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Veröffentlicht am 07.08.2022

Shakespeare and Company – die Anfänge

Die Buchhändlerin von Paris
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„Eine Buchhandlung zu besitzen, bedeutet viel mehr, als Sätze zu verkaufen.“
Sylvia Beach hat dieses Motto verinnerlicht. Ihre kleine englischsprachige Buchhandlung im Herzen von Paris wird so nicht nur ...

„Eine Buchhandlung zu besitzen, bedeutet viel mehr, als Sätze zu verkaufen.“
Sylvia Beach hat dieses Motto verinnerlicht. Ihre kleine englischsprachige Buchhandlung im Herzen von Paris wird so nicht nur Verkaufsort, sondern auch Anlaufstelle für Stadtneulinge, Zufluchtsstätte für gestrandete Literaten und zuletzt Heimat für ein geächtetes, ja sogar verbotenes Manuskript: Ulysses von James Joyce. Dieses Buch zu verlegen, das scheint Sylvias größte Herausforderung zu werden.
Mahers Romanbiographie beleuchtet rund zwanzig Jahre im Leben von Sylvia Beach, deren Buchhandlung Shakespeare and Company den meisten ein Begriff ist. Diese existiert zwar heute nicht mehr in der ursprünglichen Form, trotzdem erfährt man viel über die Entstehungsgeschichte. Mir war nicht bewusst, wie viele berühmte Autoren sich die Ladenklinke in die Hand gegeben haben und so mancher sorgte für Überraschungen. Auch die Verlegertätigkeit an Ulysses, der Skandal um dessen Inhalt und die Zusammenarbeit/Freundschaft mit Joyce selbst nehmen großen Raum in der Handlung ein, und sind nicht nur aus historischem Interesse lesenswert. Sylvia ist eine tolle, natürlich nicht ganz fehlerfreie Persönlichkeit. Sie hat viel Mühe auf sich genommen, um nicht nur eigene, sondern auch fremde Träume zu verwirklichen, auch wenn ich nicht jede ihrer Entscheidungen so recht nachvollziehen konnte. Ihre Partnerin Adrienne blieb mir allerdings irgendwie fremd, und so konnte ich Sylvias Zuneigung zu ihr nur bedingt verstehen.
Mahers Stil ist sehr leicht lesbar, heikle Themen werden etwas heruntergebrochen und so verfliegen die Seiten wie im Nu; perfekte Sommerlektüre also, bei der man ohne große Mühe einem interessanten Kapitel aus der Pariser Literaturgeschichte näherkommen kann.

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Veröffentlicht am 27.07.2022

Über den Wolken

Kreiseziehen
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Die Zwillinge Jamie und Marian wachsen nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrem Onkel eher unkonventionell auf. Immer an ihrer Seite ist Caleb, der von seiner alkoholabhängigen Mutter wenig beachtet wird und ...

Die Zwillinge Jamie und Marian wachsen nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrem Onkel eher unkonventionell auf. Immer an ihrer Seite ist Caleb, der von seiner alkoholabhängigen Mutter wenig beachtet wird und so das wilde Trio vervollständigt. Marians großer Traum wird das Fliegen, sie setzt ihren Dickkopf ein um sich in dieser Männerdomäne zu behaupten. Schon die Suche nach einem Fluglehrer ist aufreibend, doch Marian wäre nicht Marian, würde sie nicht auch hier eine Lösung finden. Ihre Geschichte wird Jahrzehnte später auch von Hollywood aufgegriffen, und soll die Kinokassen füllen.
Shipsteads Roman liest sich über weite Strecken als hätte es Marian wirklich gegeben; ihre Figur vereint einige berühmte, aber auch vergessene Pilotinnen dieser Ära und setzt diesen so ein literarisches Denkmal. Ich war zunächst wirklich überrascht, dass Marian fiktiv ist, so realistisch und glaubhaft war ihre Geschichte. Die Autorin schreibt nicht nur sehr lebensecht, sondern auch detailreich, mühelos findet man sich in der Welt der Piloten zurecht. Ich war vom Erzählstil wirklich sehr angetan. Die Story entwickelt sich zu einem Abenteuerroman, der aktuelle Themen geschickt einfließen lässt, manchmal aber auch einfach zu viele Dinge unter einen Hut bringen will. Das wirkte teilweise wie ein Abarbeiten, hat aber zum Glück dem großen Ganzen nicht allzu sehr geschadet.
Marian ist nicht ganz leicht zu durchschauen, mal ist sie sehr taff und setzt sich gegen alle Widrigkeiten durch, in anderer Hinsicht steckt sie viel zurück. Die Beziehung zu ihrem Bruder ist ebenfalls nicht nur schwarzweiß, die Entwicklung der beiden habe ich gerne verfolgt. Der Erzählstrang in Hollywood rahmt die Grundstory zwar gut ein, ich fand ihn aber nicht sonderlich interessant, um nicht zu sagen überflüssig. Hadley wirkt ein bisschen mitleidsheischend angelegt, ich konnte ihrer Figur nicht so viel abgewinnen. Insgesamt hat mich Shipsteads Story aber wirklich abgeholt, und mich mit Marians Hoch- und Tiefflügen sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Der feine Herr Papen

Der Markisenmann
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Kurz vor ihrem 16ten Geburtstag ändert sich Kims Leben komplett: sie lernt ihren leiblichen Vater kennen. Nicht nur das, sie soll direkt die Sommerferien bei ihm verbringen; in einer alten Fabrikhalle, ...

