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Veröffentlicht am 22.04.2019

Grundsolide konstruierter, geradliniger Krimi

Ein Espresso für den Commissario
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Im Kriminalroman „Ein Espresso für den Commissario“ löst Marco Pellegrini von der Polizia di Stato von Como in Italien seinen ersten Fall. Hinter dem Pseudonym des Autors Dino Minardi verbirgt sich ein ...

Im Kriminalroman „Ein Espresso für den Commissario“ löst Marco Pellegrini von der Polizia di Stato von Como in Italien seinen ersten Fall. Hinter dem Pseudonym des Autors Dino Minardi verbirgt sich ein Psychologe aus dem Rheinland, der vor über zehn Jahren die Lombardei für sich entdeckt hat. Seine Liebe für die Gegend, speziell den Comer See und der an seinen Ufern gelegenen Stadt Como, lässt er in den Roman einfließen. Die Landschaft bindet er in seine Handlungen vielfach ein, so dass ich sie mir als Leser sehr gut vorstellen konnte. Vor einigen Jahren war ich auch selbst einmal kurz dort. Das Cover zeigt einen typischen Blick über den See bis zu den Bergen im Hintergrund.

Pellegrini lebt in einem Apartment in Brunate, einer Gemeinde in der Nähe von Como, die auf über 700 m Höhe liegt. Von hier blickt man weit über den Comer See. Nach einem Streit mit seinem Vater hat er sich gegen die Mitarbeit und spätere Übernahme der Restauration der Familie entschieden, allerdings steht er gerne mal als Barista hinter der Theke der Bar. Eines Tages wird ein Student in seiner Comer Wohnung in seinem Bett tot aufgefunden. Bald wird bekannt, dass er sich gerade erst eine schicke neue Vespa gekauft hat. Durch die Untervermietung eines Zimmers hat er Kontakt zu vielen Menschen. Einen kleinen Nebenverdienst hat er durch einen Aushilfsjob. Bei den Ermittlungen steht für Pellegrini die Frage im Vordergrund, ob die Einnahmen des Studenten dafür ausreichen, sich ein solch teures Gefährt kaufen zu können.

Dino Minardi legt von Beginn an mehrere Fährten, die möglicherweise zur Auflösung des Falls führen könnten. In Nebenhandlungen verbirgt der Autor weitere kleine Geheimnisse wie beispielsweise, dass Pellegrini einen sehr guten Freund vermisst. Bis auf das Rätsel, welches das Privatleben den Commissario betrifft und das er gerne ebenfalls von seiner Verwandtschaft erklärt bekäme, werden alle anderen zum Ende hin gelöst. Bis dahin tragen sie dazu bei, neben den Fallermittlungen, eine unterschwellige Spannung aufrecht zu erhalten.

Im Laufe der Geschichte lernte ich Pellegrini immer besser kennen. Er hadert immer noch über das Zerwürfnis mit seinem Vater, den Verlust seines Freunds und über seine Beziehung zu einer Frau. Er ist ein beliebter Chef. Die beiden ihm unterstellten Kollegen wetteifern um Anerkennung und den dadurch verbundenen beruflichen Aufstieg. Die Krimihandlung wird mit vielen italienischen Wörtern begleitet, was insgesamt eine treffende örtliche Atmosphäre schafft, für mich zu Beginn allerdings ein wenig gewöhnungsbedürftig war.

„Ein Espresso für den Commissario“ von Dino Minardi ist ein grundsolide konstruierter, geradliniger Krimi, der in diesem Genre viele Freunde finden wird. Nicht nur die unaufgeklärte private Heimlichkeit macht Lust auf eine Fortsetzung. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 27.03.2019

Eine Erzählung voller Drama über Liebe, Hass, Trauer und verpassten Chancen

Eine irische Familiengeschichte
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Das Cover des Romans „Eine irische Familiengeschichte“ von Graham Norton lässt ahnen, in welch einzigartiger, aber auch abgeschiedener Landschaft ein Teil der Erzählung spielt. Wie der Titel bereits andeutet, ...

Das Cover des Romans „Eine irische Familiengeschichte“ von Graham Norton lässt ahnen, in welch einzigartiger, aber auch abgeschiedener Landschaft ein Teil der Erzählung spielt. Wie der Titel bereits andeutet, umfasst die Schilderung Ereignisse über mehrere Jahrzehnte hinweg. Sie beginnt in dem kleinen fiktiven irischen Ort Buncarragh, der nördlich von Kilkenny liegt. Hier ist die Protagonistin Elizabeth Keane aufgewachsen.

Elizabeth kommt nach dem Tod ihrer Mutter Patricia nach Irland zurück, um dort den Nachlass ihrer Mutter zu regeln. Sie lebt seit vielen Jahren in New York als Dozentin an der Universität, ist geschieden und hat einen 17-jährigen Sohn. Beim Stöbern im Haus ihrer Mutter findet sie Briefe an den ihr unbekannten Vater Edward aus einer Zeit vor ihrer Geburt. Sie erinnert sich nicht an ihn. Patricia hat ihr erzählt, dass er starb, als sie noch ein kleines Kind war. Das Testament ihrer Mutter birgt eine Überraschung, denn sie wird Besitzerin des Anwesens von Edward in Muirinish, dem sogenannten „Castle House“, das auf einer Klippe am Rand der Keltischen See steht. Elizabeth macht sich auf die Suche nach den Hintergründen der Briefe und lernt dabei mehr über die schwierige Beziehung ihrer Eltern zueinander.

Graham Norton erzählt eine berührende Geschichte über zwei Zeitebenen. Gleich zu Beginn machte er mich neugierig mit einer Begebenheit, aus der sich bereits das Spannungsverhältnis von Edward zu seiner bei ihm lebenden Mutter herauslesen lässt. Die Abfahrt eines Krankenwagens ließ mich nichts Gutes ahnen. Es dauerte sehr lange, bis ich die Szene in den Kontext der Erzählung einordnen konnte. Bis dahin lernte ich abwechslungsreich gestaltete Charaktere in einem Roman voller Tragik kennen. In der Vergangenheit kämpft der arglose Edward um die Gunst von Patricia, die ihr Leben bisher der Pflege ihrer kranken Mutter gewidmet hat. Doch die weiteren Jahre ihres 32-jährigen Lebens möchte sie nun nach deren Tod an der Seite eines Ehemanns verbringen.

Die Bekanntschaft mit Patricia führt Edward die Schwierigkeit im Zusammenleben mit seiner Mutter, die die Schatten der Vergangenheit nicht ablegen kann, vor Augen und veranlasst ihn zu einer Überreaktion. Manche Geschehnisse zum damaligen Zeitpunkt erschienen mir ein wenig überzogen. In der Gegenwart verfolgte ich die Suche von Elizabeth nach den Geheimnissen ihrer Eltern, die mich durch ständige Wechsel der zeitlichen Perspektive ungeduldig auf die Auflösung warten ließ. In einer Nebenhandlung erzeugt der Autor rund um den Sohn von Elizabeth eine weitere bewegende Story.

„Eine irische Familiengeschichte“ von Graham Norton ist eine Erzählung voller Drama über Liebe, Hass, Trauer und verpassten Chancen, die vor der grünen irischen Landschaft mit schroffen Steilküsten spielt und mich gut unterhalten hat. Gerne empfehle ich den Roman an Leser von bewegenden Büchern mit Familiengeheimnissen weiter.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Gelungener Auftakt einer Fantasy-Trilogie (für Leser ab etwa 12 Jahren)

Das Herz der Zeit: Die unsichtbare Stadt
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„Das Herz der Zeit: Die unsichtbare Stadt“ ist der erste Band einer Fantasy-Trilogie von Monika Peetz. Das aufwändig gestaltete Cover und der Titel deuten es bereits an: Chronometer und die von ihnn gemessene ...

„Das Herz der Zeit: Die unsichtbare Stadt“ ist der erste Band einer Fantasy-Trilogie von Monika Peetz. Das aufwändig gestaltete Cover und der Titel deuten es bereits an: Chronometer und die von ihnn gemessene Zeit spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte. Der Untertitel des ersten Teils der Serie ist die Bezeichnung eines Handlungsorts in der Erzählung. Bereits im Prolog lernte ich Lena und Dante kennen, die beiden Protagonisten der Fantasy. Die beiden sind mit einem Auto unterwegs, doch worüber Lena bei ihrer Ankunft am Reiseziel staunt, bleibt zunächst noch ungeklärt.

Lena ist 15 Jahre alt und Waise. Ihre Eltern starben bei einem Autounfall als sie noch ein Kind war. Seitdem lebt sie bei ihrer Tante väterlicherseits, die sich weigert über die Umstände des Unfalls zu reden. Ihre beiden jüngeren Cousinen sind nervig, aber mit ihrer besten Freundin Bobbie ist sie sehr vertraut. Als sie eines Tages, in einem Gegenstand aus ihrer Vergangenheit versteckt, eine alte Uhr mit acht Zeigern findet, versucht sie den Mechanismus zu aktivieren. Unterdessen überwacht Dante, ein Halbwüchsiger aus der Unsichtbaren Stadt, ein Computerterminal, das gerade eine Störung auf der Erde meldet. Die Unstimmigkeit ist durch Lena entstanden. Auch Dante besitzt ein Chronometer mit dessen Hilfe er entgegen den Wünschen seiner Vorgesetzten auf die Erde reisen will, um Lena zu suchen.

Monika Peetz hat einen angenehmen Erzählstil, der mich von Beginn an Sympathie für Lena empfinden ließ, obwohl sie auch schon mal voreingenommen und eigensinnig handelt, was aber zu unerwarteten Wendungen führen kann. Die Geschichte beginnt auf der Erde und schildert den Alltag der Schülerin in unserer Gegenwart, so dass ich mich als Leser in ihr Umfeld hineindenken und ihr Erstaunen über den Fund des Chronometers nachvollziehen konnte. Die Autorin geht dem Wunsch von vielen von uns nach, einmal durch die Zeit zu reisen. In ihrer Erzählung schafft sie dazu einen Stützpunkt für die Zeitreisenden. Hier beginnt die Magie im Buch, wenn sie auf gewisse Weise auch immer schon in Lenas Leben existiert hat, ohne dass ihr das bewusst war.

Jenseits der Mystik handelt die Geschichte auch um Freundschaft, zarte Liebesbande, Hass und Trauer. Die Erzählung baut von Beginn an eine ständig im Hintergrund bleibende Spannung auf. Ihren Reiz erhält sie durch den Bezug zur Realität und nicht durch grausame Szenen. Aus der Möglichkeit heraus, Zeitreisen zu unternehmen, wird die Story immer komplexer aufgebaut. Monika Peetz weist durch die beschriebene Handlung auch auf die Gefahren von potentiellen Reisen durch die Zeit hin.

„Das Herz der Zeit – Die unsichtbare Stadt“ präsentiert das Thema der Zeitreisen mit einem neuen Element. Von Beginn an wird durch einige Geheimnisse Spannung aufgebaut. Jedoch bleiben einige Fragen offen, die die Fantasy leicht unrund erscheinen lassen, vielleicht werden sie in einem der beiden Folgebände beantwortet. Geeignet ist die Trilogie für Fantasyleser ab etwa 12 Jahren, aber für ältere. Mir hat die Geschichte gut gefallen und daher empfehle ich sie gerne weiter.

Veröffentlicht am 20.02.2019

Magisch, bewegend, spannend, amüsant und einzigartig

Der Atem einer anderen Welt
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Das Buch „Der Atem einer anderen Welt“ umfasst die ersten drei Teile einer vorläufig auf acht Bände geplanten Fantasy-Serie der kalifornischen Autorin Seanan McGuire. Der erste Teil wurde 2016 als bester ...

Das Buch „Der Atem einer anderen Welt“ umfasst die ersten drei Teile einer vorläufig auf acht Bände geplanten Fantasy-Serie der kalifornischen Autorin Seanan McGuire. Der erste Teil wurde 2016 als bester Kurzroman mit dem Nebula Award (Autorenvereinigung) sowie 2017 mit dem Hugo-Award (Leserpreis) und dem Locus (Fachmagazin) Award ausgezeichnet. Der Titel des Buchs ist gleichzeitig die Bezeichnung des ersten der beinhalteten Kurzromane. Außerdem sind noch die Novellen „Unter einem roten Mond“ und „Süßer Unsinn“ enthalten, wobei jeder Band etwa 150 Seiten umfasst. In den ihr gestellten Fragen auf Twitter erklärte die Autorin, dass die Handlung der Bücher immer wechselt zwischen solchen, deren Handlung in einem Internat spielt und einer Portalfantasie. Das Tor auf dem Cover, das die Eingangspforte zu dem Herrenhaus im Hintergrund bildet, lädt zum Eintritt in die Geschichte ein.

Eleanor West ist fast hundert Jahre alt, sieht aber deutlich jünger aus. Sie leitet ein Internat für Kinder auf Abwegen, zu denen beispielsweise die 17-jährige Nancy gehört, die im ersten Teil im Mittelpunkt der Geschehnisse steht. Nancy hat zu Hause, so wie alle Internatsschüler, ein Tor zu einer anderen Welt gefunden. Hinter den verschiedenen Portalen können die Abwegigen so leben, wie es ihren geheimen Wünschen entspricht. Unsinn, Vernunft, Bosheit, Tugend, Reim oder Logik sind die Eigenschaften, die in unterschiedlichen Kombinationen die Länder hinter den Toren auszeichnen. Die Schulleiterin ist selbst in einem ungewöhnlichen Land gewesen und versteht daher die Sehnsucht ihrer Schüler, in ihre neue Heimat jenseits der Tore unbedingt zurückkehren zu wollen, die sie aus den verschiedensten Gründen verlassen mussten. Ein Portal öffnet sich nur dann, wenn der Suchende am richtigen Ort zur richtigen Zeit ist. Den Zugang ein zweites Mal zu finden, ist schwierig.

Der zweite Band erzählt die Geschichte der Zwillinge Jack und Jill, die in der Welt hinter dem Tor, dass sie betreten haben, die ihnen anerzogenen Rollen tauschen. An der Seite von Rini, die auf der Suche nach ihrer Mutter ist, erleben im dritten Teil einige der Internatsschüler ein Abenteuer im süßen Kuchenland. In dieser letzten Novelle des Buchs erhalten die Portalwelten eigene Namen, so können sie besser charakterisiert und dadurch unterschieden werden.

Mit ihrem Fantasyzyklus schafft Seanan McGuire eine Welt, die hinter unserer Realität liegt. Weil ihre Protagonisten ganz normale Bewohner unserer Erde sind, die noch zur Schule gehen, kann man sich als Leser in die Figuren hinein denken und ihre Sehnsüchte nachvollziehen. Alle Kinder und Jugendlichen fühlen sich von ihren Eltern und ihrer Umgebung unverstanden. Durch ihr Eintreten in eine neue Welt jenseits eines Portals erfahren sie Zuwendung und manchmal auch Liebe. Die ihnen eigenen Fähigkeiten werden erkannt und gefördert. In einigen Welten geht es auch blutig und grausam zu, dadurch konnte ich als Leser kaum glauben, dass es möglich ist, sich hier wohl zu fühlen. Doch die Schüler finden hier Anerkennung und Zuspruch und wägen daher ab, ob sie sich wohler fühlen bei einer oft respektlosen Behandlung zu Hause in ihrer Familie oder dem düsteren, aber motivationsförderlichen Ort jenseits des Portals. In der Fantasywelt der Autorin gibt es mehrere Schulen für abwegige Schüler auf der Welt, eine davon ist gar nicht so weit von Eleanors Internat entfernt und beherbergt Kinder und Jugendliche, die sich wieder der Wirklichkeit stellen wollen.

Seanan McGuire weist immer wieder darauf hin, dass jeder Mensch ein Individuum ist und entsprechend seiner Veranlagungen und Einstellungen behandelt und seine Talente gefördert werden sollten. Sie gibt nicht nur ihren Figuren das Gefühl, sondern auch ihren Lesern, dass es völlig in Ordnung ist, anders zu empfinden und dabei eventuell nicht den Vorstellungen der Eltern zu entsprechen. Ich hoffe darauf, dass die vorliegenden Novellen Erwachsene mit Kindern dazu anregen, ihren Erziehungsstil zu überdenken.

