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Veröffentlicht am 02.10.2020

"Die wahre Lebensfreude besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen." (P. S. Buck)

Das Zimmer aus Samt
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1938 Paris. Die 19-jährige Solange hat schon immer davon geträumt, Romane zu schreiben. Als sie endlich ihre Großmutter Marthe de Florian kennenlernt, die sie bis dato noch nie getroffen hat, bietet sich ...

1938 Paris. Die 19-jährige Solange hat schon immer davon geträumt, Romane zu schreiben. Als sie endlich ihre Großmutter Marthe de Florian kennenlernt, die sie bis dato noch nie getroffen hat, bietet sich ihr dafür der geeignete Stoff. Denn Marthe lebt nicht nur in einem sehr luxuriösen Apartment, das mit exquisiten Antiquitäten und ausgewählten kostbaren Gemälden ausgestattet ist, sondern hat auch ein bewegtes Leben geführt, das Solange so fasziniert, dass sie es zu Papier bringen will. So lauscht sie den Geschichten aus der Vergangenheit ihrer Großmutter, während die Nationalsozialisten Paris einnehmen und damit das Leben von Solange und ihrem jüdischen Verlobten bedrohen…
Alyson Richman hat mit „Die samtenen Stunden“ einen wunderbaren unterhaltsamen Roman vorgelegt, der eine Zeitspanne von 52 Jahren umfasst und zwei Geschichten sehr schön miteinander verbindet. Mit ihrem flüssigen, farbenfrohen und gefühlvollen Schreibstil nimmt die Autorin den Leser mit in eine dunkle und ereignisreiche Zeit des vergangenen Jahrhunderts, um dabei zu sein, wenn Solange ihrer Großmutter zum ersten Mal gegenübersteht. Der Leser erfährt nicht nur über Solange Gegenwart im Jahr 1938, sondern darf sich durch die Erzählungen deren Großmutter Marthe in deren Vergangenheit umsehen. Die Autorin hat ihren Roman um das 1908 von Giovanni Boldini gefertigte Gemälde „Marthe de Florian“ gestrickt, das in einem 70 Jahre unbewohnten Pariser Apartment gefunden wurde, welches einst von Marthe de Florian bewohnt wurde und als schillernde Persönlichkeit galt. Teile der Biografie von Marthe hat Richman für ihre Handlung verwendet, was ihr zusätzlich Authentizität verleiht. Sowohl Solanges Geschichte, die in diesem Fall die Gegenwart repräsentiert und das Kriegsgeschehen sowie den Einmarsch der Nazis in Paris thematisiert, als auch Marthes Rückblicke in die Vergangenheit sind derart bildhaft in Szene gesetzt, so dass der Leser das Gefühl hat, zwischen den Zeiten hin und her zu springen und immer hautnah dabei zu sein. Ebenso farbenfroh sind die Beschreibungen des Apartments mitsamt all seiner in sich beherbergten Schätze, seien es nun die Vasen oder Gemälde oder die Ausstattung selbst. Richman hat die besondere Gabe, den Leser nicht nur einen Blick durchs Schlüsselloch der jeweiligen Lebensumstände zu gewähren, sondern im den Eindruck zu vermitteln, selbst einen Rundgang durch das Apartment zu machen und sich alles aufs Genaueste anzusehen. Dabei webt sie Überraschungsmomente in ihre Handlung mit ein, so dass der Leser regelrecht an den Seiten klebt, um bloß nichts zu verpassen.
Die Charaktere sind glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten lebendig inszeniert und versprühen neben Charme auch Wärme, so dass der Leser sich schnell als unsichtbarer Dritter in ihrer Mitte wiederfindet und ihre Geschichte aufgeregt verfolgt. Marthe ist eine Frau, die das Leben in vollen Zügen auskostete. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend schafft sie es, sich einen wohlhabenden Gönner zu angeln, der sie schon bald als sein Eigentum betrachtete. Doch dessen Reichtum nutzte sie zum Anhäufen von Exquisitäten. Marthe sprüht nahezu über in Erinnerung an die alten Zeiten und weiß das Leben zu schätzen. Solange ist eine sympathische junge Frau mit großen Träumen, doch ihre Gegenwart sowie ihre Liebe verschlechtern sich durch die politische Situation und jagen ihr Angst ein.
„Die samtenen Stunden“ ist ein hinreißender und warmherziger Roman über zwei Frauen, die eng miteinander verbunden und doch so verschieden in ihrem Naturell sowie in ihrer Lebenssituation sind. Eine faszinierende und fesselnde Handlung, die sich zu einem wahren Pageturner entwickelt! Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.09.2020

Ganz für sich allein soll man nicht essen, wenn einem das eigene Wohl am Herzen liegt. (Indisches Sprichwort)

Thali – Das Indien-Kochbuch
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Indienliebhaber kennen Thali, denn gerade diese zusammengestellte Mahlzeit auf einer großen Servierplatte bietet eine Vielzahl der unterschiedlichsten Kostproben nebst festen Bestandteilen wie Fladenbrot ...

