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Eight_butterflies

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2023

Gemäßigter Thriller

Eine glückliche Familie
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Beth wurde im Alter von 10 Jahren von ihrer Mutter verlassen, als diese spurlos verschwand. Und Beth hat eine eigene Leiche im Keller. Als sie selbst Kinder und Familie hat, 30 Jahre später, steht plötzlich ...

Beth wurde im Alter von 10 Jahren von ihrer Mutter verlassen, als diese spurlos verschwand. Und Beth hat eine eigene Leiche im Keller. Als sie selbst Kinder und Familie hat, 30 Jahre später, steht plötzlich eine Frau vor ihr, die sich als ihre Mutter ausgibt. Aus dieser Sachlage entspinnt Jackie Kabler einen eher leichten Thriller, mehr ein wendungsreiches Drama.

Typischerweise dachte ich beim Lesen bis zum Schluss, ich wüsste wie die Story endet und wurde dann doch eines besseren belehrt. Aber spektakulär war das nicht, eher gemäßigt und slowly. Die Twists streckten sich auf den letzten Seiten, ein bisschen sanft und gummihaft, perfekt für Sommer, Sonne und Strand.

Auch wenn dieser Psychothriller weniger spannend ist, kann er Freunden des Genres gefallen, die auf gemäßigten Kitzel stehen. So als seichte Lektüre, vielleicht im Urlaub, am Rande - das kann ich mir gut vorstellen.

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Veröffentlicht am 16.07.2023

Imposanter Familienroman

Porträt auf grüner Wandfarbe
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Imposant und mitreißend kommt dieses Buch daher, mehr als ein Roman. Es handelt sich eher um ein Geflecht, das komplex ineinander greifend erzählt wird.

Auf zwei Zeitebenen, Vergangenheit ab 1918 und ...

Imposant und mitreißend kommt dieses Buch daher, mehr als ein Roman. Es handelt sich eher um ein Geflecht, das komplex ineinander greifend erzählt wird.

Auf zwei Zeitebenen, Vergangenheit ab 1918 und Gegenwart ab 1992, erzählt Elisabeth Sandmann die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Frauen, Ilsa und Ella. Beide sind unauflöslich, nah und phasenweise schmerzhaft miteinander verbunden. In einer gehaltvollen Story erzählt und in einem vielschichtigen Familiengeflecht eingebettet, gelingt der Autorin eine Familienevolution zu schreiben, in der Schweigen über die eigene Familiengeschichte zum Kern des Problems wird. Geheimnisse werden wohl gehütet, Schuld hin und her geschoben, Lösungen durch Unterschlagen zu erzwingen versucht. „Der Regen kehrt nicht mehr nach oben zurück“, wird über die Vergangenheit gesprochen. Ans Licht gelangt und in die Gegenwart gebracht wird die Story durch Ilsas Enkelin Gwen und deren Recherchen in alten Aufzeichnungen, Gesprächen im Hier und Jetzt sowie einer Reise nach Polen. „Gwen war in eine Familiensaga geraten, und ihr schien es, als käme ihr als zentraler Figur nun die Schlüsselrolle zu, über Verlauf und Ende dieses vor langer Zeit begonnenen Romans zu bestimmen. Sie war es, die die nächsten Kapitel schreiben würde.“

Auch wenn Bösewichte hier schwarz oder weiß gemalt werden, damit die emotionale Betroffenheit beim Leser / bei der Leserin gnadenlos erzeugt wird, ist das Buch kein einfaches. Anspruch besteht in dem Familienkonstrukt, das durch eine Teilauflistung der handelnden Personen auf dem Lesezeichen zu verstehen erleichtert werden soll. Das gelingt nur zum Teil, ein echtes Personenregister hätte wahrlich geholfen. Der Schreibstil wiederum nimmt mit, ist flüssig, phasenweise etwas langatmig.

Dieses Buch ist für alle Freunde von Beziehungskisten, Familiengeschichten und historischen Romanen geeignet. Für diese spreche ich eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 05.05.2023

Hedy Lamarr - schöne Schauspielerin in ungesehene Erfinderin

Die einzige Frau im Raum
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Hedy Lamarr hat einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame, der viel zu wenig über sie aussagt. Hedy Lamarr war viel mehr als die begehrte Hollywood-Schauspielerin. Sie war eine mutige Frau, eine schlaue ...

