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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2019

Geschichte hält den Spiegel vor

Das Brauhaus an der Isar: Spiel des Schicksals
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Ein richtig, feiner, geschichtlicher Roman!

Die Zeit des Jugendstils ist noch die Zeit als sich Frauen der feinen Gesellschaft in möglichst viel Stoff hüllten, um ihre per se sündigen Körper zu verstecken. ...

Ein richtig, feiner, geschichtlicher Roman!

Die Zeit des Jugendstils ist noch die Zeit als sich Frauen der feinen Gesellschaft in möglichst viel Stoff hüllten, um ihre per se sündigen Körper zu verstecken. Sie hatten wenig Rechte und schon gar nichts in der Geschäftswelt zu sagen. Da gab es im Mittelalter mehr Möglichkeiten für sie! Freidank lässt ihrer Antonia viel Freiraum. Sie lässt sie in die Künstlerszene Schwabings eintauchen und ihre Erfahrungen sammeln. Sie gibt Lesern gut recherchierte Einblicke in mehrere gesellschaftlichen Ebenen und hält auch ihnen gewissermaßen Spiegel vor. Sowohl den der Kunst: "Was man sieht, liegt im Auge des Betrachtenden" als auch den des Lesenden "Was man daraus zieht, liegt...". Beides fand ich sehr anziehend. Sowohl von ihrer Art zu schreiben als auch von ihren gut ausgearbeiteten Figuren.

Die Geschichte an sich ist atmosphärisch dicht und fesselnd. Man kann sich nicht nur alles vorstellen, man wähnt sich in der Geschichte drin als stille Beobachterin. Und überall bringt Antonia ihren Verstand mit ins Spiel und manchmal noch mehr, wenn auch anders als gedacht!

Veröffentlicht am 14.07.2019

Lucy Lovecake - nimmt Hypes auf die Schippe

Lovecakes - Liebe schmeckt süß
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Pippa James nimmt sowohl die Verlagsbranche als auch den Medienrummel im Speziellen auf die Schippe. Und das macht sie hervorragend! Der Hype um Daisy, getarnt als "Lucy Lovecake" wird mit einer groß angelegten ...

Pippa James nimmt sowohl die Verlagsbranche als auch den Medienrummel im Speziellen auf die Schippe. Und das macht sie hervorragend! Der Hype um Daisy, getarnt als "Lucy Lovecake" wird mit einer groß angelegten PR-Kampagne geplant und von ihr teilweise mit umgesetzt. Zwischendrin verdrehen ihr zwei Männer den Kopf und der eine von ihnen pusht den Hype unfreiwillig. Es ist natürlich alles ein wenig überzogen, aber ganz wunderbar. James enthüllt einiges, zeigt, wie einfach es ist Hypes zu generieren, wie bereitwillig viele Leute mitmachen. Und da solche Hypes momentan typisch für unsere Gesellschaft sind - ob Thunberg, Instagram-Selfies oder E-Roller -, merkt man das als Leserin sofort. James hält ihren Leserinnen quasi einen Spiegel vor - auf sehr vergnügliche Art und Weise!

Veröffentlicht am 14.07.2019

Wunderbarer Schmöker!

Die kleine Patisserie in Paris
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Ein wunderbarer Roman, in dem ich geistig sofort versunken bin. Zuerst lernt man die Familie der Hauptfigur Nina kennen und weiß, warum die fast Dreißigjährige gerne mal einige Wochen woanders leben möchte. ...

Ein wunderbarer Roman, in dem ich geistig sofort versunken bin. Zuerst lernt man die Familie der Hauptfigur Nina kennen und weiß, warum die fast Dreißigjährige gerne mal einige Wochen woanders leben möchte. Einige hundert Kilometer zwischen sich und ihre älteren Brüder bringen, etwas lernen und sich auf eigene Füße zu stellen. Das gelingt und sie reist nach Paris.

Patisserie mit Charme

Das Küken der Familie reißt quasi aus. Die Familie weiß zwar, wo sie ist und was sie dort machen soll (und auch als Angestellte tut), aber sie weiß trotzdem sehr wenig darüber, was das Familienküken so treibt. Und das ist weit mehr als nur einmal in der Woche bei einem Kurs zu assistieren. Während Nina sich endlich abnabelt, stellt sie sich auch einer alten Geschichte und verliebt sich neu. Und das daraus weder eine Schmonzette noch eine Schnulze wird, dafür sorgt der hinreißende Schreibstil und Verwicklungen der eigentlichen Geschichte, die netten Nebenfiguren samt ihrem Eigenleben. Und natürlich ahnt man, worauf es hinauslaufen wird. Aber wie genau, darauf kommt man nicht und das ist mit das Schöne an dieser Geschichte, die mich als Leserin mit nach Paris in eine etwas abgewrackte Patisserie nahm.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Café Engel - eine neue Zeit

Café Engel
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Wiesbaden kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Erzählt wird die Geschichte der Familie Koch und ihres Cafés, dass wie durch ein Wunder nicht zerbombt wurde. Die Familie freut sich auf die neue Zeit, ...