Indienliebhaber kennen Thali, denn gerade diese zusammengestellte Mahlzeit auf einer großen Servierplatte bietet eine Vielzahl der unterschiedlichsten Kostproben nebst festen Bestandteilen wie Fladenbrot und Reis, um sich durch die würzige, scharfe und regionale Landesküche zu schlemmen. Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube unterschiedlich präsentierter Thalis, die nicht nur Küchenprofis, sondern auch Anfänger begeistern wird, wenn sie zu den Fans der indischen Speisenvielfalt zählen.
Tanja Dusy stellt mit „Thali – Das Indien-Kochbuch“ eine wahre Fundgrube für vielfältige und schmackhafte Gerichte vor, um sich nicht nur an den 11 präsentierten Thali zu orientieren, sondern auch die Möglichkeit zu haben, sich aus den Rezepten sein eigenes zusammenzustellen. Sehr gelungen sind nicht nur die schön gestalteten Fotos der einzelnen Gerichte, vor allem die Besonderheiten der unterschiedlichsten indischen Regionen nebst Informationen über Land und Leute werden hier sehr interessant vermittelt und dem Leser im Anschluss die regionaltypischen Rezepturen verraten. Vor allem aber sind es die Gewürze, die diese Gerichte so besonders machen und den Orient in die eigene Küche Einzug halten lassen. Schon während der Zubereitung läuft einem das Wasser im Mund zusammen und lässt das Kochen zu einem sinnlichen Abenteuer werden.
Neben Fleisch-, Fisch- und Huhngerichten finden sich auch viele vegetarische Varianten wieder, die Vegetariern gefallen dürften. Da finden sich Rezepte wie „Kartoffel-Blumenkohl-Curry“, „Grüne Hähnchen-Tikka-Spieße“, „Möhrensalat mit Erdnüssen“, „Schwertfisch in scharfer Grießpanade“ oder „Süßes Mango-Chutney“ neben „Kürbis in Kokosnuss“ oder „Tandoori Chicken Tikka“, so dass die Auswahl eines jeden der 11 Thali schwer fällt ebenso wie die Zusammenstellung eines eigenen. Auch das Grundrezept für Naan-Brot wird mitgeliefert und schmeckt frisch aus dem Ofen einfach himmlisch mit einem Dipp dazu.
Absoluter Tipp für alle, die die indische Küche lieben!!!

Veröffentlicht am 27.09.2020

Heimatküche ist immer noch die Beste!

Heimathäppchen
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Als echtes westfälisches Mädel liebe ich die Küche meiner Heimat und versuche, diese so oft wie möglich in den Familienspeiseplan zu packen. Sie holen nicht nur schöne Erinnerungen an meine Kinder- und ...

Als echtes westfälisches Mädel liebe ich die Küche meiner Heimat und versuche, diese so oft wie möglich in den Familienspeiseplan zu packen. Sie holen nicht nur schöne Erinnerungen an meine Kinder- und Jugendzeit aus der Versenkung, sondern lassen auch das Bild meiner Mutter wieder vor meinem inneren Auge erscheinen, die sich mit Leib und Seele dieser Küche verschrieben und unsere Gaumen mit ihr verwöhnt hat. Als ausgebildete Köchin konnte sie nicht nur außergewöhnliche Gerichte auf den Tisch bringen, sondern kannte vor allem die in Nordrhein-Westfalen üblichen traditionellen Speisen, die ein Gefühl von Heimat und Wohlgefühl vermitteln. Da es von ihr leider kein Rezeptbuch gibt, war ich umso glücklicher, in „Heimathäppchen: So kocht NRW“ einen würdigen Ersatz gefunden zu haben.
In diesem Buch gibt Anja Tanas ein variationsreiches Repertoire an die Hand, das keine Wünsche offen lässt, vor allem, wenn man es deftig mag. Schon die Einleitung mit den diversen speziellen und unterschiedlich angewandten Zutaten lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen, wobei vor allem die Kartoffel immer wieder zum Einsatz kommt. Ob „Kuschelemusch“ (ein Fischauflauf), Dortmunder Kringelburger, „Pickert“ (Kartoffelpfannkuchen, entweder herzhaft oder süß) als auch „Apfelpüfferkes“ (Süßes Hefegebäck) lassen das Herz schnell höher schlagen. Da trifft „Arme Ritter mit Erdbeeren und Karamell“ auf „Westfälisches Blindhuhn“, „Sauerländer Bierfleisch“ auf „Grünkohl mit Mettwurst“. Auch einzelne Bereiche NRWs sind differenziert dargestellt und die dortigen Eigenheiten bei der Speisenzubereitung samt Zutaten herausgearbeitet. Unter den Rezepten findet sich auch die Currywurst wieder, die mit einer selbst zubereiteten Sauce mal ganz anders auf den Tisch kommt.
Das Buch ist chronologisch schön aufgebaut und mit appetitmachenden Fotos versehen, die die Vorfreude aufs Nachkochen steigern. Sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene kommen hier auf ihre Kosten und können sich durch das bunte Repertoire der ganz eigenen westfälischen Küche probieren, wobei auch ein Altbier nicht fehlen darf. Ein wunderbares Buch, das oft in die Hand genommen wird, um sich zu verwöhnen!