„Der Atem einer anderen Welt“ von Seanan McGuire handelt von mutigen Kindern und Jugendlichen und einer Schulleiterin mit viel Verständnis. Leider entspricht die dritte Novelle nicht ganz dem Niveau der beiden vorigen Teile, weil sie zu sehr auf der Beschreibung des Lands hinter dem Tor fokussiert. Alle beinhalteten Kurzromane sind magisch, bewegend, spannend, amüsant und einzigartig. Ich freue mich auf die Fortsetzungen und empfehle das Buch an Fantasyleser gerne weiter.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Mit Verve und Witz hinter die vom Adel gezogene Fassade blicken

Schund und Sühne
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Anna Basener schreibt in ihrem Roman „Schund und Sühne“ über das, womit sie sich bestens auskennt. Einerseits ist es das Schreiben von Groschenromanen, andererseits die Welt des Adels über den sie in den ...

Anna Basener schreibt in ihrem Roman „Schund und Sühne“ über das, womit sie sich bestens auskennt. Einerseits ist es das Schreiben von Groschenromanen, andererseits die Welt des Adels über den sie in den von ihr verfassten Fürstenromanen geschrieben hat. Ihre Protagonistin nennt sie Kat, als Abkürzung ihres eigenen Alter Egos, dem Pseudonym unter dem sie Romanhefte geschrieben hat.

Kat ist 34 Jahre alt und erhält als Nachrückerin unerwartet ein Literaturstipendium auf Schloss Rosenbrunn. Dort erwarten sie die Mitglieder der Fürstenfamilie Schell von Ohlen. Zwar liegt ihr Gästezimmer in einem Kavaliersgebäude, doch es ist ausdrücklich erwünscht, dass sie am Alltag der Familie teilnimmt. Auf diese Weise lernt sie den Hausherrn Fredi näher kennen, vor allem aber seine bereits erwachsenen Kinder Josephine, genannt Seph, und Valerius, kurz Valu gerufen, sowie seine Frau Follie und deren Schwester Gratzi. Während Valu sich aufgrund seiner Gesinnung um sein Erbe sorgt, sucht Seph nach einer Enttäuschung verzweifelt nach einem Ehemann bis ihr Moritz, ein junger Biologe auf weltrettender Mission, Aufmerksamkeit schenkt.

Der Roman springt zwischen Szenen, in denen Kat als Ich-Erzählerin auftritt und solchen, die ein allwissender Erzähler beschreibt. Kat vergleicht in ihren Passagen das Gesehene mit ihrem bisher erworbenen Wissen über den Adel. Dabei gibt sie gerne das Gelernte weiter. Auf diese Weise erfuhr ich als Leserin mehr über die Benimmregeln der Adeligen, aber auch über das Schreiben von Groschenromanen.

Anna Basener schreibt ohne Hemmungen und scheut auch vor drastisch geschilderten Szenen nicht zurück. Obwohl ich ihren Figuren durch diesen besonderen Stil nicht immer Verständnis entgegen bringen konnte, versteht sie es, die in den Charakteren verborgenen Gefühle an die Oberfläche zu bringen. Sie beschreibt eine althergebrachte Gesellschaftsform im heutigen Gewand. Ihre Darstellung hält dem Vergleich mit der Realität durchaus Stand, wenn auch mit einem zwinkernden Auge. Aber sie schneidet auch die verborgenen Sorgen und Nöte der Jetztzeit an, die hinter dem Glanz der Standesangehörigen zu finden sind, die in teuer zu unterhaltenden Gebäude mit großen Anlagen wohnen und oft den alten Zeiten nachhängen.

Mit viel Verve und Witz hat Anna Basener einen unterhaltsamen Roman über die Welt des Adels mit seinen Klischees geschrieben, der sich im Verlauf zunehmend überspitzt und nach meiner Ansicht zum Ende hin auch etwas überkompensiert. Wer sich gerne über gesellschaftlichen Dünkel in einem Roman, der auch ein wenig die Fassade lüftet, amüsieren möchte dem empfehle ich „Schund und Sühne“.