𝘚𝘪𝘦 𝘸𝘢𝘳𝘦𝘯 𝘨𝘦𝘧𝘢𝘭𝘭𝘦𝘯𝘦 𝘍𝘳𝘢𝘶𝘦𝘯 ...
Die Hexen von Cleftwater„𝐃𝐢𝐞 𝐇𝐞𝐱𝐞𝐧 𝐯𝐨𝐧 𝐂𝐥𝐞𝐟𝐭𝐰𝐚𝐭𝐞𝐫“
Margaret Meyer führt uns in eine Zeit, in der die Gesellschaftsschichten nicht deutlicher getrennt sein könnten und die Frau nur wenige Rechte besitzt. In eine Epoche, in der ...
„𝐃𝐢𝐞 𝐇𝐞𝐱𝐞𝐧 𝐯𝐨𝐧 𝐂𝐥𝐞𝐟𝐭𝐰𝐚𝐭𝐞𝐫“
Margaret Meyer führt uns in eine Zeit, in der die Gesellschaftsschichten nicht deutlicher getrennt sein könnten und die Frau nur wenige Rechte besitzt. In eine Epoche, in der Satan in Geschlechtsorganen und Muttermalen vermutet, in einfacher Kräuterkunde Besessenheit gesehen wird. Jedes persönliche Unglück und das Schauspiel der Natur ein Hexenwerk.
Wer könnte für sich einstehen, wer könnte da noch klar sehen?
Mit einem bildlichen Stil fing die Autorin die Atmosphäre, die in Cleftwater wabert, die bedrückende Stimmung, die Tristesse gekonnt ein. Während eine böse Vorahnung bereits zu Beginn stark aufflammt, sind es Angst und Bedrohung, die sich durch den Verlauf ziehen. Hoffnungslosigkeit.
Viele Ausführungen regen die eigene Fantasie an, das Elend bleibt den Gedanken der Leserschaft überlassen, und doch reichen jene Szenen, die von Tod und Ungerechtigkeit erzählen, aus, um tief zu bewegen, zu erschüttern.
Obgleich dieses geschichtliche Mahnmal nicht frei von ablenkenden Längen ist, sind es detailreiche Beschreibungen des Settings, die in das Jahr 1645 ziehen.
Die den nahenden Sturm, die Dunkelheit ankündigen.
Verfälschter Glaube, fanatische Religion.
Wir verfolgen das Geschehen durch einen nüchternen Tonfall, in für die Umstände und das Zeitalter entsprechenden Formulierungen aus Marthas Perspektive – mit deren Stummheit und dem „Wurm“, der sie am Sprechen hindert, wird die Stimmlosigkeit der Frauen verdeutlicht. Verschluckte Worte, obwohl so viel zu sagen wäre.
Mit Silas Makepeace und seinen SucherInnen kommt die Hexenjagd in das Dorf, Angst und Misstrauen werden gesät – innerhalb einer Gemeinde, die nach Grund und Schuld für verdorbene Ernten, Hitze, Totgeburten und Krankheiten sucht, stoßen die Fremden auf fruchtbaren Boden.
Verschmähte Männer, kinderlose Mütter, Witwen und Witwer klagen an; Freunde, die zu Feinden, Nachbarn, die verraten werden.
Nach leiblichen Untersuchungen, demütigend, entwürdigender Kerkerhaft, tagelanger Folter, erpressten Geständnissen wartet auf die Angeklagten ein unfairer Prozess. Und der Tod – bejubelt von verblendeten Fanatikern. Nicht vor Kranken, nicht vor Alten, weder vor Jungfern, Schwangeren noch Gläubigen macht die Obermacht der Hexenjagd halt –
zu schöne Frauen baumelten neben armen und reichen Damen am Strick.
Figuren und Schicksale, so unterschiedliche, füllen die Handlung:
Agnes, Marthas Herrin, die plötzlich nicht mehr wert ist als eine Magd.
Henry, dessen Überlegenheit einzig aus dem Alkohol und dem Auftauchen von Makepeace entsprang.
Janet, die mit mutiger Zunge für ihr Recht kämpft.
Richter und Kerkermeister – erbarmungslos und blind vor Angst.
Prissy, unschuldig, ohne Rettung.
Auch Marthas „Atzmann“ spielt von Beginn an eine Rolle. In meinen Augen kamen weder Symbolik noch Bedeutung ausreichend zur Geltung, dieses Vermächtnis blieb lediglich ein schwammiges, wenig aussagekräftiges Element. Ihre unfreiwillige Arbeit an der Seite der Hexenjäger gewährte einen Blick auf die Torturen, den inneren Zwiespalt der Hebamme, ihren zarten Wunsch, den Angeklagten zu helfen – doch blieb erfolg- und tatenlos. Handlungsrelevante Szenen und Ereignisse gingen im Vergleich zu der Fülle malerischer Beschreibungen unter. Einige Dinge – Marthas Leiden, die Tragik um ihre Mutter, die Wachspuppe – wurden in den Verlauf geworfen, ohne eine besondere, aufschlussreiche Betrachtung zu erlangen.
Basiert „Die Hexen von Cleftwater“ auf historischen Ereignissen und aufwendiger Recherche, ist dieser Roman doch auch ein Nachruf an all jene, die auf grausame Art gejagt, gefoltert und ausgelöscht wurden, eine Geschichte über immer währende Ungerechtigkeit.
Margaret Meyer zeigt eindringlich, wie schnell Angst und Hass gesät werden, dazu aufrufen (können), ganze Gruppierungen zu eliminieren.
Denn oftmals wartet der Mob, leichtgläubig, neidvoll, nur auf eine Obrigkeit, die ein Inferno entfacht.
Wie viele Städte verloren ihre Frauen, wie viele Frauen ihr Leben?