Veröffentlicht am 26.09.2020

"Die Welt gehört dem, der sie genießt!" (Giacomo Leopardi)

Souq
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Mehr als 30 Jahre Nomadenleben rund um den Globus mit der gesamten Familie hinterlässt Spuren und hat auch den Gaumen durch die Vielfältigkeit der unterschiedlich gewürzten Speisen geprägt. Deshalb zaubern ...

Mehr als 30 Jahre Nomadenleben rund um den Globus mit der gesamten Familie hinterlässt Spuren und hat auch den Gaumen durch die Vielfältigkeit der unterschiedlich gewürzten Speisen geprägt. Deshalb zaubern wir uns immer wieder neben dem üblichen Menüplan auch internationale Gerichte auf den Teller, um in den Genuss der asiatischen, orientalischen, afrikanischen oder südamerikanischen Küche zu kommen, den Gaumen damit zu kitzeln und uns ein wenig wie in 1000 und einer Nacht zu fühlen.
Nadia Zerouali hat mit „Souq“ ein herrliches Kochbuch vorgelegt, das sich vor allem der orientalisch-arabischen Küche widmet. Schon der farbenprächtige Einband weckt Erinnerungen an die libanesischen und arabischen Bazare (Souqs) und lässt auf ein buntes Potpourri von fremdländischen gewürzschwangeren Speisen hoffen. Schon beim Durchblättern sollte man sich einen heißen Minztee gönnen, um zur Einstimmung die richtige Atmosphäre zu schaffen. Die Auflistung der verschiedenen Gewürzmischungen wie Advieh, Dukkah, Zahtar, Tabil oder Baharat sowie die unterschiedlichsten Zutaten klingen nicht nur exotisch, sondern geben den Gerichten auch den nötigen authentischen Pfiff, wenn sie zur Anwendung kommen. Im Orient sowie in den afrikanischen und arabischen Staaten ist es üblich, dass viele kleine Gerichte, sogenannte Mezze, das gemeinsame Mahl einläuten. Diese findet man in diesem Buch in ausreichenden Varianten von kalt bis warm, von vegetarisch, vegan bis hin zum Fleisch. Hier gibt es nicht nur Rezepte für Hummus oder Fattoush-Salat, auch diverse Taboule, Moutabal (Auberginenmus), selbstfabrizierte Labaneh-Bällchen. Aber auch jede Menge Grillspezialitäten sind in diesem wunderbar bebilderten Kochbuch zu finden. Da finden sich neben Rezepten für den Lammrücken mit Zitronen-Koriander-Mariande oder der Dorade in Weinblättern auch das Kürbis-Kibbeh oder die gewürzte Ziegenkeule nebst den dazugehörigen Dips wieder und laden zum Nachmachen ein. Den Abschluss bilden die Süßspeisen, die schon mit ihren exotischen Namen verführen: Osmalieh, Mahleb-Pudding oder Pistazien-Gries-Torte – man sollte sie unbedingt probieren!
Besonders an diesem Buch sind auch die Anleitungen für diverse Limonaden und Getränke, die erst einmal sehr abenteuerlich erscheinen, jedoch mit den aufgetischten Gerichten durchaus gut korrespondieren. Die Zitronen-Oregano-Limonade ist erfrischend, während ein Sauerkirschsaft mit Rosenwasser für manche eher gewöhnungsbedürftig ist. Aber auch Raki, Absinth oder Arak werden im Orient oft gereicht.
Insgesamt ist „Souq“ nicht nur ein sehr gelungenes, ansprechendes Kochbuch, sondern auch eine Reise durch die Küchen des Orients. Wer experimentierfreudig ist und sich gern auf Neues einlässt, sollte es einfach mal ausprobieren und sich begeistern lassen.

