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Veröffentlicht am 23.08.2020

"Die Oper hat Momente, in denen Stille die schönste Musik ist.“ (Rolando Villázon)

Glück wie Glas
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Die Ehe von Michaela mit dem Opernstar Peer Varenthin steht auf wackeligen Beinen, zu sehr dreht sich alles nur um Peer und seine Karriere, worunter die Beziehung zwischen den beiden leidet, sind sie doch ...

Die Ehe von Michaela mit dem Opernstar Peer Varenthin steht auf wackeligen Beinen, zu sehr dreht sich alles nur um Peer und seine Karriere, worunter die Beziehung zwischen den beiden leidet, sind sie doch schon lange keine gleichberechtigten Partner mehr, weil sie ihr Leben seinem unterordnen muss. Peers Agent Reiner Pahnke ist Michaela ebenfalls ein Dorn im Auge. Um endlich mal ihren Mann für sich zu haben und eine Aussprache zwischen ihnen herbeizuführen, bucht sie kurzerhand eine Kreuzfahrt für sie beide. Dummerweise macht ihr Pahnke wieder einmal einen Strich durch die Rechnung, indem er Peer für zwei Auftritte auf dem Schiff verpflichtet, wo er mit der Sopranistin Antonella Sebaldi auftreten soll. Michaela sieht ihre eigenen Pläne schon durchkreuzt, doch dann erhält sie eine wunderbare Nachricht, die ihre Hoffnungen schürt, ihre Ehe doch noch zu retten…
Annette Landgraf hat mit „Glück wie Glas“ einen anrührenden Roman vorgelegt, der sich in der glanzvollen, aber harten Opernwelt abspielt und dem Leser einen guten Einblick hinter den Vorhang bietet. Der flüssige und gefühlvolle Schreibstil ermöglicht dem Leser, sich alsbald an die Fersen von Michaela zu heften und neben ihrer Gedanken- und Gefühlswelt auch ihr Eheleben sowie das Umfeld in dem sie sich bewegt, genau kennenzulernen. Neben einer emotionalen und dramatischen Beziehungskrise beweist die Autorin ihre gute Recherche, die sich innerhalb der Handlung durch viele Details über die Opernszene niederschlägt. Die schillernde Welt hochsensibler Egomanen, die für ihr Publikum alles geben und selbst so einigen Verzicht üben, verlangt auch den Menschen in ihrem nächsten Umfeld alles ab. Durch die lebensnahen und plastischen Schilderungen zieht die Handlung wie ein Melodram vor dem inneren Auge des Lesers vorbei, während er mit Michaela gemeinsam eine Gefühlsachterbahn durchläuft. Je weiter die Handlung voranschritt, umso mehr steigerte sich der Spannungsbogen.
Die Charaktere sind liebevoll inszeniert, wirken mit ihren Ecken und Kanten glaubwürdig und realistisch. Der Leser steht zwar am Rande der Szenerie, kann sich jedoch gut in Michaela einfühlen und mit ihr hoffen, bangen und fiebern. Michaela ist eine freundliche, offene und ehrliche Frau, die alles erdenklich Notwendige für ihren Ehemann tut. Sie hat ihre eigenen Träume mehr oder weniger aufgegeben, um Peers Künstlerseele in jeder Weise zu unterstützen. Aber immer mehr ist sie nur noch ein Anhängsel geworden, das sich um seine Befindlichkeiten kümmert. Peer ist ein Egomane, bei dem die Musik und seine Kunst an erster Stelle stehen. Dabei verliert er die Menschen, denen er wichtig ist, immer mehr aus den Augen. Rainer Pahnke ist ein unehrlicher und manipulativer Mann, der unbedingt festhalten will, was ihm sein Leben finanziert. Dabei agiert er rücksichtslos und berechnend.
„Glück wie Glas“ ist ein Liebesroman voller Dramatik und Gefühl, der einen schönen Ausflug in die Opernszene gewährt. Als Urlaubslektüre oder für einen Regentag auf der Couch sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 08.08.2020

"An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird." (F. de La Rochefoucauld)

Das Vermächtnis der Seidenvilla
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Turbulente Zeiten stehen Angela und Vittorio ins Haus, denn sie wollen nicht nur mit einer Hochzeit ihre Liebe besiegeln, sondern auch Nathalies Sohn kommt auf die Welt. Doch dann werden dem Paar erneut ...