Hedy Lamarr hat einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame, der viel zu wenig über sie aussagt. Hedy Lamarr war viel mehr als die begehrte Hollywood-Schauspielerin. Sie war eine mutige Frau, eine schlaue Frau, eine schöne Frau und eine bewegende Frau. Marie Benedict erzählt in „Die einzige Frau im Raum“ die rührende Geschichte von Hedy Lamarr während der NS-Zeit zwischen 1933 und 1942 und gibt damit einer starken Frauenpersönlichkeit eine Stimme und ein Denkmal.

Friedrich Mandl ist hitlernah, österreichischer Unternehmer, Waffenhändler und Lebemann, als er der jungen Schauspielerin Hedy Kiesler Avancen macht. Die Jüdin heiratet Mandl, auch um sich und ihre Familie vor Verfolgung aufgrund ihrer Abstammung zu schützen. Sie begibt sich damit eine toxische Beziehung, welche dem Frauenbild der damaligen Zeit angelehnt ist und deutlich aufzeigt, wie Potenziale von Frauen klein gehalten und ins Leere kanalisiert wurden. Hedy gelingt die Flucht nach Amerika, wo sie wieder als Schauspielerin arbeitet und gemeinsam mit George Antheil einen Beitrag zur Spreizbandtechnologie leistet und die störungssichere Funksteuerung von Torpedos erfindet. Auch weil die Erfindung einer Frau nicht erhört werden sollte, konnte ihre Idee nicht kriegsentscheidend eingesetzt werden, wird jedoch später und dann bis heute verwendet.

Die beschriebene Misogynie, der Sexismus und die weltweiten Ausmaße der Naziideologie und deren Vernichtungsfeldzug geben ein bewegendes, krudes und mahnmalhaftes Bild der damaligen Zeit. Die erzählte Story von Hedy Lamarr steht beispielhaft für Schicksale starker Frauen, die Geschichte bewegt haben und doch nur aufgrund ihrer Schönheit Bekanntheit hatten. „Für alle anderen war ich Hedy Lamarr, ein schönes Gesicht und ein geschmeidiger Körper. Nie war ich Hedy Kiesler, aufstrebende Erfinderin, wissbegierige Denkerin, Jüdin. Nie war ich die, die ich hinter den vielen Masken auf und abseits der Bühne tatsächlich war.“

Das Buch liest sich flüssig und schnell, ist sprachlich wenig anspruchsvoll. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Hedy, was ich selbst weniger gelungen finde. Dadurch erhebt sich die Autorin in eine Position, die möglicherweise als vermessen dasteht. Mit einem Blick auf Hedy statt aus Hedys Sicht hätte ich die Lebensleistung von Hedy Lamarr besser fühlen können. Trotzdem ist das Gesamtpaket ein gutes Buch und bekommt meine volle Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 06.11.2022

Dem Schicksal unter uns eine Stimme verliehen

Das letzte Versprechen
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Hera Lind gibt Anna Eckhardt mit diesem Buch eine Stimme, einer Frau, die ein unfassbares Schicksal erlitten hat. Als Fünfjährige, 1944 im Banat lebend, wird die deutschstämmige Anna durch Partisanen ihrer ...

