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Veröffentlicht am 15.03.2024

zu dünn und unglaubhaft

Sophia, der Tod und ich
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Dieses Buch von Thees Uhlmann ist eine unglaubhafte Geschichte, in welcher der Ich-Erzähler eines Tages an der Wohnungstür von einem Mann überrascht wird. Es ist der Tod, gekommen, um ihn zu holen. Denn ...

Dieses Buch von Thees Uhlmann ist eine unglaubhafte Geschichte, in welcher der Ich-Erzähler eines Tages an der Wohnungstür von einem Mann überrascht wird. Es ist der Tod, gekommen, um ihn zu holen. Denn schließlich sei er jetzt an der Reihe und stehe im Auftragsbuch des Todes.

Doch der Ich-Erzähler nötigt de Tod noch einige Stunden ab, weil er ein letztes Mal seinen Sohn sehen möchte. Den hat ihm seine Ex-Frau mit der Scheidung gerichtlich entzogen. Mit von der Partie auf dieser Reise zum Sohn ist Sophie, Ex-Freundin von „ich“, und später auch dessen Mutter.

Thees Uhlmann als Musiker zu hören ist die eine Seite, seinen Roman zu lesen eine andere. Einzelne Passagen und Dialoge auf dem Roadtrip durchs Leben sind witzig und machen Spaß. Stellenweise kann der Leser lachen.

Doch in der Gänze ist die Geschichte, falls es überhaupt eine gibt, zu dünn und unglaubhaft. Allein durch die Figur des Todes driftet sie ab in die Welt der Fantasy und des Science Fiction.

Der Rahmen wirkt aufgesetzt auf eine Sammlung von Beobachtungen und Kurzgeschichten, wie sie dem Musiker Thees Uhlmann und seinem Umfeld tatsächlich passiert sein können. Diese Begebenheiten allerdings mit einer konstruierten Handlung zu verknüpfen, lassen sie deshalb nicht interessanter werden.

Schade, dass dadurch das Pulver der einzelnen Geschichten verschossen wurde. In einem Buch mit mehreren Erzählungen wären sie besser aufgehoben gewesen und hätten den Lesern mehr Freude bereitet. So aber bleibt nur ein fader Beigeschmack, der manchen Leser kein zweites Mal zu einem Buch von Thees Uhlmann greifen lässt.

Getreu dem Motto: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ oder „In der Kürze liegt die Würze“, greife ich lieber nach einer CD von Thees Uhlmann. Da hat er bewiesen, wie gut er mit kurzen Texten umgehen kann.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Zu frühe Auflösung im Roman - schade

All die verdammt perfekten Tage
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Finch steht auf dem Glockenturm seiner Schule und überlegt, ob es wohl einen besten Tag zum Sterben gibt. Er hat die Diagnose erhalten, dass er unaufhaltbar sterben wird. Warum dann nicht jetzt? Vielleicht ...

Finch steht auf dem Glockenturm seiner Schule und überlegt, ob es wohl einen besten Tag zum Sterben gibt. Er hat die Diagnose erhalten, dass er unaufhaltbar sterben wird. Warum dann nicht jetzt? Vielleicht ist heute doch der beste Tag dazu, denkt er. Warum sollte er dem Tod die Auswahl des Zeitpunktes überlassen?

Doch dann erblickt er auf dem Mauersimms des Turms Violet. Sie schaut ihm in die Augen und scheint ihn anzuflehen, nicht zu springen.. Aber Finch ist sich gar nicht so sicher, ob sie nicht vielleicht selbst springen. würde. Die Situation ist mehr als verfahren. Zudem scheint Violet Angst vor einem Sturz zu haben. Indem Finch Violet for einem Absturz schützt, schützt sie ihn vor seinem Selbstmord.

Im zweiten Kapitel erfährt der Leser etwas mehr über Violet, die vor einigen Monaten ihre Schwester bei einem Unfall verloren hat, an dem sie sich selbst die Schuld gibt. Außerdem war ihre Schwester zugleich ihre beste Freundin, was den Schmerz besonders tief macht. Violet ist deshalb in Therapie.

In abwechselnden Kapiteln, die jeweils aus der Sicht von Finch oder Violet erzählt werden, erlebt der Leser, wie sich beide behutsam näherkommen und welche Möglichkeiten sie erfahren, ihre Schicksale nicht ihr alltägliches Leben bestimmen zu lassen. Es steuert alles auf eine anrührende Liebe zu. Als beide für den Leser längst sichtbar ineinander verliebt sind, sprechen sie selbst nur von Freundschaft. Als sie von ihrer Liebe ahnen, sprechen sie in Gegenwart ihrer Klassenkameraden und Eltern von Freundschaft.

Jennifer Niven hat die Geschichte aufgebaut wie ein großes Puzzle. Viele Kapitel (deren Überschriften wie eine Tagebuchnotiz wirken), besonders die kleineren, erscheinen wie detaillierte Beobachtungen des ganz normalen Alltags von Jugendlichen. Gespräche über den ersten Kuss, die gestrige Party.

Diese kleinen Details wirken banal. Sie sind es aber angesichts des tragischen Hintergrundes der Schicksale der beiden Protagonisten mitnichten. Sie zeigen, dass das normale Leben weitergeht. Dass es selbst vor der Liebe kein Entrinnen gibt, selbst, wenn ein großes Unheil droht. Die Komposition all dieser Einzelheiten zu einem komplexen Bild einer herzlichen Beziehung zweier junger Menschen macht dieses Buch zu einem wahren Stück Literatur.

Doch leider nicht bis zum Ende des Buches. Das ist sehr schade. Die Auflösung der Geschichte erfolgt viel zu früh. Alles, was danach kommt, ist nicht mehr spannend und liegt an der Grenze zum Sachbuch.

Auch anschließende Adressen zu Selbsthilfegruppen von selbstmordgefährdeten Jugendlichen verstärkt diesen Eindruck. Das wertet den Roman leider ab, der ohne diesen Schluss ein sehr, sehr starker Roman hätte sein können. Doch den erhobenen Zeigefinger ignorierend darf sich der Leser auf eine wunderschöne und unterhaltsame Geschichte freuen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 07.11.2023

Corona-Leugnung in Bern

Demaskiert
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Mit diesem Kriminalroman stellt uns der Autor Sascha Michael Campi einen interessanten Kriminalroman mit Berner Lokalcolorit vor, der zudem vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie spielt.

Alina hat ihren ...

Mit diesem Kriminalroman stellt uns der Autor Sascha Michael Campi einen interessanten Kriminalroman mit Berner Lokalcolorit vor, der zudem vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie spielt.

Alina hat ihren 18 Geburtstag. Mit ihren Freunden möchte sie ihn feiern. Doch ihre Eltern schwindelt sie an und besucht zunächst mit den Freunden eine Veranstaltung von Corona-Leugnern.

Nachdem sich die Freunde anschließend bei der Party in einer Kneipe zerstritten haben, steigt Alina in das Auto des Redners der vorherigen Veranstaltung. Ab dann wird sie nicht mehr gesehen.

Auf dem Friedhof treffen sich der im Rollstuhl sitzende ehemalige Kriminalkommissar Walter Lehmann und die aus Kenia stammende Lisi Badou. Beide trauern um ihren Lebenspartner, die hier auf dem Friedhof begraben sind. Doch beide finden in ihrer Trauer zusammen und gründen voller Tatendrang eine Privatdetektai, um der Trauer zu entgehen.

Zwar starten sie ihre detektivischen Geschäfte mit einer vermissten Katze, aber schnell werden sie in die Suche nach der verschwundenen Alina einbezogen.

Sascha Michael Campi hat eine gut durchdachte Geschichte erzählt, die viele Wendungen aufzuweisen hat. Manches Mal werden die Leser aufs Glatteis geführt.

Erzählt wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Da ist zunächst die Sichtweise von Alina, die ihren Geburtstag begeht und plötzlich an einem anderen Ort aufwacht. Dann gibt es die Sichtweise der Täter auf das Verschwinden von Alina. Hierbei erfährt man nicht sofort, um wen es sich dabei handelt. Schließlich gibt es die dritte Perspektive des netten Detektivduos. Diese beiden muss man einfach mögen. Sie sind dem Autor sehr gut gelungen.

Leider gibt es einen Wermutstropfen, der einem das Leseerlebnis nimmt. Der Verlag hat offenbar wenig Arbeit in das Manuskript investiert. Anders als der Autor scheint der Verlag nicht mal Korrektorat und/oder Lektorat über das Manuskript laufen lassen.

Dabei geht es nicht um einzelne Tippfehler, die ich in jedem Buch entdecke und gerne überlege. In diesem Buch gibt es auf vielen Seiten Fehler durch fehlende, falsche und/oder zu viele Wörter. Man versteht den Satz beim ersten Mal nicht, liest ihn ein zweites Mal und korrigiert ihn im Kopf. Man musste aber das Lesen der Geschichte dabei unterbrechen. Dass der Buchsatz leider nicht den professionellen Ansprüchen eines Verlages entspricht, ist noch ein I-Tüpfelchen.

Da mir aber die Geschichte gefällt, die der Autor Sascha Michael Campi präsentiert hat, empfehle ich den Roman dennoch. Leser sollten sich möglichst nicht stören lassen und der Story und dem Autor eine Chance geben, denn spannend ist der Roman allemal.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2023

Simon und Karnstedt – eine Freundschaft, die im Kindesalter begann

Karnstedt verschwindet
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Alexander Häusser erzählt in diesem Roman die Geschichte einer Freundschaft, die im Kinderalter begann. Bis sie schließlich versiegte.

Simon, einer der beiden damaligen Freunde hat einen Brief von einem ...

Alexander Häusser erzählt in diesem Roman die Geschichte einer Freundschaft, die im Kinderalter begann. Bis sie schließlich versiegte.

Simon, einer der beiden damaligen Freunde hat einen Brief von einem Anwalt bekommen. Er hat ein Grundstück geerbt und wurde zum Nachlassverwalter bestimmt. Es ist das Grundstück seines damaligen Freundes Karnstedt.

Nach der Schulzeit war der Kontakt zwischen den beiden jungen Männern abgebrochen. Sie haben über zwanzig Jahre nichts mehr miteinander zu tun gehabt. Bis ihm nun der Anwalt mitteilt, dass Karnstedt verfügt habe, Simon möge sich um das Grundstück kümmern.

Der steht nun in dem heillosen Chaos, teils zusammen mit dem Anwalt, und wird fast erschlagen von den Erinnerungen aus der damaligen Zeit. Die Erlebnisse während der Schulzeit und Jugend erwachen in seinem Kopf zu neuem Leben.

Alexander Häusser erzählt diese Geschichte in einer Gegenwart mit den entsprechenden Rückblenden aus der Schulzeit. In den Rückblenden erleben die Leser die Freundschaft der beiden Jungs, ihre Beziehung zu Mädchen und Mitschülern und ihre Konflikte.

In der Gegenwart gibt es immer wieder das Erstaunen, warum der Kontakt zwischen beiden abgebrochen ist. Die Frage, warum Karnstedt seinen alten Freund Simon alles hinterlässt, scheint dringend zu werden.

Ich muss gestehen, dass mich dieser Roman nicht so in den Bann gezogen hat, wie ich es erwartet hatte. Die Gedanken um die Freundschaft der beiden Jungs waren nicht prickelnd genug.

Es mögen für manche Leser interessante Aspekte sein, weshalb ich den Roman auch nicht für schlecht oder unlesbar halte. Im Gegenteil! Aber für mich persönlich war er kein solches Highlight wie manch anderer Roman.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

Veröffentlicht am 31.12.2022

für den experimentierfreudigen Leser

Der Arm des Kraken
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In einem Park in Berlin-Prenzlauer Berg wird ein Japaner tot aufgefunden. Dieser Japaner bewegt sich in der Szene der Vietnamesen. Deshalb wird schnell an einem Mord im Drogenmilieu gedacht, manchmal aber ...

In einem Park in Berlin-Prenzlauer Berg wird ein Japaner tot aufgefunden. Dieser Japaner bewegt sich in der Szene der Vietnamesen. Deshalb wird schnell an einem Mord im Drogenmilieu gedacht, manchmal aber auch an die von Ausländerhass geprägten NSU-Morde. Die Hauptkommissarin Annegret Bartsch aus dem Vietnamesendezernat hat seit über zehn Jahren kein Mord mehr aufgeklärt, wie wird aber dennoch in die „SOKO Merzmorde“ gerufen, weil sie über viel Insiderwissen verfügt. Parallel zu den Ermittlungen macht sich ein anderer Japaner auf den Weg, dem toten Landsmann und – wie sich herausstellt – Kollegen bei den Yakuza (japanische Mafia) hinterherzuspüren. Denn es schien, als wollte der an der Organisation vorbei einige Geschäfte abwickeln. Für den Leser steht die Frage im Raum, ob dieser Japaner auch für den Tod seines Kollegen verantwortlich war. An dieser Stelle ist schnell zu erkennen, dass der Spannungsbogen dieses Romans nicht entlang der kriminellen Linie gezogen wird.

Dieser Roman spaltet mich und leider kann ich ihn nicht uneingeschränkt empfehlen. Die durchweg gut ausgedachte Geschichte scheint sehr viel versprechend und weckt gewisse Erwartungen. Meine jedoch wurden nicht erfüllt. Da ist zunächst einmal der Satzbau des Autors. Zehn bis zwölf Seiten in einem einzigen Satz zu absolvieren, ist eine dumme Spielerei, die mich als Leser verärgert. Es zeugt von wenig Respekt dem Leser gegenüber, der in diesen Abschnitten vergeblich nach Ruhepunkten für das Auge sucht. Schließlich sind mir die Figuren zu oberflächlich. Sie erhalten keinen Tiefgang. Man findet sie weder abstoßend noch sympathisch. Sie mögen ungewöhnlich sein und die Regel beherzigen das der Bösewicht nicht immer nur böse und der Gutmensch nicht immer nur gut ist. Aber zum Beispiel die Kommissarin als Hauptfigur, aus ihrer Sicht jedes zweite Kapitel ohne Punkt und Absatz verfasst, labert soviel an der Oberfläche herum, was nichts mit den Verbrechen zu tun hat, dass ich diese Monologe mit einem über Blättern quittiert habe. Die zweite Hauptfigur, der Killer, könnte eine richtig anspruchsvolle Figur sein. Sie tapst hier durch so viele Märkte und Läden, von denen der Inhalt jedes einzelne Regals beschrieben wird, dass man sich nur wundert, wie weltfremd wohl die Japaner in den Augen des Autors sein müssen. Ich habe eingangs nicht umsonst erwähnt, dass ich die Idee zu dieser Geschichte toll finde. Dazu gehört auch, dass aus den zwei verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Einmal aus der Sicht der Polizistin, die in der ersten Person erzählt, zum anderen aus der Sicht einer dritten (auktorialen) Person, die das Geschehen um den Killer beschreibt. Die Kapitel wechseln sich mit dieser Erzählweise ab und deshalb ist es auch kein Spoiler, wenn ich hiervon spreche. Ab dem zweiten Kapitel folgt der Leser dem Killer unmittelbar und erlebt alles hautnah mit. Das besonders Schöne daran ist, dass der Leser immer den Ermittlern einen Schritt voraus ist. Das was die Hauptkommissarin erzählt, weiß der Leser bereits aus der Handlung des Killers (auch ein Grund, warum man die Kapitel der Polizistin überblättern kann).

Der besondere Reiz dieses Romans liegt also nicht darin, den Täter zu ermitteln. Vielmehr liegt die Spannung darin, ob und wie der Killer geschnappt wird. Oder anders ausgedrückt: ob er seinen Auftrag erfüllen kann und der Polizei nicht in die Fänge geht. Wäre das Buch vernünftig gesetzt und hätte viel weniger Ladenregale und Gelaber, so könnte ich es mit höchsten Tönen empfehlen. So bleibt mir nur eine Empfehlung für den experimentierfreudigen Leser.