Turbulente Zeiten stehen Angela und Vittorio ins Haus, denn sie wollen nicht nur mit einer Hochzeit ihre Liebe besiegeln, sondern auch Nathalies Sohn kommt auf die Welt. Doch dann werden dem Paar erneut Steine in den Weg zu ihrem Glück gelegt, denn nicht nur Vittorios Sohn stellt sich gegen ihn, sondern auch Lorenzos Versäumnis wird ihnen zum Verhängnis, denn die Familie seiner ersten Frau tritt auf den Plan, um Angela die Seidenvilla zu nehmen und an sich zu reißen. Anstatt sich also endlich auf ihr gemeinsames Glück zu besinnen, müssen Angela und Vittoria mit allen Kräften das verteidigen, was sie sich so mühsam aufgebaut haben…
Tabea Bach hat mit „Das Vermächtnis der Seidenvilla“ den finalen Band ihrer Trilogie um die venezianische Seidenweberei vorgelegt, der auch diesmal mit einigen Überraschungsmomenten und Spannungselementen punkten kann. Der locker-flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil schickt den Leser erneut ins italienische Venezien, um in malerischer Kulisse endlich das Glück von Angela und Vittorio mitzuerleben. Doch vorher gilt es, noch einiges an Neid, Intrigen und Boshaftigkeiten aus der Welt zu schaffen, die von allen Seiten auf die beiden Liebenden hereinprasseln und ihnen das Leben schwer machen. Hier trifft das Zitat von Jean de La Bruyère wie die Faust aufs Auge: „Im Schoß der Familien herrschen oft Misstrauen, Eifersüchtelei und Abneigungen, während uns ein zufriedenes, einträchtiges und heiteres Äußeres täuscht und einen Frieden vermuten lässt, der gar nicht vorhanden ist.“ Zum Finale fährt die Autorin noch einmal sämtliche Geschütze auf und lässt mit geschickten Wendungen die Spannung innerhalb der Geschichte ansteigen, so dass der Leser nur so durch die Seiten jagt, während er sich an einer wunderschönen Hintergrundkulisse nebst italienischer Lebensart erfreuen darf. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind mal impulsiv, mal gefühlvoll gehalten, so dass der Leser während der Lektüre ein Wechselbad der Gefühle miterlebt, vor allem, wenn man die ältere Generation dabei beobachtet, wie sie der jungen ihren Stempel aufdrücken wollen.
Die Charaktere haben sich weiterentwickelt und versprühen mit ihren menschlichen Eigenschaften Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit. Der Leser fühlt sich ihnen verbunden und nimmt Anteil an ihrem Schicksal. Die warmherzige und hilfsbereite Angela wächst einem immer mehr ans Herz, denn mit ihrer Stärke und ihrer offenen Art nimmt sie die Menschen schnell für sich ein. Vittorio hat sich endlich etwas von seiner Mutter abgenabelt. Er ist ein sympathischer, freundlicher Mann, der Angela in allen Belangen unterstützt. Constanza ist und bleibt eine Furie, die gern manipuliert und intrigiert, um ihren Willen zu bekommen. Tiziana hat auch nicht gerade ein leichtes Los. Sie ist eigentlich eine selbstbewusste Frau, die sich jedoch nur schwer gegen die eigene Familie durchsetzen kann. Aber auch Nathalie, Tess, Lorenzo und weitere Protagonisten sorgen innerhalb der Handlung für einige Spannungsmomente.
„Das Vermächtnis der Seidenvilla“ ist ein gelungenes und unterhaltsames Finale, in dem neben Intrigen, Neid und Familienbande auch die Liebe eine größere Rolle spielt. Verdiente Leseempfehlung für einen kurzweiligen Roman mit italienischer Lebensart!

