Zweimal Rishikesh
Yoga TownLucy bestreitet in Berlin ihren Lebensunterhalt als Yogalehrerin, auch inspiriert von ihren Eltern, die `68 in Indien bei einem waschechten Guru waren. Genau wie die Beatles, die musikalisch vor allem ...
Lucy bestreitet in Berlin ihren Lebensunterhalt als Yogalehrerin, auch inspiriert von ihren Eltern, die `68 in Indien bei einem waschechten Guru waren. Genau wie die Beatles, die musikalisch vor allem Lucys Vater geprägt haben. Als ihre Mutter verschwindet, kommt schnell der Verdacht, dass sie nach Rishikesh gereist ist, um Altes aufleben zu lassen und mit der Vergangenheit abzuschließen.
Yoga Town lässt die Hippiekultur aufleben und wirft einen ganz speziellen Blick darauf. Das Feeling der `68 wird sehr gut transportiert, auch wenn man bisher wenig mit Yoga und der Philosophie in Berührung gekommen ist , erhält man einen sehr guten Einblick. So einiges wird auch entzaubert, gerade durch den Handlungsstrang in der Jetzt-Zeit. Das Zusammenspiel zwischen den zwei Zeitebenen klappt sehr gut, ebenso die beiden unterschiedlichen Perspektiven (Lou – Lucy). Ich mochte den Erzählstil per se, das Buch liest sich sehr süffig. Da die Handlung viel in Indien spielt, unterhalten sich die Figuren oft auf Englisch; das wird dann aber nicht übersetzt, ich bin nicht sicher, ob jemand, der die Sprache nicht spricht, hier immer alles mitbekommen kann. Gerade Lou wirft auch immer wieder mit englischen Begriffen um sich, das wirkt gestellt hipp und hat einen etwas künstlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Die Figuren haben mich nicht ganz überzeugen können: Lucy wirkt etwas unnahbar, obwohl man ihr ziemlich gut in den Kopf schauen kann. Lou wird dadurch, dass man ihm in zwei Zeitebenen begegnet eher zerrissen, er ergibt keine einheitliche Figur. Die Beatles tauchen zwar immer mal wieder auf, nehmen aber keinen großen Raum ein und haben unterm Strich für die Handlung auch keine nennenswerte Funktion. Letztendlich hätte es jeder sein können; anhand des Klappentextes hatte ich mir das doch etwas anders vorgestellt. Die Geschichte von Lucys Familie wird nach Jahrzehnten endlich aufgearbeitet, das funktioniert auch in der Auflösung ganz gut. Trotzdem konnte ich nicht richtig in die Geschichte abtauchen, so wie ich es von anderen Büchern des Autors gewohnt bin.
Insgesamt ist Yoga Town ein leicht zu lesender Roman, der durchaus unterhalten kann. Ich persönlich habe aber weder zu Figuren noch zur Handlung großen Zugang gefunden.