Veröffentlicht am 26.09.2020

"Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen." (Maria Montessori)

Lehrerin einer neuen Zeit
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1894 beginnt Maria Montessori im Alter von 24 Jahren ihr Studium der Medizin an der Universität Rom und ist damit eine der ersten fünf Frauen, denen dies in Italien gelingt. Zuvor hatte sie bereits ein ...

1894 beginnt Maria Montessori im Alter von 24 Jahren ihr Studium der Medizin an der Universität Rom und ist damit eine der ersten fünf Frauen, denen dies in Italien gelingt. Zuvor hatte sie bereits ein naturwissenschaftliches Studium absolviert, da ihr der Zugang für Medizin an der Hochschule verwehrt wurde. Aber als intelligente und ehrgeizige junge Frau hält sie unbeirrt an dem Gedanken fest, sich in einer von Männern dominierten Welt durchzusetzen, was ihr mit vielen Anstrengungen, Kämpfen und profundem Wissen auch gelingt. Nach ihrer Promotion setzt sie sich für die Rechte der Frauen ein, reist dafür sogar zu einem Kongress nach Berlin. In einer Römischen psychiatrischen Klinik betreibt sie pädagogische Studien über die Vernachlässigung der dort stationär aufgenommenen Kinder und entwickelt spielerische Lernanreize, die benachteiligten Kindern mit viel Geduld und Fürsorge dabei helfen, Lesen und Schreiben zu erlernen. Ihre Methoden bewährten sich und werden bis heute praktiziert.
Laura Baldini hat mit „Lehrerin einer neuen Zeit“ einen sehr informativen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der die biografischen Spuren einer außergewöhnlichen Frau verfolgt. Der flüssige, bildhafte und zeitgemäße Erzählstil nimmt den Leser mit ans Ende des 19. Jahrhunderts, um dort auf Maria Montessori zu treffen und ihren Werdegang hautnah mitzuverfolgen. Schon der Blick in ihre Familie lässt den Leser erkennen, warum Maria so verbissen ihre Studien betrieb, denn ihr erzkonservativer Vater tat ihre Pläne unwirsch ab, während ihre Mutter Renilde sogar als ihre Unterstützerin fungierte, vielleicht auch, weil sie selbst in die damalige Rolle der Frau gedrängt wurde, um auf Haushaltsführung und Mutterpflichten reduziert zu werden. Eng an Maria gebunden, folgt der Leser ihr durchs harte Studium, wo sie der Missbilligung und den Repressalien ihrer männlichen Kommilitonen ausgesetzt war. Doch Maria ließ sich die Verletzungen nicht anmerken, kämpfte kraftvoll und unbeirrt weiter, um sich ihren Traum zu verwirklichen und vor allem die Welt der Kinder auf diese Weise positiv zu verändern, wobei sie sich auch an den Ideen anderer Medizinier wie Edouard Séguin und Friedrich Fröbel bediente. Die Autorin hat sehr intensiv recherchiert und verbindet spielerisch Fiktion mit biografisch belegten Tatsachen, so dass der Leser während der Lektüre Geschichte leibhaftig miterleben darf, während er an der Seite von Maria durch das alte charismatische Rom wandelt.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt, wirken mit ihren menschlichen Zügen glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich gut in sie hineinversetzen kann. Maria ist eine fleißige, ehrgeizige und wissensdurstige Frau, die zeitweilig sogar recht stur wirkt. Sie besitzt Mut, Kampfgeist und eine innere Stärke, die sie ihren Weg unbeirrt verfolgen lässt. Ihre Mutter Renilde ist ihr eine große Stütze sowie Unterstützerin. Freundin Anna ist eine Frohnatur, die Maria auch immer wieder an die Leichtigkeit des Lebens erinnert. Aber auch Rina Faccio oder Dr. Giuseppe Montesano tragen ihren Teil zur äußerst unterhaltsamen und lehrreichen Lektüre bei.
„Lehrerin einer neuen Zeit“ ist eine Biografie in Romanform, in der Maria Montessori auf beeindruckende und unterhaltsame Weise zum Leben erweckt wird. Besonders hervorzuheben ist die außerordentlich gute Recherche, die zusammen mit einem einnehmenden Schreibstil den Leser an die Seiten zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung!