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Veröffentlicht am 12.08.2021

Kniffelig, spannend und ziemlich realistisch

Enna Andersen und der trauernde Enkel
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Ben, Enkel eines ehemals durchsetzungsstarken Baulöwen, wendet sich über Pia an das Team um Enna Andersen, da er den Verdacht hat, dass der Tod seines Großvaters vor drei Jahren keine natürlicher war. ...

Ben, Enkel eines ehemals durchsetzungsstarken Baulöwen, wendet sich über Pia an das Team um Enna Andersen, da er den Verdacht hat, dass der Tod seines Großvaters vor drei Jahren keine natürlicher war. Sein Großvater starb an Herzversagen, dabei war er kerngesund.
Er hatte noch große Pläne. Haben diese ihm vielleicht das Leben gekostet?


Was mir bei diesem Krimi besonders aufgefallen ist, dass Anna Johannsen die mühsame Polizeiarbeit realistisch darstellt. Es ist kein gebrochener Held, der mit Intuition und Gedankenspiele den Täter ermittelt, sondern ein Team arbeitet zusammen an einem Fall. Manchmal müssen andere Teams oder Institutionen um Hilfe gebeten werden, aber niemand trifft einsame Entscheidungen.
Als Leser kann man Schritt für Schritt die Ermittlungsarbeit nachvollziehen und dabei ein bisschen mitermitteln.
Die einzelnen Charaktere wurden gut herausgearbeitet, so dass man sie einschätzen konnte und ihre Reaktion oder auch Aktionen vorausahnen oder zumindest nachvollziehen konnte.
Nur bei einem Protagonisten hatte ich Schwierigkeiten. Ihm habe ich bis zum Schluss nicht getraut und seine Liebesbeteuerungen argwöhnisch beobachtet.
War das von der Autorin so beabsichtigt?
Ich fühlte mich von der ersten bis zu letzten Seite gut unterhalten und werde nach Krimis von Anna Johannsen Ausschau halten.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Mutig angedacht, aber mutlos beendet

Die Kandidatin
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Sabah Hussein, Muslimin, Feministin, integriertes Flüchtlingskind und Kanzlerkandidatin der Ökologischen Partei, steht vor ihrem größten Triumpf in der neuen diversen Gesellschaft der Bundesrepublik.
Rechte ...

Sabah Hussein, Muslimin, Feministin, integriertes Flüchtlingskind und Kanzlerkandidatin der Ökologischen Partei, steht vor ihrem größten Triumpf in der neuen diversen Gesellschaft der Bundesrepublik.
Rechte Gruppierungen und Parteien versuchen diese diverse Gesellschaft mit allen Mitteln zu verhindern. Unterstützt werden sie von Existenzängsten, Neid und Fremdenhass vieler Deutschen.


Ich muss zugeben die Gedankenspiele des Herrn Schreiber, Deutschlands Gesellschaftliche Zukunft in ca. 30 Jahren, haben mich anfangs schon etwas erschreckt. Diversität in allen Lebensbereichen ist auch in meinen Augen erstrebenswert, aber die Figur Sabah Hussein entwickelt in ihren Forderungen und Plänen eine furchtbare deutsche Gründlichkeit, die Widerstand geradeso herausfordert.

Trotzdem hat mich dieses Buch überzeugt. Herr Schreiber schildert ohne großen Pathos, was passieren könnte, wenn Sabah Husseins Vorstellungen politisch durchgesetzt werden.
Interessant daran war, dass nicht nur die Rechten reagierten und Gegenmaßnahmen durchführten, sondern auch die eigentlich auf gleicher Ebene kämpfenden.

Die verschieden Blickwinkel machen das Buch besonders lesenswert, denn es regt zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Serienauftakt nach Maß

Hundstage für Beck
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Nick L. Beck, traumatisierter LKA-Kommissar, überfährt im alkoholisierten Zustand mit seinen Auto eine junge Frau. In seinem benebelten Zustand stellt er voller Panik den Tod der Frau fest, verpackt sie ...