Hera Lind gibt Anna Eckhardt mit diesem Buch eine Stimme, einer Frau, die ein unfassbares Schicksal erlitten hat. Als Fünfjährige, 1944 im Banat lebend, wird die deutschstämmige Anna durch Partisanen ihrer Mutter entrissen, welche in ein Arbeitslager in Sibirien verschleppt wird, während Anna in einem jugoslawischen Kinderheim vegetiert. Ihre Oma weicht nicht von Annas Seite und wird zur zentralen Bezugsperson. Herzzerreißend schildert Hera Lind diese Zeit, schmerzhaft lesen sich die Ereignisse der kommenden Jahre, beißend greift das Schicksal immer wieder in Annas Leben ein, das bis zum Jahr 2012 mit all seinen Härten in diesem Buch verarbeitet wird. Die Autorin orientiert sich dabei an den liebevoll gestalteten und ausführlichen Tagebuchaufzeichnungen der Protagonistin, die dem Roman eine authentische Vorlage sind.
Für mich waren zudem die historischen und geographischen Kontexte neu. Bei der Ankunft von Annas Mutter Amalie in Deutschland im Jahr 1949 sagt jemand zu ihr „Sie haben in den Nachrichten gesagt, dass ihr im Banat geboren seid, wir wussten gar nicht, dass es so etwas gab, das haben wir erst mal im Atlas nachgeschlagen.“ Und so ging es mir auch.
Hera Lind nutzt ihr schriftstellerisches Können, um der Tragik von Annas Schicksal noch eine besondere Brisanz zu verschaffen. Geschickt wird in den ersten Jahren mal aus der Sicht von Annas Mutter aus dem sibirischen Lager und mal aus Annas Sicht im jugoslawischen Lager erzählt. Später lässt die Autorin diese Schichtung des Romans und wird quasi in der Erzählstimme parteiisch für Anna. Die beschriebenen Ereignisse reihen eine Herausforderung an die Protagonistin an die nächste, die immer wieder erlitten und gemeistert werden, mit Härte gegen sich selbst, Aufopferung und zum großen Teil Selbstaufgabe. Geschildert wird das Leben einer Frau, nach deren Gefühlen und Bedürfnissen nie jemand fragte und die immer leisten musste, weil es eben so war. Die eigene Mutter rechtfertigt ihre Härte gegen ihr Kind mit „Was glaubt ihr denn, wie WIR uns gefühlt haben in Sibirien.“ So bliebt wie an dieser Stelle oft beim Lesen des Buches ein Kloß im Hals und eine Träne im Auge. Jedoch die langweiligen, weil normalen und ereignislosen Phasen in Annas Leben ebenso wie ihre Schatten werden geschickt ausgespart, um Anna Eckardt die Aufmerksamkeit zu geben, die sie durch ihre Lebensleistung sicher verdient hat. In der Summe wirkt der Roman dadurch aber für mich zu theatralisch, fast überdramatisiert, einseitig in Annas Leid, weshalb ich keine ganze Leseempfehlung geben kann.
Dieses Buch ist aus meiner Sicht aber geeignet für Menschen, die sich für Dramen des Lebens interessieren, sich an den Geschichten starker Frauen orientieren und sich auch auf die grausamen Seiten, die ein Leben ab 1944 mit sich brachte, einlassen wollen. Wem dazu auch eine einfache Biographie reicht, die eher sachorientiert erzählt, wer womöglich alte Traumata nicht triggern möchte oder zart besaitet ist, sollte dieses Buch besser denen schenken, die dafür offen sind.

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Familie krankt über vier Generationen an kruden Ideologien

Schwalbenwinter
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Thor Hermann und Freya Viktoria Johannson wollen nicht so heißen und die Ursachen gehen bis ins Jahr 1864 zurück. Matthias Johannson floh damals nach Dänemark und pflanzte in seiner Zeit den Hass und die ...

Thor Hermann und Freya Viktoria Johannson wollen nicht so heißen und die Ursachen gehen bis ins Jahr 1864 zurück. Matthias Johannson floh damals nach Dänemark und pflanzte in seiner Zeit den Hass und die Wut auf Menschen in die Familie. Bis selbst in die 1950er Jahre setzt sich die Nazi-Ideologie in den Köpfen fort, bis die junge Generation dagegen reagiert.
Klaus Jensen schreibt einen Familienroman über vier Generationen, dessen vier Zeitebenen gekonnt miteinander spielen. Familiengeheimnisse werden angeteasert und dann mit einem Peng rausgelassen, Erklärungen ergeben sich mit den Seiten zunehmend und fließend. In der Summe entsteht ein Psychogramm hassender Menschen, ein Einblick in ihre Einbettung in familiäre Kontexte und die Fortpflanzungsgeschichte kruder Ideologien. Vor dem Hintergrund unserer derzeitigen gesellschaftlichen Lage erhält das Buch eine aktuelle Brisanz.
Und doch konnte mich das Buch nicht voll catchen. Das liegt vorrangig am Erzählstil, der eher sachlich ist und mich nicht bei den Emotionen packte. Deshalb gebe ich keine volle Leseempfehlung, obwohl es sich um einen guten Plot handelt.

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