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Veröffentlicht am 15.06.2021

Dieser verschmitzte Roman trifft den Zeitgeist der digitalen Generation auf unterhaltsame und auch dramatische Weise.

Adults
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Beschreibung

Jenny McLaine steckt mitten in ihren 30ern, arbeitet für ein feministisches Onlinemagazin ›The Foof‹ und ist frisch getrennt von ihrem Künstlerüberflieger-Freund Art. Abhängig vom Zuspruch ...

Beschreibung

Jenny McLaine steckt mitten in ihren 30ern, arbeitet für ein feministisches Onlinemagazin ›The Foof‹ und ist frisch getrennt von ihrem Künstlerüberflieger-Freund Art. Abhängig vom Zuspruch anderer und geplagt von ihrer obsessiven Instagram-Besessenheit stürzt Jenny ungebremst in eine Lebenskrise. Als ihr dann auch noch die Kündigung droht und ihre Mutter bei ihr einzieht, erreicht das Midlife-Crise-Drama seinen Höhepunkt.

Meine Meinung

Zugegeben, ich falle mit meinen dreiunddreißig Jahren genau in die Zielgruppe von Emma Jane Unsworth Roman »Adults«. Der erfrischend bissige Schreibstil und die überspitzte Hauptprotagonistin Jenny haben aber auf jeden Fall das Zeug dazu auch Leser*innen außerhalb dieses Lebensabschnittes zu catchen. Männer, die schon immer wissen wollten, welchen Spagat ihre Freundinnen in den 30ern zwischen Job, Freunden, Familienplanung und Social Media machen, sind mit diesem Buch gut beraten.

Emma Jane Unsworth erzählt aus der Ich-Perspektive der Hauptprotagonistin Jenny McLaine über das, was im Leben der Mittdreißigerin los ist und wie sehr Social-Media und die durchwachsene Beziehung zu ihrer Mutter ihre Existenz prägen. In den Kapiteln finden sich immer wieder auch E-Mail-, SMS- und Instagram-Texte, die die eh schon spritzige Erzählweise der Autorin zusätzlich auflockern.

Wie romantisch eine Liebesbeziehung mit E-Mails (die dem Briefe schreiben heute noch am nächsten kommt) beginnen kann, wird mit einem Rückblick auf das Kennenlernen zwischen Jenny und Art deutlich. Doch die Beziehung hält der Wirren des Lebens nicht stand, eine Fehlgeburt markiert den Anfang vom Ende, denn Art möchte lieber ungebunden bleiben und Jennys Fokussierung auf die Instagram-Influencerin Suzy Brambles machen das Ganze auch nicht besser. Die Krise erreicht ihren Höhepunkt mit dem Verlust ihres Jobs bei einem Onlinemagazin und dann zieht auch noch ihre Mutter in ihr Haus, dass sie sich eigentlich gar nicht mehr leisten kann.

Meiner Meinung nach hätte der Roman keine schwierige Tochter-Mutter-Beziehung nötig gehabt. Doch dieses Puzzleteilchen ist vielleicht auch genau der Auslöser für Jennys große Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Schmerz nicht genug geliebt zu werden sitzt bei Jenny tief und reicht auf das Weihnachten 1999 zurück, wo ihre Mutter lieber mit ihrem Liebhaber auf die Bahamas reiste, als Zeit mit ihrer Tochter zu verbringen.

Jenny ist ein zugegeben ziemlich überzogen gezeichneter Charakter, fängt jedoch genau die Essenz dessen ein, was die Jahrgänge der Millennials ausmacht. Diese Generation wurde vom Übergang einer analogen in eine digitale Welt wohl wie keine andere Generation beeinflusst. Emma Jane Unsworth zeigt die daraus erwachsenen Auswüchse mit einem Augenzwinkern und einiges an Drama auf, sodass ich mich wirklich oft in der Protagonisten wiedergefunden habe. Jennys Selbstbezogenheit, ihre Unsicherheit, die sie immer wieder dazu treibt Instagram- und E-Mail-Texte an ihre beste Freundin zum Lesen und Analysieren zu schicken und ihre extreme Abhängigkeit von Likes und Aufmerksamkeit in dem Bildschirmzeitalter halten den Digital Natives gekonnt den Spiegel vor und regen dazu an das eigene Verhalten zu überdenken. Engen wir uns mit dem digitalen Teilen so sehr ein, dass eine gesunde Selbstwahrnehmung komplett verloren geht und wir das wirklich wichtige aus den Augen verlieren?