Veröffentlicht am 01.08.2020

Glaube versus Aberglaube

Ein verzehrendes Geheimnis
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19. Jh. Nordamerika. Schottische Einwanderer, die sich in den Appalachen niederließen, haben auch ihre Rituale, ihren Glauben und ihre Traditonen im Gepäck. So ist der „Sühnemann“ der Beichtvater der Toten, ...

19. Jh. Nordamerika. Schottische Einwanderer, die sich in den Appalachen niederließen, haben auch ihre Rituale, ihren Glauben und ihre Traditonen im Gepäck. So ist der „Sühnemann“ der Beichtvater der Toten, der von den Lebenden ins Tal gerufen wird, um sich in der Dunkelheit zum Leichnam zu begeben und die Sünden von den Toten zu nehmen, damit ihre Seele befreit in die Ewigkeit wandern kann. Dieser Sühnemann, dem jeder den Rücken zukehrt, weil man ihn nicht ansehen darf, wird von der 10-jährigen Cadi verzweifelt gesucht. Das junge Mädchen trägt eine Schuld in sich, die von der eigenen Mutter noch genährt wird und deren Last sie fast erdrückt. Doch mit Hilfe ihres Freundes Fagan wird Cadi von einem Fremden doch noch Absolution erteilt und innerhalb des Dorfes bald zu ungeahnten Ereignissen führt…
Francine Rivers hat mit "Ein verzehrendes Geheimnis" einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der sich mit den mitgebrachten Traditionen von Einwanderern und vor allem mit dem Thema Sünde beschäftigt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Schreibstil lässt den Leser in eine vergangene Zeit reisen, um dort auf die kleine Cadi zu treffen, die nicht nur unter ihren ignoranten Eltern leidet, sondern auch eine unglaubliche Last auf ihren kleinen Schultern trägt, die erst nach und nach zum Vorschein kommt. Die Autorin lässt mit ihrer empathischen und bildgewaltigen Erzählweise die damalige Zeit mit den traditionellen Gepflogenheiten in der schottischen Dorfgemeinschaft wieder lebendig werden und gibt dem Leser einen guten Einblick in den mit nach Amerika gebrachten Aberglauben. Die Geschichte vom Sühnemann zeigt ein erschreckendes Bild, denn der arme Mann ist wie der Henker im Mittelalter ein Geächteter, muss ausgestoßen aus der Gemeinschaft leben und wird doch benötigt, um den Verstorbenen den Eintritt in die Ewigkeit zu ermöglichen. Erst durch zwei Kinder wird die Dorftradition gebrochen, der Aberglaube in Frage gestellt. Der christliche Aspekt spielt in dieser Geschichte eine große Rolle, Vergebung von Schuld ist das Schlagthema, das die Autorin hier verarbeitet und aufzeigt, wie Gottes Wort die Last von den Schultern nimmt und Erlösung bringt.
Die Charaktere mit ihren Ecken und Kanten spiegeln die damalige Zeit gut wieder, in denen alte Traditionen den Menschen wichtig waren und ihr Leben bestimmten. Lebendig ausgestaltet wirken sie glaubwürdig, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wiederfindet und ihr Tun beobachtet. Cadi wirkt mit ihren 10-Jahren aufgeweckt und mutig, doch die ihr aufgebürdete Schuld lässt das Mädchen ängstlich und unglücklich wirken, dazu trägt auch die Missachtung der Eltern bei. Ihre Phantomfreundin Lilybet hilft ihr bei Entscheidungen, die Cadi dann in die Tat umsetzt. In Fagan hat Cadi einen wirklich guten Freund, der sie unterstützt und mit ihr durch dick und dünn geht. Brogan Kai ist ein machtbesessener Mann, der die Menschen gern unter seiner Fuchtel hat. Aber auch Iwan, Bletsung und Elida spielen wichtige Rollen innerhalb der Geschichte.
"Ein verzehrendes Geheimnis" ist ein historischer Roman, in dem der christliche Glaube mit althergebrachtem Aberglauben die Klingen kreuzt. Nicht der beste Rivers, aber durchaus unterhaltsam. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 26.07.2020

Der Kreis schließt sich

Modehaus Haynbach – Glanzvolle Zeiten
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1953. Viktoria hat sich inzwischen zu einer bekannten Designerin entwickelt, deren Modelle sehr gefragt sind. Für die Vorführungen als Mannequin ist ihre jüngere Schwester Mabelle zuständig, um die Kleider ...

1953. Viktoria hat sich inzwischen zu einer bekannten Designerin entwickelt, deren Modelle sehr gefragt sind. Für die Vorführungen als Mannequin ist ihre jüngere Schwester Mabelle zuständig, um die Kleider an die Frauen zu bringen. Ein Angebot, als Model in Paris zu arbeiten, ist für Mabelle die Chance, selbst groß rauszukommen. Die Reise von München in die französische Metropole verbindet sie mit einem Besuch bei ihren Großeltern, die sie bisher nur aus Erzählungen kennt und die ihren Vater Helmut vor Jahren aufgrund seiner nicht standesgemäßen Verbindung mit Claire verstoßen hatten. Schloss Haynbach öffnet für Mabelle großzügig seine Tore und heißt sie freundlich willkommen. Während ihres Aufenthaltes trifft Mabelle auf Claus, einen einfachen Handwerker, der bald schon Gefühle in ihr weckt. Ein Zwischenfall bringt Mabelle die alte Geschichte ihrer Eltern wieder ins Gedächtnis. Wird sie sich bei ihr wiederholen oder noch schlimmeres geschehen?
Elaine Winter hat mit „Glanzvolle Zeiten“ den finalen Band ihrer historischen Haynbach-Trilogie vorgelegt und schließt damit nicht nur den Kreis, sondern auch die Pforten des Modehauses. Der eingängige bildhafte und gefühlvolle Schreibstil lädt den Leser zu einer Zeitreise in die 50er Jahre ein, um sich ein letztes Mal mit den Geschicken der Familie Haynbach zu befassen und diesmal Mabelle bei ihrem Schritt in ein eigenes Leben zu begleiten. Sehr geschickt rückt die Autorin in diesem Band die alte Geschichte von den Haynbachs in Bezug auf die Verbindung zwischen Claire und Helmut erneut ins Tageslicht und verknüpft diese mit dem Schicksal von Mabelle. Die Zeiten haben sich zwar geändert, jedoch nicht in den Köpfen aller Beteiligten, die sich durchaus noch an alten Zöpfen festklammern. Die Familienzusammenkunft ist lange überfällig, doch auch hier spielt die Autorin mit dem Leser, indem sie mit einigen Wendungen Spannungsmomente schafft, einiges an Drama, Neid und Intrigen einbaut, um den Leser an die Seiten zu fesseln.
Mit einer Mischung aus altbekannten und neuen Charakteren schafft die Autorin ein Umfeld, in dem der Leser schnell einen Platz für sich findet, alle rundum beleuchtet und neugierig den Entwicklungen entgegenfiebert. Ausgestattet mit glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten wirken die Protagonisten lebendig und authentisch. Mabelle war als junges Mädchen eine Rebellin, als erwachsene Frau hat sie ihr eigenwilliges Wesen beibehalten, gepaart mit Charme und Selbstsicherheit. Sie besitzt allerdings auch eine Zähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen und sich von ihrem Weg nicht abbringen zu lassen. Claus ist ein offener und fleißiger Mann, der einer ehrlichen und sinnvollen Aufgabe nachgeht. Standesdünkel sind ihm fern. Albrecht ist ein Opportunist, der seine Felle davonschwimmen sieht und deshalb mit allen nur erdenklichen miesen Tricks Unfrieden stiften will.
„Glanzvolle Zeiten“ ist ein rundum gelungener Abschluss der historischen Haynbach-Trilogie, der alle Fäden miteinander verknüpft und Spannung, Liebe und Familiengeschichten gekonnt miteinander verbindet. Unterhaltsam und sehr kurzweilig zu lesen ist hier eine Leseempfehlung sehr verdient.

Veröffentlicht am 25.07.2020

Nachkriegswehen

Modehaus Haynbach – Schicksalhafte Jahre
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1945 München. Claire zieht mit ihren Töchtern Mabelle und Vikoria wieder in die Villa Rabenfels ein, an der noch die Spuren des gerade erst beendeten Zweiten Weltkrieges haften. Das Herzstück, die Näherei, ...

