichtige Gestalten kennen, denen er dann auch 1940 in der zweiten Handlungsebene, unter deutscher Besatzung wieder begegnet. Und wie nicht anders zu erwarten, haben die „Halbseidenen“ sogleich mit den Besatzern paktiert. Noch lange bevor Marechal Petain das tun konnte.
Nun beginnt ein mehr oder weniger vorsichtiges Lavieren und Handeln seitens Girals damit er das Leben seines Sohnes, sein eigenes aber auch das von polnischen und englischen Flüchtlingen rettet. So “nebenbei“ löst er den Mord an den vier Unbekannten im Güterwagon und einen lange zurück liegenden Mord aus seiner Anfängerzeit bei der Polizei.
Das Buch ist gespickt mit herrlichen Repliken, Aussprüchen, Bemerkungen und Dialogen. Eddie Giral lässt sich nicht die Schnauze verbieten, auch wenn es ihm manche Faustschläge einbringt. Er spielt Gestapo, SS und Wehrmacht gegeneinander aus. Gleichzeitig mischt er auch gehörig seine eigene Dienststelle auf, da er da etliche Zuträger oder Spione der Deutschen vermutet. Die Ironie seiner Sprüche lässt manche Szene erträglicher wirken als sie eigentlich ist. Der Grundton des Buches ist trotzdem bedrückend. Man vermeint im Hintergrund ständig die Panzer und andere schwere Fahrzeuge der Wehrmacht zu hören. Das ganze öffentliche Leben in Paris ist erstarrt. Esprit und Savoir-Vivre von Paris scheinen ins „Rien“ zu zerfallen. Bis August 1944 scheint es noch weit. Vielleicht lässt Chris Lloyd den kaltschnäuzigen Inspecteur Edouard Giral noch in dieser Zeit weiter ermitteln.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.05.2021

Ein unglaubliches Ermittlerteam

All die unbewohnten Zimmer
0

Friedrich Ani nimmt uns wieder einmal gefangen. Auf mehrere Arten: einmal durch eine hinreißende Sprache. Man denke nur an den schlechten Wein der scheinbar gelobt wird – er stammt von einem Nordhang in ...

Friedrich Ani nimmt uns wieder einmal gefangen. Auf mehrere Arten: einmal durch eine hinreißende Sprache. Man denke nur an den schlechten Wein der scheinbar gelobt wird – er stammt von einem Nordhang in Sibirien, Tabor Süden antwortet auf die Frage ob er betrunken sei, mit „bebiert“, ab und zu kommen solch sprachliche Leckerbissen, die die ansonsten düstere Handlung aufhellen. Eine Andere Art wie Friedrich Ani uns gefangen hält, ist die Art der Darstellung der Geschehnisse. Man muss sich richtig konzentrieren, um mitzukommen, aus wessen Sicht gerade die Handlung beschrieben wird, wann die Handlung gerade spielt, in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, welcher der vier Hauptermittler gerade am Handeln ist. Dann ist da noch die Handlung an sich. Personen tauchen auf, zuerst werden sie nur erwähnt und plötzlich sind sie Teil der Handlung. Aus einem Mord werden zwei, dann drei, zum Schluss sind es drei Morde und ein versuchter Totschlag. Die ersten beiden werden aufgeklärt dank der manchmal direkt obsessiven Arbeit von vier Profi-Ermittlern, den dritten Mord empfinden wir schon gar nicht mehr als Mord sondern als nur zu gerechte Strafe.
Interessant ist auch, wie die Handlung zuerst verzweigt, breit gefächert zu sein scheint, fast schon zusammenhanglos, nur um sich am Ende perfekt zuschließen, alle offenen Fragen zu beantworten, keine Lücken offen zu lassen. Und wir stellen fest, alles hängt irgendwie zusammen, ist miteinander verkettet und verzahnt, bildet eine unwiderlegbare Einheit.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere