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Veröffentlicht am 07.04.2021

"Die Last wird leicht, wenn mit Geschick man sie trägt." (Ovid)

Das Fräulein mit dem karierten Koffer
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1964 München. Die 19-jährige Sabine hat es nicht leicht, sie stammt aus einfachen Verhältnissen und muss sich mit den Bevormundungen ihrer Mutter Brigitte und ihres Stiefvaters Heinz herumschlagen, die ...

1964 München. Die 19-jährige Sabine hat es nicht leicht, sie stammt aus einfachen Verhältnissen und muss sich mit den Bevormundungen ihrer Mutter Brigitte und ihres Stiefvaters Heinz herumschlagen, die ihr immer wieder suggerieren, wie wichtig ein guter Leumund ist. Als sie den reichen Unternehmersohn Michael Dornheim kennenlernt und sich in ihn verliebt, scheint es, als hätte sie die perfekte Partie gemacht und sähe einer rosigen Zukunft entgegen. Eine ungeplante Schwangerschaft lässt diesen Traum schnell zerplatzen, denn Michael kann Sabine gar nicht schnell genug verlassen. Nun steht sie schwanger, ohne Ehemann, ohne Arbeit und Dach über dem Kopf, nur mit einem gepackten karierten Koffer auf der Straße, weil auch ihre Eltern nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Sabines mühseliger Kampf, sich und ihr Kind allein durchzubringen, beginnt…
Claudia Kaufmann hat mit „Das Fräulein mit dem karierten Koffer“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der die 60er Jahre wieder lebendig werden lässt, aber vor allem die Rolle der Frau zur damaligen Zeit sehr kraftvoll widerspiegelt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil der Autorin lässt den Leser eine Zeitreise in die jüngere deutsche Vergangenheit antreten, um sich dort an Sabines Fersen zu heften und ihren harten, ereignisreichen Weg zu begleiten. Während der Leser miterlebt, wie sehr sich Menschen der Gesellschaft unterwerfen und ihnen die Meinung anderer wichtiger ist als die eigene Familie, sieht er gleichzeitig, wie vehement Sabine sich als Frau und alleinerziehende Mutter durch die Widrigkeiten des Alltags und die Vorurteile ihres Umfelds kämpft. Frauen hatten zur damaligen Zeit kaum Rechte, konnten ohne die Erlaubnis ihres Ehemanns nicht mal den Führerschein machen. Die meisten sahen in einer Ehe eine Versorgungseinheit, die ihnen Sicherheit bot, wofür sie demütig dem Manne untertan waren. Der Staat fungierte bei alleinstehenden Müttern als Vormund für deren Kind, so dass die Frau bei der Erziehung ihres eigenen Kindes eingeschränkt wurde und sie öffentlich als „unfähig“ und gefallene Frau brandmarkte. Neben dem moralischen Gesellschaftsbild lässt die Autorin auch noch andere historische Feinheiten in ihre Geschichte miteinfließen. So gab es z. B. damals noch den Paragrafen 218, der eine Abtreibung verbot, ebenso war Homosexualität zu jener Zeit noch eine Straftat. Kaufmann hält dem Leser im wahrsten Sinne des Wortes den Spiegel vor und macht eindrucksvoll deutlich, wie sehr sich die Gesellschaft und die Rolle der Frau in den letzten 60 Jahren verändert hat, obwohl es auch heute noch auf vielen Gebieten Nachholbedarf gibt.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit menschlichen Ecken und Kanten in Szene gesetzt. Mit ihrer Authentizität und Glaubwürdigkeit geben sie dem Leser die Möglichkeit, ihnen über die Schulter zu schauen und ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu erkunden und nachzuvollziehen. Der Leser begegnet zuerst noch einer naiven, etwas verträumten, zurückhaltenden jungen Frau, die noch an die große Liebe glaubt. Als verlassene alleinstehende werdende Mutter sieht sie sich dann plötzlich als gesellschaftlich ausgestoßen und verachtet und kämpft praktisch gegen Windmühlen, was sie erwachsen werden lässt und sie zu einer selbstsicheren und starken Frau heranreifen lässt. Ihre Mutter Brigitte sucht sich lieber einen Versorger, so dass sie sich finanziell sicher fühlt und gesellschaftlich anerkannt ist. Interessant zu beobachten ist die Tatsache, dass Sabine das Handeln ihrer Mutter erst in Frage stellt, sich dann allerdings in die gleiche Richtung bewegt. Michael wirkt wie ein Hasenfuß, wobei es wohl auch an dem Einfluss der Familie liegt, denn Sabine war keine akzeptable Partie. Wichtige Rollen in dieser Geschichte sind auch Alexander, Holger und Anne vorbehalten, die für Sabine Rückhalt und Freundschaft bereithielten.
„Das Fräulein mit dem karierten Koffer“ ist eine anrührende Zeitreise in die 60er Jahre mit einer Handlung voller Tragik und Dramatik. Doch am Ende gibt es einen Hoffnungsschimmer, denn wie sehr hat sich die Position der Frau bis heute verändert. Eine mit vielen Bildern angefüllte, eindrucksvolle Geschichte, die noch nachklingt, nachdem das Buch gelesen ist. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.03.2021

"Das Wunder ist des Augenblicks Geschöpf." (Johann Wolfgang v. Goethe)

Kleine Wunder überall
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Mit Familie und Job ist Charlotte mehr als ausgelastet, so dass sie selbst eigentlich immer zu kurz kommt. Doch dann steht in dem Chaos plötzlich ihre Mutter Barbara vor der Tür, die sie lange nicht mehr ...

Mit Familie und Job ist Charlotte mehr als ausgelastet, so dass sie selbst eigentlich immer zu kurz kommt. Doch dann steht in dem Chaos plötzlich ihre Mutter Barbara vor der Tür, die sie lange nicht mehr gesehen und ihr noch immer nicht verziehen hat, dass sie vor 20 Jahren einfach nach Lanzarote abgehauen ist und ohne einen Blick zurück ihren Vater und sie verlassen hat. Nun aber erfährt Charlotte, dass Barbara krank ist und ihre Hilfe benötigt. Obwohl es in Charlotte rumort, gibt sie sich einen Ruck und kümmert sich neben sämtlichen anderen Verpflichtungen auch um Barbara. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, umso mehr muss Charlotte erkennen, dass nicht immer alles so war und ist, wie es scheint…
Katrin Lankers hat mit „Kleine Wunder überall“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer emotionalen Geschichte aufwartet, sondern dem Leser während der Lektüre auch so manche Einsicht mitgibt. Der flüssige und warmherzige Erzählstil der Autorin lädt den Leser ein, sich in Charlottes Reich einzunisten, um als Zaungast den dort stattfindenden Ereignissen hautnah beizuwohnen und sich währenddessen eigene Gedanken zu machen, wie man selbst in der einen oder anderen Situation handeln würde. Sehr realistisch und empathisch zeichnet die Autorin Charlottes vollgepackten Alltag, den diese nur gut organisiert gewuppt bekommt. Allerdings zeichnet sich Charlotte auch dadurch aus, dass es ihr nie jemand gut genug macht und sie förmlich alles an sich reißt. So wird auch schnell offensichtlich, warum sie für eigene Träume keinerlei Zeit erübrigen kann. Der Auftritt ihrer Mutter ruft nicht nur unschöne Erinnerungen hervor, sondern lässt auch nach für nach erkennen, dass Charlotte ihre Mutter über die Jahre sehr vermisst hat, ohne sich dies einzugestehen. Das nötige Aufeinanderzugehen und die Einsicht, verzeihen zu müssen, um sein eigenes Leben in Ordnung zu bringen, wird ebenso gefühlvoll transportiert wie die alltäglichen kleinen Wunder, die man in seinem Trott nur noch selten wahrnimmt und denen man viel mehr Beachtung schenken sollte. Die Autorin schickt den Leser durch eine wahre Achterbahn der Gefühle, die ihn am Ende erkennen lässt, wie wichtig Selbstreflektion, Aufmerksamkeit und Dankbarkeit sind.
Die Charaktere sind liebevoll und mit menschlichen Ecken und Kanten sehr authentisch inszeniert, so dass der Leser das Gefühl hat, alle Beteiligten schon seit langem zu kennen. Da fällt das Mitfühlen und –fiebern leicht. Charlotte ist eine Perfektionistin, die sich oftmals selbst im Weg steht. Der frühe Verlust der Mutter hat sie hart und auch etwas unsicher gemacht, was sie mit ihrer perfekten Art zu übertünchen sucht. Barbara ist eine liebevolle und sympathische Chaotin mit viel Humor. Sie ist zwar ein Freigeist, doch auch sie hat unter der Trennung zur Tochter gelitten. Aber auch Charlottes Ehemann Markus sowie die Kinder Finja und Merle spielen wichtige Rollen in der Handlung und geben ihr zusätzliches Gewicht.
„Kleine Wunder überall“ ist eine tiefgründige, mitten aus dem Leben gegriffene Geschichte über Familie, Liebe, Verlust, Entscheidungen und Vergebung. Die Autorin gibt dem Leser durch ihre Handlung zu verstehen, dass er sich daran erinnert, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und vor allem die kleinen Dinge des Lebens mehr schätzen zu lernen. Sehr gelungen und lesenswert!

Veröffentlicht am 29.03.2021

„Düfte sind die Gefühle der Blumen.“ (Heinrich Heine)

Lavendeltage in der Auberge de Lilly
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Obwohl Helen nach der Pleite ihres Cafés beruflich unbedingt so schnell wie möglich wieder Fuss fassen will und an einer Präsentation bastelt, um einen neuen Job zu ergattern, entführt ihr Freund Leo sie ...

Obwohl Helen nach der Pleite ihres Cafés beruflich unbedingt so schnell wie möglich wieder Fuss fassen will und an einer Präsentation bastelt, um einen neuen Job zu ergattern, entführt ihr Freund Leo sie mit einem klapprigen Bully für einen Kurztrip in die Provence. Auch wenn Leo es gut meint und sie von ihren Sorgen ablenken möchte, steht Helen so gar nicht der Sinn nach Urlaub. Auf der Strecke streikt der alte Bully immer wieder, so dass die beiden in der „Auberge de Lilly“ stranden, um den Wagen reparieren zu lassen. Während Leo mit der Werkstatt beschäftigt ist, macht Helen eine Radtour, um die Umgebung zu erkunden und verliert sich bald schon in den Anblick der farbenprächtigen Lavendelfelder. Besonders aber hat es ihr ein kleines Geschäft angetan, das sie bei ihrer Tour entdeckt. Der Laden, in dem früher Lavendelprodukte verkauft wurden, weckt in Helen alte Träume und Sehnsüchte…
Marion Stieglitz hat mit „Lavendeltage in der Auberge de Lilly“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der seine Geschichte vor der malerischen Kulisse der Provence präsentiert und dem Leser während der Lektüre eine schöne Auszeit vom Alltag beschert. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser mit Helen und Leo in den Bully gen Provence aufbrechen, um dort ein emotionales Abenteuer zu erleben, welches zusätzlich sämtlichen Sinnen Anreiz bietet. Die Autorin fängt mit ihren bildreichen Beschreibungen die südfranzösische Landschaft wunderbar ein und vermittelt dabei das Gefühl von Urlaub, Auszeit und Genuss. Während der Lektüre sieht der Leser die blühenden Lavendelfelder vor sich, die zauberhafte Auberge de Lilly sowie den verlassenen kleinen Laden und hat die gesamte Duftpalette der Provence in der Nase, die neben Lavendel und anderen Blütensorten auch noch viele Kräuter beinhaltet. Helen steht an einem Scheideweg, denn einerseits kämpft sie für einen beruflichen Neuanfang, andererseits übermannen sie alte Träume, die sie bereits abgeschrieben hatte. Als Leser verfolgt man Helens Gedankengänge, erlebt einige wunderbare Tage in der Provence und trifft auch ein paar alte Bekannte wieder, die in dem ersten Roman „Das kleine Hotel in der Provence“ der Autorin eine Rolle gespielt haben. Überraschende Wendungen machen die Geschichte abwechslungsreich und kurzweilig.
Lebendig inszenierte Charaktere nehmen den Leser in ihre Mitte und geben ihm das Gefühl, Teil ihrer Geschichte zu sein. Mit glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten können sie überzeugen und machen so ein Mitfiebern möglich. Helen wirkt zu Beginn eher naiv, trocken und unsicher, doch im Verlauf wandelt sie sich in eine Frau, die Mut fasst, sich neuen Gegebenheiten zu stellen und auch ihre Träume in Angriff zu nehmen. Leo ist ein liebenswerter Chaot und Träumer, der zwar gute Absichten hat, sich aber nicht wirklich in die Lage seines Gegenübers hineinversetzt. Marcel ist mit seinem Land verwurzelt, ist ausgeglichen und sehr sympathisch. Aber auch Lilly, Marianne und Valeska tragen einiges zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.
„Lavendeltage in der Auberge de Lilly“ versprüht mit seiner Geschichte um Liebe, alte Träume und neue Möglichkeiten vor der wunderschönen provenzalischen Kulisse ein Gefühl von Urlaub, Auszeit und Entspannung. Genau das Richtige in diesen Zeiten des Verzichts. Verdiente Empfehlung für einen kleinen gedanklichen Kurztrip!

Veröffentlicht am 27.03.2021

„Nun, meine Seele, heißt es Abschied nehmen." (René Descartes)

Eine Sehnsucht nach morgen
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1968. Bärbel, inzwischen studierte Ärztin, kehrt ihrem Job aufgrund einer beendeten Liaison mit einem Kollegen am Hamburger Klinikum kurzfristig den Rücken und zieht in ihre Heimatstadt Essen zurück in ...

1968. Bärbel, inzwischen studierte Ärztin, kehrt ihrem Job aufgrund einer beendeten Liaison mit einem Kollegen am Hamburger Klinikum kurzfristig den Rücken und zieht in ihre Heimatstadt Essen zurück in das Haus ihrer Familie. Dort kann sie der Begegnung mit ihrer Jugendliebe Klaus nicht lange aus dem Weg gehen, der mit seiner Frau und seiner Tochter Sabine im benachbarten Elternhaus wohnt. Schon bald merken Bärbel und Klaus, dass da immer noch was zwischen ihnen ist. Während Inge und Johannes sich auf ihren ersten Nachwuchs freuen, schmeißt Tante Clärchen den Haushalt. Karl unterstützt sie dabei und bald entdecken die beiden den zweiten Frühling. Jakob, inzwischen ein Teenager, erlebt ebenfalls die erste Liebe und engagiert sich politisch aktiv. Einige seiner Aktionen bringen ihn und damit die Familie in die Bredouille. Und dann taucht auch noch Inges leiblicher Vater auf der Bildfläche auf…
Eva Völler hat mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ den Abschlussband ihrer Ruhrpott-Trilogie vorgelegt, mit dem sie den Leser in die späten 60er Jahre schickt, wo er sich zwischen Prilblumen, Quellekäufen, Arbeitskampf und Hippiezeit wiederfindet. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil gemixt mit etwas Lokalkolorit katapultiert den Leser schnell wieder in den Haushalt der Familie, wo er es sich gemütlich macht und nicht nur die bereits liebgewonnenen Protagonisten bei ihrem alltäglichen Treiben beobachtet, sondern auch regen Anteil an ihrer Gedanken- und Gefühlswelt nimmt. Die Autorin schildert sehr authentisch das Leben innerhalb einer Familie zur damaligen Zeit, die mal mit schmerzhaften Ereignissen oder aber auch mit zwischenmenschlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Besonders herausstechend dabei ist der Familienzusammenhalt, denn die einzelnen bilden nicht nur eine Gemeinschaft, sie leben sie auch und helfen sich gegenseitig bei allen Dingen und Dramen, die anfallen. Dabei gelingt es ihr hervorragend, den zeitgemäßen gesellschaftlichen und politischen Hintergrund mit ihrer Handlung zu verknüpfen. So tauchen die Arbeitskämpfe der Zechenmitarbeiter oder der Tod von Rudi Dutschke in der Geschichte auf, aber auch die Rolle der Frau wird thematisiert. Bärbel, die als Ärztin an einer Klinik arbeitet, muss sich von ihren männlichen Kollegen so manche Maßregelung gefallen lassen, die in heutiger Zeit einfach nur als unverschämt bezeichnet würde.
Liebevoll ausstaffierte lebendige Charaktere überzeugen den Leser mit ihrer Glaubwürdigkeit und binden ihn schnell so fest an sich, dass er sich als Teil von ihnen fühlt, mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Bärbel ist eine verantwortungsvolle Ärztin, sie liebt ihren Beruf, aber auch das Singen hat einen Platz in ihrem Leben. Tante Clärchen bereitet allen ein heimeliges Nest und kümmert sich um das leibliche Wohl, insgeheim sehnt sie sich noch einmal nach einem Liebesglück. Inge und Johannes halten die Familie zusammen, haben immer ein offenes Ohr für jeden und einen großen Wunsch. Klaus ist ein herzensguter Mann, viel zu gutmütig für diese Welt, denn er gibt bereitwillig und wird doch oftmals enttäuscht. Jakob ist ein intelligenter Junge, der plötzlich seine Hormone zu spüren bekommt. Aber auch Karl, Annette, Biene und weitere Protagonisten steigern mit ihren Einsätzen den Unterhaltungswert.
Mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ heißt es leider Abschiednehmen vom Ruhrpott und den liebegewonnenen Protagonisten. Noch einmal wird die jüngste deutsche Vergangenheit lebendig, während Familienleben, kleine Dramen, Geheimnisse und Schicksalsschläge sowie die Liebe ihren Auftritt haben. Eine nostalgische Reise in die späten 60er mit viel Flair, die einen wehmütig zurücklässt. Wundervoll erzählt – verdiente Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 27.03.2021

"Die beste Freundin ist wie eine Laterne am Weg." (C.-M. Below)

Pension Herzschmerz
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Nicht nur der Hilferuf ihrer Freundin Anna, deren Freund fremdgegangen ist, auch der Hilferuf ihrer Freundin Kim, die auf Norderney lebt und sich den Fuß gebrochen hat, halten Louisa auf Trapp. Kurzerhand ...

Nicht nur der Hilferuf ihrer Freundin Anna, deren Freund fremdgegangen ist, auch der Hilferuf ihrer Freundin Kim, die auf Norderney lebt und sich den Fuß gebrochen hat, halten Louisa auf Trapp. Kurzerhand schnappt sie sich Anna und fährt mit ihr auf die Nordseeinsel, um Kim zu unterstützen, was ihren eifersüchtigen Freund dazu veranlasst, Louisa den Laufpass zu geben. Nun sitzen die drei plötzlich gleichzeitigen Single-Freundinnen auf Norderney, und anstatt ihrem Liebeskummer hinzugeben, schmieden sie den Plan, eine Pension „Herzschmerz“ für gleichgesinnte liebeskranke „Patienten“ auf der Insel zu gründen. Das Haus für die Pension ist schnell gefunden, doch damit der Plan gelingt, müssen ortsansässige Fürsprecher her, um die Idee in die Tat umzusetzen. Deshalb gehen die drei daran, ihre Überredungskünste spielen zu lassen, sogar der attraktive Bürgermeister muss dran glauben…
Christin-Marie Below hat mit ihrem Debüt „Pension Herzschmerz“ einen turbulenten Unterhaltungsroman vorgelegt, der nicht nur einiges an Urlaubs- und Inselflair versprüht, sondern dem Leser auch mit einer frischen, frechen Geschichte eine Auszeit vom Alltag beschert. Der flüssige und farbenfrohe Schreibstil bringt den Leser schnell auf die malerische Nordseeinsel Norderney, wo er sich als unsichtbarer Gast dem quirligen Frauenkleeblatt anschließt und ihren Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernen darf. Übermütig und voller Elan ergänzen sich Louisa, Anna und Kim nicht nur, sondern greifen sich in allen Lebenslagen unter die Arme. Gerade von dieser engen Freundschaft lebt die ganze Handlung, denn sie sind untereinander auf erfrischende Weise gnadenlos ehrlich und öffnen so der einen oder anderen immer mal wieder die Augen. Während Kim sich als Fußpflegerin schon ein Leben auf der Insel aufgebaut hat, kann sie ihre Freundinnen schnell davon überzeugen, auch ihren Lebensmittelpunkt nach Norderney zu verlagern, um gemeinsam mit ihr ein neues Projekt aufzuziehen. Die bildhaften Ausflüge per Rikscha über die Insel und an den Strand bringen das nötige Urlaubsfeeling in die Geschichte und rufen während der Lektüre schöne Bilder im Kopf des Lesers hervor.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und mit den nötigen Ecken und Kanten versehen, die den Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlen und ihnen gerne bei ihrem Treiben über die Schulter schauen lassen. Louise wächst einem mit ihrer offenen, ehrlichen und reflektierenden Art schnell ans Herz. Sie ist hilfsbereit und lässt ihre Lieben nie im Stich. Anna hat eine impulsive Ader und steht ständig unter Strom. Die anderen haben alle Hände voll zu tun, sie im Zaum zu halten. Kim wirkt schon viel abgeklärter und gesetzter, auch wenn ihr Malheur mit dem Fuß erst einmal eine andere Sprache spricht. Fiete ist ein lieber und hilfsbereiter Kerl, der auf der Insel Gott und die Welt kennt. Aber auch der Bürgermeister, Onno und Frau Krassnitz sind Originale, die der Handlung einiges an Pfiff verleihen.
„Pension Herzschmerz“ ist von Anfang bis Ende eine Wohlfühllektüre, die flott daherkommt und frischen Wind mitbringt. Keine tiefschürfende Lektüre, aber mit viel Herz, Humor und Urlaubsfeeling, genau das, nach dem man sich in heutigen Zeiten am meisten sehnt. Gut gemacht und empfehlenswert!