Am absoluten Tiefpunkt angelangt bricht aus Jenny beim Kauf des nächsten Weins heraus, was sie tatsächlich denkt: »Facebook ist mein persönliches Vietnam.«

Am Boden angelangt kommt es zum großen Wendepunkt des Romans, Jenny schafft es nicht alleine zu dem Menschen zu werden, der sie eigentlich sein möchte, sondern nur mithilfe ihrer engsten Freundin und strikter Smartphone-Nutzungsbegrenzung, kommt sie zurück auf den rechten Weg.

Mich konnte Emma Jane Unsworth mit ihrem Werk tatsächlich gut unterhalten, auch wenn sie zu viele wichtige Themen angeschnitten hat, welche dann schließlich nicht alle ausreichend Aufmerksamkeit zugemessen bekommen. Weniger ist manchmal dann doch mehr.

Fazit

Emma Jane Unsworth zeichnet in »Adults« ein rohes, ungeschminktes Bild des Lebens hinter der schönen Onlinewelt versteckt. Dieser verschmitzte Roman trifft den Zeitgeist der digitalen Generation auf unterhaltsame und auch dramatische Weise.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 02.06.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Neben Dex Parios sehen Columbo und Co. blass aus – also unbedingt zum erfrischend modernen Crime-Comic »Stumptown« greifen!

Stumptown. Band 1
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Meine Meinung

Starautor Greg Rucka hat in »Stumptown – Der Fall des Mädchens, das sein Shampoo mitnahm (aber seinen Mini vergaß)« mit Dexetrine Parios (kurz ›Dex‹ genannt) nach Andy (»The Old Guard«) ...

Meine Meinung

Starautor Greg Rucka hat in »Stumptown – Der Fall des Mädchens, das sein Shampoo mitnahm (aber seinen Mini vergaß)« mit Dexetrine Parios (kurz ›Dex‹ genannt) nach Andy (»The Old Guard«) eine weitere knallharte und starke Comic-Heldin geschaffen, die sich als Privatdetektivin alleine durchs Leben schlägt und sich dabei um ihren jüngeren Bruder Ansel kümmert.

Rucka wirft die Leser*innen gleich mitten in die Handlung und arbeitet dabei geschickt mit der Brisanz eines Ereignisses der Gegenwart, sodass er anschließend mit einer Rückblende und einem Countdown von zwei Tagen auf die Szene zusteuert. Das erzeugt gleich zu Beginn eine Sogwirkung, schließlich will man unbedingt erfahren, wer die agierenden Personen sind, was zu dieser Situation geführt hat und wie es danach weitergehen wird.

Über den Fall von Dex möchte ich nicht viel verraten, aber sie ist mit ihrem Talent soweit bekannt, dass sie von einer Casino-Leiterin einen Gefallen einfordert. Sie soll ihre verschwundene Enkelin finden, wofür sie Dex die Spielschulden erlässt. Hinter der Sache steckt jedoch mehr als vermutet und Dex wird in eine verzwickte Familiengeschichte verwickelt.

Das dreckig-düstere Setting Portlands mit schummerigen Bars, einem kriminellen Netz und entsprechendem Ensemble ist neben Dex der wahre Star des Comics und wird in einem überschwänglichen Vorwort von Matt Fraction als sehr authentisch gelobt.

Die Illustrationen von Matthew Southwork passen mit ihren scharfen Ecken und Kanten und einem großzügigen Schattenspiel perfekt zur Handlung, jedoch hatte ich manchmal Schwierigkeiten die einzelnen Charaktere zuordnen zu können, da sie teilweise recht verwaschen dargestellt werden. Hier hätte ich mir manchmal eine etwas ›saubere‹ Ausarbeitung gewünscht.

Wer auf coole Detektivstorys steht, wird hier vor allem mit einer spannenden Heldin belohnt, die unverfroren Selbstbewusst ist und nicht so leicht aufgibt. Jedoch bin ich mir sicher, dass Greg Rucke in diesem ersten Band nur an deren Oberfläche gekratzt hat und noch einiges mit Dex vorhat. Sicherlich wird sich mit einer Vertiefung von Dex und ihrem Umfeld auch das ganze Potential von »Stumptown« in den weiteren Bänden entfalten. Meine Neugier auf Dex Vergangenheit hat dieser Serienauftakt auf jeden Fall geweckt!

Fazit

Neben Dex Parios sehen Columbo und Co. blass aus – also unbedingt zum erfrischend modernen Crime-Comic »Stumptown« greifen!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 01.06.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Sarah Hall ist mit »Die Töchter des Nordens« ein eindringlicher Roman über eine feministische Rebellion gelungen

Die Töchter des Nordens
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Beschreibung

Umweltkatastrophen und Wirtschaftskrisen haben das Zusammenleben von Grund auf verändert. In England herrscht ein diktatorisches System, dass das Leben der Bevölkerung in enge Raster presst. ...

Beschreibung

Umweltkatastrophen und Wirtschaftskrisen haben das Zusammenleben von Grund auf verändert. In England herrscht ein diktatorisches System, dass das Leben der Bevölkerung in enge Raster presst. Die Menschen leben auf engem Raum, haben keinerlei Privatsphäre und nur wenig zu Essen. ›Schwester‹, eine junge Frau, entflieht der Kontrolle des Staates und findet bei einer von Frauen geführten Rebellen-Gruppierung in den Bergen des Lake District ein neues Zuhause. Doch das Leben in der berüchtigten Gemeinschaft ist hart und geprägt von militärischem Drill, was die Frauen zur Waffe im Kampf gegen die repressive Politik schärft.

Meine Meinung

Utopie, Dystopie und feministischer Roman in einem – genau das ist Sarah Halls Werk »Die Töchter des Nordens«, welcher in einer unbestimmten Zukunft in England angesiedelt ist. In ihrem nicht einmal 300 Seiten starken Buch widmet sich die Autorin der Frage, ob Frauen eine bessere Welt erschaffen können.

Die Geschichte der Romanheldin, die nur unter dem Namen ›Schwester‹ in Erscheinung tritt, erzählt Sarah Hall anhand Protokollakten. Mit diesem Stilmittel beschränkt sich die Erzählung auf die nötigsten Punkte und trifft dennoch den Nagel auf den Kopf. Die erschreckenden Zustände in ›Schwesters‹ Leben in der Stadt werden schnörkellos in all ihrer Brutalität und Ausweglosigkeit dargestellt.

Zusammen mit ihrem Mann lebt ›Schwester‹ in beengten Wohnverhältnissen, geht einem sinnlosen Job in einer Turbinenfabrik nach, der sie nicht erfüllt und musste die Zwangseinsetzung einer Spirale über sich ergehen lassen, da Mutterschaft nur noch durch einen Lotteriegewinn geduldet wird. Der repressive Staat hat nach Umweltkatastrophen und Wirtschaftskrisen nur noch die Macht der Angst und Unterdrückung auf seiner Seite. ›Schwester‹ fühlt sich in ihrem Leben gefangen und als ihr Mann seinen Widerstandswillen gegen das Diktaturregime verliert, zerbricht ihre Liebe und sie macht sich eines Nachts alleine auf die Flucht nach Carhullan.

Die Farm Carhullan befindet sich in den Bergen des Lake District und wird von einer Gemeinschaft weiblicher Abtrünniger bewirtschaftet. Die Frauen leben vollkommen souverän unter der Führung der charismatischen Jackie. Doch das Willkommen der radikalen Gruppierung stellt ›Schwester‹ auf eine schwere Probe, denn auch unter der Frauenherrschaft gibt es Gewalt und hierarchische Machtstrukturen. Während die Einen als Arbeiterinnen dafür sorgen, dass Leben in der Abgeschiedenheit zu ermöglichen, werden die Anderen als Kriegerinnen ausgebildet. Seit vielen Jahren ist ›Schwester‹ die Erste, der die Flucht nach Carhullan gelang und somit wird sie zu einer entscheidenden Figur für Jackie.

Fesselnd werden die schweren Lebensbedingungen auf Carhullan einem Leben in der Stadt gegenübergestellt. Die Freiheit des mühsamen Lebens in der abgeschiedenen Natur als Selbstversorger vs. der Käfig der Unterdrückung in einem patriarchalen Staat. Im Mittelpunkt steht jedoch auch die eindrucksvolle Entwicklung der Romanheldin, die erst durch die Härte der spannungsgeladenen Frauengemeinschaft zu ihrer inneren Stärke findet.

Die Geschichte wurde im Original (»The Carhullan Army«) bereits 2007 veröffentlicht und hat seither sogar noch an Aktualität gewonnen, denn Sarah Hall wirft brisante Themen wie weiblichen Selbstbestimmung und die Frage um ein freies Leben auf den Tisch. Welche Maßnahmen darf ein Staat ergreifen, wie weit darf die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden, und ist der Kampf gegen einen repressiven Staat nur mit Gewalt zu lösen?

Sarah Hall hat mit »Die Töchter des Nordens« einen zeitlosen Roman geschaffen, der das Potenzial für einen Klassiker in sich trägt. Jedoch muss ich sagen, dass ich an einigen Stellen noch eine weitere Ausführung wünschenswert gehalten hätte, um die Entwicklungen zum Ende der Geschichte etwas schlüssiger und kraftvoller erscheinen lassen.

Fazit

Sarah Hall ist mit »Die Töchter des Nordens« ein eindringlicher Roman über eine feministische Rebellion gelungen, der zum Nachdenken anregt und sich oftmals viel realer als eine Dystopie anfühlt. Gänsehautfaktor!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 31.05.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Courtney Peppernells zauberhafte Gedichte verleiten zum Träumen, Verlieben und geben Halt im Kummer.

Dein Herz ist mein Meer
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Meine Meinung

Gedichte waren bisher noch nicht in mein Blickfeld geraten, einmal abgesehen von ein paar Klassikern, die wir in der Schule auswendig lernen mussten und danach auch wieder vergessen wurden. ...

Meine Meinung

Gedichte waren bisher noch nicht in mein Blickfeld geraten, einmal abgesehen von ein paar Klassikern, die wir in der Schule auswendig lernen mussten und danach auch wieder vergessen wurden. Im Wunderraum Verlag ist kürzlich die Gedichtsammlung »Dein Herz ist mein Meer« der australischen Schriftstellerin Courtney Peppernell erschienen, dessen Klappentext-Versprechungen mich sofort gefangen nahmen.

Peppernell behandelt in ihren Versen verschiedene Themen, die lose zusammenhängen, zum besseren Wiederfinden beim Nachschlagen jedoch in Gedanken-Kategorien wie Liebe, Träume, Liebeskummer, Traurigkeit, Mut und Hoffnung geordnet sind. Die Texte umfassen manchmal nur wenige Zeilen, manchmal sind es auch größere Absätze und die Autorin bedient sich bei ihren wunderschönen Zeilen unterschiedlichen Versformen, sodass ganz unterschiedliche Rhythmen und Stile aufeinanderfolgen.

Durch die Behandlung unterschiedlicher Themen wird sicherlich jeder in dieser wundervoll poetischen Gedichtsammlung fündig, egal ob man gerade etwas sucht um Trauer und Einsamkeit zu bewältigen oder man auf den süßen Wolken der Verliebtheit schwebt. Courtney Peppernells Texte sind wunderschön und lassen sich zu jeder Gelegenheit genießen, ob als Bettlektüre vor dem Einschlafen, an einem sonnigen Tag am Strand oder in einer Kaffeepause.

Nicht alle Gedichte haben in gleicher Form mein Herz getroffen, aber im Ganzen gesehen war »Dein Herz ist mein Meer« ein toller Einstieg in die vielfältige Welt der Gedichte, und ein toller Band für jede Lebenslage.

Fazit

Courtney Peppernells zauberhafte Gedichte verleiten zum Träumen, Verlieben und geben Halt im Kummer.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.05.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein absolutes Must-Read für Fans der Chroniken von Alice!

Die Chroniken von Alice - Dunkelheit im Spiegelland
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Meine Meinung

Nach »Finsternis im Wunderland« und »Die Schwarze Königin« sind »Die Chroniken von Alice« eigentlich abgeschlossen, doch Christina Henry erfreut ihre Leser*innen in der Anthologie »Dunkelheit ...

Meine Meinung

Nach »Finsternis im Wunderland« und »Die Schwarze Königin« sind »Die Chroniken von Alice« eigentlich abgeschlossen, doch Christina Henry erfreut ihre Leser*innen in der Anthologie »Dunkelheit im Spiegelland« mit vier zusätzlichen Kurzgeschichten bzw. Novellen aus ihrer düsteren und brutalen Adaption des Klassikers von Lewis Carroll.

In der ersten Geschichte mit dem Titel ›Ein bezauberndes Wesen‹ erleben wir zusammen mit Alice neugieriger Schwester Elizabeth Violet Hargreaves ein mitreißendes Abenteuer, als sie an einem Festtag auf dem großen Platz der neuen Stadt einen mysteriösen Vogelmann entdeckt, ihrer Familie, in der Hoffnung einen Blick auf dessen Gesicht erhaschen zu können, entwischt und der eigenartigen Gestalt schließlich in ein Labyrinth folgt.

Die Geschichte ist geprägt von einer ruhigen Erzählweise, die für unterschwellige Gänsehaut sorgt und mit Themen wie Missbrauch, sexuelle Belästigung, Verirrungen und der bösen Seite der Menschen spielt und das in ein düsteres Fantasy-Märchen gegossen hat mir gut gefallen. Elizabeth Violet Hargraeves ist dabei ein ganz schön mutiges Mädchen, die mindestens genauso neugierig ist, wie ihre Schwester Alice.

Fabelhaft ist auch, wie Henry aufzeigt, dass Familien miteinander reden sollten – vor allen Dingen Eltern mit ihren Kindern und sie auch an schwierige Themen heranführen müssen. Denn an dieser Geschichte sieht man beispielhaft wohin Verheimlichung und Verschwiegenheit führen können. Elizabeth weiß nichts von ihrer Schwester Alice und fühlt sich, als sie von Dritten davon erfährt, dementsprechend schlecht. Da ist Tür und Tor geöffnet für finstere Einflüsterungen aus dem Off.

Die zweite Geschichte mit dem Titel ›Mädchen in Bernstein‹ handelt von der Stärke Alice, die auf sich selbst aufpassen kann, dabei aber gar nicht imme wirklich so mutig ist, wie sie es sich vielleicht wünscht. Dennoch hat sie genug Selbstbewusstsein, um darauf zu vertrauen, dass sie sich selbst retten kann. Eine magische Erzählung, die ein weiteres Puzzlesteinchen zu ihrem Charakter liefert.

›Als ich zum ersten Mal in die Stadt kam‹ ist die dritte Geschichte, die sich mit Hatcher und seiner Vergangenheit befasst. Diese famose Erzählung ist mein absoluter Liebling der Anthologie, denn ich fand es unheimlich spannend zu erfahren wie aus dem kämpferischen Jungen Nicholas der blutige Axtmörder Hatcher wurde. Besonders gut gelungen ist das bildliche Setting, durch das man sich fühlt, als wäre man hautnah dabei.

Zum Abschluss gibt die vierte Geschichte, ›Der Gnadenthron‹, einen Ausblick auf die Zukunft von Alice und Hatcher. Es gibt noch einmal ganz viel Magie, Stärke und Mut und die Botschaft, dass die Andersartigkeit von Menschen (hier: Magier und Zauberer) nicht per se etwas Sündhaftes und Schlimmes sind, das es auszurotten gilt.

Henrys märchenhafte Kurzgeschichten mit subtilem Horror leben von einem ruhigen Handlungsablauf und vermitteln bedeutsame Themen. Für den vollen Genuss sollte man jedoch die vorherigen Alice-Bände auf jeden Fall gelesen haben.

Fazit

Christina Henry entführt mit ihren vier Erzählungen noch einmal in ihr fantasievolles und unheimliches Wunderland. Ein absolutes Must-Read für Fans der Chroniken von Alice!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 21.05.2021