Nick L. Beck, traumatisierter LKA-Kommissar, überfährt im alkoholisierten Zustand mit seinen Auto eine junge Frau. In seinem benebelten Zustand stellt er voller Panik den Tod der Frau fest, verpackt sie in blaue Säcke und versenkt sie in einen Gully.
Wegen eines für seine Partnerin tödlich verlaufenden Polizeieinsatzes, hatte Beck sich in die Provinz versetzen lassen. Genau dort wird er am nächsten Tag um Amtshilfe bei einem Vermisstenfall gebeten.
Die Vermisste ist die junge Frau, die er in der vorherigen Nacht überfahren hat, aber hat er sie wirklich bei den Unfall getötet?


Dies ist ein Serienauftakt nach Maß.
Ein ehemals erfolgreicher Kommissar vom LKA am Boden. Er lässt sich zum „Dorfbullen“ degradieren, er trinkt, er nimmt Valium und er begeht Fahrerflucht, nachdem er glaubt, im Suff einen Menschen überfahren zu haben. Tiefer geht es nicht mehr.
Er trifft auf eine Kommissarin vom LKA, die unfreiwillig versetzt wurde, weil sie schwanger ist. Sie will sich bewehren und beweisen, dass sie in vorderster Front der Mordkommission gehört.

Die Beiden werden langsam und richtig gut den Lesern nähergebracht. Zu beiden Protagonisten kann man ein ambivalentes Verhältnis aufbauen, was sich im Laufe der Ermittlungen immer wieder ändert. Da beide Ermittler nicht zur Mordkommission gehören, ist ihre Arbeitsweise etwas unorthodox. Sie arbeiten außerhalb der normalen Richtlinien in verschiedene Richtungen und werden dann doch vom Ergebnis überrascht. Der Leser kann mit ihnen meist auf Augenhöhe miträtseln. Die Lösung ist, auch für mich überraschend, aber logisch und nachvollziehbar.

Gedankenspiele eines vermeintlichen Serienmörders und die ersten drei Kapitel des Folgebandes als Leseprobe hätten es gar nicht bedurft, um die Vorfreude und Ungeduld des Leser zu schüren. Ich denke, jeder Teilnehmer dieser Leserunde fiebert dem nächsten Buch entgegen.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Fast zu schön

Der Wind singt unser Lied
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Ein Anruf ihres Vaters und ein harmlos ausgegangener Unfall lassen Toni, die Weltenbummlerin, die es nie lange an einem Ort ausgehalten hat, grübeln und verunsichert zurück. Soll sie an den Ort zurück, ...

Ein Anruf ihres Vaters und ein harmlos ausgegangener Unfall lassen Toni, die Weltenbummlerin, die es nie lange an einem Ort ausgehalten hat, grübeln und verunsichert zurück. Soll sie an den Ort zurück, vor dem sie 15 Jahre geflüchtet ist, der einmal ihre Heimat, ihr Zuhause war.

Kurz entschlossen macht sie sich in Costa Rica mit bangen Gefühlen auf den Weg.



Eine Geschichte voll unerfüllter Erwartungen begegnet uns hier.

Nie geäußerte Wünsche und Hoffnungen können auch nie erfüllt werden. Das birgt schon eine gewisse Tragik, dass man mit denen, die einem am nächsten stehen am wenigsten offen spricht. In dieser zwischenzeitlich etwas zu rührenden Familiengeschichte wird gerade an diesem Phänomen gearbeitet.

Die handelnden Personen werden von Meike Werkmeister sehr genau beschrieben. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein Stückchen mehr, so dass alle Puzzleteile am Ende ein genaues Bild ergeben. Nach und nach erfahren wir auch den Grund für Tonis langanhaltenden Flucht.

Anfänglich machte mich die Beschreibung von Tonis Heimkehr und Wiedereingliederung ungeduldig. Alles erschien gut und schön oder auch doch nicht. Als Leser spürte ich schon, dass es unter der Oberfläche rumorte, aber ich hatte das Gefühl, dass die Autorin nicht „zu Potte“ kam.