1945 München. Claire zieht mit ihren Töchtern Mabelle und Vikoria wieder in die Villa Rabenfels ein, an der noch die Spuren des gerade erst beendeten Zweiten Weltkrieges haften. Das Herzstück, die Näherei, ist völlig zerstört und die Einnahmequelle der Familie somit erst einmal versiegt. Helmuts Tod hat Claire eiskalt erwischt und den Depressionen die Tür geöffnet. Sie ist nicht in der Lage, sich um die Familie zu kümmern, so liegt es an Tochter Viktoria, die Familie zusammenzuhalten und sich Gedanken um den Broterwerb zu machen. Talentiert, wie sie ist, erstellt sie aus eingefärbten Tischdecken neue Kleider, die sich schon bald verkaufen. Die Begegnung mit dem Kriegsrückkehrer Lukas wird für Viktoria zum Schicksal, denn er schleicht sich klammheimlich in ihr Herz, doch dann verschwindet er eines Tages einfach…
Elaine Winter hat mit „Schicksalhafte Jahre“ den zweiten Teil ihrer historischen Haynbach-Trilogie vorgelegt, der nahtlos an den ersten Band anschließt und dem Leser erneut Einlass in die Familie und das Schicksal der Modehausdynastie gewährt. Der flüssig-bildhafte und gefühlvolle Erzählstil erlaubt dem Leser, sich in der maroden, baufälligen Villa unter die Familie zu mischen und ihren Bemühungen zu folgen, irgendwie zur Normalität zurückzukehren. Mit einfühlsamen, doch realistischen Worten macht die Autorin deutlich, wie hart die Nachkriegszeit für die Menschen damals war. Viele Existenzen waren zerstört, es gab fast nichts zu kaufen und die Wirtschaft lief erst langsam wieder an. Winter zeigt mit ihren Protagonisten den Wagemut und die Zähigkeit, die vielen damals zur zweiten Natur wurde, um das Leben endlich wieder auf die Sonnenseite zu navigieren. Da waren Ideen gefordert, die sich durchsetzen und die nötigen Hände, die die Dinge in Angriff nehmen. Geschickt verbindet die Autorin mit der Aufbruchsstimmung auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die das Ganze erst lebendig werden lassen. So erlebt man als Leser die schwere Aufbauphase mit, wartet gespannt auf die weiteren Entwicklungen und hofft, dass das Modehaus endlich wieder ein festes Standbein bekommt.
Charaktere mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften überzeugen durch ihre Lebendigkeit und schleichen sich in das Herz des Lesers, der sich in ihrer Mitte schnell wohl fühlt und deshalb großen Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Viktoria ist eine beeindruckende junge Frau, die im Krieg schon einiges miterleben musste und nun regelrecht zum Oberhaupt der restlichen Familie avanciert. Sie hat eine pragmatische Sichtweise, ist sich für keine Arbeit zu schade und bringt mit ihren innovativen Ideen die Familie wieder auf Kurs. Claire ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, vom Krieg gebeutelt und der Verlust ihres Ehemannes hat ihr den Rest gegeben. Sie hat sich aus der Welt geflüchtet, nimmt kaum noch etwas wahr und die Verantwortung abgegeben. Mabelle ist noch recht jung, aber schon eine kleine Rebellin. Sie muss die Kriegserfahrungen erst einmal verdauen und sich ihren Platz in der Welt erobern. Lukas ist ein sympathischer Zeitgenosse, der an der Front so einiges erlebt hat und nun erst einmal wieder Boden unter die Füße bekommen muss. Er wirkt geheimnisvoll und legt seine Karten auch nicht so schnell offen.
„Schicksalhafte Jahre“ ist eine würdige Fortsetzung, die mit gut recherchiertem Hintergrund und einer gefühlvollen Handlung die Nachkriegszeit lebendig werden lässt und mit einigen Spannungsmomenten aufwartet, die die Vorfreude auf den letzten Teil der Familiensaga wecken. Verdiente Leseempfehlung!