Kurz vor ihrem 16ten Geburtstag ändert sich Kims Leben komplett: sie lernt ihren leiblichen Vater kennen. Nicht nur das, sie soll direkt die Sommerferien bei ihm verbringen; in einer alten Fabrikhalle, irgendwo in der Nähe vor Duisburg. Dort bestreitet er eher schlecht als recht seinen Unterhalt mit dem Vertrieb alter (potthässlicher) DDR-Markisen. Klar, dass die Teenagerin auch da die ein oder andere zündende Idee zu hat.
Jan Weilers Roman hat mir unerwartet gut gefallen, bisherige Romane vom Autor konnten mich nicht so recht abholen. Seine Geschichte um die taufrische Vater-Tochter-Beziehung jedoch hat mich zumeist überzeugt. Ein melancholischer Unterton zieht sich zwar durch das ganze Buch, doch trotzdem wirkt es nicht bedrückend. Im Gegenteil, denn viele Situationen sind urkomisch, ohne, dass es je gekünstelt wirken würde. Kim hat ihren eigenen Kopf, eine etwas aufbrausende Art, da ist ihr ruhiger, manchmal fast passiver Vater ein guter Gegenpol. Der hat zwar keine Ahnung von Kindererziehung, macht aber instinktiv für Kim (fast) alles richtig. Für sie ist der Übergang zwischen einem Leben im Überfluss und Papas Bleibe in einer Fabrikhalle, die Tatsache, dass vielleicht nicht jeder Cent, aber doch jeder Euro zweimal umgedreht wird, eine völlig neue Erfahrung. Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie sie lernt was im Leben wirklich zählt und ein gutes Stück erwachsen wird. „Der Markisenmann“ ist nicht nur eine etwas untypische Coming-of-Age-Geschichte, sondern auch ein unterhaltsamer Roman, der fast mühelos ganz unterschiedliche Themen in sich vereint. Mir hat er wirklich gut gefallen.

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Der Liebespaarmöder

Stürmisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 8)
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Le Lavandou erlebt turbulente Tage, sind doch viele Touristen zu den Surfmeisterschaften angereist. Doch schnell kippt die Stimmung, als einer der Surfer und seine Freundin ermordet aufgefunden werden. ...

Le Lavandou erlebt turbulente Tage, sind doch viele Touristen zu den Surfmeisterschaften angereist. Doch schnell kippt die Stimmung, als einer der Surfer und seine Freundin ermordet aufgefunden werden. Leon hat die beiden obduziert, und kommt zu dem Schluss, dass die Lösung des Falls nicht so einfach ist, wie es Polizeichef Zerna gerne hätte.
Provence im Sommer, blühender Lavendel, warme Sonnentage am Strand… jede Seite dieses Krimis verströmt Urlaubsfeeling. Ich mag Eyssens Stil und wie er den französischen Landstrich zum Leser nach Hause bringt. Auch die Hauptfiguren, allen voran Leon, haben mich wieder überzeugt. Der muss dieses Mal nicht nur seine ganze Kraft in den Fall stecken, sondern auch eine wichtige persönliche Entscheidung treffen. Spannung gibt es also genug, auch wenn das Tempo nicht immer atemberaubend schnell ist. Der Fall ist gut angelegt und überzeugt über weite Strecken; für das beschauliche Lavandou vielleicht eine Spur zu grausam geraten, wenn man ihn mit den Vorgängern vergleicht. Ich war trotzdem davon angetan und wirklich gefesselt von den Entwicklungen. Mir kam das Ende dann allerdings doch sehr abrupt; auch mit der Aufklärung des Motivs war ich nicht ganz glücklich, da hätte es mehr als ein paar Sätze zu geben dürfen. Der Fall in sich war stimmig, aber es bleibt der Eindruck zurück, dass nach dem Höhepunkt schnell ein Abschluss her musste. So habe ich den Krimi zwar sehr gerne gelesen, aber mit einem kleinen Dämpfer wieder zugeklappt. Trotzdem werde ich gerne wieder mit Leon nach Le Lavandou reisen und bin auf den nächsten Fall gespannt.

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Veröffentlicht am 23.03.2022

Unbekannter Stadtvater Green

Der große Fehler
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Andrew Green hat mindestens so viele Freunde wie Feinde, hat er doch nicht weniger als das Stadtbild von New York verändert, was natürlich nicht jedem gefällt. Umso schwieriger wird die Suche nach dem ...

Andrew Green hat mindestens so viele Freunde wie Feinde, hat er doch nicht weniger als das Stadtbild von New York verändert, was natürlich nicht jedem gefällt. Umso schwieriger wird die Suche nach dem Warum, als er urplötzlich auf der Schwelle seines eigenen Hauses ermordet wird.

Ich habe noch nie von Andrew Green gehört, und so wie der Autor den Sachverhalt schildert, bin ich da nicht die Einzige. Dabei hat er nicht nur auf die Zusammenführung von Greater New York hingewirkt, sondern war auch maßgeblich an der Entstehung des Central Park beteiligt. Umso besser, dass ihm Jonathan Lee ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Dieser schildert als Rahmenhandlung die Mordermittlungen nach dem Tod Greens und blickt dabei auf sein Leben zurück. Ich habe die Lebensgeschichte Greens mit großem Interesse gelesen, sein Aufstieg aus recht einfachen Verhältnissen war hart erarbeitet und sicherlich nicht ohne Hindernisse. Aber auch die Ermittlungen von Inspector McClusky lesen sich sehr abwechslungsreich und haben mich schnell gefesselt. Es handelt sich hier zwar nicht um einen klassischen Krimi, aber mich hat die Mischung sehr angesprochen. Lees Stil gefällt mir ebenfalls sehr gut, er wählt seine Worte mit Bedacht und lässt auch sprachlich vergangene Zeiten aufleben ohne auch nur ansatzweise altbacken zu wirken. Sein Roman ist interessant, mal skurril, mal witzig, oft auch traurig, doch immer kurzweilig. Mir hat er sehr gut gefallen.

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