Im Laufe der Geschichte wurde aber wieder deutlich, dass Frau Werkmeister eine Meisterin ist im Schreiben über gefühlsträchtige Themen, ohne in Kitsch abzurutschen. Als Wohlfühlbuch würde ich diesen Roman trotzdem nicht bezeichnen, weil dafür die Themen zu ernst und tragisch sind.

Die Liebe zu St. Peter-Ording, Norderney und sämtliche Küstengebiete wird dem Leser in all ihren Roman vor Augen geführt und lässt uns schon den Sand zwischen den Zehen spüren oder den Wind in den Haaren. Auf jeden Fall machen diese Romane Spaß und schenken Lebensfreude, aber vielleicht auch Nachdenken über die eigene Familie.

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Veröffentlicht am 01.07.2021

Allein joggen?

Die Karte
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Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ...

Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ein Einbrecher sein, der die Gegend auskundschaftet. Er will ihn auf jeden Fall verfolgen und stellen. Aber der Verfolgte wehrt sich und sticht Lennart mit einem Messer ins Auge. Nach Versorgung des Opfers und Tatortsicherung gelingt es dem Täter trotzdem seinen Plan weiterzuverfolgen. Er lauert seinem ersten Opfer auf, stranguliert sie mit einem Hundehalsband und filmt mit ihrem eigenen Handy ihren Todeskampf.

Eine aufreibende Jagd, die Jens Kerner an seine Grenzen bringt, beginnt.



Ein spannender Thriller, der die Gefahren der Lauf-Aufzeichnung mittels Fitness-Tracker mit anschließendem Posten im öffentlichen Netz aufzeigt.
Das ist sicher nicht die Intension dieses Thrillers, aber ich denke, die Joggerinnen und Jogger sollten sich bewusst machen, welche Informationen sie ins anonyme Netz geben.

Andreas Winkelmann hat in nahezu gewohnter Manier eine spannende, verzwickte und Gänsehaut produzierende Geschichte geschrieben.

Das ist bereits der vierte Fall von „Kerner und Oswald“ und obwohl ich erst einen „Der Fahrer“ vorher gelesen hatte, sind mir die beiden Ermittler ans Herz gewachsen.
Die Mischung beziehungsweise die Gegensätze machen ein ideales Team aus ihnen. Der impulsive Jens Kerner, der zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat und einen guten Freund verliert, ist immer kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und droht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Becca Oswald dagegen bewahrt Ruhe, ist analytisch und greift helfend ein, wenn Jens droht unterzugehen. Das die Beiden privat nun auch noch ein Paar werden, freut mich sehr. Insofern warte ich sehnlichst auf den nächsten Fall.

Dieser Fall war spannend, teilweise atemberaubend, aber es war mir in einigen Situationen „too much“, zu viele Leichen und zu viele Klischees.

Auch dem Herrn Winkelmann sollte klar sein, dass nicht alle Lesben Männerhasser sind. Genauso klar dürfte sein, dass nicht alle Männerhasser zwangsläufig Lesben sein müssen.
Das fand ich etwas übertrieben.

Von diesen Klischees abgesehen, waren die vielen Handlungsstränge zum Verzweifeln, was ich nicht negativ bewerten möchte. Ich hatte allerdings zwischenzeitlich die Befürchtung, dass der Autor das nie wieder zusammenbringen kann, um auch noch eine nachvollziehbare Lösung zu präsentieren. Das ist ihm allerdings gelungen.

Dass wir Leser immer wieder Einblick in die Gedanken des Täters hatten, war abwechslungsreich und stärkte die Aufmerksamkeit, weil man hoffte, so einen Hinweis zu erhaschen.

Das Ende war nachvollziehbar und noch mal richtig nervenaufreibend, aber die beiden nachfolgenden Unterkapitel haben mich wieder etwas runterkommen lassen.

Ich freue mich auf Fortsetzung.

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