Wiesbaden kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Erzählt wird die Geschichte der Familie Koch und ihres Cafés, dass wie durch ein Wunder nicht zerbombt wurde. Die Familie freut sich auf die neue Zeit, passt sich den ersten Jahren gut an und hat von der Besatzung der US-Amerikaner nichts zu befürchten. Lamballe erzählt anschaulich, nutzt Subtexte und zählt auf den wachen Verstand ihrer Lesenden. Sie flicht unterschiedliche Schicksale mit ein. Menschen, die auf unterschiedlichen Wegen nach Wiesbaden finden und mit der Familie zusammenhängen oder anders zusammenkommen werden. Sie erzählt auch,

wie erste berufliche Neuanfänge möglich werden und wie hart das Überleben in der Stunde Null war.

Im Präsenz

Alles wird im Präsenz erzählt. Man findet sich so gedanklich in dieser Zeit ein. Auch in diesem Roman lässt es sich gut versinken, geistig mit drin und dabei zu sein, sich vorstellen, wie der Kurpark damals ausgesehen haben muss. Auch die Parallelen zur heutigen Zeit finden sich. Flüchtlinge ziehen von Ostpreußen nach Westen, werden abgelehnt oder aufgenommen. Das Café Engel ist natürlich im Erdgeschoss eines Hauses, darüber liegen die Wohnungen der Familie und ihrer Mieter, so letztere noch vorhanden sind. Auch hier finden Einquartierungen statt. Migration hat es immer gegeben und wird es weiterhin geben, aus den unterschiedlichsten Gründen.

Einfühlsam & anregend

Ich habe schon viele solcher Romane gelesen, auch als Jugendliche. Diese Zeit, sie interessiert mich immer noch. Dieser Roman macht Lust auf die nächsten Bände der Reihe. Und den zweiten Band habe ich glücklicherweise schon parat

Veröffentlicht am 14.07.2019

Café Engel - Schicksalhafte Jahre

Café Engel
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Der zweite Band zur Geschichte der Familien Koch und Perrier des Café Engel ist genauso anschaulich-interessant  wie der erste! Er spielt um 1951, die US-amerikanische Besatzung ist Teil der Bevölkerung ...

Der zweite Band zur Geschichte der Familien Koch und Perrier des Café Engel ist genauso anschaulich-interessant  wie der erste! Er spielt um 1951, die US-amerikanische Besatzung ist Teil der Bevölkerung geworden ebenso wie die Anfänge des wirtschaftlichen Aufschwungs zu spüren sind. Auch innerhalb der Familien tat sich etwas: die Tochter hat geheiratet - den ehemaligen französischen Fremdarbeiter, sie haben Kinder miteinander und sie reiben sich aneinander. Ebenso gibt es Reibereien zwischen den Generationen, auf ganz verschiedene Weise.

Besonderheiten zwischen Freude & Neuanfang

Der Krieg, er ist vorbei und seine Nachwirkungen immer noch spürbar. Alte Nazis versuchen wieder Fuß zu fassen, Juden ebenso, Menschen mit nazistischer Denkweise versuchen sich einzuschleimen, Heimkehrer versuchen ebenfalls ihren Platz zu finden. Lamballe bringt das Zwischenmenschliche sowohl in Liebesdingen als auch in anderen Beziehungen wunderbar auf den Punkt und zur Sprache. Immer noch müssen viele Menschen im Hause Koch auf engstem Raum miteinander klar kommen, nicht alle mögen sich. In solchen Situationen sind Fingerspitzengefühl und Diplomatie verlangt, nicht jeder hat diese, die meisten aber doch.

Auch die Gerichte kommen zu Wort - sowohl die juristischen als auch die Ernährung. Bei manchem musste ich grinsen, bei anderem bleibt einem trotz Wissens die Luft kurz weg. Dreistigkeiten kommen ebenso zur Sprache wie Spitzfindigkeiten unterschiedlicher Art. Aber auch Träume.